Welche nebenwirkungen können nach einer covid-19-impfung auftreten

Spritze mit funkensprühender Nadel Viele Menschen fürchten, dass sie durch die Corona-Impfung unter Langzeit-Nebenwirkungen leiden könnten. Bildrechte: IMAGO / Chris Emil Janßen

Stand: 10. November 2021, 12:12 Uhr

Die in der EU zugelassenen Corona-Impstoffe gelten als gut verträglich. Dennoch ist die Impfkampagne der Bundesregierung zuletzt ins Stocken geraten. Grund dafür ist auch die Befürchtung vieler Menschen, dass der Impfschutz riskante Langzeit-Nebenwirkungen zeigen könnte. Was ist dran an den Bedenken - und welche Beschwerden können nach einer Impfung tatsächlich auftreten?

Um ihre Wirksamkeit zu entfalten, lösen Schutzimpfungen bestimmte Reaktionen im menschlichen Körper aus: Der Impfstoff zeigt dem Immunsystem, wie es eine Infektion mit dem Coronavirus bekämpfen kann. Mitunter können dabei moderate Reaktionen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, grippeähnliche Symptome oder Schmerzen an der Einstichstelle auftreten.

Diese Reaktionen treten bei den Corona-Impfungen häufiger und zum Teil auch stärker auf als beispielsweise nach einer Grippe-Impfung. Sie klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab und sind ein Zeichen dafür, dass das Immunsystem auf die Impfung reagiert und Antikörper bildet.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) unterscheidet zwischen den üblichen Impfreaktionen und sehr seltenen Impfkomplikationen. Impfreaktionen sind normal. Meist treten sie bereits kurz nach der Schutzimpfung auf und halten nur wenige Tage an.

Impfkomplikationen gehen über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinaus. Impfkomplikationen sind unerwünschte, schwere Nebenwirkungen, die meldepflichtig sind und vom Paul-Ehrlich-Institut dokumentiert werden.

Bevor in der EU ein Impfstoff zugelassen wird, muss er drei klinische Testphasen erfolgreich durchlaufen. In der dritten Testphase an über 10.000 freiwilligen Erwachsenen stellen Forscher fest, wie wirksam und verträglich ein Präparat ist.Bislang sind in Deutschland mehrere Millionen Dosen der mRNA-COVID-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna verabreicht worden. Die bisher an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldeten unerwünschten Reaktionen nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen waren vor allem vorübergehende Impfreaktionen.

Bis Ende Juli sind dem Paul-Ehrlich-Institut für 0,14 % aller durchgeführten Corona-Schutzimpfungen Nebenwirkungen gemeldet worden. 0,02 % aller gemeldeten Nebenwirkungen waren schwerwiegend. Dabei war der Anteil der schwerwiegenden Nebenwirkungen und Komplikationen nach Astrazeneca-Impfungen höher, als bei den anderen Impfstoffen.

Leere Glasfläschchen des Impfstoffs AstraZeneca Bislang sind in Deutschland mehrere Millionen Dosen Corona-Impfstoffe verabreicht worden. Bildrechte: IMAGO / Joerg Boethling

Allergische Sofortreaktionen wurden nach einer Impfung mit den beiden mRNA-Impfstoffen sehr selten berichtet. Auch Fälle von Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündungen sind sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen nur sehr selten aufgetreten. Betroffen waren überwiegend männliche Jugendliche und junge Männer in den ersten 14 Tagen nach der zweiten Impfstoffdosis. In den meisten Fällen verliefen die Erkrankungen mild.

In den klinischen Prüfungen vor der Zulassung wurden nach Gabe der mRNA-Impfstoffe bei 0,01% bis 0,1% Fälle von akuter Gesichtslähmung beobachtet. Die bildete sich jedoch in allen Fällen spätestens nach einigen Wochen zurück. Ebenso wurden im Vorfeld bei 0,01% bis 0,1% Fälle von Überempfindlichkeitsreaktionen beobachtet, die sich in Form einer vorübergehenden Nesselsucht oder Gesichtsschwellung zeigten.

Bei den Vektorimpfstoffen von Astrazeneca und Johnson & Johnson wurden sehr wenige Fälle einer seltenen Hirnvenenthrombose festgestellt. In Deutschland erkrankten knapp 100 Menschen nach einer Impfung an einer solchen Form der Thrombose.

Eine Impfspritze wird in einen Oberarm gestochen. Schwere Nebenwirkungen treten bei den Corona-Impfungen nur äußerst selten auf. Bildrechte: IMAGO / Joerg Boethling

"Langzeit-Nebenwirkungen, die erst nach Jahren auftreten, sind bei Impfstoffen generell nicht bekannt“, gibt Susanne Stöcker, Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts in einem ZDF-Interview Entwarnung. Die meisten Nebenwirkungen von Impfungen würden innerhalb weniger Stunden oder Tage nach einer Impfung auftreten. In seltenen Fällen auch nach Wochen. Genau diese Nebenwirkungen sind es, die - in sehr seltenen Fällen - als Spätfolgen bezeichnete Komplikationen zur Folge haben können. Erkannt werden können sie meist erst, wenn ein Impfstoff in großem Maßstab verimpft worden ist. So wie aktuell die Corona-Impfstoffe.Spät auftretende Schäden durch eine Impfung sind nahezu ausgeschlossen. Der Grund: In der Regel wird eine Impfung nur ein- bzw. zweimal verabreicht und der Impfstoff anschließend im Körper abgebaut. Anders sieht das bei Medikamenten aus, die über einen langen Zeitraum eingenommen werden. In diesen Fällen sind Langzeit-Nebenwirkungen durchaus möglich.

