Unterschied zwischen anleitung und handbuch

"Technische Dokumentation" ist der allgemeine Oberbegriff für die Dokumentation zu einem Produkt. Zumeist wird dabei in erster Linie an die Unterlagen und Dokumente gedacht, die die Herstellerfirma nach außen gibt:

  • Bedienungsanleitungen
  • Betriebsanleitungen
  • Serviceanleitungen
  • Installationshandbücher
  • Softwarehandbücher
  • Unterschied zwischen anleitung und handbuch
    Online-Hilfen

Die

Unterschied zwischen anleitung und handbuch
tekom, der "deutsche Fachverband für Technische Kommunikation und Informationsentwicklung" propagiert eine weiter gefasste Definition:

Der Begriff 'technische Dokumentation' umfaßt verschiedene Dokumente mit produktbezogenen Daten und Informationen, die für verschiedene Zwecke verwendet und gespeichert werden. Unter verschiedenen Zwecken ist zu verstehen: Produktdefinition und Produktspezifikation, Konstruktion, Herstellung, Qualitätssicherung, Produkthaftung, Produktdarstellung, Beschreibung von Funktionen und Schnittstellen, bestimmungsgemäße, sichere und korrekte Anwendung, Instandhaltung und Reparatur eines technischen Produkts sowie gefahrlose Entsorgung.

Diese weite Sicht, bei der alle Dokumente, die im Produktlebenszyklus zum Produkt entstehen, als Teil der technischen Dokumentation gesehen werden, ist durchaus berechtigt. Schließlich geht es darum, technisches Know-how und produkt-historische Informationen für nachfolgende Nutzer der Informationen (seien es Entwickler oder Anwender, Patentanwälte oder Staatsanwälte mit Schwerpunkt Produkthaftung) verfügbar zu machen.

Der Schwerpunkt für Dienstleister der technischen Dokumentation liegt jedoch meist bei den Dokumenten, die nach der Produktion der Produkte benötigt werden — von Verkäufern, Systemintegratoren, Installateuren, Bedienern, Servicemitarbeitern, Entsorgungsunternehmen etc. Die Gründe sind einfach:

  • An die Dokumente werden hohe Anforderungen hinsichtlich Verständlichkeit (bezogen auf die Mitglieder der jeweiligen Zielgruppe), optischer Aufmachung, Einhaltung von Normen/Richtlinien/Gesetzen, sprachlicher Korrektheit etc. gestellt.
  • Die Dokumente gehen an die Öffentlichkeit, sind also Teil der Außenpräsentation des Herstellers.
  • Für die Erarbeitung der Dokumente ist nur relativ wenig herstellerspezifisches Wissen und Know-how erforderlich, insbesondere auch keine Unternehmensgeheimnisse. Statt dessen ist viel Erfahrung mit den Werkzeugen und Zielmedien notwendig, was bei Online-Publikation als Hilfesystem (WinHelp, HTMLHelp, JavaHelp oder "einfach" DHTML-Help) besonders augenfällig wird.

Diese sich aus den obigen Gründen ergebende Kombination an notwendigem Grundlagenwissen, Erfahrung hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen und dokumentationsspezifischem Fachwissen findet sich bei einer spezifischen Berufsgruppe: Den technischen Redakteuren. Sie sind innerbetrieblich oder beim Dienstleister die Mittler zwischen Hersteller/Entwickler und Einkaufsentscheider/Anwender.

Übrigens: Bei Transcom bevorzugen wir statt 'technische Dokumentation' oftmals den allgemeineren Begriff "

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'technische Kommunikation'", weil dieser den Umfang unserer Leistungen besser einfängt.

