Was ist die dünnste Frau der ganzen Welt?

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Was ist die dünnste Frau der ganzen Welt?


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Form und der Charakter des Ohres. Dies ist eines der ersten Dinge, die ich zu sehen pflege. Ein hübsches Ohr ist ein wundervoller Reiz bei einer Frau, es wirkt, gut abgerundet und gemeißelt, wie ein Magnet. Zu dünn, meinen Sie? Ah, Sie sind kein Stenner; ich liebe dünne Frauen, groß, schlank, graziös. Sie können mich nicht dazu bringen, Etwas gegen die Amerikanerin zu sagen, ich habe mich ihr völlig ergeben." Nochmals über Wagner: nicht seine Werke, sondern die Verdi's ruiniren nach Bülow's Ansicht die Stim: men. Wagner hat das Drama der Griechen für seine Zeit fortgesetzt; das Drama, eine Einheit, der alle anderen Nünste sich unterordnen müssen. Er gibt ein symmetrisches edles Vorbild, in welches alle zusammenströmen. Die Griechen schrieben für Griechenland, Wagner, ein Deutscher, schreibt natürlich für Deutschland; aber die Aufstellung des Grundjakes und Weiterverwirklichung eines jo erhabenen Ideals kommt der ganzen Welt zugute. Wir werden sehen, welchen Erfolg die Festspiele dieß Jahr haben werden. Nach meiner über : zeugung wird es ein krönender Triumph für Wagner werden. Ich habe gefämpft und gestritten für das Prinzip, Jahre und Jahre. Sie kennen ohne Zweifel die Gründe, die es mir für immer unmöglich gemacht haben, mit R. Wagner weiter in persönlicher Beziehung zu bleiben. Aber ich bin nicht aus dem Stoff gemacht, aus dem Renegaten entstehen. Und die Musik, für welche ich schrieb, mein Lebelang kämpfte, ist mein Vorbild heute wie damals, denn sie ist wahr. Ich bin jeßt kein heftiger Parteigänger, sondern ein beharrlicher Schüler, und wenn ich eine so lange Zeit verbracht habe bei einer Arbeit, die mich der Pflege eigener Ideen entzog und mich bestimmte, die Anderer zu verbreiten, so darf eine so lange Apostelschaft beanspruchen, daß man an die Festigkeit meiner Überzeugung glaube von der Wahrheit der großen Schule, die Wagner und Liszt begründet haben."

Im Anschluß an das Interview in Chicago: Eine Matinée Episode. Nach Schilderung des regen Interesses, das sich in großem Zudrang des Publikums äußerte, wird erzählt, wie Bülow einige Minuten nach der festgescßten Zeit erschiert, ,,hastig wie Jemand, der befürchtet, die Bank würde geschlossen, bevor er jeine Depots machen könne. In der einen Hand das Programm, in der anderen seinen Hut, den er auf das Clavier legte — zum großen Vergnügen des Theils der Zuhörerschaft, welcher die Ercentrizitäten des


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Miß H. illebrand, Schwester Karls von mir hören in the most pleasant style. Sie haben im Allgemeinen Recht: die schlimmste Bande ist die Blutsbande, und Grf. Charnacé

Stiefschwester meiner Wittwe pflegte stets von der » infamille« zu reden; aber es gibt Gottlob ausnehmend viel Ausnahmen.

Tante grazie for your nice chit-chat!

Ich kann mit Ihnen nicht epistolarisch concurriren aber da Sie mir Ihre liebenswürdige Theilnahme so treu bewahren, so glaube ich, Sie werden mit mir entzückt sein, wie die Amerikaner, die Zukunfts - Vergangenheitsfranzosen über mich denken. Here's (a) capital piece of paper!

Wie geht's Majestät? Neulich hatte eine Sängerin die Frechheit, als encore ein Lied von Franz Abt zu singen. Never more, brüllte ich sie an --- das nächste Mal eins vom Abt Franz ?

Habe neulich im Lotosclub einen famosen englischen speech gehalten, den die Zeitungen natürlich überall hint telegraphirt haben. Schade daß kein Eremplar zuir Hand!

Kennen Sie Longfellow's » Psalm of life « ? Der reene Neethe.

Beifolgendes Gedicht über mich ist auch nicht übel. Wundern Sie sich nicht so sehre; im Vergleich mit meinem Spiele auf den idealen Chickerings in Amerika habe ich in Europa nur wie ein Spanferkel geklimpert. Yes, Madam, so it is.


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New York und Baltimore (letzteres ausnahmsweise anständig). Musikschüler Glößner in Washington, der's verdient, wirksam bei kaiserlich deutschem Gesandten, Freunde von Liszt, ausnahmsweisem Prachtkerl, protégirt zu werden. Hier ein anderer von München, Karl Ritter, verdient ebenfalls meinen Schutz, der gewährt wird 1. Beilage - Sie sehen, ich handle landsleut-felig, wo ich eben fann. Aber Herr Kurt v. Schloezer, der deutsche Minister in Washington, der hat an mir mehr wie ein anderer Mensch gethan

er hat mir die drei vornehmsten schönsten Weiber zur Apfeleinhändigung vorgeführt. Ich habe meine Paris-Rolle sublim gespielt und ..... Himmelfreuzdonnerwetter, ich vergesse, daß ich an Frau Doktor v. Welz schreibe. Vergeben Sie mir – ich habe nicht Zeit, einen neuen Briefbogen zu beginnen.

Was sagen Sie zum Programm des 27. 8. in NewYork, das schon gestern von dortigen Zeitungen angezeigt wird? Hm Mitwirkende nur Amerikaner, unter andern eine Schülerin meinige aus Florenz von anno 711.

