Welche Pille bei Migräne mit Aura Cerazette

An alle Migränikerinnen unter uns: Wurde euch beim Lesen der Nebenwirkungen auf dem Beipackzettels einer Antibabypille auch schon mal Angst und Bange?

Mögliche Kontraindikation: Migräne!

Habt ihr euch auch schon gefragt, wie ihr stattdessen verhüten könnt? Wie Migräne mit dem weiblichen Zyklus zusammenhängt, und welche Verhütungsmethoden für Migräne-Betroffene in Betracht kommen, klären wir in diesem Artikel.

Was hat Östrogen mit Migräne am Hut?

Einige von euch haben bestimmt bemerkt, dass die Migräne-Attacke kurz vor, nach, oder auch während euren Tagen einschlägt. Das hat tatsächlich wissenschaftliche Hintergründe, die in der Biologie des menschlichen Körpers verankert sind: Einige Studien belegen, dass ein absinkender Östrogenspiegel Migräne-Attacken begünstigt. Entscheidend ist aber nicht die absolute Höhe des Hormonspiegels, sondern nur dessen Veränderung.

Und davon gibt es während eines weiblichen Zyklus eine ganze Menge: In der ersten Hälfte des Zyklus steigt der Östrogenspiegel stetig an, danach nimmt er leicht ab und steigt ca. 4-5 Tage vor der Periode wieder an. Kurz vor oder der während der Regelblutung fällt er aber plötzlich stark, so dass sich an diesen Tagen häufig eine Migräne-Attacke ankündigt. Der Menstruationszyklus, dank dem Hormonlevels fröhliche Karussel fahren – rauf und runter, rauf und runter – begünstigt also die Migräne.

Bei Menschen, die mit der Pille verhüten, treten die Attacken dann oft in der hormonfreien Pillenpause auf.

Menstruelle oder menstruationsassoziierte Migräne?

In einer Untersuchung [1] von MacGregor et al. (2006) hatten die ProbandInnen in der Zyklusphase mit einem niedrigeren Östrogenspiegel signifikant mehr Attacken. Um den Eisprung hingegen, wenn der Östrogenspiegel höher ist, gibt es oft weniger Attacken als an den restlichen Tagen des Zyklus. Es besteht also ein wissenschaftlich belegter Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Migräne und den verschiedenen Phasen des Menstruationszyklus. In einer Studie [2] trat die Migräne bei 22% der weiblichen Migräne-Betroffenen besonders häufig (über 50%) in einer bestimmten Phase ihres Menstruationszyklus auf. Dabei muss zwischen einer reinen menstruellen Migräne (5-10 % der Migränikerinnen) und einer menstruationsassoziierten Migräne unterschieden werden.

Bei der menstruellen Migräne treten die Attacken in mindestens zwei Drittel der Menstruationszyklen ausschließlich kurz vor oder nach der Periode auf. Bei der menstruationsassoziierten Migräne fallen die Attacken zwar gehäuft in die Tage rund um die Menstruation, treten zusätzlich aber auch in anderen Zyklusphasen auf. Eine Möglichkeit, herauszufinden, ob es sich um eine menstruelle oder eine menstruationsassoziierte Migräne handelt, bietet unsere Migräne-App M-sense. Man kann seine Menstruationszeiten in dem Kopfschmerztagebuch festhalten, um festzustellen, um welche Art es sich handelt.

Neben dem sinkenden Östrogenspiegel als Ursache für diese hormonell bedingten Kopfschmerzen gibt es noch weitere Einflussfaktoren, die mit Hormonen und deren Schwankungen assoziiert sind.

So wird zum Beispiel die Verarbeitung schmerzhafter Reize im Gehirn durch die Hormone wie Östrogen und Progesteron beeinflusst, sodass Betroffene durch hormonell bedingte physische Veränderungen vor der Periode besonders empfindlich auf Stressfaktoren reagieren, die sie unter anderen Umständen noch tolerieren könnten, was dazu führt, dass das Migränehirn sozusagen kippt.

