Kann ein 12 jähriges Kind entscheiden wo es leben möchte?

Nach Trennung der Eltern steht oft die Frage im Raum, wo die gemeinsamen Kinder leben sollen. Ist hier keine Einigung in Sicht, stellt sich die Frage, wer die Entscheidung für den Lebensmittelpunkt der Kinder treffen darf. Ist hier allein der Kinderwille entscheidend oder alleine der Elternwunsch?

Die familiengerichtliche Entscheidung

Am 16.10.2018 hat das OLG Frankfurt a. M. (Az. 1 UF 74/18) entschieden, dass eine Abänderung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht so leicht möglich ist, insbesondere dann nicht, wenn bereits eine gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren zur elterlichen Sorge getroffen wurde. In dem vorliegenden Urteil beantragte zunächst der Vater eine Betreuung der Kinder nach dem sog. Wechselmodell. Es wurde jedoch das Aufenthaltsbestimmungsrecht gerichtlich der Mutter zugesprochen. Das OLG Frankfurt entschied, dass triftige Gründe vorliegen müssen, um ein gerichtlich entschiedenes Aufenthaltsbestimmungsrecht zu ändern.

Die Rolle des Kindeswille

Im genannten Fall hatte das Familiengericht zunächst in einem Sachverständigengutachten den Willen der drei Kinder feststellen lassen. Die Kinder hatten zwar mehrfach geäußert, dass sie beim Vater leben wollen, diese Meinungsbildung sei jedoch gemäß Gutachterin nicht frei gebildet worden. Die Gutachterin erkannte, dass der Vater die Willensbildung der Kinder durch seine eigenen Bedürfnisse stark instrumentalisiert habe. So betonte er stets die Vorzüge des väterlichen Wohnortes, was jedoch vielmehr der Meinung des Vaters entsprach als einer objektiven Darstellung. Das Gericht stellte daher fest, dass nicht allein der Wille des Kindes entscheidend ist, da hier der Kinderwille nicht eigenständig und unabhängig von dem Vater gebildet werden konnte.

Stichwort: Kindeswohl

Für das Gericht ist bei der Entscheidung zur Änderung des gerichtlich entschiedenen Aufenthaltsbestimmungsrechts vielmehr das Kindeswohl entscheidend. Eine Abänderung ist daher nur in den Fällen möglich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass das Kindeswohl in dem Fall gefährdet ist, wenn keine Abänderung des stattfinden sollte. Im geschilderten Fall lagen jedoch keine triftigen Gründe vor, sodass die Mutter – wie bereits zuvor gerichtlich entschieden – weiterhin das Aufenthaltsbestimmungsrecht behalten durfte.

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In Trennungsfamilien kann sich die Frage stellen, wo das Kind oder die Kinder leben sollen: bei der Mutter oder beim Vater. Wenn sich Eltern nicht darüber einigen können, muss das Familiengericht den Aufenthalt manchmal festlegen. Dabei entscheiden die Familienrichter danach, was für das Kindeswohl am besten ist. 

Um dies festzustellen, sind mehrere Kriterien wichtig, unter anderem die Kontinuität des kindlichen Aufenthalts bei einem der Elternteile. Das hat das Oberlandesgericht Brandenburg in einem Beschluss vom 12. Mai 2015 klargestellt (AZ: 10 UF 3/15). Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über den zugrunde liegenden Fall.

Trennungs­fa­milien: Was geschieht, wenn das Kind beim Vater leben will?

Die Eltern des zwölfjährigen Jungen leben getrennt. Der Junge lebt bei seiner Mutter, seinem Bruder und dem Stiefvater. Den Vater sieht er alle 14 Tage an den Wochenenden. Die Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht.  Der Vater wollte, dass der Junge künftig bei ihm lebt. Diesen Wunsch äußerte auch der Junge gegenüber dem Verfahrensbeistand und vor Gericht. Als Motivation für den Wechselwunsch äußerte der Junge, dass er beim Vater „mehr Liebe“ bekäme und er einen kurzen Weg zur Schule habe.