Anleitung versus Anweisung versus Handbuch versus …

Es gibt immer wieder eine Konfusion darüber, ob es Bedienungsanleitung, Bedienungshandbuch, Betriebshandbuch, Betriebsanweisung oder gar Bedienungsanweisung etc. pp. heißen soll. Auch die Normen für technische Redakteure und die Gesetze sind sich da nicht einig, verwenden sehr unterschiedliche Begriffe. Versuchen wir mal ein wenig zu ordnen — nach sprachlichen Gesichtspunkten:

  • "Anweisung" kommt von "anweisen": Anweisen kann nur der Vorgesetzte den Untergebenen, also der Chef den Mitarbeiter (oder auch die Eltern ihr Kind). Eine Betriebsanweisung kann daher nur innerbetrieblich erfolgen. Dementsprechend ist die Betriebsanweisung jenes Dokument, das für einen spezifischen Arbeitsplatz innerhalb eines Unternehmens festschreibt, wie die Arbeitsabläufe aussehen sollen. Sie berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse und Anforderungen innerhalb des Unternehmens. Damit ist klar, dass eine Betriebsanweisung nicht vom Hersteller eines Produkts dem Produkt mitgeliefert werden kann — dieser kennt die Firmeninterna beim Anwender nämlich gar nicht.
  • "Anleitung" kommt von "anleiten": Jemand, der schon etwas kann, leitet jemand anderen an, der es noch nicht kann. Hier begegnen sich zwei auf gleicher Augenhöhe, zum Beispiel Hersteller und Anwender. Die Anleitung ist damit jenes Dokument, das den Umgang mit einem Produkt vermittelt. Beim "Anleiten" wird allerdings praktisch keine Theorie mehr vermittelt, das heißt, die Beschreibung des Produkts ist nicht Teil der Anleitung. Dabei ist das Wort "Anleitung" medienneutral, sagt also nichts darüber aus, in welcher Form die Anleitung publiziert wird (Papier oder Online).
  • "Bedienungsanleitung" oder "Bedienungshandbuch": Das erste Wort in den Komposita sagt es schon — es geht um die Bedienung. Das Bedienungshandbuch ist also das Buch, in dem die Bedienung beschrieben ist. Damit ist das Publikationsmedium benannt. Der Begriff "Bedienungsanleitung" hingegen ist medienneutral.
  • Betriebsanleitung/Betriebshandbuch: Auch hier ist es wieder das erste Wort in den Komposita — es geht allgemein um den Betrieb. Dieser ist allumfassender als die Bedienung, fängt eigentlich bei Transport und Lagerung an, geht über die Installation/Aufstellung und Inbetriebnahme zur Bedienung, setzt sich dann mit Reinigung, Wartung und Service bzw. Reparatur fort, um schließlich am Ende des Produktlebenszyklus mit Demontage und Entsorgung zu enden. Ein Dokument, das den Betrieb beschreibt, sollte also entsprechend umfassend sein (nicht zu vergessen die zusammengefassten Sicherheitshinweise).

Natürlich kann die Betriebsanleitung auch in ihre Einzelteile zerlegt werden, also je ein Dokument zu Transport/Lagerung, Installation, etc. Auch kann die Aufteilung nach Anwenderrollen (Zielgruppe) erfolgen: Systemintegrator, Bediener/Anwender, Administrator, Servicetechniker usw. All diese Unterscheidungen orientieren sich jeweils am Inhalt des jeweiligen Dokuments. Unbestimmt bleibt die Form, das Medium, in dem das Dokument publiziert wird.

Publikationsmedien

Technische Dokumentation ist nicht an ein spezifische Publikationsmedium gebunden. Es kann auf Papier (gebundenes Buch, Mappe mit Ringbindung, geheftete Broschüre, Ordner mit Ringmechanik, Schnellhefter etc.) ebenso verteilt werden, wie als PDF-Datei, Online-Hilfe, Website oder ähnlichem auf CD oder im Internet.

Da heute die technische Dokumentation vielfach in verschiedenen Medien parallel publiziert wird (als Buch/Broschüre dem Produkt beigelegt und als PDF-Datei oder Satz von Webseiten im Internet abrufbar), ist es sinnvoll, für die Dokumente eine medienneutrale Bezeichnung zu wählen.

