Welches tier bin ich bewerbung

Veröffentlicht am 16.01.2020

Viele Personaler stellen im Vorstellungsgespräch ungewöhnliche Fragen, um Bewerber zu authentischeren Antworten zu bringen. Wie man am besten reagiert

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Bewerbungsgespräch, und plötzlich fragt der Personaler: „Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie und warum?“ Das sollte ein angehender Auszubildender bei Stollwerck erklären. Eine Frage, auf die sich der Kandidat unmöglich hatte vorbereiten können. Sie ist Teil einer Aufstellung der 20 außergewöhnlichsten Fragen aus Bewerbungsgesprächen.

Erhoben hat die Liste das Onlinebewertungsportal Glassdoor. Dort können Nutzer ihre Erfahrungen aus Vorstellungsgesprächen mit der Gemeinschaft teilen. In den vergangenen zwei Jahren sammelte Glassdoor auf diese Weise mehr als 8000 Interviewfragen.

Eine Musterlösung gibt es für solche Fälle übrigens nicht. Aber zumindest Tipps, an denen sich Bewerber orientieren können. „Denken Sie am besten gut über Ihre Antwort nach“, empfiehlt Diplompsychologe Armin Trost. Denn aus den Antworten versuchen die Personaler, auf die Persönlichkeit des Bewerbers zu schließen. Und, so Trost, „jemand, der sich selbst als Faultier sieht, wird wohl kaum der fleißigste Mitarbeiter sein“. Wirklich falsch machen könne der Bewerber aber nichts. „Die Hauptsache ist, Sie reflektieren Ihre Antwort und erklären sich. Dazu sollten Sie auf jeden Fall die Gelegenheit erhalten.“

Trost war selbst lange Zeit im Personalwesen tätig und lehrt heute Personalmanagement an der Hochschule Furtwangen. Er weiß: „Die Frage nach Stärken und Schwächen wird heute gerne getarnt.“ Seiner Erfahrung nach beantworten Bewerber die Frage selten ehrlich, sondern richten sich danach, was der Personaler ihrer Ansicht nach hören möchte. Von neuen Formulierungen erhofften sich die Unternehmen authentischere Antworten, so Trost.

In einem Vorstellungsgespräch für eine Stelle bei Bertelsmann fragte ein Personaler etwa: „Was wäre ein Grund, aus dem wir Sie nicht nehmen sollten?“ Diese Frage bringe den Bewerber in eine unmögliche Situation, kritisiert Trost. Wer nicht antworten wolle, könne sie jedoch umgehen. „Sagen Sie doch: Ich will diesen Job wirklich haben. Deshalb nenne ich Ihnen gerne Gründe, weshalb Sie mich einstellen sollten.“ Die sollte der Bewerber in einem Vorstellungsgespräch sowieso parat haben.

Eine weitere Gattung sind die Verhaltensfragen. Oft geht es dabei darum herauszufinden, wie es um die Werte des möglichen Mitarbeiters bestellt ist. Denn Unternehmen suchen Mitarbeiter, die zur eigenen Kultur passen. Um das zu testen, werden die potenziellen Mitarbeiter mit Beispielsituationen und Fragen konfrontiert. BMW will wissen: „Was ist wichtiger? Dissens oder Konsens?“ und: „Was würden Sie tun, wenn Sie an einem freien Tag Fehler am Produkt entdecken – würden Sie den Chef anrufen?“ Oft enthalten diese Tests ein Dilemma, und es gibt nicht die eine Lösung, das können Bewerber auch genau so sagen. Über längere Denkpausen muss sich niemand Gedanken machen. „Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen“, rät Philipp Jostarndt, Partner bei der Boston Consulting Group (BCG) und zuständig für Personalgewinnung und Neueinstellungen.

Eine andere Art gemeiner Fragen sind die sogenannten „Brainteaser“, häufig Schätzfragen, bei denen das logische Denkvermögen herausgefordert wird. Für Trost kommt es auf die Branche an, ob die Aufgaben angemessen sind. „Mancher Bewerber findet diese Fragen verstörend.“ Trotzdem rät er, die Herausforderung anzunehmen.