Es ist also häufig auch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das eine Migräne-Attacke auslöst. Das intelligente Kopfschmerztagebuch von M-sense hilft euch dabei, mögliche Triggerfaktoren zu finden, die vielleicht alleinstehend, vielleicht aber auch im Zusammenspiel Migräne-Attacken auslösen.

Das Kopfschmerztagebuch: Wie Selbstbeobachtung bei der Migräne-Therapie hilft

Anti-Baby-Pille = Anti-Migräne-Pille? Ganz im Gegenteil

Früher setzte man die Pille oft zur Migräneprophylaxe ein – was vor dem Hintergrund, dass viele Attacken vermutlich durch den Hormonumschwung kurz vor der Regelblutung ausgelöst werden, erstmal logisch klingt.

Heute, mit neueren Erkenntnissen, muss man das Ganze differenzierter betrachten.

Mittlerweile raten Ärzte eher von einer hormonellen Therapie durch die orale Gabe von Östrogen oder Hormonpflastern ab, da die Migräne- oder Kopfschmerz-Attacke dadurch nur für ein paar Tage verschoben, aber nicht verhindert wird.

Außerdem scheint es sogar einen Zusammenhang zwischen hormonellen Verhütungsmethoden wie der Pille und der Kopfschmerzhäufigkeit zu geben: In der großen norwegischen Studie Head-HUNT wurden 13.944 Frauen im gebärfähigen Alter zur Verwendung von Verhütungsmitteln befragt – mit einem erstaunlichen Ergebnis: Frauen, die östrogenhaltige orale Kontrazeptiva (Pille) einnahmen, hatten durchschnittlich 1,4-mal häufiger Migräne-Attacken und 1,2-mal häufiger Spannungskopfschmerzen als diejenigen, die auf eine andere Weise verhüteten [3].

Dabei wurde kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Höhe der Östrogendosis und der Kopfschmerzhäufigkeit gefunden.

Tatsächlich war die Anfälligkeit sowohl bei der normalen Antibabypille, einer normal stark dosierten Kombinationspille mit Gestagen und Östrogen, als auch bei der Mikro-Pille, die niedrig dosiert ist, vorhanden. Für die Mini-Pille, ein reines Gestagen Präparat, wurde kein Zusammenhang mit dem Auftreten von Kopfschmerzen oder Migräne gefunden.

Einige Betroffene berichten dennoch über eine Besserung ihrer hormonellen Migräne nach Einnahme der Pille.

Vorsicht!

Wenn eure Kopfschmerzattacken erstmalig bei Anwendung einer Pille aufgetreten sind, solltet ihr das Präparat auf jeden Fall absetzen. Sprecht am besten mit euren Gynäkologen darüber, um gemeinsam nach einer Alternative zu suchen und kontaktiert im Zweifel Kopfschmerzspezialist*innen oder Neurolog*innen.

Menstruation und Migräne-Aura – Was sind die Zusammenhänge?

Neben der Unterscheidung zwischen menstruationsassoziierter und menstrueller Migräne muss bei der Frage nach einer geeigneten Verhütungsmethode noch zwischen einer Migräne mit und ohne Aura unterschieden werden.

Migräne ohne Aura

Bei Migräne ohne Aura ist die Verhütung mit Pille oft hilfreich, um weitere Attacken abzuschwächen oder sogar zu verhindern. Dabei ist es wichtig, Dosierung und Einnahmefrequenz zu beachten, denn Migräne ohne Aura wird häufig beim prämenstruellen Abfall des Östrogenspiegels vor der Periode getriggert. Bei dieser Form der Migräne können Kombinationspillen, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthalten, eingenommen werden. Diese sollten aber möglichst niedrig dosiert sein und über einen längeren Zeitraum (bis zu 6 Monate) ohne Pillenpause eingenommen werden, damit der Abfall der Hormone während der Pillenpause ausbleibt.

Durch den konstanten Östrogen- und Gestagenspiegel reduziert sich bei vielen Betroffenen die Attackenanzahl deutlich. Die Mikropille (Kombinationspille aus Gestagen und Östrogen) eignet sich, neben der östrogenfreien Minipille, am Besten, für die Einnahme über einen längeren Zeitraum. Nach einem halben Jahr sollte man jedoch eine 7-tägige Pillenpause einlegen. Aufgrund vom Wegfall der Hormone in dieser Pause kommt es erneut zur Abbruchblutung und häufig ebenfalls zu Migräne Attacken, bei einigen jedoch mit geringerer Intensität.