PostScript(um)

Ihnen kommt dieser Text selbtsam vor? Erinnern Sie sich noch? — In der Schule erhielten Sie gelegentlich die Aufgabe, einen Aufsatz zu schreiben, in dem alle Wörter aus einer vorgegebenen Liste enthalten sind. Das Ergebnis? Nun, vermutlich haben Sie schon lange nicht mehr dran gedacht.

Diese Seite ist nach demselben Prinzip entstanden, nur dass heute die Suchmaschinen und die per Suchmaschine suchenden Surfer die Aufgabe stellen: Egal, welche Kombination an Suchwörtern, die für die technische Dokumentation relevant sind, die Surfer eingeben — die Suchmaschinen sollen immer wenigstens diese Seite aus unserem Angebot listen können. Dafür sind die übrigen Seiten themengerichteter.

Die Betriebsanleitung ist ein gemäß EU-Recht sowie nationalen Gesetzen und Normen gefordertes Dokument für den Benutzer einer Maschine oder eines anderen Produkts. Ihr wichtigstes Ziel ist, den Benutzer, Betreiber bzw. Bediener über unvermeidbare Restrisiken zu informieren und vorhersehbare Fehlanwendungen zu verhindern. Damit ist die Betriebsanleitung neben der Risikobewertung im Konformitätsbewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung ein zentraler Grundstein für sichere und gesundheitsgerechte Produkte.

Unterschiedliche Begriffe – gleiches Ziel

Im Zusammenhang mit Betriebsanleitungen taucht eine Vielzahl von Begriffen auf, die mehr oder weniger synonym verwendet werden.
Mal heißt es Betriebsanleitung, mal Gebrauchsanleitung, mal Bedienungsanleitung, mal Gebrauchsanweisung. Dazu kommt, dass auch Benutzerhandbuch, Manual, Benutzerinformation oder gar Merkblatt genannte Dokumente oft als Betriebsanleitung verstanden werden. Dies kann zu Verwirrung und Missverständnissen führen.

Die Begrifflichkeiten lassen sich nur schwer trennen. Das liegt auch daran, dass die (englischsprachigen) Originalbegriffe aus EU-Richtlinien und internationalen Normen auf unterschiedliche Weise ins Deutsche übersetzt wurden. So werden „Operating Instructions“ oder „Instructions for Use“ mal zur Betriebsanleitung und mal zur Bedienungsanweisung oder einer anderen Variante.

Tendenziell richtet sich eine Betriebsanleitung häufiger und eher an fachlich vorgebildete Nutzer, die eine Maschine oder technische Anlagen „in Betrieb“ nehmen. Dagegen wird für die i. d. R. deutlich einfacher gehaltenen Informationen zum Bedienen, etwa eines Elektrogeräts durch den privaten Kunden, eher der Begriff Bedienungsanleitung gewählt. Der Begriff Gebrauchsanleitung wird häufig für die Beipackzettel von Arzneimitteln verwendet.

Grafik: Viele Begriffe für „Betriebsanleitung“

Unterschied zwischen anleitung und handbuch
Laut Maschinenrichtlinie heißt es Betriebsanleitung

Letztlich kommt es jedoch nicht darauf an, wie dieses Dokument der Benutzerinformation bezeichnet wird und ob ein Hersteller seine Maschine mit einer Betriebsanleitung oder einem Bedienerhandbuch ausliefert. Entscheidend ist, dass die Benutzerinformationen den Anforderungen genügen und vom Leser verstanden und umgesetzt werden.

