Was sieht aus wie ein kolibri ist aber ein schmetterling

Wer zum ersten Mal ein Taubenschwänzchen entdeckt, muss unweigerlich an einen kleinen, flinken Vogel denken: So wie sich der Schmetterling bewegt, die Flügel in permanenter Bewegung und im Schwirrflug von Blüte zu Blüte eilt, sieht er einem Kolibri verdammt ähnlich.

Mit rund 80 Flügelschlägen in der Sekunde kann er nicht nur in der Luft verharren, sondern auch rückwärts fliegen. Wie Kolibris kosten auch ihn diese akrobatischen Flüge viel Energie, weshalb der Nachtfalter den Tag nutzt. In fünf Minuten schwirrt er mehr als hundert Blüten an, um seinen Energiebedarf zu decken. Wie die in Nord- und Südamerika beheimateten Kolibris ernährt er sich von Blütennektar.

Mittelmeerbewohner als Balkongast

Taubenschwänzchen sind immer häufiger auch in Deutschland in Gärten- und Balkonkästen zu entdecken. Mit ihrem langen Rüssel saugen sie die Kelche von Blüten aus, die anderen Insekten unzugänglich sind. Der wendige Schwärmer favorisiert Geranien, Petunien oder Phlox, wie Michael Ochse vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) erklärt. Der Wanderfalter besuche aber auch andere Pflanzen wie Flieder, Primeln oder Veilchen.

Taubenschwänzchen stammen eigentlich aus Südeuropa, sie sind im Mittelmeerraum, aber auch in Asien weit verbreitet. Jedoch sei es keine Seltenheit, dass sie bis zu 2000 Kilometer in zwei Wochen auf ihrer Wanderschaft zurücklegen, sagt Nabu-Experte Ochse. Immer wärmere Sommer wie der in 2003 oder in diesem Jahr machen es möglich, dass die Falter die Alpen überqueren und sich immer weiter nach Norden vortasten. Selbst in Skandinavien und den Britischen Inseln seien sie bereits gesichtet worden.

Nabu: Im August eines der am häufigsten beobachteten Insekten

Beim diesjährigen „Insektensommer“ des Nabu, bei dem bundesweit Bürger teilnehmen und Insekten zählen konnten, rangierte das Taubenschwänzchen bei der ersten Zählung im Juni noch auf Rang 30. Bei der zweiten Zählung im August wurden mit rund 800 Meldungen vier Mal so viele Tiere gezählt. Damit landete das Taubenschwänzchen im Hochsommer auf Platz zehn der häufigsten Insektenbeobachtungen, wie der Nabu meldete.

Die Bürgersichtungen bestätigen auch andere Studien: „Seit Jahren beobachtet man, dass dieser tagaktive Nachtschwärmer sich durch ein wärmeres und milderes Klima weiter nach Norden vorschiebt“, beschreibt Daniela Franzisi, die das Mitmach-Projekt des Nabu leitet. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich mittlerweile eigene Populationen des Taubenschwänzchens in Deutschland niederlassen. So ziehe der Wanderfalter nicht mehr im Winter über die Alpen zurück in seine Heimat, sondern bilde hierzulande eine eigene Population.

Die nördlichste Sichtung verzeichnete der Nabu in diesem Jahr aus Leck in Nordfriesland ganz in der Nähe der dänischen Grenze. Der in diesem Jahr erstmals ins Leben gerufene „Insektensommer“ soll einerseits Daten zu Beständen und Verteilungen von Insekten liefern. Die Bürger sollen aber auch Arten kennenlernen und auf das oft unbekannte Leben in ihren Gärten aufmerksam werden. Im nächsten Jahr sollen die Daten vom 31.Mai bis zum 9. Juni und vom 2. bis 11. August gesammelt werden.

Schmetterling mit Vogelschwanz

Oft verwechselt wird das Taubenschwänzchen nicht nur durch seinen schwirrenden Flug, den ein leichtes Brummen begleitet. Auch sein Saugrüssel kann schnell für den langen Schnabel eines Kolibris gehalten werden. Zudem erinnert der schwarz-weiß gezeichnete Hinterleib an einen Vogel: Dort befinden sich verlängerte Schuppen, die einem Federschwanz nicht nur optisch ähneln. Sie helfen im Flug zu steuern.

Während im deutschen Sprachraum die vermeintlichen Schwanzfedern den Namen für den Falter gaben, rücken ihn andere Nationen in die Nähe der Kolibris. Im Spanischen heißt er „Esfinge colibrí“ (Sphinx Kolobri), im Englischen „Hummingbird Hawk-moth“ (Kolobri Hawk-Motte).