Aber: „Wenn Sie den Sinn einer Frage nicht verstehen, können Sie freundlich nachfragen, welchem Ziel sie dient. Wenn Sie dann entscheiden, dass Sie nicht antworten möchten, steht Ihnen das selbstverständlich offen.“ Einen schlechten Eindruck mache das nicht, sofern der Bewerber höflich bleibe. Dem stimmt Philipp Jostarndt zu und ergänzt: „Im Gegenteil, es kommt sogar gut an, wenn ein Bewerber Dinge hinterfragt und selbst nachhakt. Das zeigt, dass er reflektiert und sich engagiert.“ Für Trost liegt es in der Verantwortung der Personaler, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich der Bewerber wohlfühlt. „In gewisser Weise bewirbt sich das Unternehmen selbst bei den Kandidaten – die haben das letzte Wort, ob Sie die Stelle wollen oder nicht.“

Auch BCG ist in der Liste vertreten. Ein Bewerber gab bei Glassdoor an, im Bewerbungsgespräch die Persönlichkeitsfrage erhalten zu haben: „Was wäre der Titel Ihrer Autobiografie?“. Für Jostarndt eine harmlose Einstiegsfrage. Es könne durchaus sein, dass Personaler gelegentlich solche Fragen stellten – die Antwort sei letztlich nicht entscheidend, denn es gehe allein darum, ins Gespräch zu kommen. Brainteaser vermeiden Jostarndt und sein Team, denn man wolle niemandem das Gefühl geben, in eine Falle zu tappen. Stattdessen gehe es darum, persönliche Fragen zu stellen. Wer sich vorbereiten wolle, könne seine Bewerbung jemand anderem zeigen und fragen, was ihm auffällt. Denn meist werde das Gespräch auf die Besonderheiten der Person gelenkt.

Anders Deloitte. Dort werden offenbar Rätsel gestellt, wie: „Wie viele Schmuckstücke liegen am Strand von Nizza vergraben?“ Eine exakte Antwort ist bei Fragen wie dieser meist gar nicht möglich und auch nicht das Ziel. Entsprechend gibt es auch kaum Fehlerquellen. „Sagen Sie nicht einfach, dass Sie keine Ahnung haben“, das wäre die schlimmste Antwort, so Trost. Auch nicht ideal wäre es, direkt eine Zahl herauszuposaunen. Stattdessen sollten Bewerber sich Zeit nehmen und anhand von sinnvollen Hypothesen darlegen, wie sie zu einer Antwort kommen würden. Und wenn sie eine Frage interessant finden, sollten sie das ruhig sagen – gerade bei Rätseln komme das gut an, denn so könne der Kandidat zeigen, dass er sich gerne Problemen stellt und Lösungen findet. Egal, wie sehr man danebenliegt: Die Hauptsache sei es, souverän zu bleiben. „Eine einzelne Antwort kostet nur in den seltensten Fällen den Job“, beruhigt Trost.

Am wichtigsten sei in einem Vorstellungsgespräch der erste Eindruck – wer in diesen entscheidenden Sekunden überzeuge, dem würden auch Kleinigkeiten im Gespräch verziehen. „Ein Vorstellungsgespräch ist wie ein Date – innerhalb von Sekunden wissen beide Seiten, ob es passt“, so Trost weiter. Seine Anleitung für den perfekten ersten Eindruck: „Kommen Sie pünktlich, achten Sie auf ein gepflegtes Äußeres und eine aufrechte Haltung. Ansonsten legen Personaler Wert auf einen angemessenen Händedruck, Augenkontakt und eine insgesamt offene Mimik.“

Perfekt gekochte Eier, ein Smart voller Smarties und eine Runde in der Achterbahn? Willkommen im Assessment Center! Wir zeigen dir was hinter den skurrilsten Fragen und Brainteasern im Vorstellungsgespräch steckt und wie man auf sie antwortet.