Die Rechtsgrundlagen der Betriebsanleitung

Die Forderung einer Technischen Dokumentation eines Produkts findet sich in vielen Rechtstexten, von europäischen Richtlinien (ATEX-, Niederspannungs- oder Produktsicherheitsrichtlinie) bis zu nationalen Gesetzen wie dem Produktsicherheitsgesetz, dem Produkthaftungsgesetz, dem Medizinproduktegesetz oder dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz. Die Vorgaben sind jedoch meist recht allgemein formuliert, spezifische Anforderungen oder gar Definitionen zu einer Betriebsanleitung sind auf Gesetzesebene rar.

Am konkretesten wird das Produktsicherheitsgesetz. In § 3 (2) spricht das ProdSG zunächst von „Anleitungen“ für Zusammenbau, Installation, Wartung und Gebrauchsdauer eines Produkts, dann von einer „Gebrauchs- und Bedienungsanleitung“. Einige Sätze weiter wird in § 3 (4) Ziel und Zweck einer Gebrauchsanleitung formuliert (s. Zitat im Kasten). Damit ist klargestellt, dass die Anleitung zu einem Produkt dem Schutz von Sicherheit und Gesundheit dient.

Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern, …“ (ProdSG § 3 (4))

Im Maschinensicherheitsrecht ist die Betriebsanleitung ein Teil der technischen Dokumente gemäß Anhang VII der Maschinenrichtlinie. Sie wird im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens zur CE-Kennzeichnung nach abgeschlossener Risikobeurteilung erstellt. Anhang I, Abschnitt 1.7.4 der Maschinenrichtlinie nennt Bestandteile und Funktion der Betriebsanleitung. Gemäß der Maschinensicherheitsnorm EN ISO 12100 „Sicherheit von Maschinen“ muss der Hersteller den späteren Betreiber und Benutzer einer Maschine über Restrisiken informieren, die trotz inhärent sicherer Konstruktion und technischen Schutzeinrichtungen bestehen.

Grafik: Betriebsanleitungen als Teil der Technischen Dokumentation

Unterschied zwischen anleitung und handbuch
Die Technische Dokumentation umfasst weit mehr als die Betriebsanleitung

Betriebsanleitungen sind damit neben der Konformitätserklärung, den Dokumenten zur Risikobeurteilung, ggf. technischen Zeichnungen, Prüfberichten, Schaltplänen usw. ein elementarer Bestandteil der Technischen Dokumentation.

Im Gegensatz zu anderen technischen Dokumenten des Herstellers, der sogenannten internen Technischen Dokumentation, wird eine Betriebsanleitung als Teil der externen Technischen Dokumentation stets dem Käufer eines Produkts zur Verfügung gestellt. So soll sichergestellt werden, dass der spätere Nutzer (z.B. eines Werkzeugs oder Elektrogeräts) oder Betreiber (einer Maschine oder Anlage) über alle Informationen verfügt, die zur sicheren Anwendung notwendig sind.

Rechtsfolgen bei fehlenden oder mangelhaften Betriebsanleitungen

Betriebsanleitungen sind wie oben dargestellt verpflichtender Bestandteil einer Maschine oder anderer Produkte. Fehlt eine Betriebsanleitung, gilt dies als Mangel beim Inverkehrbringen. Es ist nicht vorgesehen, dass eine Betriebsanleitung nachträglich erstellt und nachgeliefert wird. Sie muss zu dem Zeitpunkt vollständig und auf dem aktuellen Stand vorliegen, an dem die Maschine oder das Produkt ausgeliefert wird.

Der Hersteller muss die Betriebsanleitung zu einem seiner Produkte auf Anforderung den Überwachungsbehörden zur Verfügung stellen. Fehlt eine Betriebsanleitung oder weist sie Mängel auf, die zu einem Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko für den Benutzer führen könnten, so kann die Behörde einen Verkaufsstopp oder Rückruf veranlassen. Außerdem kann die Überwachungsbehörde ein Bußgeld verlangen, denn fehlende, unvollständige oder nicht korrekte Benutzerinformationen gelten im ProdSG als Ordnungswidrigkeit (s. Kasten).

„Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Gebrauchsanleitung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig mitliefert,“ (§39 (1) ProdSG)

Unabhängig davon gelten unvollständige, unleserliche, unverständliche oder gar gänzlich fehlende Bedienungsanleitungen im juristischen Sinn auch als Sachmangel. Das bedeutet, dass ein Kunde berechtigt ist, vom Kaufvertrag zurückzutreten oder ein bereits gekauftes Produkt zurückzugeben.

Fehler in der Bedienungsanleitung selbst gelten als Produktfehler. Eine falsche Angabe in einer Anleitung ist also kein Kavaliersdelikt, das durch einen Vertipper oder Übersetzungsfehler entschuldigt werden könnte. Geht ein Unfall, Sach- oder Personenschaden durch Bedienungsfehler auf fehlende oder fehlerhafte Angaben in einer Bedienungsanleitung zurück, greift die Produkthaftung gemäß § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit allen damit verbundenen Risiken und Folgen für den Hersteller.

Der Nutzen der Betriebsanleitung

Aus Sicht des Betreibers und Benutzers einer Maschine oder anderen Produkts liegt der Nutzen auf der Hand: Die Betriebsanleitung informiert mich,

  • wozu das Produkt dient und was sein genauer Verwendungszweck ist.
  • auf welche Weise ich das Produkt verwenden darf, z.B. mit welchen Materialien und Werkstoffen.
  • mit welchen technischen Sicherheitseinrichtungen mich das Produkt schützt.
  • welche Gefahren (Restrisiken) dennoch bestehen – auch bei bestimmungsgemäßer Benutzung.
  • welche notwendige Schutzmaßnahmen und Sicherheitsregeln daher notwendig sind.
  • unter welchen Bedingungen ich das Produkt benutzen darf, z.B. nur in geschlossenen Räumen oder auch im Freiland.
  • welche Einsatzgrenzen ich einhalten muss, z.B. nur innerhalb festgelegter Temperaturgrenzen.
  • was ich bei der Inbetriebnahme beachten muss.
  • wie das Produkt bedient wird und wozu Hebel, Schalter, Knöpfe usw. dienen.
  • was den Anzeige- und Signalelementen zu entnehmen ist.
  • mit welchen Umweltauswirkungen ich rechnen muss und wie ich diese minimiere.
  • was für Pflege, Reinigung und Wartung wichtig ist.
  • wie ich Störungen erkenne und inwiefern ich diese selbst beheben kann.
  • an welche Servicestelle ich mich für Reparaturen wende.
  • wie ich bei Verschleiß oder Außerbetriebnahme welche Komponenten fachgerecht entsorge.

Haftungsrechtliche Absicherung für den Hersteller

Aus Sicht des Herstellers wird der Nutzen nicht ganz so eindeutig ersichtlich. Insbesondere wenn die Verantwortlichen das Abfassen der Betriebsanleitung nicht an einen Technischen Redakteur übergeben, sondern dem Konstrukteur aufbürden, wird diese Aufgabe verständlicherweise bisweilen als ein notwendiges, aber lästiges Übel empfunden.

Eine Betriebsanleitung zu erstellen, ist jedoch nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Chance. Denn dieses Dokument bietet dem Hersteller die Möglichkeit, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, seine Kompetenz darzustellen und dem Kunden das Gefühl von Sicherheit und Zuverlässigkeit zu vermitteln.

Dazu kommt der entscheidende Punkt, dass eine korrekte und vollständige Betriebsanleitung der haftungsrechtlichen Absicherung dient.

