Was passiert mit den impfterminen von astrazeneca

Erneuter Rückschlag für die Impf-Kampagne gegen das Coronavirus: Der Impfstoff des Pharmakonzerns Astrazeneca wird deutschlandweit nur noch an Über-60-Jährige verimpft. Darauf haben sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern verständigt. Was bedeutet das für die Impfungen in NRW? Fragen und Antworten.

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Was ist jetzt mit den vereinbarten Astrazeneca-Impfterminen?

Unter-60-Jährige, bei denen in den nächsten Tagen eigentlich Astrazeneca zur Impfung vorgesehen war, werden laut NRW-Gesundheitsministerium ab Donnerstag mit Biontech oder Moderna geimpft. Laut Ministerium werden in den nächsten Wochen weitere Lieferungen von Biontech und Moderna erwartet. Mit größeren Verzögerungen im Impfprogramm sei deshalb nicht zu rechnen.

Welche Ausnahmen gibt es für Jüngere?

Unter-60-Jährige sollen sich "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung" weiterhin mit Astrazeneca impfen lassen können, heißt es im Beschluss der Gesundheitsminister. Der Impfstoff sei "hochwirksam", betonte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Der 63-Jährige erklärte, auch er hätte "null Problem", sich mit Astrazeneca impfen zu lassen. Generelle Empfehlung ist jetzt: Dieser Impfstoff soll bei Älteren eingesetzt werden.

Können sich jetzt auch schon 60- bis 79-Jährige einen Impftermin holen?

Ja. Weil nun viele jüngere Menschen nicht mit Astrazeneca geimpft werden, sollen stattdessen schon die 60- bis 79-Jährigen mit Astrazeneca geimpft werden dürfen, obwohl sie laut Impfreihenfolge eigentlich noch nicht dran sind. Auch das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Dienstag beschlossen. Nordrhein-Westfalen will den Impfstoff nun für alle Älteren freigeben.

Wie bekommen Über-60-Jährige ihren Termin?

NRW-Gesundheitsminister Laumann sagte, Über-60-Jährige könnten ab Karsamstag über die Telefon-Hotline und online Impftermine mit Astrazenenca buchen. Ziel dieser "Impf-Aktion" sei es, die am Samstag eintreffenden 450.000 Astrazeneca-Impfdosen möglichst schnell auch bereits über die Ostertage in den Impfzentren zu verimpfen. Anmelden könne man sich aber nur für eine Astrazeneca-Impfung.

Laumann warb vorab um Verständnis, dass die Termin-Anmeldesysteme ab Samstag wieder überlastet sein könnten. Denn man öffne die Impfungen nun für eine sehr große Bevölkerungsgruppe. Die Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe teilte dem WDR mit, man habe gegenüber dem Land für eine Verimpfung von Astrateneca in den Arztpraxen plädiert - gerade wegen erwarteter Probleme bei der Terminvergabe in Impfzentren.

Nach Ostern werde dann wie bereits angekündigt auch die Impfkampagne in Hausarztpraxen beginnen - zunächst schwerpunktmäßig mit dem Impfstoff von Biontech-Pfizer. Bei den Über-70-Jährigen, die ebenfalls ab 3. April einen Impftermin machen können, soll es nicht zu der Terminverzögerungen wegen der Sonder-Impfaktion mit Astrazeneca für ab 60-Jährige kommen, versprach Laumann.

Was ist mit der Zweitimpfung von Astrazeneca-Geimpften?

Die Ständige Impfkommission will dazu bis Ende April eine Empfehlung abgeben. Der Impfstoff von Astrazeneca ist seit Anfang Februar verimpft worden. Bei einem empfohlenen Impfabstand von zwölf Wochen sind erste Zweitimpfungen ohnehin erst für Anfang Mai vorgesehen. Bis dahin werde es geklärt sein, wie das Immunisierungsverfahren für diese Menschen fortgesetzt wird, sagte Minister Laumann. Die Menschen müssten sich keine Sorgen machen.

  • Die Pressemitteilung der Stiko | Robert-Koch-Institut

Einen Schutz vor einer Corona-Erkrankung haben auch schon die Erstgeimpften. Wie eine schottische Effektivitätsstudie zeigte, schützt die erste Astrazeneca-Impfung schon zu 94 Prozent davor, dass man wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden muss. Gemessen wurde das bei hunderttausenden Studienteilnehmern vier bis fünf Wochen nach Verabreichung der ersten Dosis.

Was ist bislang geschehen?

In ganz Deutschland wurden bis Montagmittag insgesamt 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose im Hirn in zeitlicher Nähe zur Impfung mit Astrazeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut berichtet. Neun Menschen starben. Betroffen waren überwiegend jüngere Frauen. Minister Laumann nannte am Mittwoch die Zahl von acht schweren Fällen in NRW - fünf Menschen (vier Frauen, ein Mann) starben. Es handelte sich in NRW nicht in allen Fällen um Hirn-Thrombosen, aber um thromboseartige Erkrankungen.