Vater: Antrag auf Aufent­halts­be­stim­mungs­recht gestellt

Der Antrag des Vaters, den Aufenthalt des Jungen allein zu bestimmen, lehnte das Gericht ab. Der Wille des Kindes sei zwar bei einem solchen Gerichts­ver­fahren zu beachten, jedoch nicht das alleinige Kriterium. Tatsächlich verbrachte der Junge lediglich die Woche­n­end­freizeit bei seinem Vater. Auf die Frage des Gerichts, ob er sich darüber im Klaren sei, dass er seine Mutter dann noch nur noch alle 14 Tage sehe, zeigte er sich sichtlich gedämpft.

Kindeswohl: Wie wichtig ist es, dass ein Kind schon lange bei einem Elternteil lebt?

Der Junge würde sein gewohntes Umfeld verlassen, so das Gericht. Auch dies sei bei der Bestimmung des Kindeswohls zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichts sprach hier viel dafür, auf Kontinuität zu setzen. Allerdings schlug das Gericht auch vor, dass der Junge künftig an den Betreuungswochenenden von Donnerstag bis Dienstag früh beim Vater wohnen solle. Dann könnten beide auch gemeinsamen Alltag erleben. Da die Eltern ein angespanntes Verhältnis hatten, schlug das Gericht vor, eine neue Umgangsregelung durch Vermittlung des Jugendamtes zu finden.

Vater wie Mutter haben ein Recht und auch die Pflicht, einen regelmäßigen Umgang mit den eigenen Kindern zu pflegen. So legt es das Familienrecht in § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) fest. Ebenso hat ein Kind ein Recht auf den Kontakt mit seinen Eltern – doch die Pflicht dazu entfällt. Einige Kinder verweigern den Kontakt zu einem ihrer Elternteile gar. Wie wichtig ist im Umgangsrecht der Kindeswille?

Literatur zum Thema Umgangsrecht

  • Der Kindeswille sollte in der Frage des Umgangsrechts beachtet werden.
  • Über dem Kindeswillen steht jedoch immer das Kindeswohl.
  • Je älter das Kind, desto mehr Mitspracherecht gewährt das Familienrecht.

Ausführliche Informationen zur Gewichtung vom Kindeswillen im Umgangsrecht erhalten Sie im Folgenden.

Umgangsrecht vs. Kindeswille: Wenn das Kind nicht will

Was ist das Umgangsrecht?

Kann ein 12 jähriges Kind entscheiden wo es leben möchte?
Wie wichtig ist im Umgangsrecht der Kindeswille?

Das Recht auf Umgang beschreibt im Familienrecht den Anspruch von Eltern und Kindern, miteinander einen regelmäßigen Kontakt zu pflegen und beispielsweise bei Besuchen Zeit miteinander zu verbringen.

Ziel ist immer der Aufbau einer eigenständigen, vom anderen Elternteil unabhängigen Beziehung. Im Vordergrund steht jedoch das Kindeswohl – nur wenn dieses konkret gefährdet ist, kann der Kontakt durch ein Familiengericht zeitweise oder auf Dauer ausgesetzt werden.

Doch wie verhält es sich, wenn das Umgangsrecht gegen den Kindeswillen durchgesetzt werden müsste?

Ist im Umgangsrecht der Kindeswille entscheidend?

Manchmal ist eine Trennung mit Kindern im Umgangsrecht kompliziert: Das Kind will nicht zum Vater/zur Mutter. Das kann viele Gründe haben, aber nicht immer ist dadurch auch eine Aussetzung des Umgangs gerechtfertigt.

Denn es spielen eine ganze Reihe Faktoren für die Beurteilung des Umfangs des Kontaktes zwischen Kind und Vater/Mutter eine Rolle:

  • Welches Alter hat das Kind?
  • Welchen Entwicklungsstand hat das Kind?
  • Wie ist der Gesundheitszustand des Kindes?
  • Wie vertraut ist das Kind mit dem umgangsberechtigten Elternteil?

