Welche hilfsmittel gibt es für hörbehinderte

Welche Kostenträger erbringen Leistungen für Hilfsmittel, die Zuhause oder für die Ausbildung genutzt werden?

Krankenkassen sind für die Finanzierung von Hilfsmitteln zuständig, die privat oder in der Schule genutzt werden. Letzteres gilt allerdings nur für schulpflichtige Kinder, für Ausbildung oder Studium sind andere Kostenträger zuständig.

In der gesetzlichen Krankenversicherung gilt das sogenannte Sachleistungsprinzip. Es bedeutet, dass man in der Regel zuerst zum Arzt geht, sich das gewünschte Hilfsmittel verordnen lässt und es im günstigsten Fall von seiner Krankenkasse genehmigt bekommt. Man kann Hilfsmittel von Firmen (die sogenannten Leistungserbringer) erhalten, mit denen die Krankenkassen Verträge geschlossen haben. Nur in Ausnahmefällen kann man sich das gewünschte Hilfsmittel selbst besorgen und den Kaufpreis von der Krankenkasse erstattet bekommen.

Finanzierung von Hörgeräten

Auch bei der Hörgeräteversorgung wird eine Verordnung durch den HNO-Arzt benötigt. Welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine Verordnung ausgestellt werden darf, hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgelegt: Neben detaillierten Bestimmungen zum Grad des Hörverlusts gibt es hier auch den Hinweis, dass der Versicherte in der Lage sein muss, das Hörgerät zu bedienen.
Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) (PDF - nicht barrierefrei)

Die Anpassung eines geeigneten Gerätes findet durch den Hörgeräteakustiker statt. Dieser ist verpflichtet, seinen gesetzlich versicherten Kunden mindestens ein Gerät anzubieten, dessen Kosten vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. Der Festbetrag der gesetzlichen Krankenkasse für die Versorgung schwerhöriger Versicherter ab dem vollendeten 18. Lebensjahr liegt für ein Hörgerät bei 733,59 Euro netto (784,94 Euro inkl. MwSt.). Der Abschlag für das zweite Hörgerät bei beidohriger Versorgung wurde auf 146,72 Euro netto festgelegt. Der Aufwand für Basisleistungen der Nachsorge ist im Festbetrag enthalten.
Beschluss des GKV-Spitzenverbandes: Festbeträge für Hörhilfen schwerhöriger Versicherter (PDF - nicht barrierefrei)

Wer ein teureres Gerät auswählt, muss die Differenz zwischen Festbetrag und Preis des Gerätes selbst zahlen. Die Pauschale gilt für mittel- und hochgradig schwerhörige Personen, die Hinter-dem-Ohr oder Im-Ohr-Geräte benötigen. Für weitere Hörhilfen wie Taschenhörgeräte oder Tinnitusgeräte gelten andere Festpreise.

Der Festbetrag der Krankenkassen für an Taubheit grenzend Schwerhörige beträgt seit März 2012 für das erste Hörgerät 786,86 Euro netto (841,94 Euro inkl. MwSt.). Für das zweite Gerät (bei beidohriger Versorgung) wird ein Abschlag von 20 % berechnet.
Beschluss des GKV-Spitzenverbandes: Festbeträge für Hörhilfen an Taubheit grenzend schwerhöriger Versicherter (PDF - nicht barrierefrei)

Die Kosten für Batterien werden grundsätzlich nur für Versicherte bis zum 18. Geburtstag erstattet.

Für privatversicherte Patienten gelten individuelle Regelungen, je nach abgeschlossenem Vertrag. Beihilfeberechtigte Personen finden in der Anlage 11 zu § 25 der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (BBhV) Information zu Beihilfeleistungen bei Hörgeräten.

Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. weist darauf hin, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, auch höhere Kosten für Hörgeräte zu erstatten, wenn die Festbeträge nachweislich nicht ausreichen. So hat das Bundessozialgericht im Jahr 2009 entschieden, dass die Versicherten einen Anspruch auf Geräte haben, die die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben.

Detaillierte Informationen zur aktuellen Rechtsprechung und zur Beantragung von Hörhilfen sind in der Rubrik Wege zum Hörgerät, insbesondere in der Beratungsrichtlinie zur Kostenübernahme bei Hörgeräten (PDF) des Deutschen Schwerhörigenbundes e.V. zu finden.

Hörverstärker/Kinnbügelhörer werden von den gesetzlichen Krankenkassen als Hilfsmittel anerkannt, wenn das Tragen von HdO- oder IO-Geräten erkrankungs-/behinderungsbedingt nicht möglich ist.

