Ab wie viel jahren ist free guy

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Ab wie viel jahren ist free guy

Guy, der ein Doppelgänger des durchschnittlichen, stets positiv gestimmten Bauarbeiters Emmet aus dem Lego-Streifen sein könnte, stört sich, wie viele andere Passant*innen, erstaunlicherweise nicht daran, dass ständig Hubschrauber durch die Hochhausschluchten von Free City donnern, auf den Straßen immer wieder halsbrecherische Verfolgungsjagden stattfinden, andauernd scharf geschossen wird und eigentlich permanent irgendetwas explodiert. Die regelmäßigen Überfälle auf seine Bank nimmt er mit routinierten Gelassenheit hin, wirft sich auf den Boden und hält mit seinem besten Freund, dem Sicherheitsmann Buddy (liebenswert: Lil Rel Howery), einen kleinen Plausch. Das Leben in der Stadt läuft nach festen Regeln ab, zu denen auch folgende gehört: Einfache Menschen wie Guy lassen Sonnenbrillenträger*innen in Ruhe. Denn nur diesen Zeitgenoss*innen ist es vorbehalten, verrückte oder heldenhafte Dinge zu tun. 

Eine weitere Parallele zu The LEGO Movie zeigt sich in dem Moment, als Guy aus dem Rahmen ausbricht. Nicht nur der oben erwähnte Emmet trifft auf eine geheimnisvolle Frau und steckt plötzlich mitten in einem aufregenden Abenteuer. Auch den anspruchslosen Kassierer, der insgeheim davon träumt, eine Partnerin zu finden, bringt die Begegnung mit der taffen, sonnenbebrillten Molotov Girl (Jodie Comer) völlig aus der Fassung. Das Ergebnis: Auf einmal weicht er von seinen Gewohnheiten ab und sorgt so zunehmend für Verwirrung in seiner Umgebung. 

An diesem Punkt darf man, da es auch der Trailer preisgibt, verraten, dass Guy lediglich ein sogenannter non-player character, kurz NPC, ist. Eine Hintergrundfigur in einem Open-World-Videogame namens „Free City“, die von Spielern nicht gesteuert werden kann. Molotov Girl wiederum ist die Avatarin der real existierenden Millie, die in der Welt des an die Hits Grand Theft Auto und Fortnite angelehnten Spiels nach einem wichtigen Hinweis suchen will. Anders als ihr früherer Kumpel Keys (Joe Keery) glaubt sie nämlich fest daran, dass der „Free City“-Schöpfer Antoine (karikaturenhaft: Taika Waititi) ihren einst als Duo entwickelten Code für sein Game gestohlen hat. Das Auftreten von Molotov Girl und die Aussicht auf eine spannende Mission lassen Guy keine Ruhe.

Wollte man den von Shawn Levy (Prakti.com) inszenierten Film knackig zusammenfassen, könnte man ihn als Mischung aus The Lego Movie, Steven Spielbergs Romanadaption Ready Player One und Peter Weirs Mediensatire Die Truman Show beschreiben. Mit Ersterem teilt Free Guy die Anlage der Hauptfigur. Ebenso wie im zweiten Referenzwerk wird wild mit Popkulturversatzstücken jongliert. Und an Letzteren erinnert die Metastruktur der Erzählung, in der ein Unwissender Erschütterndes über seine Existenz herausfindet. 

Levys Regiearbeit hält das Tempo von den ersten Momenten an hoch, nutzt Guys Bewusstwerdung und Wandlung für eine Reihe gelungener Späße, etwa eine Und täglich grüßt das Murmeltier-Montage, kann mit einem spielfreudigen Ryan Reynolds (auch als Produzent involviert) punkten, der den Wechsel vom naiven Normalo zum Actionhelden sympathisch rüberbringt, und fährt visuell einiges auf, um das Publikum in die Geschichte hineinzuziehen. Als Guy beispielsweise zum ersten Mal eine Sonnenbrille aufsetzt, sieht er seine Stadt so, wie nur die richtigen „Free City“-Spieler sie sehen können: An jeder Ecke blinken bunte Items zum Einsammeln auf. Wiederholt springen wir zudem aus dem Spiel in die Realität, aus der Millie stammt, und schauen Fans des Games, darunter echten Branchengrößen wie der Bloggerin Pokimane, über die Schulter. Reynolds und Co. erscheinen dann animiert wie in einem richtigen Videospiel. 

Zweifellos ist Free Guy in vielen Passagen unterhaltsam. Beklagen kann man aber schon, dass die Macher*innen aus ihrer spritzig-originellen Ausgangsidee bei weitem nicht alles, was möglich gewesen wäre, herausholen. Dass hinter Guy eben kein realer Spieler steht, dass er bloß ein programmierter Funktionsträger ist, sorgt an einer Stelle für emotionale Zwischentöne. Ernsthaft ergründen will der Film diese schmerzhafte Identitätserkenntnis allerdings nicht. Die Idee eines NPC, der unverhofft gegen den Algorithmus verstößt und aktiv zu handeln beginnt, hat großen Reiz, dient aber zumeist nur als Antriebsstoff für eine spektakuläre Actionshow mit flotten, selbstironischen Sprüchen. Eine existenzielle Nachdenklichkeit, wie sie Die Truman Show erreicht, ist hier trotz der Verzahnung zweier narrativer Ebenen nicht gegeben. 

