Wo leben biber in deutschland

Wildtiere in Deutschland

Mehr als 150 Jahre lang galt er hierzulande als ausgestorben. Jetzt erobert sich der Biber nach und nach seinen ursprünglichen Lebensraum zurück. Mit einer Körpergröße von bis zu 130 Zentimetern und bis zu 30 Kilogramm Gewicht ist er das größte europäische Nagetier.

Von Susanne Decker

  • Wasser ist sein Element
  • Helles Köpfchen
  • Starker Biss
  • Heilkräftiges Bibergeil

Der Biber ist hervorragend an das Leben im Wasser angepasst: torpedoförmige Körperform, Schwimmhäute an den Hinterfüßen, extrem dichtes und wasserabweisendes Fell, das mit einer speziellen "Putzkralle" immer gut durchgekämmt wird. Wie beim Nilpferd liegen Nase, Augen und Ohren hoch oben am Kopf auf einer Linie, sodass beim Schwimmen nur wenige Prozent vom Biber aus dem Wasser ragen.

Der beschuppte, abgeplattete Schwanz, der auch als Fettspeicher und zur Wärmeregulation dient, wird zum Steuern verwendet. Bisweilen auch – kräftig aufs Wasser geklatscht – als Warnsirene für Artgenossen. Im Extremfall hält es der Biber bis zu 20 Minuten unter Wasser aus.

Helles Köpfchen

Biber sind schlau. Sie gestalten ihren Lebensraum aktiv, bauen Burgen und Dämme, mit denen sie den Wasserstand regulieren, damit der Eingang zur Behausung immer unter Wasser bleibt. Für solche wasserbaulichen Ingenieursleistungen müssen sie man vorausschauend denken können, sozusagen "einen Plan haben".

Biber merken sofort, wenn mit dem Wasserstand etwas nicht mehr stimmt. Sie orten dann die schadhafte Stelle im Damm und dichten sie mit Schlamm und Pflanzenteilen ab. Für den Winter konstruiert der Biber aus Ästen und Zweigen Flöße für ihre Nahrung, die auch bei geschlossener Eisdecke unter Wasser vom Wohnbau aus erreicht werden können.

Biber regulieren den Wasserstand mit Dämmen | Bildquelle: WDR / dpa

Starker Biss

Baumstämme bis zum Umfallen benagen – eine typische Biberspezialität. Ein dünnes Stämmchen von zehn Zentimetern Durchmesser schafft der Biber in nur einer Nacht. Dickere Stämme bewältigt er in mehreren Etappen. Möglich ist diese Höchstleistung durch eine ausgeprägte Kiefermuskulatur und die charakteristischen, tief im Kiefer verankerten wurzellosen Schneidezähne, die ständig nachwachsen.

Die orangefarbene Vorderseite der Zähne besteht aus einer dünnen, extrem harten Schmelzschicht. Dahinter liegt eine breitere und weichere Schicht. Beim Nagen nutzen sich diese Schichten unterschiedlich schnell ab. Die Zähne schleifen sich dabei von selbst messerscharf.

Mit ihren starken Zähnen können Biber beträchtliche Schäden an Bäumen verursachen | Bildquelle: WDR/Mauritius/Kurt Madersbacher

Heilkräftiges Bibergeil

Bibermännchen und Biberweibchen markieren ihr Revier mit einem markanten Drüsensekret – dem Bibergeil. Es enthält Salicylsäure, eine Substanz, die schon seit Jahrhunderten für ihre fiebersenkende und schmerzstillende Wirkung bekannt ist. Heute ist sie – synthetisch hergestellt – in diversen Kopfschmerzpräparaten enthalten.

Das heilkräftige Bibergeil, das früher auch als Potenz steigerndes Mittel angepriesen wurde, war mit ein Grund, weshalb der Biber gnadenlos bejagt und beinahe vollständig ausgerottet wurde. In seiner natürlichen Form findet es heute noch Anwendung in der Homöopathie und in der Parfümherstellung.

Stand: 10.12.2020, 16:27 Uhr

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Der Europäische Biber (Castor fiber), auch Eurasischer Biber genannt, ist das größte Nagetier Europas. Er erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von 80 bis 102 cm und eine Schwanzlänge von bis zu 35 cm. Ausgewachsene Europäische Biber wiegen zwischen 23 und 30 kg. Wie alle Biber leben sie semiaquatisch und bewohnen Gewässer und deren Uferbereiche. Sie gestalten ihre Lebensräume aktiv und ernähren sich rein pflanzlich.

Ausgewachsene Europäische Biber wiegen zwischen 23 und 30 kg und weisen dann Kopf-Rumpf-Längen von 83 bis 102 cm sowie Schwanzlängen von 30 bis 35 cm auf. Entsprechend betragen die Gesamtlängen 113-137 cm. Der Körper ist plump und gedrungen und nimmt nach hinten im Umfang zu. Der Kopf ist kurz, breit und oben abgeflacht, sodass er direkt in die starke Nackenmuskulatur und den Rumpf übergeht. Die sehr weit oben angeordneten Augen und Ohren sowie die Nase sind auch bei untergetauchtem Körper über Wasser. Beim Tauchen schützt eine Nickhaut das Auge. Vorder- und Hinterbeine sind kurz. Die Vorderfüße sind zum Greifen ausgebildet und weisen fünf Finger auf. Die Hinterfüße sind groß und besitzen Schwimmhäute zwischen den Zehen, die zweite Hinterfußzehe besitzt eine Doppelkralle zum Striegeln des Fells. An der Oberseite ist das sehr dichte Fell grau- bis dunkelbraun oder schwarz, unterseits heller. Die Haardichte ist bauchseitig (ventral) mit 23.000 Haaren/cm² höher als am Rücken (dorsal) mit 12.000 Haaren/cm². Die Wollhaare halten beim Tauchen die Luft im Fell und schaffen somit eine wirksame Isolation. Die Grannenhaare, die zum Ende hin breiter werden, schützen die Wollhaare vor dem Eindringen von Wasser. Der Schwanz (auch Kelle genannt) ist flach, breit, unbehaart und mit Schuppen bedeckt. Er dient als Steuer, Antriebsorgan und Fettdepot. Zur Warnung von Artgenossen vor Feinden wird die Kelle hart auf die Wasseroberfläche geschlagen.