Auch Licht- und Vibrationsanlagen für die private Nutzung sind im Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen aufgeführt. Voraussetzung für eine Kostenbeteiligung ist, dass eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit oder Ertaubung vorliegt. Die Höhe der Finanzierung/des Zuschusses ist abhängig von Produkt, Bedarf und Krankenkasse. Wie bei der Versorgung mit Hörgeräten muss eine Verordnung des Arztes für die Hilfsmittel vorliegen.

Telefonverstärker oder spezielle Schwerhörigentelefone sind nicht verordnungsfähig. In Einzelfällen wurden sie von Krankenkassen nach langen Widerspruchsverfahren finanziert. Ringschleifenverstärker werden von den Krankenkassen nicht finanziert.

Drahtlose Übertragungsanlagen wurden in der Vergangenheit von den gesetzlichen Kassen nur für Kinder finanziert. Mit der neuen Hilfsmittel-Richtlinie vom 1. April 2012 sind Übertragungsanlagen zusätzlich zu einer erfolgten Hörhilfenversorgung oder CI-Versorgung auch für Erwachsene verordnungsfähig, wenn diese der Befriedigung von Grundbedürfnissen (z.B. von Kommunikationsbedürfnissen im Rahmen der selbständigen Lebensführung) dienen.

Siehe z.B. Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen (online) oder Neufassung der Hilfsmittelrichtlinie 2012 (PDF - nicht barrierefrei)

Leistungen der Sozialhilfe (Grundsicherung/Eingliederungshilfe) kommen immer dann in Betracht, wenn kein anderer Kostenträger zur Finanzierung verpflichtet ist und der Antragstellerin/dem Antragsteller die notwendigen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Das Gesetz spricht hier von Nachrang der Sozialhilfe. Entsprechende Leistungen der „Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ werden einkommens- und vermögensabhängig gewährt.

Die Sozialhilfeträger übernehmen Leistungen für den Privatbereich oder zum Schulbesuch außerhalb der allgemeinen Schulpflicht sowie zum Studium oder für ein Praktikum, das Voraussetzung für ein Studium oder den Berufseinstieg ist.

In welchen Fällen und welche Hilfsmittel bzw. sonstigen Leistungen finanziert werden, ist in den §§ 53, 54 SGB XII sowie in der Eingliederungshilfeverordnung geregelt.

Leistungen für schwerhörige Menschen

Im Bereich „Hörbehinderung“ sind im § 9 der Eingliederungshilfe explizit folgende Hilfsmittel gelistet: Hörgeräte, Hörtrainer und Weckuhren für hörbehinderte Menschen. In der Regel gelten auch hier die von den Krankenkassen festgelegten Kostenpauschalen. Aber auch andere Hilfsmittel bzw. Gebärdensprachdolmetscher für die Ausbildung können im Rahmen der Eingliederungshilfe finanziert werden.

Aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom Mai 2009 geht zudem hervor, dass schwerhörige Sozialhilfeempfänger gegenüber dem Sozialamt einen Anspruch auf Zahlung der Batterien für ihre Hörgeräte haben (Az. B 8 SO 32/07 R).

Die gesetzliche Unfallversicherung ist immer dann zuständig, wenn ein Arbeits- oder Wegeunfall oder eine Berufskrankheit Ursache einer Behinderung ist. Alle anderen Kostenträger treten dann in den Hintergrund.

Was in der gesetzlichen Unfallversicherung als Hilfsmittel eingestuft wird, ist in § 31 Sozialgesetzbuch VII geregelt. Hilfsmittel sind alle Sachen (Gegenstände), die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Das Hilfsmittel muss ärztlich verordnet sein.

Wichtig: Für Hilfsmittel gelten dieselben Festbeträge wie bei den Krankenkassen. Die Betroffenen müssen den Anschaffungspreis, der über den Festbetrag hinausgeht, selbst tragen.

Leistungen für schwerhörige Menschen

Die gesetzliche Unfallversicherung ist z.B. bei einer anerkannten Berufslärmschwerhörigkeit für die Finanzierung von Hörgeräten zuständig. Allerdings gelten auch hier die Festbeträge der Krankenkassen, da davon ausgegangen wird, dass diese eine optimale Versorgung mit Hörgeräten gewährleisten.

In Einzelfällen wurden die Versicherungsträger jedoch verpflichtet, auch höhere Beträge für geeignete Hörgeräte zu finanzieren. Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29.08.2006 (Az. L 3 U 73/06) musste die gesetzliche Unfallversicherung dem schwerhörigen Kläger teurere Hörgeräte erstatten, da er diese für seine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit als Orchesterdirigent benötigte. Das Gericht argumentierte, dass auch die Hilfe zur Teilhabe an der Gemeinschaft in den Leistungsbereich der Unfallversicherung fällt.