Im Laufe des Dienstags hatten sich die Leiter von fünf der sechs Uni-Kliniken in NRW für einen vorläufigen Stopp von Astrazeneca-Impfungen bei jüngeren Frauen ausgesprochen. Das Risiko von weiteren Todesfällen sei zu hoch, hieß es in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Spahn und NRW-Minister Laumann.

Laut Robert Koch-Institut wurden bis einschließlich Montag bundesweit knapp 2,7 Millionen Erstdosen und 767 Zweitdosen von Astrazeneca verimpft. In NRW waren es rund 600.000 Erstdosen.

Schon Mitte März hatte es einen Rückschlag in der Impfkampagne gegeben. Nach ersten ungeklärten Todesfällen waren die Schutzimpfungen mit Astrazeneca gestoppt, dann von der EU-Arzneimittelbehörde geprüft, freigegeben und wieder aufgenommen worden.

Pressemitteilung vom 31.03.2021

In der gestrigen Gesundheitsministerkonferenz (GMK) wurde Beschluss gefasst, den Impfstoff AstraZeneca in der Regel nicht mehr an Personen unter 60 Jahren zu verimpfen. Das Land Berlin hatte die Impfungen bereits am gestrigen Tage vorsorglich gestoppt.

Personen, die in Berlin ihren AstraZeneca-Termin gebucht hatten, wurden per E-Mail oder SMS über die Absage ihrer Termine informiert, sofern sie diese Kontaktmöglichkeiten bei der Buchung angegeben haben, ansonsten über die Medien, online, oder in der Hotline bei Nachfrage. Der vergebene Impfcode behält selbstverständlich für alle ausgefallenen Impfungen seine Gültigkeit und kann für eine nächste Buchung genutzt werden.

Beim Personal der weiterführenden und beruflichen Schulen ist dies jedoch anders. Bei dieser Gruppe gibt es eine Abfrage im Buchungsprozess. Darin werden die Betreffenden gebeten, aus Fairnessgründen gegenüber den chronisch Kranken und älteren Personen, sich erst um einen Impftermin wieder zu bemühen, wenn sie im Rahmen der Priorität 3 dazu öffentlich aufgerufen werden. Dies wird an der Registrierung im Impfzentrum kontrolliert, um Umgehungsversuche zu verhindern.

Vor dem 14. April 2021 sind noch keine Zweitimpfungen terminiert. Grundsätzlich können sie nach entsprechender ärztlicher Beratung jedoch durchgeführt werden. Im Verlauf des April rechnet das Paul-Ehrlich-Institut mit Daten über die Wirksamkeit kombinierter Impfstoffe, also z.B. für den Fall, dass der Zweitimpfungstermin mit Biontech durchgeführt wird, obwohl die Erstimpfung mit AstraZeneca durchgeführt wurde.

Die GMK hat ebenfalls beschlossen, dass sich Personen, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die gemeinsam mit dem impfenden Arzt nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung entscheiden können, ob sie doch mit AstraZeneca geimpft werden wollen. Die Ärztinnen und Ärzte im Modellprojekt entscheiden deshalb selber mit ihren Patientinnen und Patienten, ob sie AstraZeneca an unter 60jährige verimpfen. In den Impfzentren ist dies aufgrund des Beratungsbedarfs jedoch ausgeschlossen. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission bietet hierfür den nötigen Spielraum. Die Arztpraxen im Modellprojekt können ab sofort ihre 60-70-jährigen Patientinnen und Patienten mit AstraZeneca impfen.

Für die über 60-jährigen, die noch keine Impfeinladungen aufgrund einer anderen Priorität bekommen haben, wird ein besonderes Team in der Hotline eingerichtet. Die Betroffenen können schon ab dem 1. April ausschließlich telefonisch an der Impfhotline 030/9028-2200 einen Termin erhalten. Dafür ist eine E-Mailadresse oder eine Handynummer erforderlich. Die Termine können für den 2.-6. April im CIZ-Tegel oder vom 2.-11. April im CIZ-Tempelhof gebucht werden und stehen nur für Impfungen mit AstraZeneca zur Verfügung.

Derzeit sind über 300.000 Menschen im Alter 60-69 noch nicht eingeladen worden und gehören nicht zu den bereits eingeladenen Menschen mit chronischen Erkrankungen.

Pressekontakt: Moritz Quiske, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung 030 90 28 28 53

16. März 2021 um 06:34 Uhr

Eine Frau wird geimpft (Symbolfoto). Foto: dpa/Marijan Murat

Düsseldorf Nach bisher sieben Thrombose-Fällen bei bundesweit 1,6 Millionen Impfungen prüfen Experten den Impfstoff von Astrazeneca. Manche Impfzentren in Nordrhein-Westfalen reagieren mit Ersatzangeboten. Karl Lauterbach kritisiert den Impfstopp.

