Wer hat die Menschenrechte erfunden

Ungeachtet früherer historischer Anknüpfungspunkte wurden Menschenrechte seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert formuliert, allen voran in der Virginia Bill of Rights und der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (beide von 1776) sowie in der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789. Mit der „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin” proklamierte Olympe de Gouges im Jahre 1791 Freiheits- und Gleichheitsrechte auch für Frauen, ohne jedoch für ihr Anliegen Gehör zu finden.Sie wurde 1793 hingerichtet.

Trotz der universalistischen Wortwahl stellten die Menschenrechte seinerzeit Rechte dar, in deren Genuss – überspitzt formuliert – zunächst vor allem das „weiße”, männliche Bürgertum kam. Selbst als im Lauf der Geschichte die Rechte – in langen und schmerzhaften Kämpfen – auf alle Angehörigen einer Nation ausgedehnt wurden, handelte es sich vorrangig um nationale Rechtskonzeptionen, deren Nutzung für gewöhnlich an die Staatsbürgerschaft geknüpft war.

Die Vereinten Nationen (1945)

Wer hat die Menschenrechte erfunden

Fünfzig Länder trafen sich 1945 in San Francisco und gründeten die Vereinten Nationen, um den Frieden zu schützen und zu fördern.

Der Zweite Weltkrieg wütete von 1939 bis 1945, und als das Ende näher rückte, lagen überall in Europa und Asien Städte in Schutt und Asche. Millionen von Menschen waren ums Leben gekommen, weitere Millionen waren heimatlos oder litten unter Hunger. Russische Streitkräfte kesselten die Überreste des deutschen Widerstands in der ausgebombten Hauptstadt Berlin ein. Im Pazifik kämpfte die US-Marine noch immer gegen japanische Streitkräfte, die sich auf Inseln, zum Beispiel auf Okinawa, verschanzt hatten.

Im April 1945 trafen sich Delegierte aus fünfzig Ländern in San Francisco voller Optimismus und Hoffnung. Das Ziel der Konferenz der Vereinten Nationen war es, ein internationales Gremium zu bilden, um Frieden zu fördern und künftige Kriege zu verhindern. Die Ideale der Organisation wurden in der Präambel ihrer vorgeschlagenen Charta genannt: „Wir, die Völker der Vereinten Nationen, sind entschlossen, nachfolgende Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren, der in unserem Leben zweimal unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat.“

Die Charta der neuen Organisation der Vereinten Nationen trat am 24. Oktober 1945 in Kraft, einem Tag, der jedes Jahr als Tag der Vereinten Nationen gefeiert wird.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948)

Wer hat die Menschenrechte erfunden

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat eine Reihe anderer Menschenrechtsgesetze und -abkommen auf der ganzen Welt angeregt.

1948 hatte die neue Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen bereits die Aufmerksamkeit der Welt gewonnen. Unter dem dynamischen Vorsitz von Eleanor Roosevelt, der Witwe des Präsidenten Franklin Roosevelt, selbst eine Menschenrechtsverfechterin und UN-Delegierte der Vereinigten Staaten, begann die Kommission mit dem Entwurf der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Roosevelt, der die Erklärung die Inspiration zu verdanken hat, nannte sie eine internationale Magna Carta für die gesamte Menschheit. Sie wurde am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet.

In ihrer Präambel und in Artikel 1 verkündet die Erklärung eindeutig die allen Menschen innewohnenden Rechte: „Die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte haben zu Akten der Barbarei geführt, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und es wurde verkündet, dass einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt ... Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verpflichteten sich zur Zusammenarbeit, um die dreißig Artikel der Menschenrechte zu fördern, die zum ersten Mal in der Geschichte in einem einzigen Dokument zusammengestellt und festgelegt worden waren. Folglich sind viele dieser Rechte in diversen Formen heute Teil des Verfassungsrechts demokratischer Nationen.

Der Kyros-Zylinder (539 v. Chr.)

Wer hat die Menschenrechte erfunden

Kyros ließ seine Erlasse über Menschenrechte auf akkadisch in einen gebrannten Tonzylinder eingravieren.

