Ab wann darf man die pille nehmen ohne eltern

Kaum ein Thema ist wohl spannender in der Pubertät als Sex. Das erste Mal Geschlechtsverkehr ist aufregend, geht aber auch oft mit hohen Erwartungen und Ängsten einher. Jede junge Frau und jeder junge Mann muss sich mit vielen Fragen auseinandersetzen, bevor es überhaupt los gehen kann. Sicher hast du auch einige Fragen, wie zum Beispiel:

In welchem Alter darf man mit wem Sex haben und was gilt als sexueller Missbrauch? Müssen Kinder die Eltern um Erlaubnis fragen, wenn sie mit der Pille oder anderen Methoden eine Schwangerschaft verhüten wollen? Welche Verhütungsmethoden gibt es überhaupt? Und gibt es ein Mindestalter für gewisse Methoden? Müssen Jugendliche, um Kondome zu kaufen ein gewisses Alter haben?

Die Gesetze zu sexuellen Handlungen und zur Verhütung sind nicht immer einfach zu durchschauen. Wir haben für dich das Wichtigste gesammelt und erklärt.

Sexueller Kontakt mit Kindern unter 14 ist strafbar

Wenn einer von euch beiden unter 14 ist, dann lasst euch lieber erst mal noch etwas Zeit mit dem Geschlechtsverkehr. Selbst wenn ihr beide soweit seid und Lust darauf habt – der Ältere macht sich mit den sexuellen Handlungen strafbar. Und zwar auch dann, wenn er nur ein kleines bisschen älter, also beispielsweise gerade 14 geworden ist. Wenn ihr Gefühle füreinander habt, verliebt und glücklich seid, mag euch diese Regel erst mal albern vorkommen. Sie hat aber einen wichtigen Hintergrund: Bis zu deinem 14. Geburtstag bist du nach deutschem Recht ein Kind. Und dieses Gesetz dient der Sicherheit von Kindern, um Mädchen und Jungen vor sexuellem Missbrauch zu schützen.

Was viele Jugendliche normal nicht wissen: diese Regel bezieht sich nicht nur auf Sex. Auch wer sich vor einem unter 14-jährigen Kind selbst befriedigt, ihm Pornos zeigt oder weitere sexuelle Handlungen, wie Petting, durchführt, bricht das Gesetz und geht das Risiko ein, dafür bestraft zu werden.

Ab wann darf man die pille nehmen ohne eltern

»Ob Junge oder Mädchen ist völlig egal – strafbar macht sich immer der oder die Ältere.«

Ab welchem Alter ist Sex erlaubt?

Sobald ihr 14 seid, kannst du deiner großen Liebe sexuell ruhig etwas näher kommen. Dann braucht ihr keine Angst vor rechtlichen Konsequenzen zu haben, vorausgesetzt natürlich, ihr beide wollt das auch! Nicht nur beim ersten Mal gibt es neben den Methoden zur Verhütung auch ein paar andere Dinge, die Jugendliche bedenken sollten.

Wenn ein Jugendlicher unter 16 und der andere über 21 Jahre alt ist, kann sich der Ältere eventuell strafbar machen. Zum Beispiel dann, wenn die jüngere Person noch sehr unerfahren ist und deshalb nicht einschätzen kann, ob sie etwas möchte oder nicht. Rechtlich heißt das dann „fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung“. Wenn die ältere Person das ausnutzt, gilt das als Missbrauch und ist strafbar.

Unter bestimmten Voraussetzungen gilt auch Sex mit sogenannten schutzbefohlenen Mädchen oder Jungen als Missbrauch. Solange du unter 18 bist, bist du für Menschen, die dir etwas zu sagen haben oder die für dich verantwortlich sind, eine „schutzbefohlene Person“. Das kann zum Beispiel deine Lehrerin, dein Chef oder der Teamleiter im Feriencamp sein. Hier ist Vorsicht geboten, denn wenn raus kommt, dass eine erwachsene Bezugsperson mit dir schläft und dabei ihre Stellung oder das besondere Abhängigkeitsverhältnis ausnutzt, macht sie sich strafbar. Nicht nur bei sexuellen Übergriffen, sondern auch dann, wenn du selbst den Geschlechtsverkehr wolltest.