Der Bienenfresser (Merops apiaster) siedelt ebenfalls vermehrt in Mitteleuropa. Quelle: imago/blickwinkel/McPHOTO/A.Trunk

Bienenfresser folgt seiner Beute

An Kolobris erinnert auch ihre Größe: Taubenschwänzchen sind mit 18 bis 30 Millimeter Länge relativ groß. Ihre Spannweite der rostbraunen Flügel kann sich mit 36 bis 60 Millimetern durchaus mit einem kleinen Vogel messen. Das macht sie auch für heimische Insektenfresser wenig interessant. Allerdings folgen ihnen ihre natürlichen Feinde nach: So ist laut Bund für Umwelt- und Naturschutz der Bienenfresser, ein auffallend bunter Vogel, in Deutschland ansässig geworden. Auch er profitiert von einem wärmeren Klima.

Von RND/nie

Was sieht aus wie ein kolibri ist aber ein schmetterling

Mein Hinterteil sieht den Schwanzfedern einer Taube ähnlich - daher auch mein Name. Ich bin ein Schmetterling und gehöre zur grossen Familie der Schwärmer.

26.04.2020 16:59

  • Weil ich wie ein Kolibri den Schwirrflug beherrsche, also mit meinen Flügeln ebenfalls sehr schnell schlagen und im Flug an Ort und Stelle stehen bleiben kann, nennt man mich auch Kolibrischwärmer. Mit einer Grösse von etwa fünf Zentimetern sind wir ähnlich klein, nur dass ich behaart bin. Mein auffälligstes Merkmal ist mein langer Saugrüssel, mit dem ich im Gegensatz zu vielen Insekten beneidenswert gut aus langen Kelchblüten trinken kann. Und trinken müssen wir eine ganze Menge, denn unser Schwirrflug braucht enorm viel Energie.
  • Offiziell bin ich zwar ein Nachtfalter, fliege aber dennoch am Tag und manchmal auch in der Dämmerung. Du findest mich überall dort, wo ich viel Nektar als Nahrung finde. Der Verlust geeigneter Lebensräume und zu wenig Futterpflanzen für unsere Raupen, sind die grössten Bedrohungen für uns Schmetterlinge.
  • Wir haben ein äusserst gutes Gedächtnis und vergessen niemals, wo es die besten Futterplätze gibt. Wir Taubenschwänzchen sind sehr erkundungsfreudig und können bis zu 3000 Kilometer in zwei Wochen zurücklegen. Faszinierend, nicht wahr? Im Winter ziehen wir bevorzugt über die Alpen in wärmere Gefilde. Man munkelt aber, einige von uns hätten auch schon in der Schweiz überwintert.
  • Wenn es kalt ist, sitze ich irgendwo und vibriere, das hält mich warm. Sollte das nicht funktionieren und mir ist immer noch kalt, setze ich mich auf besonnte Steine. Die strahlen gemütliche Wärme ab.
  • Da ich nicht gern allein schlafe, findest du mich abends mit meinen Artgenossen oft an vertikalen Felsen, am liebsten immer bei denselben. Hier suche ich auch meinen Partner um Nachwuchs zu zeugen.
  • Wenn wir uns paaren, hängen wir mit den Hinterteilen ungefähr eine bis zwei Stunden aneinander. Sollte Gefahr drohen, können wir umgehend losfliegen! Unsere Eier legen wir an sonnigen Pflanzen ab. Nach sechs Tagen schlüpfen auch schon unsere Kinder als Raupen.
  • Unsere Raupen sind blassgrün mit hellem Längsstreifen und ernähren sich von Labkraut. Am Ende des Körpers haben sie, wie alle Schwärmer, ein Horn stehen.
  • Wenn sie ausgewachsen sind, verpuppen sie sich an der Erdoberfläche in lockeren Gespinsten oder selten auch an Pflanzen hängend. So verharren sie dann drei Wochen, bis sie schlüpfen und der Kreislauf unseres Lebens von vorn beginnt.

Was sieht aus wie ein kolibri ist aber ein schmetterling

Helmut Leßmann/BUND

Mit seinem langen Rüssel saugt das Taubenschwänzchen Nektar aus den Blüten.