Mit einer sorgfältig erstellten Betriebsanleitung als Bestandteil der Technischen Dokumentation schützt ein Hersteller sich vor Haftungsrisiken und Schadensersatzforderungen. Aus Sicht des Herstellers und Konstrukteurs eines Produkts unbedingt zu beachten ist jedoch:

Die Benutzerinfomation soll zwar vorhandene Restrisiken eindeutig nennen, dies darf aber kein Anreiz werden, ein „Problem“ mit einem Restrisiko per Betriebsanleitung „lösen“ zu wollen. Erst wenn sowohl eine inhärente technische Konstruktion als auch technische Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, sämtliche Risiken zu minimieren, dürfen (und müssen dann) Restrisiken in die Betriebsanleitung „ausgelagert“ werden.

Unterschied zwischen anleitung und handbuch
Quelle: Thinkstock

Informationsfluss vom Hersteller zum Betreiber

Die Betriebsanleitung, etwa einer Maschine, steht stets an der Schnittstelle zwischen Hersteller und Betreiber der Maschine. Denn sie wurde vom Hersteller oder in dessen Auftrag erstellt und dient dann dem Betreiber der Maschine als Grundlage

  • für den sicheren Einsatz der Maschine unter festgelegten Bedingungen.
  • für das Unterweisen der Mitarbeiter zum sicheren Bedienen der Maschine.
  • für das Erstellen von Betriebsanweisungen für Tätigkeiten an der Maschine.
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Betriebsanleitungen sind auch Grundlage für Einweisungen und Unterweisungen am Arbeitsplatz, Quelle: Thinkstock

Hinweis: Trotz der anfangs geschilderten Vielfalt weitgehend synonymer Begriffe ist eine Betriebsanleitung deutlich von einer Betriebsanweisung zu unterscheiden. Denn die Betriebsanweisung ist ein Begriff aus dem Arbeitssicherheitsrecht. Auch eine Betriebsanweisung kann sich auf eine Maschine beziehen. Sie wird jedoch nicht vom Hersteller, sondern vom Betreiber der Maschine und Arbeitgeber erstellt und in einer Arbeitsstätte ausgehängt oder ausgelegt, um die Mitarbeiter in kompakter Form über sicherheitsgerechtes Arbeiten zu informieren.

Grafik: Unterschied Betriebsanweisung/Betriebsanleitung

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Betriebsanleitung und Betriebsanweisung im Vergleich

Der Inhalt der Betriebsanleitung

Anhang I der Maschinenrichtlinie nennt in Kapitel 1.7.4.2 die erforderlichen Mindestangaben für die Betriebsanleitung. Die lange Liste reicht von Formalien wie Name und Anschrift des Herstellers sowie Konformitätserklärung über Installations- und Montagevorschriften und Sicherheitshinweise bis zu Emissionsangaben für Schall oder Strahlung.

Korrekt und konkret über den gesamten Lebenszyklus

Die Inhalte einer Betriebsanleitung sollten selbstverständlich korrekt sein. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat wiederholt moniert, dass Lärmemissionen von Maschinen in den zugehörigen Betriebsanleitungen oft unglaubwürdig oder unvollständig sind. Die weiteren Kapitel 2 bis 6 des Anhangs I der Maschinenrichtlinie nennen immer wieder konkrete Anforderungen an bestimmte Maschinentypen. So ist z.B. gefordert, dass in der Betriebsanleitung für Maschinen in der Nahrungsmittel-, Pharma- oder Kosmetikbranche die empfohlenen Reinigungs-, Desinfektions- und Spülmittel und -verfahren angegeben werden.

Wichtig ist, das eine Betriebsanleitung den gesamten Lebenszyklus einer Maschine umfassen muss. Sie muss alle relevanten Sicherheitshinweise nicht nur für den Normalbetrieb enthalten, sondern auch für Transport, Aufstellung, Installation, Inbetriebnahme, Demontage, Abschaltung usw.

Grafik: Technische Dokumentation zum gesamten Lebenszyklus

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Eine Betriebsanleitung soll sämtliche Maschinenzustände umfassen.