Im Ausland gelten andere Regeln

Die Altersgrenzen bei jungen Frauen und Männern sind nicht überall gleich. Wenn du im Ausland im Urlaub bist, musst du das beachten. So liegt die Grenze beispielsweise in Spanien nicht bei 14, sondern bei 16 Jahren. Wenn du mit dem Gedanken einer sexuellen Beziehung im Ausland spielst, solltest du daher über das jeweilige Schutzalter Bescheid wissen. Also frag deinen Urlaubsflirt am besten erst mal nach dem Alter und pass auf, welche sexuellen Handlungen dort erlaubt oder verboten sind.

»Wenn du schwul oder lesbisch bist, informiere dich unbedingt vorher über die Gesetze im Urlaubsland. Homosexueller Kontakt ist leider immer noch in vielen Ländern verboten und kann zu schweren Strafen führen.«

Deine Eltern können dir Sex nicht verbieten

Ab wann darf man die pille nehmen ohne eltern

Wenn die Grundvoraussetzungen erfüllt sind – du bist mindestens 14 Jahre alt und giltst deinem Freund oder deiner Freundin gegenüber nicht als schutzbefohlen – dann können deine Eltern dir sexuelle Erfahrungen nicht verbieten. Das Thema ist ganz allein deine Angelegenheit. Sie können aber verbieten, dass ihr gemeinsam bei euch zu Hause schlaft. Und das sogar, wenn du über 18 Jahre alt bist. Denn deine Eltern haben hier das Hausrecht. Das bedeutet, sie bestimmen, wer sich wann und wie lange bei euch zu Hause aufhalten darf.

Wie ist das Mindestalter für Kondome?

Ab wann darf man die pille nehmen ohne eltern
Foto: Chaloemphon Wanitcharoentham/EyeEm/Getty Images

Kondome kaufen darfst du als Kind grundsätzlich immer – egal, wie alt du bist. Was super ist, denn außer Verhütung bieten die Gummis ja auch noch Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Und selbst wenn du mit deinem ersten Mal noch warten möchtest – es kann ja nicht schaden, sich schon als Jugendlicher über Verhütungsmethoden zu informieren.

Pille verschreiben lassen? Das geht auch ohne Mama!

Wenn du über 14 bist und dir für dein erstes Mal die Pille oder ein anderes Verhütungsmittel verschreiben lassen möchtest, dann kannst du allein zum Arzt gehen. Der Arzt oder die Ärztin beurteilt erst mal, ob du geistig schon soweit bist, eine solche Entscheidung zur Verhütung allein zu treffen. Wenn das so ist und auch gesundheitlich nichts dagegen spricht, kannst du die Pille oder ein anderes Verhütungsmittel als Mädchen ohne Erlaubnis deiner Eltern bekommen.

Wenn du über 14 bist und dir die Pille oder ein anderes Verhütungsmittel verschreiben lassen möchtest, dann kannst du allein zum Arzt gehen. Der Arzt oder die Ärztin beurteilt, ob du geistig schon soweit bist, eine solche Entscheidung allein zu treffen. Wenn das so ist und auch gesundheitlich nichts dagegen spricht, kannst du die Pille ohne Erlaubnis deiner Eltern bekommen.

Pille, Spirale, Kondome und Co. – für die Verhütung gibt es verschiedene Methoden

Neben Kondomen oder der Pille als hormonelle Verhütungsmittel gibt es auch noch weitere Verhütungsmethoden, deren Anwendung eine Schwangerschaft verhindern kann. Beispielsweise Spiralen, Kupferketten oder natürliche, nicht hormonelle Verhütungsmethoden. Beim Arzt bekommst du erst mal eine gesundheitliche Aufklärung. Er berät dich dabei rund um das Thema Verhütung, das erste Mal, Schwangerschaft und welches Verhütungsmittel für dich die beste Methode ist. Aber selbst in dem Fall, dass der Arzt dir das Verhütungsmittel nicht verschreiben möchte – du brauchst keine Angst zu haben, dass deine Eltern davon erfahren. Denn der Arzt muss sich an die Schweigepflicht halten, auch wenn du minderjährig bist. Mehr dazu findest du unter Patientenrechte.

Wenn du gesetzlich versichert bist, musst du dir übrigens um die Kosten der Pille keine Sorgen machen – bis zu deinem 18. Geburtstag übernimmt erst mal die Krankenversicherung die Kosten bei Mädchen. In Einzelfällen kann das auch bei anderen Verhütungsmitteln wie der Spirale gelten, hierzu kann dich deine Arztpraxis beraten.

