Warum ist Montag der erste Tag der Woche?

Mit dem Wochentagen ist es ein bisschen so wie mit den Monatsnamen: Die Wörter sind uns sehr vertraut, ihre Herkunft offenbart sich aber nicht sofort. Gut, der Tag, den erkennt man sofort. Aber was es mit dem Diens und dem Sams auf sich hat, das ist schon schwieriger zu klären. Deshalb schauen wir uns heute einmal genauer an, woher Montag, Dienstag und Co kommen. Dafür müssen wir nicht nur in die Sprachgeschichte des Deutschen eintauchen, sondern uns auch mit antiken und germanischen Gottheiten beschäftigen.

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    Die Benennung der deutschen Wochentage geht auf eine babylonische Tradition zurück. Dort war es üblich, den Wochentagen bestimmte Planeten (und andere Himmelskörper wie Sonne und Mond) und damit assoziierte Gottheiten zuzuordnen. Nach diesen wurden die Wochentage dann auch benannt. Dieses Konzept haben viele andere Kulturen und Sprachen übernommen. Im Großen und Ganzen wurden dabei die babylonischen Namen als Vorlage genutzt. Dabei wurden aber die Namen nicht einfach übernommen, sondern quasi übertragen auf die eigenen Gottheiten. Bei den deutschen Wochentagen stehen zum Beispiel im Großen und Ganzen die germanischen Gottheiten Pate, zum Beispiel Freya für den Freitag.

    Eine solche Entlehnung, bei der die Bestandteile eines Worts einzeln übersetzt werden, nennt man in der Sprachwissenschaft Lehnübersetzung. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Wort Wolkenkratzer, das auf dem englischen skyscraper basiert. Anstatt das gesamte Wort zu übernehmen, wurden die beiden Wortteile sky und scraper einzeln übersetzt und die deutschen Wörter dann wieder zusammengesetzt. Und dieser Prozess liegt auch unseren deutschen Wochentagsbezeichnungen zugrunde. Nur etwas abgefahrener, weil dabei kulturübergreifend Gottheiten „übersetzt“ wurden.

    Sonntag

    Wir beginnen mit Sonntag, weil er in der Antike der erste Tag der Woche war. Er war dem Sonnengott Helios gewidmet und lautete auf griechisch hēméra Hēlíū (ἡμέρα Ἡλίου) ‚Tag von Helios‘. Das lateinische Gegenstück dazu hieß diēs sōlis, also ’Sonnentag‘ ganz ohne dazugehörige Gottheit. Diese Idee haben die Germanen übernommen und die Bezeichnung zu Sonntag germanisiert bzw. sunnūntag, wie es im 9. Jahrhundert noch hieß. Die Entlehnung muss aber schon vor dem 4. Jahrhundert stattgefunden haben, weil sich zu dieser Zeit in der lateinischsprechenden Welt die christianisierte Bezeichnung dominicus diēs ’Tag des Herrn‘ durchgesetzt hat. Wenn die Entlehnung nach dem 4. Jahrhundert geschehen wäre, dann hätten wir jetzt möglicherweise statt Sonntag einen Herrntag. In den romanischen Sprache können wir das lateinische dominicus diēs noch heute deutlich erkennen: Auf Französisch heißt der Sonntag dimanche, auf Spanisch domingo.

    Montag

    Wenn der erste Tag der Woche dem Sonnengott gewidmet ist, scheint es nur fair, den zweiten nach der Mondgöttin zu benennen, oder? Genau das ist im antiken Griechenland geschehen. Dort wurde der Tag der Mondgöttin Selena gewidmet und hieß hēméra Selḗnēs (ἡμέρα Σελήνης). Die Römer setzten ihre entsprechende Göttin ein und nannten den Tag diēs Lūnae nach der Mondgöttin Luna. Im Deutschen kommt mānotag ‚Mondtag‘ das erste Mal im 11. Jahrhundert vor. Warum heißt der Tag aber heute Montag und nicht Mondtag, wenn er doch nach dem Mond benannt ist? Als die Bezeichnung für den Montag gebildet wurde, nannte man den Mond noch mano; das d ist erst im Laufe der Zeit dazugekommen. Wer genauer wissen will, wie und warum das passiert ist, kann das hier in unserem Beitrag zur Epenthese nachlesen.

    Dienstag

    Die Herkunft des deutschen Worts Dienstag ist nicht abschließend geklärt. Es war ursprünglich nur in einem kleinen Gebiet am Niederrhein verbreitet und geht auf das mittelniederdeutsche Wort dingesdach, dinstach zurück, das seit dem 13. Jahrhundert belegt ist. Für die ursprüngliche Bedeutung gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits kann es sein, dass das Wort auf den Namen des germanischen Kriegsgottes Tīwaz zurückgeht, der Dienstag im alten Rom Martis diēs hießt und dem Kriegsgott Mars gewidmet war. Vielleicht geschah die Benennung auch nach einer Latinisierung dieses Namens, das wäre dann Thingsus. Die wortwörtliche Bedeutung des Namens des Kriegsgottes ist ’der Thingversammlung beschützender Gott’. Andererseits schlägt das etymologische Wörterbuch von Kluge als Alternative vor, dass der Dienstag möglicherweise auch direkt nach dem Thing, dem germanischen Gerichtstag, benannt sein könnte und nicht nach dem Gott, der das Thing beschützt. Durch die Schriften von Martin Luther wurde Dienstag im ganzen deutschsprachigen Gebiet bekannt und gilt seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts als die allgemein gültige Bezeichnung für den Wochentag.