Was Sie bez. Signale und Bayreuth Moniteur gethan, empfehle ich auch für Berlin, entweder Zeitung von Vote & Bock oder Echo (Schlesinger) – besser die ersten. Sie müssen bekannt werden, durchdringen (und werden's) aber

gleich! Morgen und überinorgen will ich trotz der Abendconcerte und dreistündigen Reisen meine verliebte

1. Bad), italiänisches Concert. 2. Händel, Präludium und Fuge in F moll. Chaconne in Fdur. 3. Vach, Concert für 2 Claviere und Streichquartett Cdur. 4. a) Mozart, Fantasie Cdur Nr. 3.


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Doch ich vergesse ganz, Dir für Deinen überaus charmanten, netten Brief vom 10. December zu danken, den ich hier bei Ankunft als Willkommensgruß empfangen.

Wie steht's mit dem Augenarzt?

Ich habe nie solchen Comfort in jeder Hinsicht gehabt und bin – Dank meinen kalten Bädern ziemlich frei von Rheumatismus, Dank guter Küche und exemplarischer Mäßigkeit frei von Indigestionen.

Habe auch zu componiren angefangen durch ein halb Dußend schöner Yugen inspirirt - wie sagt unser Goethe

- ich will nicht ineraft citiren „die Schönen im Plural“ ....? Gern schriebe ich Dir mehr, amüsanter

" ? aber da bliebe dieser Zettel wieder ein paar Tage liegen enfin, nimm mit diesem herzlich gemeinten Gruße vorlieb und sei versichert, daß ich Deiner stets überall im Glücke gedenke.

200. Un frau Louise von Welz.

New York, 1. Januar 1876. Verehrteste Freundin, Mein erster Gruß am heutigen Tage galt meiner Mutter

mein zweiter gilt Ihnen. Alles Schöne und Gute im neuen Jahr Ihnen und den Ihrigen.

Ich bin niemals in meinem Leben so glücklich, so selig gewesen wie an der Scheidegrenze dieser beiden Jahre, und mein Sylvesterconcert war mein größter bisheriger Triumph. Schade, das Sie mich nicht gehört – in my American style mein europäischer war im Vergleich mit Respekt zit jagen ein ..... (denken Sie an 65 Tristanproben).


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An Erschütterung fehlt's übrigens nicht – Gottlob sind meine Nerven kolossal stark geworden. Denken Sie — im Begriff in's Concert zu fahren höre ich einen Schuß zwanzig Schritte von mir im Hotel hat ein Yankee den andern erschossen (ist diese Nacht verschieden). S. Beilage.

Ihre beiden sehr interessanten, mir sehr werthvollen Briefe zu gleicher Zeit empfangen haben mich eben falls erbleichen machen. Sehen Sie sich das eine Couvert an, das hiermit retournire - Taucher haben's aufgefischt

aus den Trümmern des unseligen deutschen Schiffes „Deutschland“.

Wie wird Ihnen? Ach, welche großartigere Lebensanschauung gewinnt man nicht hier!

Heute muß ich mich entseklich (?) kurz fassen jeder Tag bringt neue Arbeit, und die Parole heißt „ Vorwärts“

mehr denn je.

Somit Gott befohlen lassen Sie bald wieder von sich hören!

Packet noch nicht angekommen --- aber ich habe Geduld, et je vois tout en rose. Schreiben Sie mir doch wieder französisch Sie haben entschiedensten Beruf dazu - oh arme Frauen, wie viele Eurer schönen, reichen Anlagen bleiben uentivicfelt, Dank

basta.

201. An die Baronin 2.

N. Y. Jan. 5th 1876. Madame, Ne Vous est-il jamais arrivé de Vous étonner de la locution » malheureux comme une pierre« ? Eh bien,

? autrefois je ne comprenais pas ce que cela voulait dire


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Gemahl zur Zeit in consulirt) lektere hat mir versprochen, mich nächste Woche in New York z11 besuchen. Was ich bisher von schönen Weibern gesehen, ist Stallmagd oder Grisette im Vergleich mit diesen Prachteremplaren. Soll ich Dir weiter noch erzählen, daß Verehrerinnen von New York und von Boston zu meinen hiesigen Concerten gekommen sind? Daß in Deutschland der russische Jude dem deutschen Aristokraten vorgezogen wurde, während hier überall „Hans“ den „ Anton“ besiegt?

An drolligen Episoden ist kein Mangel. Gestern bittet sich der Telegraphenbeamte für Besorgung einer Depesche ein Concertbillet von mir aus! Große Sympathie zwischen den schwarzen Menschenbrüdern und mir, die besser frisiren und aufwarten, als z. E. meine eingewanderten Landsleute die ich auch deßhalb zurückseße. Beinahe aller Orten Begegnungen mit alten Schülern und Schülerinnen aus Berlin, München, Florenz u. s. w. kurz, überfließend viel Material zum Erzählen -- aber das Erleben absorbirt schon alle Zeit.

Nächsten Sonnabend bin ich in New York, bis zum 8. Januar – dann eine Woche Boston - dann vermuthlich bis Ende Februar auf Reisen im Westen.

Grimmige russische Kälte à faire éclore des ours blancs — aber blauer Himmel, goldne Sonne und die behaglichste Temperatur in allen geschlosjenen Räumen. Dennoch danke ich Euch alle Tage für die Flanell- Mitgift bei der Abreise von Sydenham!

Die Stunde zur Probe schlägt ich muß schließen.

Nb. Washington hat mich zum Componiren inspirirt. Zwei reizende französische Romanzen sind das erste Resultat, die morgen copirt werden und sofort in New Yorf zum Stich gelangen (op. 26).


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An Erschütterung fehlt's übrigens nicht Gottlob sind meine Nerven kolossal stark geworden. Denken Sie — im Begriff in's Concert zu fahren höre ich einen Schuß — zwanzig Schritte von mir im Hotel hat ein Yanfee den andern erschossen (ist diese Nacht verschieden). S. Beilage.