Aber was ist mit der Einwilligung? Jeder Heileingriff – auch die Verordnung hormoneller Kontrazeptiva – erfüllt zunächst den Tatbestand einer Körperverletzung, erinnert die Juris­tin. Der Arzt benötigt also eine wirksame Einwilligung in den Eingriff. Ausschlaggebend ist dabei die individuelle „geistige und sittliche Reife“, die ein Verständnis der Tragweite der Behandlung voraussetzt. Diese Reife muss der Arzt in jedem Einzelfall neu prüfen; Leitlinien, die alleine auf das Alter von Patienten abheben, bieten da nur grobe Anhaltspunkte. Im beschriebenen Fall kann der Arzt z.B. aufgrund der mangelnden Urteilsfähigkeit seiner 16-jährigen Patientin nicht davon ausgehen, dass sie einwilligungsfähig ist. Er sollte von der Verschreibung absehen.

Auch eine 13-Jährige kann schon einwilligungsfähig sein

Ein anderer Fall: Eine 13-Jährige hat eine feste Beziehung mit einem vier Jahre älteren Jungen, es kam bereits zu einvernehmlichen Sex. Mit Einwilligung der Eltern erscheint das Mädchen allein beim Arzt, um sich die Pille verschreiben zu lassen. Schon vorab hat es sich über verschiedene Verhütungsmethoden informiert und kann dem Arzt im Aufklärungsgespräch klar darlegen, warum sie glaubt, dass die hormonelle Kontrazeption für sie die sinnvollste Methode ist. Für den Kollegen steht fest, dass sie Vor- und Nachteile der Einnahme verstanden hat. Aufgrund der geistigen und charakterlichen Reife kann er daher von ihrer Einwilligungsfähigkeit ausgehen. In ihrem Fall ist das Einverständnis des gesetzlichen Vertreters zum ärztlichen Heileingriff weder erforderlich noch wäre es ausreichend.

Kann sich der Verschreibende mitschuldig machen?

Allerdings konfrontiert die junge Patientin den Arzt mit einem anderen Problem: Grundsätzlich sind sexuelle Handlungen an unter 14-Jährigen strafbar – macht er sich also mitschuldig, wenn er ihr die Pille verschreibt? Eine eindeutige Rechtslage sieht Dr. Netzer-Nawrocki nicht gegeben. Rein juristisch wäre es möglich, das Verordnen der Pille als eine „Förderung“ oder „Unterstützung der Tat“ auszulegen. Damit wären die Umstände strafbaren Handelns gegeben, so die Expertin. Es wird aber auch der Standpunkt vertreten, dass die Kontrazeptivaverordnung dazu dienen kann, körperlichen oder seelischen Schaden von der Patientin abzuwenden, etwa durch eine unerwünschte Schwangerschaft oder einen Schwangerschaftsabbruch.

Bleibt die Frage: Darf der Hausarzt das Verschreiben der Pille aufgrund seiner Ausbildung überhaupt vornehmen? Nach der Richtlinie zur Empfängnisregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses darf über Fragen der Empfängnisregelung nur beraten,

  • wer die vorgesehenen Leistungen aufgrund eigener Kenntnisse und Erfahrungen erbringen kann,
  • über die Befugnisse anhand des ärztlichen Berufsrechts verfügt,
  • die erforderlichen Einrichtungen hat.

Wer genau „befugt“ ist, richtet sich nach der Weiterbildungsordnung. Die hormonelle, chemische, mechanische oder operative Kontrazeption gehört auf jeden Fall nicht zur Weiterbildung eines jeden Arztes, warnt die Anwältin. Und spätestens bei der „erforderlichen Einrichtung“ dürften viele Praxen an ihre Grenzen stoßen. Sie haben selten die Mittel, um die notwendige umfassende gynäkologische Untersuchung vorzunehmen.

Entsprechend muss man Hausärzten also grundsätzlich empfehlen, Patientinnen nach etwaiger Sexualberatung in eine gynäkologische Praxis zu verweisen. Von dieser Empfehlung ausgenommen sind natürlich gynäkologisch spezialisierte Ärzte sowie begründete Einzelfälle.

Netzer-Nawrocki J. Kinder und Jugendarzt 2018; 49: 524–527