    Andere Bezeichnungen für Dienstag, von denen sich zwei in deutschen Dialekten erhalten haben, sind im Oberdeutschen der Ziestag (der auch auf Tīwaz zurückzuführen ist, aber mit hochdeutschem Lautwandel) und im Bairischen und in Österreich der Ergetag. Letzteres ist eine Entlehnung des griechischen Áreōs hēméra (Ἄρεως ἡμέρα) ‘Tag des Ares’.

    Mittwoch

    Die Bedeutung von Mittwoch lässt sich wesentlich besser erkennen als die der anderen Wochentage: Mittwoch ist die Mitte der Woche. Aber Moment – müsste das nicht eigentlich der Donnerstag sein? Das stimmt zwar, wenn man unsere heutige Wocheneinteilung als Grundlage nimmt, bei der die Woche mit Montag beginnt und mit Sonntag endet. Zu der Zeit, als sich die Wochentage verfestigt haben, war Sonntag aber noch der erste und Samstag der letzte Tag der Woche. Und damit war Mittwoch der vierte Tag der Woche, genau in der Mitte. Als solcher ist er seit dem 11. Jahrhundert belegt. In der Antike war der Tag dem Gott Merkur gewidmet, nach dessen germanischer Entsprechung Wotan der englische Wednesday benannt ist.

    Donnerstag

    Im alten Rom war der Donnerstag Jupiter, dem Himmelsgott, gewidmet. Die lateinische Bezeichnung lautete deshalb Iovis diēs. Dem entspricht in der germanischen Mythologie Thor bzw. Donar, der Donnergott. Dass Donar und Donner so gleich aussehen, ist kein Zufall: Es ist gut möglich, dass der Gott zunächst quasi als ’der Donnernde‘ bezeichnet wurde, woraus sich im Laufe der Zeit der Name Donar bzw. Thor entwickelt hat. Deshalb ist es auch nicht so verwunderlich, dass man den Donner heute besser im Wochentag erkennen kann als den Gottesnamen. Es passt außerdem gut zu der christlichen Verschleierungstaktik für die heidnischen Wochentagsbezeichnungen.

    Im Bairischen und Österreichischen ist für den Donnerstag auch die Bezeichnung Pfinztag verbreitet. Dieses Wort stammt vom dem griechischen pémptē hēméra (πέμπτη ἡμέρα) ab und bedeutet ursprünglich ’fünfter Tag‘ – wieder vom Sonntag als dem ersten Tag der Woche ausgehend. Diese Art der Wochentagsbenennung ist auch außerhalb Europas verbreitet: Im Chinesischen werden bspw. alle Wochentage durchgezählt – bis auf den Sonntag, der übersetzt Himmelstag heißt.

    Freitag

    Die Bezeichnung Freitag findet sich erstmals im 9. Jahrhundert als frī(j)atag. Der Tag ist im alten Griechenland der Liebesgöttin Aphrodite gewidmet und in Rom ihrem Gegenpart Venus. Entsprechend geht Freitag auf Freya zurück, die in der germanischen Mythologie die Göttin der Liebe und der Ehe ist.

    Sowohl der Gottesname Freya und das Adjektiv frei gehen auf die gemeinsame indoeuropäische Wurzel *prāi-, *prī- mit der Bedeutung ‘gern haben, schonen, friedlich-frohe Gesinnung’ zurück. Erst im Laufe der Zeit hat sich in den germanischen und keltischen Sprache die Bedeutungsverschiebung von ’lieb, geliebt‘ zu ’frei‘ vollzogen. Der Name Freya wird entsprechend mit der Bedeutung ’Geliebte‘ angegeben.

    Samstag

    Der Samstag ist wie der Mittwoch nicht nach einer Gottheit benannt. Stattdessen geht die Bezeichnung ursprünglich auf hebräisch šabbāt ’Sabbat‘ zurück, den Ruhetag und das Ende der jüdischen Woche. Es handelt sich dabei um eine sehr frühe Entlehnung, die bereits vor der Christianisierung der deutschsprachigen Gebiete stattgefunden hat. Bereits seit dem 9. Jahrhundert finden wir sambaztag in althochdeutschen Schriften.

    In Nord- und Westdeutschland ist auch die Bezeichnung Sonnabend für den Samstag verbreitet. Sie setzt sich zusammen aus Sonne und Abend und bezeichnete ursprünglich nur den Vorabend des Sonntags, breitet sich dann aber auf den gesamten Tag aus.

    Zum Weiterlesen:

    „Montag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Montag>, abgerufen am 05.12.2020.

    „Dienstag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Dienstag>, abgerufen am 05.12.2020.

    „Ergetag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Ergetag>, abgerufen am 06.12.2020.

    „Mittwoch“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Mittwoch>, abgerufen am 06.12.2020.

    „Donnerstag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Donnerstag>, abgerufen am 06.12.2020.

    „Pfinztag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Pfinztag>, abgerufen am 05.12.2020.

    „Freitag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Freitag>, abgerufen am 06.12.2020.

    „Samstag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Samstag>, abgerufen am 05.12.2020.

    „Sonnabend“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Sonnabend>, abgerufen am 06.12.2020.

    „Sonntag“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Sonntag>, abgerufen am 06.12.2020.

    Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweitere Auflage. Berlin/Boston 2011.

    Der englischsprachige Podcast Words For Granted hat eine mehrteilige Serie über die Wochentagsbezeichnungen im Englischen. Sie beginnt bei Folge 30 „The Days Of The Week (Overview)„. Folge 31 behandelt Monday und Tuesday, Folge 32 Wednesday, Folge 33 Thursday und Friday und Folge 34 Saturday und Sunday.