Migräne mit Aura

Bei Migräne mit Aura hat die Pille leider keinen positiven Nebeneffekt, denn sie wird selten menstruell assoziiert. Die WHO rät Aura-Migränikerinnen sowohl von östrogenhaltigen als auch gestagenhaltigen Pillen in jeden Altersstufen ab, weswegen alternative Verhütungsmethoden für Migränikerinnen mit Aura besonders interessant und wichtig sind.

Ich sehe was, was du nicht siehst – Über die Migräne-Aura und ihre Entstehung

Schlaganfallrisiko

Ab dem 35. Lebensjahr empfiehlt die WHO allen Migräne-Betroffenen die Pille abzusetzen, da sich das Schlaganfallrisiko mit zunehmendem Alter erhöht und sich Faktoren wie Migräne, die Einnahme der Antibabypille, Rauchen, Diabetes mellitus, Übergewicht oder Bluthochdruck zusätzlich ungünstig darauf auswirken können.

Alternativen zur Pille – Verhütungsmethoden für Migränikerinnen

Wenn eure Kopfschmerz- oder Migräne-Attacken unabhängig von eurem Zyklus auftreten, solltet ihr eher auf Alternativen zur hormonellen Verhütung zurückgreifen. Kupfer- oder Gold-Spiralen, mechanische (z.B. Kondome oder Diaphragma) oder natürliche Verhütungsmethoden sind mögliche Alternativen.

Etwas weniger zuverlässig, aber ebenfalls möglich ist die Verhütung durch Zeitplanung. Zur sogenannten NFP (Natürliche Familien Planung) zählt zum einen die Symptothermal-Methode, bei der man zyklische Temperaturschwankungen des Körpers und die Veränderung des Gebärmutterschleims beobachtet, und ggf. auch den Zustand des Gebärmutterhalses ertastet, um Rückschlüsse auf die fruchtbaren Tage zu erhalten. Zum anderen besteht die Möglichkeit anhand von Zyklus-Apps oder Hormon- bzw. Temperaturcomputern den Eisprung zu berechnen. Bei diesen Methoden ist eine zuverlässige und sorgsame Anwendung, sowie ein regelmäßiger Rhythmus der Periode, allerdings Voraussetzung für eine hohe Sicherheit.

Wollt ihr trotz Migräne hormonell verhüten, wählt am besten eine niedrig dosierte Pille, die nur das Hormon Gestagen (z.B. Mini-Pille) enthält, statt zusätzlich noch Östrogen, wie es bei den meisten Kombinationspillen der Fall ist. Diese wird ohne Pause eingenommen, sodass hier auch der Abfall des Hormonspiegels wegfällt.

Fazit

Die aktuelle Studienlage liefert leider keine eindeutige Antwort auf die Frage, inwieweit die Pille die Migräne beeinflusst, vor allem da Migräne eine idiopathische Krankheit ist.

Die Pille kann sich sowohl positiv, negativ als auch neutral auf die Häufigkeit und Schwere der Migräne auswirken. Es bedarf in jedem Fall einer ausführlichen Beratung durch sowohl den Gynäkologen und Neurologen zwecks der geeigneten Verhütungsmethode.

Hat man die Pille aber als Auslöser im Verdacht, sollte man sie wenn möglich eine Zeit lang absetzen um festzustellen, wie das die Migräne beeinflusst. Viele Frauen berichten davon, dass das Absetzen der Pille ihre Migräne deutlich verbessert hat, und bei einigen ist sie komplett weg.

Quellen

[1] MacGregor et al. (2006)

[2] Vetvik, MacGregor, Lundqvist und Russell (2013)

[3] Aegidius K, Zwart JA, Hagen K, Schei B, Stovner LJ: Oral contraceptives and increased headache prevalence – The Head-HUNT Study, Neurology 2006; 66: 349-353