Ihr seid das Salz der Erde, Ihr seid das Licht der Welt

Matthäus 5,13–16 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Impuls zum Predigttext für den 8. Sonntag nach Trinitatis: Matthäus 5,13–16.  Von Hellger Koepff

Ihr seid das Salz der Erde, Ihr seid das Licht der Welt
Hellger Koepff ist Dekan des Kirchenbezirks Biberach.

Viel braucht es nicht. Eine Prise Salz für die Suppe, einen Teelöffel für den Brotteig. Mehr wäre schon versalzen. Lassen wir das Salz jedoch weg, schmecken weder Suppe noch Brot. Und sehen, herauslesen aus dem fertigen Brot oder der dampfenden Suppe können wir das Salz nicht mehr. Es ist im Ganzen aufgegangen und hat doch dem Brot und der Suppe Geschmack verliehen. Nur maximal sechs Gramm sollte der Mensch täglich zu sich nehmen, mehr nicht. Viel braucht es nicht. Schon der Schein einer Kerze oder Leuchten des Handydisplays reicht, um im Keller, in dem mal wieder das Licht ausgefallen ist, nicht vor Angst zu vergehen. Ohne Licht sieht alles ganz anders aus, beziehungsweise sieht es gar nicht mehr aus. Denn was wir von den Gegenständen oder im Gesicht eines Menschen sehen, ist streng genommen nur das durch sie reflektierte Licht.Viel braucht es nicht, Salz und Licht in der richtigen Dosierung. Das aber sind wir Christen in der Welt und für die Menschen, sagt Jesus. Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt. Keine Aufforderung, sondern eine Feststellung. Ihr seid es. Nehmt das ernst und macht was draus. Gerade nach dem Matthäusevangelium fordert Jesus die Seinen – und wir können uns da ruhig auch angesprochen fühlen – auf, der Gerechtigkeit im Alltag Raum zu verschaffen. Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde aufnehmen, Nackte kleiden, Kranke und Gefangene besuchen. Wenn wir Salz und Licht sind, sollen die anderen es durch uns spüren. Reicht uns das als Christen und als Verantwortliche in den Kirchengemeinden aus? Manchmal beschleicht mich der Verdacht, es ist uns zu wenig. Schließlich sollen die Leute doch merken, wer da Gutes tut. Gewissermaßen sollen noch ein paar Salzkörner im Brot zu entdecken sein. Und die Lichtstrahlen selbst sind uns wichtiger als das markante Gesicht im Abendlicht. Ich höre in Jesu Bildsprache die Mahnung: Nehmt euch nicht so wichtig. Stellt euch mit eurem Tun nicht selbst in den Mittelpunkt. Die Leute sollen nicht euch preisen, sondern euren Vater im Himmel. Beim Besuch eines diakonischen Projektes in einer sächsischen Stadt fragten wir die engagierten Ehrenamtlichen, wann sie als Christen und wann die Kirche als guter und verlässlicher Partner ernst genommen und geschätzt werden. Sie sagten: Kirche muss aufrichtig uneigennützig auftreten. Ohne Schielen, was kommt dabei für uns raus, ohne Hintergedanken, wie stehen wir da. Wie das Salz sollen wir in der Aufgabe aufgehen und als Licht das Gesicht des anderen zum Leuchten bringen. Aufrichtig uneigennützig sein, dann punktet die Kirche. Doch schon wenn ich das „dann punktet die Kirche“ ausgesprochen habe, stehe ich mit einem Fuß in der Falle, mich doch wieder in der Tiefe meines Herzens davon leiten zu lassen, wie kommen wir als Kirche, wie komme ich gut raus. In einer Zeit, in der wir uns mit Nachrichten medial vermarkten und verkaufen, stehen die Fallen ja auch wirklich dicht bei dicht.