Ob im Familienrecht beim Umgangsrecht der Kindeswille eine maßgebliche Bedeutung hat, kann deshalb nicht pauschal beantwortet werden. Kommt es zum Rechtsstreit, entscheiden Gerichte daher immer nach Betrachtung des gesamten Einzelfalls. Möglich ist aber auch schon im jungen Alter eine Anhörung. Das Kind hat beim Umgangsrecht vor allem ein Mitspracherecht, wenn es bereits älter ist.

Spielt für das Umgangsrecht neben dem Kindeswille auch das Alter des Kindes eine Rolle?

Kann ein 12 jähriges Kind entscheiden wo es leben möchte?
Im Umgangsrecht spielt der Kindeswille besonders dann eine Rolle, wenn das Kind ein gewisses Alter erreicht hat.

Grundsätzlich gilt: Je älter das Kind, desto größeres Gewicht haben seine Wünsche. Im Umgangsrecht spielt der Kindeswille daher durchaus eine Rolle.

Äußert das Kind also wiederholt und entschieden seine Ablehnung, den Umgang mit Vater oder Mutter fortzusetzen, so muss das Gericht dem Gehör schenken und prüfen, inwieweit die Ablehnung gerechtfertigt ist (Bundesverfassungsgericht 25.04.2015, 1 BvR 3326/14).

Umgangsrecht: Das Kind entscheidet?

Das bedeutet jedoch nicht, dass im Umgangsrecht der Kindeswille immer ausschlaggebend ist. Stellt das Gericht beispielsweise eine Beeinflussung des Kindes durch Dritte (etwa durch die Mutter/den Vater) fest, kann der Kontakt laut Familienrecht auch gegen den ausdrücklichen Willen des Kindes durchgesetzt werden.

Denn der Kindeswille entspricht nicht immer dem Kindeswohl. Andererseits kann eine tiefgehende Beeinflussung durch eine Hauptbezugsperson dazu führen, dass das Kind den Umgang grundlegend negativ erlebt oder die Beziehung zu dieser Hauptbezugsperson gefährdet wäre. Dann wiederum würde der Umgang dem Kindeswohl eher schaden als nützen. Zur Beurteilung ist normalerweise ein kinderpsychologisches Gutachten nötig.

Ab wann kann ein Kind den Umgang selbst bestimmen?

Kann ein 12 jähriges Kind entscheiden wo es leben möchte?
Eine Anhörung beim jüngeren Kind ist im Umgangsrecht möglich.

Grundsätzlich ist im Umgangsrecht der Kindeswille zu beachten. Eine Grenze, die im Umgangsrecht die Frage „Ab wann darf ein Kind selbst darüber bestimmen?“ beantwortet, existiert jedoch nicht. Hier muss immer eine Einzelfallentscheidung getroffen werden.

Allgemein gehen Gerichte im Familienrecht ab einem Alter des Kindes von etwa 12 Jahren davon aus, dass der Kindeswille beachtlich ist und auch dementsprechend Gewicht haben sollte.

Umgangsausschluss wegen Kindeswillen

Meist entscheiden Familiengerichte nur dann, den Umgang zwischen Eltern und Kind völlig zu unterbinden, wenn das Kindeswohl konkret in Gefahr ist. Das ist beispielsweise oft bei Kindesmissbrauch der Fall.

In der Regel wird jedoch alles unternommen, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. Das kann auch eine Begleitung des Umgangs durch eine Hilfsperson wie einen Umgangspfleger beinhalten. Ebenso kann das Gericht die Art und Weise näher regeln und so etwa bestimmen, dass Kind und Vater oder Mutter sich auf neutralem Boden begegnen oder in der ersten Zeit nur wenige Stunden miteinander verbringen. Denn im Umgangsrecht kann der Kindeswille sich auch ändern.

Weiterführende Literatur zum Thema

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl verschiedener Bücher zum Thema Umgangsrecht:

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Umgangsrecht: Findet der Kindeswille Beachtung?

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Kann ein 12 jähriges Kind entscheiden wo es leben möchte?
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