Ihre beiden sehr interessanten, mir sehr werthvollen Briefe zu gleicher Zeit empfangen haben mich eben falls erbleichen machen. Sehen Sie sich das eine Couvert an, das hiermit retournire Taucher haben's aufgefischt

aus den Trümmern des unseligen deutschen Schiffes Deutichland". - Wie wird Ihnen?

Ach, welche großartigere Lebensanschauung gewinnt man nicht hier!

Heute muß ich mich entseklich (?) kurz fassen – jeder Tag bringt neue Arbeit, und die Parole heißt „Vorwärts“

mehr denn je.

Somit Gott befohlen lassen Sie bald wieder von sich hören!

Facket noch nicht angekommen --- aber ich habe Geduld, et je vois tout en rose. Schreiben Sie mir doch wieder französisch Sie haben entschiedensten Beruf dazu oh arme Frauen, wie viele Eurer schönen, reichen Anlagen bleiben inentivickelt, Dank

basta.

201. An die Baronin 2.

N. Y. Jan. 5th 1876. Madame, Ne Vous est-il jamais arrivé de Vous étonner de la locution » malheureux comme une pierre« ? Eh bien, autrefois je ne comprenais pas ce que cela voulait dire ni moi non plus depuis Votre départ je l'ai appris. Je ne vis plus depuis vingt quatre heures, je ne végète même pas, je me sens mort pour tout, excepté pour la


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Und das ercellente Essen und der treffliche Thee und Kaffee, vor Allem das wohlthätige Eiswasser! Diese fplendiden Speisesäle, diese lautlose, aufmerksame, den Gästen alle Wünsche an den Augen abzusehen beflissene schwarze Bedienung! Ejjensstunden: Frühstück von 7—10, Diner von 1–31/2, Thee von 6-8, auch z. B. wie ich's nach Concerten brauche, Souper von 8–11. Die sogenannten Gleichheitsflegel“ sind die gesittetsten Zweibeine der Welt

Bier und Wein sieht man nirgends während der Mahlzeiten trinken – kein Tabafsqualm vergiftet den Nährungsbeschäftigten!

Wie mir das Alles zusagt, bequem und behaglich ist, kann ich eigentlich nur mit Schimpfen auf die europäische Barbarei ausdrücken.

Und nun das Reisen: ungeheure Schlafwagen wie Schiffe, vollständige Betten, in denen man völlig ausgekleidet, ohne jede Störung die Nachtruhe genießen kann. Ich als »star« bekomme jedesmal das state-room, d. h. ein besonders abgeschlossenes Zimmer mit Bett, Sopha und Waschtisch! Diese und ähnliche Auszeichnungen, wie z. E.

3 das schönste Zimmer im Hotel, werden mir hauptsächlich darum zu Theil, weil ich mich gegen meine entrepreneurs so anständig, so ,, bescheiden" benommen habe es rentirt sich schon, wenigstens bisweilen, nicht jüdisch, nicht merfantil zu verfahren. Enfin ich lebe wie der liebe Gott in Frankreich abseits der zwei Stunden Abendsflaverei, die wegen des mir mit so großer Sympathie, so warmem Respekt überall entgegenkommenden Publikums meisten theils keine Last, sondern eine Vergnügungspflicht ist. Ich habe Dir wohl ferner schon erzählt, daß ein sehr feiner, netter Mensch, ein Mittelding zwischen Secretär, Attaché und Kammerdiener seit 10 Wochen überall um mich ist, der seine Sorgfalt für mich bis in die kleinsten Details des Lebens erstreckt, mir alle lästigen Besucher abhält, Koffer ein- und auspackt, Briefe schreibt u. s. w., kurz, ohne den ich bis zur Überwindung von 68 Concerten (heute ist das 69.) schwerlich hätte gelangen können.


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Umweg New York ein Briefchen. 76 concerts over. Hm? Ein gutes Stück Arbeit fertig. Humor meistens gut. Doch

Schreiben ist überflüssig, wo das Gedruckte so laut, so schön, so beredt klingt.

Nicht zu viel Robert (Schumann und Franz) spielen und singen! Krankhaft. Besser dann Felix Mendelssohn, glauben Sie mir! Field As dur Concert studiren! Öffentlich spielen! Yes, Mäm.

Was macht der Gemahl? Was der Herr Sohn? Denn der ist doch schließlich der Herr. Hm? Spißwöhg läßt mich wieder einmal sehr schmachten! Bitte, fragen Sie ihn doch, wie Geschäft, Verkauf geht!

Sie wissen, daß Sie versprochen haben, mit Ede einer Vorstellung der Nibelungen auf meine Kosten anzuwohnen! Sie müssen, sind's mir schuldig. Cramer's Etüden bezahlen's.

Sagen Sie mir doch gelegentlich eine Schmeichelei ! Nämlich über mein amerikanisches Wirfen! Ich darf mit Recht prätendiren, im Jenseits Christoph Columbus die — Glanzstiefel abzureiben!

Nie war mein Magen so gesund, mein Hirn jo hell. Aber ich lebe auch quasi wie ein Priester und Soldat. Das ist das wahre geziemende Leben, glauben Sie's. Ede ist noch zit jung dazu. Gebe der Himmel, er folge einst meinen Spuren. Macht will bezahlt sein!

211. An die Baronin D.

Chicago, ce 2 février 1876. Chère adorée! Comme vous avez été adorable pour moi lundi dernieren m'adressant ces charmantes lignes, que je viens de recevoir et qui m'ont remis en belle humeur et par contre coup en bonne santé. J'en avais tant besoin !


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me font la cour et me demandent des avis et des louanges. C'est bien plus fatigant que les concerts et les voyages. Et j'ai un si charmant appartement ici, et j'aimerais à y rêver un peu à toi.

216.

St. Louis, 14. février 1876. Madame, En vérité, Vous êtes trop cruelle – - je ne sais plus que faire, que devenir. Je Vous ai encore écrit tous les jours, mais je Vous ai épargné la peine de lire et de brûler mes lettres — en ne vous les envoyant pas -- en les brûlant moi-même.