Aufrichtig uneigennützig sein, ich finde, dazu brauchen wir Jesu Worte. Ihr seid Salz, ihr seid Licht. Ihr seid es, auch wenn ihr im Brot nicht mehr erkennbar seid, auch wenn die Leute nicht euch anschauen, sondern das von der Abendsonne erleuchtete Gesicht eines anderen. Nein, leicht fällt es niemandem von uns aufrichtig uneigennützig zu sein. Jesus macht es uns nicht leicht. Aber er traut es uns zu.

Ihr seid das Salz der Erde, Ihr seid das Licht der Welt

GebetChristus, wir danken dir,du zeichnest uns aus als Salz der Erde und Licht der Welt. Schenke uns Kraft und Ausdauer für ein mutiges Leben, das deinen Spuren nachgeht, ohne auf das eigene Ansehen zu schauen.Lass uns als Salz der Erde und Licht der Welt deine Güte und deine Schöpferkraft preisen, die alles neu macht.Amen.

Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann eine Stadt, die auf dem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

400 Jahre evangelische Kirche in Sennfeld, liebe Festgemeinde! Das sind 400 Jahre Kirche im Dorf. Das sind Taufen und Trauungen und – hier am Friedhof - Gottes-dienste zur Bestattung; das sind volle Konfirmations- und Weihnachtsgottesdienste, Erntedankfeste und Jubiläen und viele, viele normale Sonntagsgottesdienste. Nicht immer war und ist die Kirche so voll wie heute. Aber immer gehörte sie mitten ins Dorf und hat die Menschen getröstet und ermutigt, ihnen Orientierung gegeben und sie im Glauben gestärkt. Sie tut das bis heute, weil sie, liebe Gemeinde, die gute Nachricht von der Liebe Gottes ausbreiten und sie wird das weiterhin. Die gelungene Renovierung ist ja ein deutliches Zeichen: die Kirche bleibt im Dorf! 400 Jahre evangelische Kirche in Sennfeld, das ist ein Grund dankbar zu sein und zu feiern, das ist aber auch ein Anlass, innezuhalten und zu fragen, worauf baut diese Kirche auf und was ist ihre Aufgabe. Der Predigttext antwortet darauf laut und deutlich: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt!“ Dafür ist Kirche da – Salz der Erde und Licht der Welt zu sein: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ I „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“ Jesus redet auf dem Berg. Um ihn herum stehen seine Freundinnen und Freunde. Neugierige drängen sich nach vorne. Andere halten sich im Hintergrund. „Ihr seid das Salz der Erde!“ ruft er den Menschen zu. Und: „Ihr seid das Licht der Welt!“ Wenn Jesus hier in Sennfeld auf diesem Kirchberg reden würde, wäre es wahr-scheinlich ähnlich. Wir würden unterschiedlich dicht dabei stehen. Skeptisch die einen, begeistert die anderen, die dritten vielleicht irritiert von der Botschaft:

Selig sind die, die geistlich arm sind, also vor der Welt wenig bis nichts gelten. Se-lig sind die Leidtragenden, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, die Friedfertigen. Jesus steht auf dem Berg und lässt alle, die zuhören, einen Blick in den Himmel werfen, in Gottes neue Welt. Selig sind die, in deren Leben sich diese neue Wirk-lichkeit schon jetzt zeigt.

Dann ändert sich sein Ton. „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch.“ Ihr, die ihr jetzt zuhört, auch ihr seid selig, wenn ihr mir nachfolgt und dafür gescholten oder gar verfolgt werdet. Plötzlich werden aus Zuhörenden Angesprochene, aus Neugierigen Betroffene, aus Überraschten Menschen, die Jesus zu sich zieht. Ihnen allen sagt Jesus: „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“