Was sind Ihre Stärken und Schwächen? Check. Warum möchten Sie bei uns arbeiten? Check. Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie gern? Wie bitte?! Ganz genau, bei den Big Playern geht es längst nicht mehr darum, Stärken und Schwächen zu benennen, sondern auf sämtliche Eventualitäten im Fragen-Antwort-Spiel im Bewerbungsgespräch und AC vorbereitet zu sein. Das kann ein kniffeliger Brainteaser oder auch die Frage nach den Potential eines Kugelschreibers sein, auf die eine Verkaufsshow von dir folgen sollte. Was dahinter steckt? Pure Psychologie, der Wunsch dir jenseits von Standardragen auf den Zahn zu fühlen und dich ins Schleudern zu bringen. Aber keine Sorge, wir haben dein persönliches ABS für dich. Mit unseren Brainteasern erfährst du, was hinter den Fragen steckt und mit welchen Antworten du sie knackst.

Der Klassiker: die Tierfrage als Persönlichkeitstest

Du fühlst dich bei der Frage nach deinem Lieblingstier eher an einen Zoo oder an das Poesiealbum deiner Schule erinnert? Dann hast du wahrscheinlich noch nicht so viele Bewerbungsgespräche oder Assessment Center inklusive Stressfragen hinter dir. Denn die Frage ist natürlich nicht deshalb so beliebt, weil sämtliche Personaler Hobbyzoologen sind, sondern weil sie eine Menge über deine Persönlichkeit aussagen kann. Kleine Kostprobe gefällig? 

Teamgeist: Pferde, Fische und Wölfe agieren im Rudel oder Schwarm und sind daher echte Teamplayer. 

Ausdauer: Du erledigt deinen Job mit großer Sorgfalt, Beharrlichkeit und Gewissenhaftigkeit? Dann lautet die richtige Antwort für dich: Elefant. 

Dominanz: Nicht ganz ohne Vorsicht zu genießen aber falls Führungsqualitäten gefordert werden, sind Löwen, Tiger und Adler dein Alter Ego. 

Fleiß: Und dieses Tier, das wir meinen nennt sich Biene. Tatsächlich macht Bienen in Sachen Fleiß niemand etwas vor. Der TOP Einsatzort für verkappte Insekten: der Großkonzern. 

Loyalität: Können Hundeaugen lügen? Hunde sind bekanntermaßen loyal, ordnen sich unter, können aber auch Alphamännchen sein.

Achtung Brainteaser: viele, viele bunte Smarties und eine Gurke

Schöne Brainteaser, um dein Vorstellungsgespräch und deine Fähigkeiten im räumlichen Denken in Stresssituationen auf Herz und Nieren zu prüfen sind Fragen wie „Wie viele Smarties passen in einen Smart?“ oder „Wie viel wiegt eine ehemals 1.200 Gramm schwere Gurke nachdem ihr Wassergehalt von 99 auf 98 Prozent gesunken ist“? Niemand verlangt an der Stelle eine 100% richtige Antwort von dir, aber den Biss, sich mit der schier unlösbaren Aufgabenstellung auseinanderzusetzen. Der Weg ist das Ziel und der kann auch gerne laut gedacht werden. Der Recruiter möchte einfach nur wissen, ob du analytisch denken kannst und Probleme logisch und strukturiert angehst.

Würden Sie die 42-Stunden Woche einführen?

Wenn du dich auf eine Position im Consulting oder bei einer Wirtschaftsprüfung bewirbst, solltest du wissen, dass es hier nicht um einen Nine-to-Five-Job handelt. Die richtige Lösung lautet also klar und deutlich Nein. Hinter diesem Nein verbirgt sich nämlich ein klares Ja zu Leistungsbereitschaft und Power im Job. Sarah Höniges, Capgemi HR Marketing Specialist im Interview zur Frage, was erfolgreiche Bewerber mitbringen müssen: „Ambitionen und Leistungsbereitschaft, ohne verbissen zu sein: Der Job als Berater ist kein nine-to-five-Job.“

Alles andere als Spielerei: „Welche ist Ihre Lieblingsstraße bei Monopoly?”