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Schwerer Rückschlag für die Impfkampagne: Nach Berichten über Blutgerinnsel setzt auch Deutschland den Einsatz des Impfstoffs von Astrazeneca aus. Man folge damit einer aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Hintergrund sind Meldungen über Thrombosen (Blutgerinnseln) in Hirnvenen, die bei einzelnen Geimpften aufgetreten sind. Das PEI, das für die Überwachung der Impfstoffe zuständig ist, halte nach Meldungen von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung weitere Untersuchungen für notwendig, so Spahn.

Auch in den Impfzentren in Nordrhein-Westfalen, wo derzeit vor allem Rettungsdienstkräfte, Erzieher, Lehrer und Polizisten mit Astrazeneca geimpft werden, wird die Gabe nun gestoppt. Die bereits gelieferten Dosen sollen dort weiter gelagert werden. Bislang haben 346.000 Bürger in NRW eine Erstimpfung mit Astrazeneca erhalten. Mit der Ankündigung verändere sich natürlich die Planung, so die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe. „Es handelt sich bei der Impfpause mit Astrazeneca um eine Vorsichtsmaßnahme“, sagte Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein. Es komme für die weiteren Planungen darauf an, wie lange die Impfpause dauere.

Ein Viertel der Geimpften erhielt Astrazeneca

Lieferung Deutschland hat bislang 12,5 Millionen Dosen Impfstoff erhalten, darunter 8,8 Millionen von Biontech/Pfizer und 3,1 Millionen von Astrazeneca.

NRW In NRW haben 1,3 Millionen Menschen eine Erstimpfung erhalten, rund ein Viertel erhielt Astrazeneca.

Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums können bereits vereinbarte Termine mit dem Impfstoff vorerst nicht stattfinden und würden von den zuständigen Stellen abgesagt, heißt es in einer Mitteilung. Zuvor hatten bereits zahlreiche Kreise, darunter Soest und Minden-Lübbecke, sowie die Stadt Duisburg den sofortigen Impfstopp verkündet. Die Impfzentren in Köln und Bonn reagierten mit einem neuen Angebot. „Impflinge, die sich am Montagnachmittag im World Conference Center Bonn befanden, wurden kurzfristig auf den Impfstoff Biontech/Pfizer umgebucht, wenn sie das wollten“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Seit Freitag haben bereits mehrere Länder, darunter Dänemark, die Niederlande, Irland, Dänemark, Norwegen und Island, die Verimpfung von Astrazencea ausgesetzt. Italien und Österreich stoppten die Verwendung von bestimmten Chargen. Die Europäische Arzneiagentur (Ema) sah bislang noch keine Hinweise darauf, dass die berichteten Blutgerinnsel durch die Impfung verursacht wurden. Sie hatte noch am Freitag erklärt, dass die Zahl der Thrombose-Fälle bei geimpften Personen nicht höher sei als in der Allgemeinbevölkerung. Auch Spahn betont, dass es sich bei der Aussetzung um eine Vorsichtsmaßnahme handle. Er verwies auf die Relationen: In Deutschland habe es bislang 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca gegeben. Bei sieben Geimpften sei es zu Thrombosen gekommen. Spahn bat Bürger, die vier Tage nach einer Impfung mit Astrazeneca starke Kopfschmerzen oder punktförmige Haut-Einblutungen haben, unverzüglich einen Arzt aufsuchen sollen. Er ließ offen, was mit Menschen wird, die bereits eine erst Impfung haben und deren zweite Impfung noch aussteht.

  • Corona-Pandemie : Impfung mit Astrazeneca wird in Deutschland ausgesetzt

Astrazeneca spielt in der Impfstrategie der Bundesregierung eine große Rolle. 56 Millionen Dosen hat sich Deutschland gesichert, drei Millionen Dosen wurden bereits geliefert. Der Impfstoff des britischen Herstellers hat den Vorteil, dass er bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden kann. Daher war er auch für den Einsatz in Arztpraxen und Unternehmen vorgesehen.

Asztrazeneca war zunächst wegen grippeähnlicher Nebenwirkungen ins Gerede gekommen. Sowohl das Paul-Ehrlich-Institut als auch die Ständige Impfkommission (Stiko) hatten stets betont, dass diese im Rahmen des Erwartbaren lägen. Erst vor Kurzem hatte die Stiko Astrazeneca auch in Deutschland für über 65-Jährige empfohlen. Auf die Frage, ob das Vertrauen in Astrazeneca überhaupt zurückkehren könne, sagte Spahn: „Wichtig ist Transparenz.“

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte: „Ich halte es für einen großen Fehler, jetzt die Impfungen mit Astrazeneca auszusetzen. Das schafft nur große Verunsicherung und Misstrauen in einer Situation, in der es auf jede Impfung ankommt. Besser wäre eine Prüfung bei laufenden Impfungen. Ich kenne keine Analysen, die ein Aussetzen rechtfertigen würden.“ Das Risiko einer Thrombose liege bei eins zu 100.000 oder weniger und scheine im Vergleich zu Ungeimpften nicht erhöht zu sein, sagte Lauterbach unserer Redaktion.

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