Sie waren das damals nicht von sich aus - und wir sind es heute auch nicht von uns aus. Dass wir tatsächlich Salz und Licht sind, das entdeckt Jesus in uns, weil er uns mit den Augen Gottes ansieht. Da sieht er, wie viel Angst die eine vor dem Dunkel der Zukunft hat; wie schwer es dem anderen fällt, liebevoll mit sich und seiner Familie umzugehen; wie eingeklemmt wir in unsere Sorgen sind. Aber mitten hinein in unsere Sorgen und unsere Unzufriedenheit mit uns selbst und anderen, traut Jesus uns etwas zu: „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“ Ihr, die ihr euch oft genug müde und abgekämpft fühlt; ihr, die ihr nicht wisst, wie es weitergehen soll; ihr, die ihr Angst habt vor Krankheit und Sterben; ihr Trauernden, euch allen traut Jesus zu: Ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt! In all eurer Normalität und Schwäche und Verletzlichkeit: Ihr seid ein Abglanz der Liebe Gottes!

Wir haben uns diese Zuschreibungen nicht verdient; wir sind nicht Salz der Erde oder Licht der Welt, weil wir besonders mutig, fromm, schlau oder einflussreich sind. Wir bringen etwas von Gottes Geschmack in unsere Welt, weil Gott mit uns ist und uns das zutraut. Wir bringen Licht ins Dunkel, weil Jesus Christus uns an die Hand nimmt und mit uns gemeinsam in die Dunkelheit geht und sie hell macht. Dass wir Salz der Erde und Licht der Welt sind, das haben wir nicht unserer eigenen Kraft und Fähigkeit zu verdanken, sondern es wird uns von Jesus zugesprochen. Weil Jesus uns mit den Augen Gottes ansieht und in seine Nachfolge ruft, deshalb sind wir Salz der Erde und Licht der Welt. Das ist die erste Entdeckung an diesem Bibeltext! Sie macht mutig: Gott traut uns etwas zu! Und sie macht bescheiden: Denn es kommt nicht aus uns heraus, sondern aus Gottes gutem Geist, wenn es wunderbar schmeckt und hell um uns wird. II „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“ Also schauen Sie sich um. Jesus meint Sie - und Ihre Nachbarin und Ihren Nachbarn auch. Diese wunderbare Kirche ruht auf einem festen Fundament, auf massiven Steinen, die sie durch die Zeit tragen. Aber Sie alle, die hier sitzen: alt oder jung, die, die freundlich strahlen, und die, die betreten unter sich schauen, die Zwei-felnden und die Frommen, die Aktiven und die, die lieber still und alleine für sich sind; Sie alle, Sie sind die lebendigen Steine, die Kirche zum Salz der Erde und Licht der Welt, hier vor Ort, in Ihrer Region und darüber hinaus werden lässt.

Dazu sammelt Jesus Menschen, ruft sie zusammen und stärkt sie für ihren Auftrag. Dazu braucht es diese Kirche, die die Freifrau von Carben hat errichten lassen. Damit sie sich hier versammeln, orientieren und stärken lassen. Damit die Frage nach Salz und Licht einen Ort hat. Damit die Menschen regelmäßig daran erinnert werden, dass Kirche nicht für sich selbst da ist, sondern dafür, dass die Erde und die Welt sehen, wie gut Gott es mit ihnen meint und deshalb einstimmen in das Lob Gottes.

Das ist meine zweite Entdeckung: Salz der Erde und Licht der Welt ist niemand von uns allein. „Ihr“, sagt Jesus, „ihr seid Salz der Erde und Licht der Welt.“ Wenn die Erde gesalzen werden soll, dann kann das niemand alleine tun. Wenn Licht die Dunkelheiten dieser Welt hell machen soll, dann braucht es dazu ein Miteinander von vielen, die zusammen etwas bewegen und gestalten. Jesus weiß, dass so ein Zusammenrufen nicht einfach ist. Wir sind verschieden; wir streiten um Anerkennung und kämpfen um die besten Plätze. Die einen sind mo-derner und sehen Veränderungen als große Chance; die anderen sind traditionsbe-wusst und beklagen, dass alles schlechter wird. Die einen meinen, sie seien from-mer als die anderen.