Ah c'est mon sort toujours trahi par les personnes que j'aime de l'amour le plus pur et profond! Eh bien être trahi, quoique peut-être très ridicule c'est cependant plus digne, plus noble que trahir, duper! Seulement j'en suis souvent à me demander — ceux qui me trahissent, n'ont ils pas ce qu'on appelle » conscience« ?

Ma foi – tout ce que j'écris là est absurde, fou, fiévreux, mais je souffre si horriblement de ce que Vous m'oubliez, m'abandonnez, me trahissez!

Vous me trahissez oui Madame, car après ces jours de New York, très innocents, mais cependant ah, la tête me tourne et je dois aller maintenant édifier, amuser, ennuyer ce tas d'imbéciles qui se nomme public!

Maudit esclavage!

217. New Orleans, ce 15 16 février 1876.

Ce n'est pas un préjugé le Midi. Comme je me trouverais heureux si tu daignais seulement m'écrire


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à laquelle je puisse rendre un peu de tout le mal que Vouz m'avez fait à moi et que vous allez encore me faire par Votre cruauté, Votre indifférence, Votre

méchanceté d'autant plus cruelle, que Vous savez trop

bien que je Vous adore comme personne celui qui est mort en Russie ne Vous a adorée comme je vous appartiens exclusivement de toute mon âme, comme je ne tiens plus aucunement à l'existence, si je devais vivre sans Vous!

222.

N. Y. Fifth Ave Hotel ce 18 Mars soir. Ennemie adorée,

-- Après avoir reçu Vos bonnes lignes, qui promettent ce que Vous ne tiendrez pas, hélas ! je me suis immédiatement » removed « pour le fifth Ave Hotel, où je suis admirablement logé, où je puis travailler sans être dérangé où j'ai de la place pour Vos fils même et d'où

- ce qui est le plus important pour moi j'ai la vue sur l'hôtel Albemarle, sur l'endroit, où j'ai passé les plus heureux moments de ma vie, de toute ma vie!

Pourquoi étaient-ils si rares ? Tout casse, tout passe ....

Philadelphie était bien triste, bien ennuyeux j'étais souffrant au delà de tout ce qu'on peut imaginer. Je suis content d'être revenu à la ville, où j'ai eu la plus belle de toutes les illusions - la plus charmante transition entre deux années. Je ne vois personne absolument personne

d'ailleurs mes programmes de la quinzaine à venir sont très sérieux, et je devrais étudier au moins le double du temps que vous me dites


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War zehn Tage ziemlich krank in New York und wanderte fast jedesmal aus dem Bette direkt in den Concert saal and return. Der Arzt kostete mich 120 Dollars für 20 Visiten. Was sagen Sie dazu? Das wirft abschreckend vor der Lust , frank 311 fallen“. Wenn man für einen Rock, einkleid und Weste 85 Dollar zahlt, so hat man außer der Rechnung doch noch ein souvenir und zwar ein schönes und dauerndes, denn selbst in Paris ist so vortreffliche Arbeit, so schöner Stoff selten zu erlangen.

Ich habe eine linmasie Briefe von Ihnen in New York vorgefunden, aber bei der Höllenarbeit und dem schwachen Nopfe nicht die Zeit gehabt, sie mit der verdienten Aufmerksamkeit durchzulesen. Bitte um Vergebung!

Bei diesem Anlaß will ich Ihnen doch die (mir übrigens unverständliche) Herzenslast, an der auch Ihr Herr Gemahl, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, Theil nimmt – wegwälzen: ich bin noch immer Preuße was übrigens auf meine sonstigen Zukunftspläne von feinem Einfluß sein wird. Also Sie brauchen mich noch nicht als neuen Deutichamerikaner zit verachten oder „trop dem“ nicht zu verachten.

Nurioses Ding die Welt! So viel ist mir klar, daß ich in verschiedenen Punkten gar nicht hineingehöre, in sofern ich das Verständniß dafür verloren habe. Machen Sie einmal die Hälfte von 115 Concerten in Amerika durd,

da wird Ihre nach Öffentlichkeitsemotionen dürstende Seele radikal kurirt seint. Seien Sie Eines oder von Einem überzeugt Sie und Ihr Herr Sohn haben alle Ursache sich zu gratuliren, nicht in meiner Haut zu stecken. Alo

verübeln Sie mir diesen wohlgemeinten Kath nicht


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Wenn ich's irgend im Stande bin, will ich deßhalb diese zehn Wochen (sie sind unglaublich lang) versuchen, meine Verpflichtungen zu lösen.

230.

Cleveland, 27. April 1876. Mit Bedauern ersehe ich aus einem Briefe des Herrn Ullman (der mir leider von Paris ans in meiner Noth nicht zi1 helfen vermag, da er eben hier zwei andre Associés hat, die mich contraktmäßig bis auf den lebten Tropfen auszupressen das Recht haben), das Du Dich meinetwegen geängstigt hast — alter Gewohnheit, ich möchte sagen Temperamentsbedürfnisse entsprechend.

Vedenke, daß es meistens thatsächlich unmöglich ist, eine ruhige Stunde zum Schreiben ausfindig zu machen. Wenn ich sechs Tage in der Woche sechs Reijen gemacht, sechs Concerte absolvirt – so bin ich am siebenten völlig unfähig, einen Gedanken zit fasjen, eine Feder zu rühren. Bedenke, daß ich in sehr schadhaftem Zustande die Reise angetreten (die besser unterblieben wäre – aber ließ mir meine Ajyllosigkeit, Pflegelosigkeit, meine Armuth eine andere Wahl?), daß die Folgen des Gehirnschlages vor etwa 13 Monaten, anstatt zu verschwinden, vielmehr in empfindlichster Weise - wieder hervortreten — »enfin« 11. 1.W.

