Die neusten Entwicklungen Show Vor den anstehenden Olympischen Winterspielen 2022 in China sprechen sich mehrere Staaten dafür aus, keine diplomatischen Vertreter nach Peking zu entsenden.
NZZ-Redaktion 06.02.2022, 06.13 Uhr
InhaltsverzeichnisDie USA haben schon vor Wochen angekündigt, keine offiziellen Vertreter zu den Spielen nach China zu entsenden. Kanada, Grossbritannien, Japan und Australien schlossen sich an. Auch Neuseelands stellvertretender Premierminister Grant Robertson erklärte, man werde keine Regierungsvertreter entsenden. Die Entscheidung beruhe hauptsächlich auf den Bedenken wegen der Corona-Pandemie. Der neue deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, man werde sich sorgfältig und im internationalen Zusammenhang beraten und Entscheidungen zu einem möglichen Boykott treffen. Frankreich wird sich dem Boykott nicht anschliessen. Diplomatische Boykotte seien rein symbolisch und würden nichts bringen, sagte Präsident Emmanuel Macron. Stattdessen will er mit dem Internationalen Olympischen Komitee zusammenarbeiten, um die Situation von Athleten auf der Welt zu verbessern. Was ist der Hintergrund der Boykott-Ankündigungen?Dem autoritären Regime Chinas wird vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen. Konkret geht es um Menschenrechtsverletzungen gegenüber Minderheiten wie den muslimischen Uiguren in der autonomen Region Xinjiang. Aber auch das autoritäre Auftreten in Tibet und Hongkong und die Drohkulisse gegenüber Taiwan werden kritisiert. Deswegen ist die Menschenrechtslage nur ein Streitthema, das für Spannungen zwischen dem Westen und China sorgt. Was sagt China zu den Anschuldigungen?China hat den Staaten, die mit einem (diplomatischen) Boykott der Spiele drohen, angekündigt, «entschiedene Gegenmassnahmen» zu ergreifen. Gleichzeitig bestreitet Peking die Vorwürfe, wonach Hunderttausende von Uiguren in Arbeitslagern interniert werden und die Behörden die Geburtenrate der Minderheit unter anderem mit Zwangssterilisationen reduzieren sollen. «Der angebliche Genozid in Xinjiang, den die USA behaupten, ist die Lüge des Jahrhunderts», so das Aussenministerium in Peking. Auf die Vorwürfe wegen des autoritären Vorgehens gegenüber Taiwan oder Hongkong reagierte China nicht, erklärte jedoch, die Anschuldigungen westlicher Staaten beruhten auf «Lügen, Gerüchten und finsteren Absichten». Der Boykott der Spiele sei zudem «eine Verhöhnung des olympischen Geistes, eine politische Provokation und ein Angriff auf 1,4 Milliarden Chinesen». Wie verhält sich die Schweiz?Bereits im Juni fragte Fabian Molina (sp.) als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK), ob der Bundesrat bereit sei, auf eine offizielle Delegation zu verzichten. Eine Antwort auf diese Anfrage gab der Bundesrat im September. Er erklärte, man prüfe die Situation und werde zu einem späteren Zeitpunkt über die Entsendung von offiziellen Vertretern an die Spiele entscheiden. Eine definitive Entscheidung des Bundesrats steht damit noch aus. Wie äusserte sich das IOK zu den Boykott-Ankündigungen?Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) Thomas Bach bezeichnete den Konflikt als «rein politische Diskussion»: Mit den Olympischen Spielen könne das IOK keine grossen politischen Konflikte lösen. Dies sei eine überzogene Erwartung. «Das IOK hat nicht die Macht und die Mittel, politische Systeme zu verändern. Hier gilt die politische Neutralität des IOK und der Spiele.» Wann und wo finden die Spiele statt?Die 24. Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis zum 20. Februar 2022 in Peking statt. Chinas Hauptstadt ist damit die erste Stadt, die nach Olympischen Sommerspielen (2008) auch Olympische Winterspiele organisiert. Die Wettkämpfe sollen an drei Orten stattfinden: In Peking selber werden die Curlingspiele, das Eishockeyturnier und sämtliche Eislaufwettbewerbe ausgetragen. In Yanqing – 90 Kilometer ausserhalb von Pekings Stadtzentrum – sind Skiwettbewerbe sowie Bob, Rodeln und Skeleton vorgesehen. Snowboard, Langlauf, Biathlon, Skispringen und die nordische Kombination finden im Gebiet von Zhangjiakou statt, 200 Kilometer von Peking entfernt. Hochgeschwindigkeitszüge sollen die drei Austragungsorte miteinander verbinden.
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