Jesus realistisch. Er kennt die Unterschiede. Aber er sieht sie nicht zuerst als Ge-fahr und Problem, sondern als einen Reichtum. Er fragt: Welche Gaben bringst du mit, die wichtig für unser Miteinander sind – und welche bringen deine Nachbarin und dein Nachbar und dessen Nachbarin mit? Und kennen wir auch die Gaben der anderen? Wer Salz der Erde und Licht der Welt zum Lobe Gottes sein will, braucht die anderen. Wir brauchen einander; um uns gegenseitig zu entlasten und zu stärken.

Niemand kann alles, niemand hat nichts einzubringen. Ihr seid gemeinsam das Salz der Erde und das Licht der Welt. Das ist eine Grunderfahrung unserer Gemeinden: Dass Gemeinde gelingt, dazu braucht es Menschen, die mit Schwung auf andere zugehen, solche, die einfach nur treu kommen und mitsingen und beten, aber auch solche, die helfen, dass die Kirche am Ende so schön aussieht und in den Ort aus-strahlt. Dass Gemeinde lebendig wird, dazu müssen viele mitziehen; ein großes Fest wie dieses lässt sich nur feiern, wenn einige zupacken, andere Kuchen backen, die Dritten den Gottesdienst vorbereiten, die vierten die Menschen einladen usw. Mir fällt das in diesen Monaten besonders dort auf, wo sich viele Gemeinden her-ausgefordert sehen von der Not der Menschen, die bei uns Zuflucht suchen. Plötz-lich entdecken wir in unseren Gemeinden Menschen, Fähigkeiten und Interessen, die bisher keine Rolle gespielt haben. „Ja, ich kann Sprachkurse übernehmen.“ „Ich gehe gerne mit auf ein Amt.“ „Ich nehme die Kinder für ein paar Stunden.“ „Wie wäre es, wenn wir zusammen Fußball spielen?“ „Ich halte das aus, wenn sie mir immer und immer wieder die schrecklichen Geschichten erzählt.“ Und schließlich auch: „Ich nehme die Menschen mit in die Kirche oder gehe mit ihnen in die Moschee.“ Flucht ist nicht nur eine soziale und politische Frage; sie ist eine geistliche Herausforderung! Ich bin dankbar, wie sehr unsere Gemeinden hier ins Land ausstrahlen und durch ihr Engagement zum Lobe Gottes beitragen. „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!“

Vielleicht lässt sich das Bild vom Salz der Erde so verstehen: Salz ist ein kostbares Element. Damals war es teuer, aber auch heute, wo wir es billig einkaufen, merken wir schnell, was fehlt, wenn wir ungesalzene Kartoffeln essen. Wenn das Salz im Miteinander fehlt, wird das Leben schal und fad, langweilig, ohne Reiz. Das ist, wie wenn mich niemand fragt: Wie geht es dir? Wenn alles sich nur schnell, schnell geht. Wenn kein Interesse am Anderen besteht, an ihm oder ihr als Person, als Mensch, als mein Gegenüber. So wie sich der Geschmack einer Speise erst richtig entfaltet, wenn die notwendige Prise Salz darin ist, so ist es auch mit unseren Beziehungen und Begegnungen.


Jesus traut uns zu, dass wir so miteinander umgehen: achtsam aneinander interessiert; nicht zu viel und nicht zu wenig voneinander erwarten; unsere Grenzen gegenseitig achten. Salz der Erde und Licht der Welt sind wir, wenn wir im Austausch bereit sind zu geben, ohne gleich eine Gegenleistung zu erwarten; auch das Salz verschwindet ja in der Suppe! So wie Eltern das bei ihren Kindern tun: geben, ohne direkt eine Gegenleistung zu erwarten; oder Erwachsene bei ihren pflegebedürftigen Eltern: nur so gedeiht das Leben!