Alber — Du hast Recht - da ich Dich daran gewöhnt, weil Du die Gite hattest zu bemerken, daß meine Briefe telles quelles Dir eine gewisse Erholung und Anregung gäben – so habe ich die Pflicht, Dich nicht plößlich dieser Gewohnheit z11 berauben. Ich werde von un an wieder regelmäßiger schreiben.


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Auszüge aus Briefen franziska von Bülow's

an ihren Sohn.

London, 10. December 1875. Geliebter Soh! Du bedurftest des Neuen das in der alten Welt für Dich nicht zur Hand war ich fühlte das instinktiv mit Dir, und das war stärker als meine Furcht vor dieser Reise

die wirklich: contre vent et marée unternommen, so befriedigend in den Anfängen sich erweist, daß man nur gleichen Fortgang ersehnt. Wie mich Deine Briefe erfreuen, ja eigentlich das einzige belebende Element meiner englischen Existenz sind, wie ich Dir alles Beste danke, Du lieber, ganz Erceptioneller! das brauche ich Dir nicht erst zu sagen. Die Zeitungskritiken oder Berichte find auch so, wie über keinen andren Künstler, Deiner würdig, das Höchste gesagt, ohne Phrasen und Überschwänglichkeit; ich möchte, daß in der weiten Welt Alle, die Theil an Dir nehmen, sie lesen möchten; die eine, erste glaube ich (Lange) aus Boston, dann aus New York. Mimi von Glehn, der ich sie zu lesen gab, rief bei der Schilderung Deines Auftretens aus: „Sieht man ihn nicht vor fich stehen?"

Ich fürchte mich etwas vor dem far West, wo es schwerlich so viel Comfort wie in Boston und New York geben wird. Wie Schade, daß Du nicht eine Art Journal (d. h. wenigstens Notizen) führen kannst. Daß Du keine Ruh auch bei Nacht hast, so übermäßig Mäßigkeit (treibst), freilich in materieller Hinsicht, dagegen leider geistig gewiß in jeder Weise die nöthige Diät verjäumst, bekümmert mich.

Hastings, 8. Januar 1876. Mein lieber Herzens Sohn! Du hast nun hoffentlich meine drei Brieje nach Amerika erhalten; heute, an Deinem Geburtstage schreibe ich Dir den vierten. Ich freue mich, in den mir gesendeten Kritifen, mit Rubinstein-Vergleichen (wenn ich auch nicht Alles darin unterschreibe), doch immer meine Ansicht, d. h. Überzeugung Deines größten eigentlichen Talentes zu finden, welches eben nicht die Virtuosität, jo eminent dieje auch ist, sondern vielmehr das ist, einem ganzen Orchester, lebendigen Instrumenten, Deinen Geist einzuhauchen und so ein Kunstwerk in höchster Auffassung darzustellen.


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hast und das, wie alle Erfahrenen constatiren, durch vieles Eisenbahnfahren sehr erschüttert und angestrengt wird. Und nun eine andere Warnungsregel: Benüße das sehr schätbare Factotum, aber vertraue nie zu viel, denke an den Gentleman, vor dem zu warnen ich voriges Jahr aus Furcht Dich zu agaciren leider unterließ; und dann: Du wirst nie eigennüßig kleinlich oder Derartiges sein können -- aber sei nicht zu großmüthig und edel, wie es in Deiner Natur liegt, sondern thue Dir selbst Einhalt darin und laß Dich nicht mißbrauchen.

Manches, was ich sonst noch mitzutheilen hätte, verspare ich auf spätere Briefe, vielleicht nach Washington, wo sich Ulysses vor den Circen in Acht zu nehmen hat.

A propos von Romanen: daß man mehrere auf einmal liest, begreife ich, ohne es zu loben; das Schreiben in Briefen schwerer. Indeß die Gegenwart bedarf vielleicht der Episoden. Mein Verständniß schlägst Du wohl zu hoch an. Du gibst mir eine Art von Rebus, den ich dem Kamin opfere ohne Anderes als dunkle Ahnungen. Meine Vorliebe für Rußland und dessen Bewohner kennst Du. Genug davon für heute.

London, 4. März 1876. Wie soll ich Dir danken für die lieben Beweise Deines treuen Andenkens, mit denen Du meine Einjamkeit belebst, meine Sorgen beruhigst und mich Theil an Deinem Leben in diesem fernen Welttheil nehmen läßt! – -- Du kannst Dir denken, wie sehr ich Deine Thätigkeit bewundere, wie Du die flüchtigen Augenblicke der Ruthe noch mit Briefschreiben, was Dir geistig und handlich nicht angenehm ist, ausfüllst und nicht Touristenbriefe, Beschreibungen von Land und Leuten verlange. Ich frage also nicht: ob die Niagarafälle Deinen Erwartungen entsprechen oder sie wie manchem Andern nicht erfüllen; oder ob Du sie transcendental lovely, wie sie eine geistvolle Engländerin nannte, gefunden; ich strebe aber nach einem Buche, das mich alles das lesen läßt, was Du gesehe und wovon Du im Fluge Notiz genommen hast. – – Die Baronin und der Herzog von Meiningen würden very very happy fein, Dich dort zu halten; we consider him one of the few real friends, and we feel true friendship for him, quite apart from his art« und würden Alles thun. Mehr hierüber ist nicht an der Zeit, bevor Du etwas Amerika-müde geworden bist.


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Der heutige Sonntag gleicht auf ein Haar einem europäischen Muster-Hundstage. In den Zimmern wie draußen zum Ersticken. Mir zerfließen vollständig die Gedanken vor jedem Eintauchen der Feder muß ich mir den Schweiß von der Stirne wischen.

