Dieser Artikel beschreibt den Roman. Zu dessen Adaptionen siehe Kleiner Mann – was nun? (Film) und Kleiner Mann, was nun? (Tankred Dorst). Kleiner Mann – was nun? (ursprünglich geplanter Titel Der Pumm) ist ein Roman von Hans Fallada, der 1932 im Rowohlt Verlag veröffentlicht wurde. In der Urfassung des Autors, ohne die bereits bei der Erstausgabe vorgenommenen Kürzungen, erschien das Werk erst 2016 im Aufbau-Verlag.[1] Der Roman wurde zum Bestseller und Longseller, er erlebte 45 Auflagen und 20 Auslandsausgaben.[2] Der Roman erschien vom 20. April bis 10. Juni 1932 als Vorabdruck in einer bearbeiteten Fassung in der Vossischen Zeitung des Ullstein Verlags, der Anteilseigner des 1931 fallierten Rowohlt-Verlags war. Am Tag der Veröffentlichung des letzten Abschnitts der Serie wurde das Buch zum Verkauf angeboten. Der Erfolg des Buches war ein wichtiger Faktor der Sanierung des Rowohlt-Verlags.[3] Illustrator des Umschlags und Einbands der Erstausgabe war George Grosz. Die Vorderseite des Umschlags zeigte Falladas Frau Anna, Vorbild von Lämmchen. Die Zeichnungen stießen auf Ablehnung von Lesern, Handel und Verleger. Die fünfte Auflage erschien ohne die Illustrationen.[4] Der Roman erschien in der Zeit der seit 1929 anhaltenden Weltwirtschaftskrise, die mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Börse am 24. Oktober 1929 begann. Die Krise brachte weltweit Elend und Armut mit sich und sorgte vielfach für einen rapiden Anstieg der Arbeitslosigkeit. Fallada schildert das Schicksal eines „kleinen Mannes“ und seiner Frau in Deutschland während der Zeit der Weimarer Republik. Fallada beschreibt detailliert die Lebensumstände eines Angestellten der damaligen Zeit, indem er unter anderem darstellt, wofür die Eheleute das ihnen zur Verfügung stehende Geld ausgeben (sie stellen einen „Normal-Etat“ auf). Außerdem schildert er die damalige Rechtslage bezüglich des Arbeitsrechtes (Gewerkschaften, Betriebsrat, Kündigung) sowie das mit den Notverordnungen immer wieder geänderte Sozialrecht (Arbeitslosen- und Krisenunterstützung). Fallada brachte dieser Roman – der der Neuen Sachlichkeit zuzurechnen ist – den Durchbruch als Schriftsteller. Wesentlich unterstützt wurde er von seinem Verleger Ernst Rowohlt, der ihm eine Halbtagsbeschäftigung in seinem Verlag verschafft hatte, so dass er ohne finanzielle Sorgen an dem Roman arbeiten konnte. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten blieb der Roman weiterhin erhältlich (1935: 116.–145. Tausend; 1941: 179.–188. Tausend), allerdings in einer von Fallada geänderten Fassung, in der er zum Beispiel einen SA-Mann, der mit seinen Kumpanen regelmäßig in Schlägereien mit politischen Gegnern verwickelt ist, in einen prügelfreudigen Fußballtorwart ohne politische Bindungen verwandelt. Hans Fallada fasste den Inhalt selbst in einem Brief an seinen Verleger Ernst Rowohlt zusammen:
Die Handlung spielt von 1930 bis 1932. Zu Beginn des ersten Kapitels erfahren der Buchhalter Johannes Pinneberg und seine Freundin, die Verkäuferin Emma „Lämmchen“ Mörschel, dass sie im zweiten Monat schwanger ist. Nach der kurzentschlossenen Heirat der beiden Verliebten kündigt sich eine glückliche Ehe an, wenn auch in bescheidenen Verhältnissen. Kurz nach dem Einzug in die gemeinsame Wohnung in der kleinen norddeutschen Stadt Ducherow wird Pinneberg jedoch aufgrund einer Intrige der Frau seines Arbeitgebers, die ihn mit ihrer Tochter verkuppeln wollte, entlassen und muss sich im Deutschland der Weltwirtschaftskrise eine neue Arbeitsstelle suchen. Rettung kommt von Pinnebergs ungeliebter Mutter Mia, einer Lebedame aus Berlin, deren Freund Jachmann Pinneberg eine Stellung als Herrenbekleidungs-Verkäufer im Warenhaus Mandel in Berlin verschafft. Pinneberg und seine Frau ziehen nach Berlin. Sie wohnen erst bei