Sich aus Angst vor möglichen Langzeit-Nebenwirkungen nicht gegen das Coronavirus impfen zu lassen, ist demnach unbegründet. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Corona-Schutzimpfung unter gravierenden Nebenwirkungen zu leiden, ist so gering, dass es deutlich wahrscheinlicher ist, schwer an dem Virus zu erkranken.

Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 16. September 2021 | 17:15 Uhr

Die Erfahrungen mit vielen Impfstoffen über viele Jahre haben gezeigt, dass die meisten Nebenwirkungen kurze Zeit, in der Regel innerhalb weniger Tage bis einige Wochen nach der Impfung auftreten. Impfstoffe werden auch nach der Zulassung durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) weiter aktiv überwacht, sodass hier immer mehr Erkenntnisse zur Langzeitsicherheit, insbesondere sehr seltenen Nebenwirkungen, in den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gewonnen werden.

Nebenwirkungen, die unerwartet und erst lange Zeit (z. B. mehrere Jahre) nach der Impfung auftreten, sind bei noch keiner Impfung beobachtet worden und sind auch bei den COVID-19-Impfstoffen nicht zu erwarten. In der Vergangenheit kam es vor, dass sehr seltene Nebenwirkungen, die bei Geimpften kurz nach der Impfung auftraten, von Forschenden erst später erkannt wurden. Der Grund dafür ist, dass sehr viele Menschen geimpft werden müssen, um sehr seltene Nebenwirkungen aufzuspüren. In der Regel braucht das eine gewisse Zeit. Die COVID-19-Impfstoffe wurden in kürzester Zeit an viele Menschen weltweit verabreicht. Deshalb können sehr seltene Nebenwirkungen schneller als sonst erkannt und beurteilt werden.

So wurden bislang die folgenden Nebenwirkungen, die kurze Zeit nach COVID-19-Impfung auftraten, bekannt (siehe „Welche Nebenwirkungen und Impfreaktionen wurden nach einer Corona-Schutzimfung beobachtet?“): Nach der Zulassung der Impfstoffe Vaxzevria® (AstraZeneca) und  Janssen® (Johnson & Johnson) traten spezielle Formen von Thrombosen bei Geimpften auf. Bisher wurden diese Nebenwirkungen überwiegend bei Frauen im Alter ≤ 55 Jahren beobachtet, aber auch Männer und Ältere waren betroffen. Sehr seltene Ereignisse wurden nach Zulassung auch bei den mRNA-Impfstoffen in Form von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen (Myokarditiden und Perikarditiden) beobachtet. Diese verlaufen in der Regel milde und heilen folgenlos aus. Ob die Myokarditiden in Einzelfällen jedoch auch Spätfolgen, wie zum Beispiel eine Herzmuskelschwäche mit sich bringen können, ist bisher nicht bekannt.

Aktuelle Informationen zur Impfung mit den einzelnen Impfstoffen finden Sie unter „Vaxzevria® von AstraZeneca“, „Janssen® von Johnson & Johnson“, „mRNA-Impfstoffe“ und „Nuvaxovid® von Novavax“.

Generell gilt für COVID-19-Impfstoffe – wie auch für alle anderen neuen Impfstoffe und therapeutischen Arzneimittel – dass zum Zeitpunkt der Zulassung nicht alle potenziellen oder sehr seltenen Nebenwirkungen erfasst sein können. Aus diesem Grund werden Impfstoffe wie andere neue Arzneimittel auch nach der Zulassung im Hinblick auf ihre Sicherheit behördlich überprüft. Ein Bestandteil dieser Nachbeobachtung (Surveillance) ist beispielsweise die Analyse der Meldungen von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen – ein in Deutschland und der EU etabliertes Arzneimittelsicherheitskontrollsystem. Bei den pandemischen Impfstoffen gegen COVID-19 werden zusätzlich weitere, auch aktive Sicherheitsstudien wie zum Beispiel die Beobachtungsstudie mittels der Smartphone-App SafeVac 2.0 durchgeführt.

Das Paul Ehrlich-Institut (PEI) weist darauf hin, dass keine sogenannten Langzeitnebenwirkungen, die erst Jahre nach der Impfung auftreten, zu befürchten sind (siehe www.pei.de) und erläutert, was unter Langzeitnebenwirkungen zu verstehen ist.

Das PEI bewertet regelmäßig Verdachtsfälle zu Nebenwirkungen bei COVID-19-Impstoffen in den Sicherheitsberichten und berichtet darüber in seinem Coronadossier: www.pei.de/coronavirus.

Verdachtsfälle von Nebenwirkungen können auch gemeldet werden über www.nebenwirkungen.bund.de.