Ich denke wieder mit einem Schiffe der Cunardlinie, also über Liverpool zurückzukehren lediglich Deinet wegen, d. h. auch meinetwegen, insofern es mir ein Bedürfniß ist, Dich zu sehen. Ach leider wirst Du wenig Freude an meinem Anblick haben ich bin beinahe kahlföpfig geworden und an den einzelnen Dasen recht grau gefärbt! Es war aber auch eine Art Galeerenarbeit ich hätte dem dreimal kräftigeren Rubinstein Glauben schenken sollen, als er mich vor drei Jahren gewissermaaßen warnte. Nun freilich, der hatte 208 Concerte zu geben gehabt, wo ich es nur bis auf 139 gebracht - es war aber weniger anstrengend, insofern er einen Violinspieler und zwei Sängerinnen bei sich hatte, die den Abend ausfüllen halfen, andererseits auch jechs Wochen mit dem Thomas'schent Orchester reiste, das die Hälfte der Arbeit verrichtete. Mit mir hat man's öfonomischer eingerichtet - 0. h. mich reichlicher ausgebeutet.

Montag.

Ich konnte gestern nicht weiterschreibent. Störungen auf Störungen -- die es absolut unmöglich wäre, sich vom Leibe zu halten, es sei denn mittelst einer ebenso zahlreichen als intelligenten und devoten Dienerschaft.

Heute früh habe ich eine Ohnmacht nach dem Frühstück gehabt – infolge der ungemeinen Schwüle. Jeßt, zwei Stunden später, geht es wiederum etwas besser.


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entnehmen, wie mir zu Muthe. Möglich, daß die Passage

Jedermann meint, Juni sei die charmanteste Saison hierfür mir heilsamer anschlägt als alle möglichen Doktoren und Apotheker.

Zur Wahl des französischen Schiffes St. Laurent am nächsten Sonnabend hat mich vorzüglich der Umstand mit bestimmt daß Mr. Wertheimber und Frau gleichfalls nach Europa (Paris) dampfen und ich somit Gejellschaft, nöthigenfalls persönliche Sorgfalt finden kann. Ich leide an fortwährendem Schwindel, der eine gewisse Beaufsichtigung wünschenswerth macht. Sonntag, 28. Mai

Ich kann den Moment der Abreise nicht erwarten. Möchte ich Dich in leidlicher Gesundheit antreffen und wir beide irgenwo dann ein Asyl finden. Ich kann nicht mehr „in der Luft“ leben. Ärztlicher Rath --- Kur, wenn sich's noch der Mühe verlohnt - sonst Spital. Lebe wohl!

234. Un die Baronin D.

[Poststempel, 31. Mai 1876.] Mille, mille remerciments, Madame, de Votre angélique bonté, dont j'ai été le plus profondément touché. Supposons même qu'après quelques semaines le souvenir de mon triste personnage se soit évanoui dans Votre esprit

Votre promesse de vouloir me donner de Vos nouvelles mérite ma plus vive reconnaissance.

Ah, si je pouvais avoir le bonheur de vous rencontrer en Europe bientôt! Si je pouvais renaître un peu à la vie, pour pouvoir ambitionner ce bonheur! J'étouffe ici littéralement — je ne puis attendre l'heure du départ vu qu'on me tourmente de toutes parts sans la moindre charité. Comme vous avez raison, chère amie, de détester ce pays et ses habitants!


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235. Un frau Louise von Welz. Kurhaus Godesberg bei Bonn, 1. Juli 1876.

Verehrteste Freundin,

Mir ich möchte lieber schweigen fährt es fort sehr schlecht zu ergehen. Ich war so entseßlich schwach, daß meine Schwester mich von London hierher zu begleiten für nöthig befand. Ich gebrauche unter Leitung eines mir in London sehr empfohlenen Arztes (Prof. Finklenburg) eine überaus gelinde Wasserkur von der ich mir aber vor mindestens einem Monate noch gar keine Besserung versprechen darf. Sie haben keine Vorstellung von der totalen Nervenzerrüttung, der ich verfallen bin.

Ich vermag nur im Freien zu fißen, bin fast unfähig zu gehen, zu sprechen, zu lesen, zu denken. „Wie man's treibt, so geht's.“ Ich büße schlimm für die vergangenen Vagabundenjahre.

Während des Bayreuth-Monats, wegen dessen ich vor Allem in Amerika bleiben wollte Sie begreifen das wohl – werde ich vielleicht im Stande sein, nach der Schweiz zu gehen, dort irgendwo eine Luftkur zu gebrauchen.

Pläne für die Zukunft zu fassen bin ich zu kopfschwach

ich weiß absolut nicht, was ich später beginnen werde, falls mir eine Halbwegs-Herstellung der Gesundheit noch in Aussicht steht. Entre nous, ich zweifle an einer solchen;


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war eben meiner Sinne nicht mehr mächtig, und man hat mich drüben gewissermaaßen systematisch ruinirt. Wüster Traum, noch wüsteres Wachen! Es ist sehr unrecht von mir, mich Ihnen, Ihrer treuen, edlen Freundschaft gegenüber in solchem Tone zu erpektoriren – ich verwunde Sie vielleicht ebenso sehr dadurch wie mich selbst verzeihen Sie mir.

Mit den herzlichsten Wünschen für Sie und die Ihrigen an wem nehme ich sonst noch zur Zeit einen Antheil?) in dankbarlich ergebener Verehrung

Ihr ganz troslojer Freund. Bitte, von diesen Zeilen den Jhrigen keine Mittheilung zu machen ,,verlieren" Sie den Brief, d. h. vernichten Sie ihn aus Versehen".