Wer hat die Menschenrechte erfunden

539 v. Chr. befreite Kyros der Große, der erste König von Persien, die Sklaven von Babylon.

539 v. Chr. eroberten die Armeen von Kyros dem Großen, dem ersten König von Altpersien, die Stadt Babylon. Aber es waren seine darauf folgenden Maßnahmen, die einen großen Fortschritt für die Menschheit darstellten. Er befreite die Sklaven, erklärte, dass alle Menschen das Recht haben, ihre eigene Religion zu wählen, und stellte Rassengleichheit her. Diese und andere Erlasse wurden auf einem gebrannten Tonzylinder in akkadischer Sprache mit Keilschrift aufgezeichnet.

Heute ist diese antike Aufzeichnung als Kyros-Zylinder bekannt. Jetzt ist sie als weltweit erste Charta der Menschenrechte anerkannt. Sie ist in alle sechs offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen übersetzt worden und ihre Bestimmungen entsprechen den ersten vier Artikeln der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Die Ausbreitung der Menschenrechte

Von Babylon aus verbreitete sich der Gedanke der Menschenrechte schnell nach Indien, Griechenland und schließlich auch nach Rom. Dort kam die Vorstellung des „Naturgesetzes“ auf, und zwar durch die Beobachtung der Tatsache, dass die Menschen dazu neigten, im Laufe des Lebens bestimmte ungeschriebene Gesetze zu befolgen.

Dokumente, die einzelne Rechte festschreiben, sind die schriftlichen Wegbereiter vieler Menschenrechtsdokumente von heute, zum Beispiel die Magna Carta (1215), die Petition of Right (1628), die Verfassung der USA (1787), die Französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1789) und die US Bill of Rights (die ersten zehn Zusatzartikel der Verfassung der USA) (1791).

Am 10. Dezember 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR). 48 Staaten hatten in der Generalversammlung in Paris mit Ja gestimmt, acht Länder enthielten sich. Die acht Länder waren die CSSR, Jugoslawien, Polen, Saudi-Arabien, die Sowjetunion, Südafrika, die Ukraine und Weißrussland. Die beiden Länder waren zwar Teil der Sowjetunion, hatten aber einen Status als Vollmitglied in den Vereinten Nationen.

"Alle Menschen sind frei"

"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren", lautet der erste Artikel der Erklärung. Sie gilt gemäß Artikel 2 unabhängig von Rasse, Geschlecht oder Religion für jeden Menschen.

Das Dokument war von 1946 bis 1948 von der, mit Vertretern aus 18 Staaten besetzten, UN-Menschenrechtskommission unter Vorsitz der Menschrechtsaktivistin Eleanor Roosevelt, der Frau des früheren US-Präsidenten Franklin Roosevelt, erarbeitet worden. Die Erklärung hat 30 Artikel. In ihr sind politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie Bürgerrechte festgelegt.

Der Erklärung der Menschenrechte zufolge sind etwa Folter oder Sklaverei verboten. Auch die Meinungs-, Informations- und Versammlungsfreiheit sind darin verankert. Staatliche Organe haben demnach die Pflicht, Menschenrechte nicht zu verletzen und sie vor Eingriffen durch Dritte zu schützen. Sie müssen zudem die aktive Wahrnehmung der Rechte ermöglichen.

Die Erklärung der Menschenrechte war unter den Eindrücken des kurz zuvor zu Ende gegangenen Zweiten Weltkriegs und der Verbrechen des Nationalsozialismus entstanden. Doch die Geschichte der Grundrechte lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Das bekannteste Beispiel ist die englische Magna Charta von 1215. Die "Große Urkunde der Freiheiten" verbriefte geltendes adliges Lehensrecht gegenüber der königlichen Willkür und band bereits Übergriffe auf Leben und Eigentum freier Männer – also des Teils der Bevölkerung, der sich gegen den König hatte durchsetzen können – an gesetzliche Grundlagen. Im 17. und 18. Jahrhundert hatten sich Philosophen mit dem Spannungsverhältnis zwischen den Pflichten des Staates und den Rechten des Einzelnen beschäftigt. Aus diesen Überlegungen wurden erste allgemeine Grundrechte formuliert, die jedem Menschen zustehen und die ihm der Staat nicht absprechen kann. Wichtige Schritte hin zu einem universellen Menschenrechtsschutz waren die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 und die amerikanische "Bill of Rights" 1791.