Die genannte Punkte ließen sich noch verschmerzen. Am Ende bleibt jedoch ein leicht fader Nachgeschmack zurück, weil Free Guy bei anderen Aspekten massiv schludert. Die in die Handlung eingefügten romantischen Motive werden von Klischeevorstellungen angetrieben und berühren daher nur wenig. Auch wenn Millie als Gamedesignerin eingeführt wird und in Gestalt ihrer Avatarin ein ums andere Mal ihre Kampfqualitäten unter Beweis stellen darf, stutzt sie das Drehbuch Schritt für Schritt zurück. Mehrfach kommt sie nur mit technischer Hilfe von außen weiter. Und im Finale wird sie größtenteils in die Position einer Beobachterin versetzt. Für eine heuchlerische Note sorgt die gegen Ende offen ausformulierte Kritik an der Gewalt in „Free City“. Der eigentlich spannende Einwurf fühlt sich in einem Film, der ausgiebig auf die Krawumm-Karte setzt, irgendwie seltsam an.


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Eine Filmkritik von Peter Osteried

Der Dandy Viago, der kernige Vlad der Stecher, der Rebell Deacon und der 8.000 Jahre alte Petyr leben gemeinsam unter einem Dach. Letzterer haust vor allem in seinem steinernen Sarg im Keller. Da er aussieht wie Nosferatu (oder anders gesagt: Friedrich Wilhelm Murnau seinen Look für Nosferatu geklaut hat), kommt er aber nicht viel raus. Den Vampiren ist es aber eh lieber, wenn das Essen geliefert wird. Ein solches ist Nick, an dem Petyr sich gütlich tut und ihn auch verwandelt. So wächst die WG an, aber damit kommen auch neue Probleme einher. Denn Nick erzählt überall rum, dass er ein Vampir ist. Der Alltag sieht aber noch ganz anders aus. Man streitet sich mit Werwölfen, man hütet sich vor Vampirjägern, und vor der Sonne sowieso. Technik, genauer: die Freuden der Moderne, gehen an den alten Knaben auch vorüber. Das Internet muss man ihnen erst schmackhaft machen, aber dann lieben sie es doch. Schon allein, weil man bei YouTube einen Sonnenaufgang in ganzer Pracht genießen kann. Warum sich die Vampire von einem Kamerateam begleiten lassen? Vielleicht ist es Eitelkeit, vielleicht auch nur der Spaß an der Freude, immerhin hat man den Kameramännern aber versprochen, sie nicht zu fressen. So sind sie immer dabei, auch bei intimen Momenten, die es bei Vampiren eben auch gibt. Vom Stil her erinnert der Film tatsächlich etwas an eine in die Jahre gekommene Dokumentation mit kalt-tristem Farbspiel und unprätentiöser Darstellung. Bunt und granatenstark ist das Dasein der Vampire nicht, schon allein deswegen, weil sie nicht mal mehr mit der Mode gehen, was zu Beleidigungen führt (Stichwort: Graf Tuntula). Eine besondere Erwähnung wert ist die gelungene Synchro, die Viago mit österreichischem und Vlad mit rumänischem Akzent präsentiert. Gerade ersteres klingt bisweilen unfreiwillig komisch, passt aber auch zu einer Figur wie Viago, der so distinguiert erscheinen will, aber doch eine eher alberne Kreatur ist. Obwohl diese Art Film natürlich kostengünstig umzusetzen ist, gibt es ein paar Effekte zu sehen. Auch ihnen ist der Charme der 1970er Jahre vorbehalten, obwohl sie nicht wirklich schlecht aussehen. Sie wirken nur unspektakulär, was aber gut passt, ist das Leben eines Vampirs doch deutlich unspektakulärer, als man sich das nach Lektüre von Anne Rice und Konsorten so vorgestellt hat.

Das Duo Jemaine Clement und Taika Waititi, die auch zwei der Hauptrollen spielen, bringt mit 5 Zimmer Küche Sarg frischen Wind ins mittlerweile etwas überstrapazierte Vampir-Genre. Sie präsentieren eine alternative Realität, eine Welt, in der Vampire und andere Kreaturen existieren, nur um so zugleich auch zu entmystifizieren. Aus der Zeit gefallen sind die Figuren und doch passen sie wunderbar ins Ambiente dieses Films, der selbst wirkt, als wäre er schon vor Jahrzehnten gemacht worden. Bisweilen fühlt sich das Ganze etwas holprig an, doch das ist dem dokumentarischen Ansatz geschuldet. Und störend ist es nie, gibt es doch mehr als genug zu lachen, wenn man denn auf derselben Humor-Schiene wie Clement und Waititi daherkommt.

P.S.: Nicht vor dem Abspann das Kino verlassen, es gibt danach noch was zu sehen.

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