Zu einer Betriebsanleitung können ja nach Maschinentyp und Komplexität weitere Dokumente gehören, die z.B. für Wartung, Störungssuche, Instandhaltung notwendig sind, Das können Schaltpläne und Stromlaufpläne, Pneumatik- und Hydraulikschaltpläne, Ersatzteillisten oder Vorgaben für das Verwenden von Zubehör sein. Auch ein Index, ein Verzeichnis von Fachbegriffen oder eine Übersicht der verwendeten Größen und Einheiten können eine Betriebsanleitung aufwerten.

Die Form der Betriebsanleitung

Die Maschinenrichtlinie gibt keine Form oder Gestaltung der Betriebsanleitung vor. Auch andere Rechtstexte lassen die häufig gestellte Frage offen, ob eine Betriebsanleitung zwingend in Papierform geliefert werden muss oder auch digital geliefert werden kann. Laut dem bewährten „Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie“ lautet der allgemeine Konsens, dass alle Anleitungen mit Relevanz für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Papierform vorliegen sollten.

Auch im WLAN- und Smartphone-Zeitalter kann nicht davon ausgegangen werden, dass es an allen Maschinenarbeitsplätzen stets möglich ist, Betriebsanleitungen in digitaler Form abzurufen. Gleichwohl ist es sinnvoll und hilfreich, wenn Anleitungen gleichzeitig per CD oder USB-Stick in elektronischer Form zur Verfügung gestellt oder im Internet angeboten werden.

Eine Betriebsanleitung kann als Handbuch oder Broschüre gedruckt vorliegen oder aus wenigen gehefteten Seiten bestehen. Es ist nirgendwo festgelegt, wie lang eine Betriebsanleitung sein soll oder wie viele Seiten sie enthalten müsste. Der notwendige Umfang ergibt sich indirekt aus den Anforderungen an Vollständigkeit, Verständlichkeit usw. und der Komplexität eines Produkts.

Aufbau und Gliederung

Die Struktur einer Betriebsanleitung ist dem Ersteller überlassen. Aufbau und Gliederung müssen nicht einer wissenschaftlichen Facharbeit genügen, sondern sollten der Verständlichkeit zugutekommen und das intuitive Finden gesuchter Informationen erleichtern. Mögliche eigene Gliederungsabschnitte sind z.B. Sicherheitshinweise, Transport und Lagerung, Auspacken, Installieren und Montieren, Inbetriebnahme, Normalbetrieb, Notfallbetrieb, Reinigen, Inspektion und Wartung, Fehlersuche, Reparatur, Demontage und Entsorgung.

Sinnvollerweise erscheinen diese Gliederungspunkte in der Reihenfolge entsprechend dem Lebenszyklus der Maschine. Demnach beginnt eine Betriebsanleitung nach den allgemeinen Hinweisen mit Installation und Inbetriebnahme, geht dann vom Normalbetrieb über andere Betriebsformen wie Wartung, Reparatur, Störungsbehebung und endet mit Außerbetriebnahme, Demontage und Fragen der Entsorgung und Verschrottung.

Die Abbildung zeigt den typischen Aufbau einer Betriebsanleitung zu einer Maschine. Die technischen Daten stehen meist als Übersicht am Anfang oder am Ende des Dokuments, ebenso die vorgeschriebenen Formalien wie Hersteller, Seriennummer, Konformitätserklärung usw. Bei Betriebsanleitungen, die mehr als eine Handvoll Seiten umfassen, sind ein Inhaltsverzeichnis und/oder Index sehr hilfreich für den Leser.

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Typischer Aufbau einer Betriebsanleitung zu einer Maschine

Die Sprache der Betriebsanleitung

Die Betriebsanleitung zu einer Maschine oder einem anderen Produkt muss laut Anhang I, Kap. 1.7.4 der Maschinenrichtlinie

  • in einer Amtssprache der EU abgefasst sein und unabhängig davon
  • auch in der Sprache des Verwenderlandes

Auch wer eine Maschine nicht selbst herstellt, aber in Verkehr bringt, muss diese Forderungen erfüllen und ggf. vom Hersteller eine Übersetzung anfordern oder sich selbst um das Übersetzen der Betriebsanleitung kümmern. Gefordert wird zudem, dass zu einer Maschine stets die „Originalbetriebsanleitung“ oder eine „Übersetzung der Originalbetriebsanleitung“ gehört.