Rechtlich nicht bindend

Die Allgemeine Erklärung der Menschrenechte hat zwar keinen völkerrechtlich bindenden Status – die dort definierten Rechte können deshalb nicht unter Berufung auf die Erklärung eingeklagt werden. Trotzdem blieb sie nicht folgenlos, viele ihrer Inhalte sind in nationale Verfassungen aufgenommen worden.

Andere Teile, wie etwa das Verbot von Folter und Sklaverei, sind zudem längst zwingendes Völkerrecht. Kein Staat darf davon abweichen. Um Teilen der Menschenrechtserklärung mehr Durchschlagskraft zu verschaffen, verabschiedeten die Vereinten Nationen 1966 zwei Menschenrechtspakte: Das eine der beiden internationalen Abkommen ist der sogenannte Zivilpakt. Er regelt Freiheitsrechte und politische Rechte, schützt etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Informationsfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit. Der Sozialpakt wiederum umfasst wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Menschen haben demnach unter anderem das Recht auf Arbeit, Bildung und einen angemessenen Lebensstandard. Beide Pakte traten 1976 in Kraft.

Die Vereinten Nationen haben in den vergangenen Jahrzehnten darüber hinaus eine Reihe weiterer Konventionen verabschiedet. Die Übereinkommen regeln unter anderem den Schutz der Rechte von Frauen, Kindern und Behinderten oder die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung.

1993 gründeten die Vereinten Nationen das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte. Es soll die Menschenrechte auf nationaler und internationaler Ebene fördern und durchsetzen.

Menschenrechte und aktuelle globale Entwicklungen

Aktuelle globale Entwicklungen beeinflussen die Diskussion über Menschenrechte. Durch die stark gestiegene Zahl an Flüchtlingen etwa gab es in den vergangenen Jahren große Probleme in der Durchsetzung von Menschenrechten. So können Personen ohne gültige Ausweisdokumente ihre Rechte, etwa auf Bildung oder Gesundheitsversorgung, kaum wahrnehmen. Die Vereinten Nationen bemängeln zudem gravierende Menschenrechtsverletzungen in einigen Aufnahme- oder Transitländern.

Auch die Konsequenzen des Klimawandels berühren die Menschenrechte und sind Anlass, diese weiter zu konkretisieren. So wurde 2010 das Recht auf sauberes Trinkwasser als Menschenrecht anerkannt.

Weltweit werden noch immer Milliarden Menschen ihre Grundrechte vorenthalten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beobachtete in ihrem Bericht 2017/18 Versuche vieler Staaten, die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit einzuschränken oder rechtstaatliche Garantien auszuhebeln. Weltweit nahm dem Bericht zufolge etwa die Ausgrenzung von Minderheiten zu. Verstöße gegen Menschenrechte gab es demnach nicht nur in autoritären Regimen wie China, sondern auch in Demokratien. So kritisierte Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, bei der Vorstellung des Berichts im Frühjahr 2018, dass auch in Ländern wie Ungarn, den Philippinen, Ägypten und den USA die gezielte Ausgrenzung von Bevölkerungsgruppen und Minderheiten zum Alltag geworden sei.

Kritik an der Menschenrechtserklärung

Kritisiert wird allerdings auch die Menschrechtserklärung der UN. Diese würde allein westliche Werte berücksichtigen. Islamische Staaten verabschiedeten 1990 mit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam sogar eine eigene Erklärung, welche die Scharia als alleinige Basis der Menschenrechte ansieht. Diese steht in erheblichem inhaltlichem Widerspruch zur Erklärung der UN, vor allem in Bezug auf die Religionsfreiheit und die Gleichstellung von Mann und Frau.

China wiederum negiert weitgehend die Bedeutung individueller Rechte – kein Wunder: Inhalte der Menschenrechtserklärung wie Meinungsfreiheit oder freie und allgemeine Wahlen stehen im Gegensatz zu den Leitlinien des "sozialistischen Rechtsstaats chinesischer Prägung".

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