238. An Hans von Bronsart.

Godesberg, 16. August 1876. Verehrter Freund, Dein Anerbieten, mich hier in meinem unfreiwilligen Eril zu besuchen, hat vielleicht eine providentielle Bedeu

zu weilen, das zu besuchen gewissermaaßen ebenso absurd für mich war, als es nicht zu besuchen. – – Wäre nur erst dieser Monat vorüber! Er bietet ein martervolles Pendant zum Augustmonate des Jahres 1869 für mich! Gehst Du nach Bayreuth? Falls nicht, so erlaube mir, Dir einen Vorschlag zu machen, dessen Annahme mir möglicherweise eine — moralische Rettung bringen würde. Darf ich Dich einladen, mit mir nach Antwerpen zum ersten vlämischen Musikfeste 13., 14., 15. I. M. zu gehen? Ich brauche eine Diversion. Ich kann's absolut nicht mehr ertragen in dieser Einsanıkeit.“ Un Raff 6. 8. 76.

„Gottlob, daß Bayreuth nun bald vorüber. Sannst Du Dir denken, daß ich schlaflose Nächte und halbwache Tage über dem Gedanken daran verlebt, und findest Du, daß es zu entschuldigen ist? Ach – wenn man dod, mit der Vergangenheit brechen könnte es scheint aber unmöglich.“ An Raff 27. 8. 76.


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mittag zum Besuche kommen wird. Ich bange mich begreiflicherweise etwas vor diesem Wiedersehen – da meine nervöse Irritabilität in Godesberg nichts weniger als vermindert worden ist. Doch – es ist diese Begegnung uns vermeidlich seine unverdiente Anhänglichkeit an mich, dem zuliebe er diesen großen Umweg nach Rom wählt – habe ich nur mit dankbarer Bewunderung anzuerkennen. Er würde mich übrigens auch in Godesberg besucht haben - wo dieser Besuch für beide Theile weit weniger behaglich hätte ausfallen dürfen.

Wenn es Dich interessirt, werde ich Dir über unser Wiedersehen später einige Zeilen berichten.

Ich schreibe heute nur ganz flüchtig - es strengt nicht blos meinen Kopf sehr an, sondern auch meine rechte Hand, die feit der fühlen Witterung von einem inneren Frostgefühl gelähmt ist

Werde ich auch hier Mancherlei in den Kauf zu nehmen, zu überwinden haben, so ist der Ortswechsel, wie mir scheint, sehr zeitgemäß gewesen.

An Herrn v. Bronsart's treuer Freundschaft habe ich einen Schutz für etwaige Unfälle; das Klima soll nervenstärkend sein, in die ärztliche Behandlung kann ich aufrichtiges Zutrauen setzen. Also vielleicht ist tout pour le moins mal.

241. Hannover, Marienst. 8, 18. Oktober 1876.

Dr. Schaper nimmt die Sache ernst und gründlich il attaque le taureau par les cornes.

Auf meine neuliche Interpellation, wann ich eigentlich auf eine wirkliche Herstellung rechnen dürfe, erwiderte er, daß vor nächstem Frühjahr ein befriedigenderer Zustand, eine Rückkehr zu intellektuellthätigem Leben nicht zu erhoffen sei.


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palazzo Röhrs [Br.'s Wohnung) bezieht, wie Du Dir denken fannst. Ich habe mich übrigens drei Tage nach der Reise in einem so abscheulichen torpor, nur durch schmerzhaftes gichtisches Gliederreißen belebt, befunden, daß ich nur geringen Muth verspüre, mich bald – und gar von französischen Locomotiven - auspfeifen zu lassen. Ein merkwürdiges Fatum hat es herbeigeführt, daß ich heute mit drei Ärzten habe conferiren müssen der eine, meines Wirthes Hausarzt, hat es sich nicht nehmen lassen, mich homöopathisch zu traktiren, den dritten habe ich auf Professor W.'s Anrathen consultiren müssen und als postillon d'amour de la science zwischen beiden dilettirend, bin ich von dem Humor der Sache dermaaßen überwältigt worden, daß ich beim Heimweg die Vorübergehenden durch einen Lachanfall in Verwunderung gesegt habe. Zur Stunde habe ich mich noch nicht davon erholt.

Ich bezähme meine Neugier, nach dem Verlaufe hoffentlich omen in nomine – der Faustproben zu fragen,

, sehnlich hoffend, mündlich von Dir befriedigende Kunde davon zu hören. Da ich erfahre, daß in Bayreuth dieses Jahr bestimmt nicht tetralogisirt wird so wird Deine ästhetische That 1 das unbestrittene Primat in der Kunstgeschichte von 1877 haben. Q. D. b. v.

245. (Hannover] Donnerstag Abend, 22. März 1877.

Da Du mich so sehr verwöhnt hast, so empfinde ich es nicht blos sehr hart, sondern es erscheint mir befremdlich, Dich während dreier Tage, an denen Du allerdings mehr

1 Eine vollständige, an vier Abenden stattfindende Aufführung beider Theile des Faust.


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Von den minimum 25 Soolbädern habe ich Dank dem unwandelbar kachektischen Wetter, das das Paradies Ber schon mehr zu einem purgatorium nach der anderen Seite zu (gibt's nicht ein solches? dann wäre allerdings constipatorium wohl ein adäquaterer Ausdruck) stempelt, erst 8 nehmen können. Invitis nubibus läßt sich nichts anfangen. „Des Lebens Pulse stocken dumpf holländisch .. am pfüßigen Abglanz haben wir das Leben.“ Mein Ariel da für einen infaustus, der sich als einen Theil jener Schwäche fühlt, die zuweilen das Gute will und dann erst recht das Böse schafft ?

Liszt die Sinfonie fantastique dirigirend das ist eine wundervolle Idee, Dir so ureigen! Bravo! Nun denfe Dir, was ich, geladen, aber nicht berufen, in der Ferne dabei empfinden muß, der ich dieses legendenhafte Werk nur einmal, und zwar ohne Finale, von Seyfri barbabionda in Kaninchenthal (Löwenberg) bedächtig herunterschwißen gesehen! Heu me miserum!