Grafik: Übersetzung der Originalbetriebsanleitung laut Anhang I Maschinenrichtlinie

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Übersetzung der Originalbetriebsanleitung in andere EU-Amtssprachen

Formulierungen in Bedienungsanleitungen führen bei schlampiger Übersetzung leicht zu unverständlichen und oft merkwürdig klingenden Sätzen. Der Barde Mike Krüger hat diesen unfreiwilligen Stilblüten mit dem Refrain eines Songtextes ein derart bekanntes Denkmal gesetzt, dass „den Nippel durch die Lasche ziehen“ längst zur Metapher für unverständliches technisches Kauderwelsch geworden ist.

Verständlichkeit ist eine elementare Anforderung an jede Betriebsanleitung. Verständlich bedeutet, dass der Text von der Wortwahl und der Sprache dem Wissens- und Erfahrungsstand des Benutzers der Maschine angemessen sein muss. Das heißt, dass die Betriebsanleitung einer Maschine, die auch von Privatpersonen und Laien bedient wird, einer anderen Sprache bedarf, als die Anleitung zu einer industriell genutzten Maschine, die ausschließlich von technischem Fachpersonal gelesen wird.

Grafik: Beispiele für Warn- und Gebotszeichen

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Auch auf Maschinen kann es Verbotszeichen, Warnzeichen und Gebotszeichen geben.

Erleichtert wird die Verständlichkeit durch Abbildungen. Gefahren, Warnungen, Verbote oder Tragegebote für Komponenten der Schutzausrüstung wie Augenschutz oder Gehörschutz werden durch Symbole, Zeichen und Piktogramme dargestellt, wie sie auch im Arbeitsschutzrecht für das Kennzeichnen von Arbeitsstätten und Arbeitsplätzen vorgesehen sind. Die verwendeten Signalwörter und Warnsymbole sollten erklärt werden.

Wichtigste Orientierung beim Konzipieren, Texten und Gestalten von Betriebsanleitungen ist die Norm DIN EN 82079-1 „Erstellen von Gebrauchsanleitungen“. Sie hat 2012 die DIN EN 62079 abgelöst und nennt nicht nur allgemeine Prinzipien für Inhalt, Darstellung und Aufbau von Anleitungen. Sie legt auch Mindestanforderungen als Stand der Technik fest, die sich auf Verständlichkeit, Inhalt, Struktur, Gestaltung und Sprache beziehen. Die DIN EN 82079-1 ist damit die Arbeitsbasis nicht nur für Technische Redakteure, sondern auch für Übersetzer, Grafiker und Illustratoren, die am Erstellen von Anleitungen beteiligt sind, sowie die beteiligten Konstrukteure.

Die DIN EN ISO 20607: Eine Norm für Betriebsanleitungen für Maschinen

Im Oktober 2019 ist die deutsche Fassung der EN ISO 20607 „Sicherheit von Maschinen – Betriebsanleitung – Allgemeine Gestaltungsgrundsätze“ erschienen. Diese neue Norm legt Anforderungen an den Hersteller einer Maschine bei der Gestaltung einer Betriebsanleitung fest. Sie ergänzt die in der Maschinenrichtlinie Anhang I und der EN ISO 12100 enthaltenen Anforderungen an Betriebsanleitungen und behandelt den sicherheitsrelevanten Inhalt sowie die entsprechende Struktur und Darstellung der Betriebsanleitung unter Berücksichtigung aller Lebensphasen der Maschine. Inzwischen ist die Norm auch im Amtsblatt der EU gelistet und löst auch die Konformitätsvermutung aus.