Was zur Hölle? Zugegeben, diese Frage, bevorzugt angehenden Investmentbankern gestellt, kann dich ganz schön ins Straucheln bringen. Dürfen wir übersetzen? „Wie schätzt du Chancen und Risiken ein?“. Also, sei jetzt kein Spielverderber. Hier nochmal zur Erinnerung: Bad- und Turmstraße sind am günstigsten, das Viertel von der Münchner Straße bis zum Opernplatz wird vom Mittelstand bewohnt, von der Lessingstraße bis zur absoluten Topadresse Schlossallee wird’s dann für die oberen 10.000 interessant.

Nennen Sie mir: 15 DAX-Konzerne, das wichtigste Ereignis der französischen Revolution, alle Bundespräsidenten chronologisch sowie fünf Nobelpreisgewinner. Das sind nur einige, der uns bekannten Fragen, die gerne mal bei Bewerbungsgesprächen gestellt werden, um dich in Sachen Allgemeinwissen abzuhorchen. Du gehst bei Günther Jauch ein und aus und bist Lieblingsabonnent sämtlicher Zeitungsredaktionen? Prima. Falls nicht, bitte hier entlang zu unseren Testfragen:

Eine echte Herausforderung: Wie kochen Sie das perfekte Ei?

Let the show begin! Bei dieser Frage geht es nicht etwa um deine Fähigkeiten als Küchenchef, sondern um deine Qualitäten in Sachen Präsentation, Geschichten erzählen, Glaubhaftigkeit und präzise Erklärung. Denn wer später als Unternehmensberater Einfluss auf Entscheidungen nehmen will, muss seine Lösungen und Ideen entsprechend präsentieren und Menschen auch jenseits von klaren Fakten emotional abzuholen. Das Objekt, um das es geht ist bei dieser Frage natürlich gerne variabel. Es schadet aber nicht, du bereitest dich auf die Topqualitäten und Verkaufsargumente von Stiften, Schuhen und Mappen vor.

Nein, du bist nicht im falschen Film gelandet. Der Recruiter weiß, dass er vor sich einen angehenden Consultant oder Wirtschaftsprüfer sitzen hat. Es dreht sich hier um eine klassische Was wäre wenn-Frage mit integriertem Persönlichkeitstest. Ein Buchhalter ist natürlich eher introvertiert und benötigt dringend Ruhe bei der Arbeit, ein Lehrer hingegen sollte kommunikationsstark und extrovertiert sein. „Es überzeugt mich, wenn es einem Bewerber gelingt, die eigene Persönlichkeit darzustellen, trotz der formalen Eckpfeiler.“, Diana Eid, Head of Recruiting bei Bain im Interview.

Fahren Sie lieber mit dem Kettenkarussell oder mit der Achterbahn?

Super, eine Einladung zum nächsten Firmenausflug in den Europapark? Leider nein, sondern ein verstecktes Abtasten deiner Risikobereitschaft. Bist du aufgeweckt, nimmst auch mal kleine Risiken in Kauf und lässt dich nicht so schnell aus der Bahn bringen, bist du natürlich leidenschaftlicher Achterbahnfahrer. Und im Zweifelsfall der richtige Mann für den Job. 

Wir wollen ja nicht, dass du als perfekt eierkochende und achterbahnfahrende Biene aus der Schloßallee, die mit allen Nobelpreisträgern per du ist, über die Frage aller Fragen im Bewerbungsgespräch stolperst: „Was sind Ihre Stärken und Schwächen?“. Daher last but not least, noch ein paar Tipps mit auf dem Weg zum Traumjob. Die Antwort „Schokolade, Rotwein und Netflix“ ist nicht witzig, sondern ganz schön ausgelutscht. Wichtig ist, dass du ungefähr das Verhältnis 3:1 zugunsten deiner Stärken nutzt und sie mit Beispielen aus deiner bisherigen Laufbahn belegst. Und im besten Fall machst du auch gleich noch klar, wie du deine Schwäche bekämpfst.