Da ich nun verhindert bin, dem Pescatore (Fischer] die Hand zu drücken, so bitte ich Dich ebenso inständig als aufrichtig (eine solch schlechte Meinung fannst Du kaum von mir haben, daß ich mit dieser Bitte Weiberkomödie spiele) des Fluchers Sang vom Programme zu streichen. Der alte Schinfen" (style Alois Schmitt in Schwerin — ich will damit nicht sagen le style c'est l'homme) ist bereits auf den Gille-Riedel'schen Musikfesten erhibirt und über ,,Verdienst“ gewürdigt worden. Abgesehen von meiner persönlichen Aversion ist die Rücksicht zu beachten, daß dieser falten Hochzeitspeise Aufwärmung unserem Meister eventuell als retrospektiver Nepotismus ausgelegt werden könnte. Ohne Überschäßung der


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Dich. In der Wahl zwischen einer gesunden Besoffenheit und einer franken Nüchternheit scheint mir der Componist des Herenfestes 1 abgesehen von localer Opportunität

der beste Ausweg. Du kennst ferner meinen leider gar zu vielfach bewährten Aberglauben, daß ich nicht blos selber Pech habe, sondern auch Anderen bringe und zwar gerade denen, welchen ich das Gegentheil gönne und wünsche und, es vermögend, fördern möchte. Ich glaube Dir früher schon einmal auf einer Eilenriedpromenade die Bedenken erörtert zu haben, die Du gegen meine Anstellung (und Anstelligkeit) in H. hegen müßtest, wobei ich Deinen Widerspruch nur auf Rechnung Deiner freundschaftlichsten Höflichkeit seßen fonnte. Glaube mir

everyone has his skeleton Du kannst Herner nicht loswerden, d. h. nicht umgehen. C'est écrit heißt's in der hübschen Romanze von Lassen's Captif.

Das Beste ist, sich gegen gewisse Schicksalssprüche oder Zukunftsdrohungen nicht zu stemmen ich habe das, wie Du weißt, von jetzt ab in meine Praris aufgenommen.

Ber hat sich schädlich bewährt

Prof. Lebert rieth mir dringend zu 6 Wochen Kreuznach, wo ein Jünger des Göttinger Meyer mich in die Kur nehmen soll. Ich werde mich dieser Kreuznachschickung jofort unterziehen – muß jedoch vorher — meine

Mutter nach Sydenham inter fiderer Obhut jenden.

Also in Kurzem je ne serai plus abbé. Dem Dr. Schaper wälze ich feierlich die größte Hälfte der Schuld auch an diesem infamen Kalauer z11. Ich will Dir gleich

1 Anspielung auf die Kapellmeister J. Bott, S. L. Fischer und den Chordirektor perner.


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252. An B. Ullman.

Kreuznach ce 6 juin 1877. Mon cher Mr. Ullman,

Voici ce que je me propose dans le cas que Kreuznach réparerait le mal que Bex m'a fait grâce au mauvais temps et au Diafoirus pire que j'y ai subi.

Faire > body and soul permitting« de Orchesterwellenbäder à Glasgow et environs (nur 10 meiliger Umkreis) du 1 novembre jusqu'à la mi-janvier. Comme » business« c'est ridicule - je ne gagnerai que

le remboursement de mes frais de séjour et de voyage

à peine; mais je crois aider à une bonne cuvre et peut-être me remettre à flot moralement. Supposons que je n'échoue point dans cette tentative de renais

je ne pourrais que risquer deux ou trois recitals (avec le même programme) par semaine. Belle affaire pour l'agent! À

quoi bon se figurer les choses moins ternes qu'elles ne (le) sont? J'ai été cruellement puni de n'avoir pas compté avec mes » forces«, d'avoir fait la grenouille de la fable m'apercevant à la fin à mon grand dommage d'avoir été »too thin« en voulant marcher de pair avec l'illustre triomphateur d'aujourd’bui en Angleterre. [A. Rubinstein.] Pousseriez Vous, cher ami, Votre mépris pour les artistes au point de me croire capable de me réjouir de ce que certain critique a eu la surdité et la cécité. ou la mauvaise foi et l'effronterie de déclarer: qu'il préférait mon pianotage à la virtuosité si éclatante de grandeur et


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253.

Kreuznach, ce 9 juin 1877. Vous m'avez fait rire de si bon coeur

qu'il m'est impossible de ne pas vous en remercier.

J'aimerais bien m'abonner à un journal que Vous rédigeriez seul. Vous êtes désopilant au suprême degré du reste je crois que peu de monde appréciera autant que moi le tour si original et si peu paradoxe de Votre esprit. Vous écrivez à la Heine, avec lequel Vous avez certes plus d'affinité qu'avec Hans Richter ou le prédécesseur de Mr. Williams.

Enfin il n'y a jamais dans Votre causerie de ce Altweiberthum qu'on rencontre aujourd'hui chez certains causeurs parisiens, comme le susdit beaupère de Mr. Jouvin, Figaro, lequel semble parfois vouloir racheter par la quantité du savon la qualité émérite de son rasoir. -

Oh Größenwahnsinn!1 N'importe je souhaite à l'artiste que j'admire les meilleures caresses des contemporains, d'autant plus que Mme la postérité sera une veuve d'Ephèse modèle à son égard.

Puissiez Vous avoir exagéré les résultats négatifs du Albert Hall (Wagnerconcerte]

Vous ne sauriez Vous imaginer combien cette nouvelle m'a fait de la peine, d'autant plus, que je m'y attendais dans mon pessimisme: mais je ne suis pessimiste que dans le seul but d'être parfois agréablement détrompé dans mes résignations. Je ne comprends point que le beau-père l'ait laissé s'embarquer dans cette galère. Ayez donc la génialité de dépêtrer le grand homme! Ce serait vraiment une tâche digne de Vous et qui devrait bien Vous tenter lorsque vous êtes en bonne santé. Faites quelque chose de grand pour la gloire posthume!