Pinnebergs Mutter, dann in zwei Zimmern in Moabit, die ihnen der Tischlermeister Puttbreese illegal vermietet. Im Warenhaus steht Pinneberg nach kurzer Zeit unter Druck, weil der Unternehmensberater Spannfuß eine Pflicht-Verkaufsquote verlangt, was zu Mauscheleien und Konkurrenzkämpfen unter den Verkäufern führt. Pinnebergs Kollege und Freund Joachim Heilbutt kann aber immer wieder helfend eingreifen, bis ihm wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Freikörperkulturverein gekündigt wird. Als der Sohn Horst, genannt Murkel, im März 1931 auf die Welt kommt, ist das Geld wieder einmal knapp, zumal der Antrag auf Wochen- und Stillgeld von der Krankenkasse „nach Dienstvorschrift“ bearbeitet wird. Nach nur einem Jahr endet für Pinneberg die Tätigkeit im Warenhaus Mandel: Als er eines Morgens zu spät zur Arbeit kommt, weil Murkel in der Nacht den ersten Zahn bekommen hat, wird er verwarnt. Er ist außerdem mit seiner Verkaufsquote im Rückstand. Als der Filmschauspieler Schlüter, der Pinneberg im Kino als Darsteller eines „kleinen Mannes“ beeindruckt hatte, in den Laden kommt, dutzende Bekleidungsstücke anprobiert und am Ende doch nichts kaufen möchte, fleht ihn Pinneberg an, etwas zu kaufen, um seine Quote erfüllen zu können. Er rechnet mit Verständnis seitens des Stars, doch Schlüter beschwert sich über den „aufdringlichen“ Verkäufer, was zum Anlass genommen wird, ihm zu kündigen. Später stellt sich außerdem heraus, dass ein missgünstiger Kollege Pinneberg als angeblichen Nationalsozialisten bei der jüdischen Geschäftsführung angeschwärzt hatte. Im November 1932 lebt die Kleinfamilie in Heilbutts Gartenlaube, etwa 40 Kilometer östlich von Berlin. Obwohl Pinneberg seit 14 Monaten arbeitslos ist, verbietet ihm Lämmchen, die ebenfalls illegalerweise überwinternden Laubenpieper-Nachbarn bei deren Brennholzdiebstählen zu begleiten. Stattdessen treibt er ausstehenden Lohn für seine Frau ein, die mit Näharbeiten bei Privatleuten etwas hinzu verdient. Eine Fahrt nach Berlin, um die Arbeitslosenunterstützung abzuholen, endet in einem Fiasko. Gedemütigt durch einen Berliner Schutzpolizisten, der ihn als „Gesindel“ von den Schaufenstern der Kaufhäuser in der Friedrichstraße verjagt hat, steht er kurz davor, jede Selbstachtung zu verlieren, und traut sich demzufolge kaum, seiner Frau unter die Augen zu treten. Pinneberg und Lämmchen gelingt es aber dennoch, ihre Liebe nicht zu verlieren und sie halten an ihr fest, weil nur sie wirklich wichtig ist. Der letzte Satz des Romans verdeutlicht dies: „Es ist das alte Glück, es ist die alte Liebe […] Und dann gehen sie beide ins Haus, in dem der Murkel schläft.“ Der Titel des Romans Kleiner Mann – was nun? wurde zu einem Markenzeichen für Falladas Werk. Der Autor galt bald als „Dichter des kleinen Mannes“.[6] Auch über Falladas Werk hinaus wurde der Titel zu einem geflügelten Wort. Laut der Herausgeber von Ernst Blochs Briefen kennzeichnet es „die Passivität, Beschränktheit und politische Orientierungslosigkeit des Kleinbürgertums“.[7] Nach der englischen Übersetzung des Romantitels Little Man, What Now? benannte Morrissey einen 1988 veröffentlichten Song. Die Textausgabe für die Vossische Zeitung wurde aus Rücksicht auf das bürgerliche Publikum um Stellen bereinigt, die sich auf den Rassismus des Nationalsozialismus bezogen oder auf sexuell freizügige Darstellungen. 1934 wurde die Buchausgabe auf acht Seiten politisch angepasst: Hauptänderung war die Verwandlung des Nazis Lauterbach in einen Fußballer.[8] Die rekonstruierte Urtextausgabe ist um ein Viertel länger als die Ausgabe von 1932 und enthält viele Passagen zu zeitgenössischen Berlin, dem Nachtleben und den Subkulturen. Die politische Thematik der Zeit wird ausführlich behandelt.[9]
Normdaten (Werk): GND: 4434572-0 | VIAF: 195963629 |