Je nach Art der Hörminderung und den Lebensumständen bezahlt die Gesetzliche Unfallversicherung auch Zusatzgeräte, wie z.B. Klingel-, Telefon- und Bewegungssender mit Lichtsignalen oder einen Lichtwecker.

Hörhilfen und Hilfsmittel

Es gibt Hilfsmittel, die hörbehinderte Menschen dabei unterstützen, ihren Alltag selbstständig und unabhängig zu meistern. Hilfsmittel, die in der Ausbildung oder im Berufsleben eingesetzt werden, ermöglichen den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe.

Die Angebotspalette der Hilfsmittel ist gross. Sie reicht von Lichtsignalanlagen, die helle Lichtblitze aussenden, über vibrierende Wecker bis zu FM-Anlagen, welche häufig während der Ausbildungszeit und auch im Berufsleben eingesetzt werden. Lichtsignale informiert über eingehende Anrufe, Besucher vor der Haustür und auch im Notfall wird der Bewohner nicht im Stich gelassen. Rauchmelder werden an die Lichtsignalanlage angeschlossen und im Wohnbereich verteilt. So ist immer ein Lebensretter zu Hause.

Sogar, wenn der Bewohner schläft. Dazu wird ein Wecker mit einem starken Vibrationskissen an einen Empfänger des Lichtsignalsystems angeschlossen. Der Sender (Rauchmelder, Klingel- oder Telefonanlage) leitet die akustischen Signale an den Empfänger weiter. Der Wecker vibriert, sodass der Bewohner zeitig das Haus verlassen und die Feuerwehr informieren kann. Muss der Bewohner pünktlich zur Arbeit, kann die gewünschte Weckzeit eingestellt werden. Jeder Sender kann mit jedem Empfänger kombiniert werden. So ist frei wählbar, wie der Bewohner geweckt werden möchte, einem Vibrationsalarm, hellen Lichtblitzen oder durch ein lautes Tonsignal (bis 89 dB). Die Funksignalübertragung erfolgt über die Stromleitung, sobald der Sender als auch der Empfänger in eine Steckdose eingesteckt und die Geräte eigeschaltet sind.

Während der Ausbildungszeit nutzen hörbehinderte SchülerInnen eine mobile FM-Anlage, um das Unterrichtsgeschehen mitzuverfolgen. Die FM-Anlage besteht ebenfalls aus einem Sender und einem Empfänger. Der Sprecher (Lehrperson) trägt in der Regel den Sender um seinen Hals. Der Sender überträgt das Signal frei von störenden Nebengeräuschen mittels Funkwellen an den Empfänger. Um die Signale zu empfangen, benötigen Menschen mit einer Hörbehinderung Hörgeräte, mit einem Audioausgang und einer Telefonspule oder Bluetooth. Aufgrund der hohen Reichweite kann die FM-Anlage auch in grösseren Räumen (Hörsälen, Besprechungs- und Veranstaltungsräumen) oder im Freien genutzt werden. In der Entfernung entsteht ein Lautstärkeverlust, der durch die im Empfänger integrierte Lautstärkeregelung ausgeglichen wird.

Auch im Berufsleben wird die FM-Anlage im Sinne der beruflichen Teilhabe eingesetzt. Menschen mit einer Hörbehinderung kommen auch hier schnell an ihre Grenzen, sobald das Sprachverstehen durch die Versorgung mit Hörgeräten oder einem Cochlea Implantat in einer geräuschvollen Umgebung  oder in Räumen mit grosser Distanz nicht mehr ausreicht. Für Besprechungen mit mehreren Gesprächsteilnehmern besteht die Möglichkeit mehrere Sender (Mikrofone) einzusetzen.

Die induktive Höranlage ist ein technisches Gerät, welches gern in grösseren Veranstaltungsräumen (Vortragssäle, Kirchen, Kinos, Theatern) eingesetzt wird. Die entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten sind mit einem blauen Hinweisschild gekennzeichnet. Das Hinweisschild bildet ein Ohr und den Buchstaben «T» ab. Zur Inbetriebnahme wird die Induktionsschleife entlang der Innenwände des Raumes verlegt, sodass der Zuhörerbereich eingeschlossen wird. Es wird einen Verstärker angeschlossen, der mit einer Mikrofonanlage verbunden ist. Menschen mit einer Hörbehinderung nutzen einen Empfänger, den sie vor Beginn der Veranstaltung bei der Ausgabestelle abholen. Darüber hinaus können Hörgeräteträger mit einer speziell eingebauten Empfangsspule die Signale verstärkt und frei von Störgeräuschen empfangen.