So schafft der kleine Schmetterling in einer Minute bis zu 150 Besuchen an Blüten. Dabei bleibt es wie ein kleiner Hubschrauber in der Luft vor der Blüte stehen, um mit seinem Rüssel Nektar zu saugen. Damit ist es anderen Schmetterlingen weit überlegen. Denn sie kommen durchschnittlich auf zehn bis 15 Flügelschläge in der Sekunde.

Naturbeobachtung

Ursprünglich kommt das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) aus dem Mittelmeerraum. Die Tiere mögen es trocken und warm. Sie profitieren vom Klimawandel. Taubenschwänzchen können in unterschiedlichen Landschaftsräumen vorkommen. Sie sind überall da, wo es nektarreiche Futterpflanzen gibt. Die Garten-Kolibris saugen gerne an blauen und rotvioletten Blüten mit langen und engen Blütenkelchen wie dem Rotklee und Luzernen, aber auch an Garten- und Balkonpflanzen wie Fuchsien, Petunien, Buddleja und Phlox. Dagegen meiden sie dichte Wälder.

Taubenschwänzchen fliegen gerne bei schönem Wetter mit viel Sonne und wenig Wind aus. Sie kommen auch in Parks, Gärten oder in Städten an Balkonen vor, wenn dort blühende Pflanzen wachsen. In Baden-Württemberg können die Falter vor allem ab Ende Juni bis in den August und sogar September beobachtet werden.

Video: Taubenschwänzchen im Schwirrflug

Den kleinen Schwärmer erkennt man relativ einfach. Sein Name verrät schon vieles. Er hat schwarz-, braun- und weißgefärbte Haarbüschel an seinem Hinterleib, die an Schwanzfedern von Tauben erinnern. Der Saugrüssel sieht aus wie ein langer, dünner Schnabel. Taubenschwänzchen haben graubraune Vorderflügeloberseiten mit zwei unauffälligen, schmalen, gewellten, dunkelbraunen Binden. Die deutlich kleineren Hinterflügel sind orangebraun und am Außenrand schwarz umrandet.

Wie bei allen Raupen aus der Familie der Schwärmer haben auch die Taubenschwänzchen-Raupen am Hinterleib einen auffälligen Stachel: das Analhorn. Bei der Taubenschwänzchen-Raupe ist es bläulich mit gelber Spitze. Damit versuchen sie Fressfeinde abzuschrecken.

Was sieht aus wie ein kolibri ist aber ein schmetterling

Maike Willers/BUND

Immer in Bewegung: Der Schmetterling erinnert an einen kleinen Kolibri und ist von Sonnenaufgang bis -untergang pausenlos unterwegs.

Die meisten Schwärmer sind dämmerungs- und nachtaktiv. Nicht aber das Taubenschwänzchen. Es ist rastlos von Sonnenaufgang bis -untergang unterwegs. Das kostet viel Energie. Zum Glück ist es mühelos in der Lage, in sehr kurzer Zeit sehr viel Nektar zu tanken. Eine tödliche Gefahr können allerdings gefüllte Blüten ohne Nektar werden. Wenn es diese Blüten erfolglos anfliegt, sind seine Energiereserven sehr schnell aufgebraucht.

Was sieht aus wie ein kolibri ist aber ein schmetterling

Christoph Böhme/BUND

Wie ein kleiner Hubschrauber verharrt der Schmetterling im Flug an einer Stelle.

Taubenschwänzchen erledigen alles im Flug – so auch das Eierlegen. Das Weibchen heftet ein bis zwei Eier an die Spitze von Labkrautpflanzen. Denn Wald-Labkraut, Wiesen-Labkraut, Echtes-Labkraut oder Kletten-Labkraut sind die Leibspeisen der Raupen. Nach sechs bis acht Wochen verpuppen sie sich. Dabei verkriechen sie sich im Erdreich und bauen ein Gespinst aus lockeren Fäden. Noch im selben Jahr schlüpfen die Falter und die nächste Generation fliegt wieder zurück in den Süden. Nur wenige schaffen es bei uns an gut geschützten Orten als Falter zu überwintern.

Leckerbissen für Vögel

Natürliche Feinde gibt es hierzulande vor allem für die Raupen, die ein Leckerbissen für insektenfressende Singvögel sind. Der erwachsene Schmetterling ist als Nahrungsquelle zu groß und zu dick. Nur in wärmeren Weinbaugebieten wie dem Kraichgau oder dem Kaiserstuhl wird ihnen der Bienenfresser als Großinsektenjäger gefährlich. Auch diese Vögel sind aus den Mittelmeer-Regionen zu uns eingewandert.