Der Europäische Biber hat (wie alle Nagetiere) vergrößerte und ständig wachsende Schneidezähne. Der Zahnschmelz besteht wie bei allen Landsäugetieren zum Großteil aus dem anorganischen Hydroxylapatit. Die Vorderseite der Zähne ist neben Calcium, Magnesium und anderer Ionenverbindungen zusätzlich mit Eisen und Eisenverbindungen verstärkt, weshalb die Zähne von vorne oftmals orange-rot gefärbt sind. Auf der Hinterseite der Zähne fehlen diese Eisenverbindungen, wodurch die Frontseite der Zähne viel härter ist und sich nicht so schnell abnutzt wie die Hinterseite der Zähne. Dies führt beim Nagen an Holz zu einem natürlichen Selbstschärfeeffekt, welchen man sich unter anderem in der Bionik beim Schreddern zunutze macht. Im Gegensatz zu den vier Nagezähnen wachsen die sechzehn Backenzähne des Bibers nicht das ganze Leben lang nach, sondern werden – wie beim Menschen – vom Milchgebiss zum bleibenden Gebiss gewechselt.

Die Geschlechter des Europäischen Bibers unterscheiden sich äußerlich kaum. Nur säugende Weibchen sind an den größeren Zitzen als solche zu erkennen; ansonsten muss die Kloake nach einem Penisknochen abgetastet werden. Auch Eurasische und Kanadische Biber sind äußerlich nur schwer zu unterscheiden.

Der Biber kann manchmal mit Nutrias verwechselt werden, welche ursprünglich nicht heimisch, mittlerweile aber an sehr vielen Gewässern angetroffen wird - häufiger als der Biber. Der Biber ist größer als die Nutria und hat den markannten abgeflachten Schwanz, Nutrias einen runden Schwanz.

In Deutschland leben inzwischen wieder über 30.000 Biber über alle Flächenbundesländern verteilt. Seine Reviere hat er sich teilweise durch Wanderbewegungen wieder erschlossen, teilweise wurde er aber auch durch gezielte Projekte neu angesiedelt.

Die dichtesten Verbreitungsgebiete liegen entlang der Elbe und ihrer Zuflüsse in den Bundesländern Sachsen-Anhalt (Kernvorkommen der autochthonen Elbebiber), Sachsen, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Vergleichsweise groß ist der bayrische Bestand, der auf Einbürgerungen von Europäischen Bibern gemischter Herkunft zurückgeht. Es wird von 20.000 Tieren in rund 5.500 Revieren ausgegangen. In Baden-Württemberg hat sich sein Bestand von 2008 bis 2016 von 1.000 auf 3.500 erhöht. Kleinere Bestände gibt es u. a. im Spessart, auch in Berlin ist der Biber inzwischen wieder heimisch.

Biber sind monogam, sie gehen eine lebenslange Einehe ein. Nur wenn einer der Partner stirbt, sucht der überlebende Biber sich einen neuen Partner. Sie leben in kleinen Familienverbänden, die aus den Eltern und ihren ein- und zweijährigen Jungtieren bestehen. Im Alter von zwei bis drei Jahren werden Biber geschlechtsreif und verlassen den Familienverband. Sofern die Kapazitäten des Lebensraums ausreichend sind, lassen sie sich in der unmittelbaren Nachbarschaft ihrer Eltern nieder. Sind alle potentiellen Reviere besetzt, kommt es häufig zu Beißereien, die Jungbiber versuchen dann auf dem Wasserweg neue Lebensräume zu erschließen. Die Paarung der Biber findet zwischen Januar und April unter Wasser statt. Nach einer Tragzeit von 105–109 Tagen kommen Ende April, Anfang Mai zwei bis drei, seltener auch bis zu sechs Jungen zur Welt. Diese sind voll behaart und können sehen (Nestflüchter). Die Biberjungen werden etwa zwei bis zweieinhalb Monate gesäugt. Sie beginnen bereits mit acht Tagen, Pflanzenkost aufzunehmen. Bis zu einem Alter von vier bis sechs Wochen bleiben die Jungen im Bau, danach machen sie erste Ausflüge in Begleitung der Eltern oder der älteren Geschwister. Sie können schon schwimmen, müssen das Tauchen aber erst noch lernen.

Biber sind reine Pflanzenfresser und nutzen die in ihrem Lebensraum häufigsten Pflanzenarten. In der Vegetationsperiode nehmen sie neben jungen Trieben und Blättern von Weichhölzern auch Gräser und krautige Pflanzen regelmäßig auf. Biber halten weder Winterschlaf noch Winterruhe, sondern sind auch im Winter im Wasser und an Land aktiv und auf Nahrungssuche. Im Winter besteht ihre Nahrung vor allem aus Weichhölzern. Das nachgewiesene Nahrungsspektrum umfasst 150 krautige Pflanzenarten und 63 Gehölzarten. Die Nahrung wird vor allem im Uferstreifen sowie am und im Gewässer gesucht. Vorzugsweise gefällt werden kleinere Bäume, die sich leicht aus dem Bestand herausziehen lassen. Überwiegend werden Bäume mit Stammdurchmessern von maximal 8 cm genutzt, häufig liegt er unter 3 cm. Gefällte Bäume werden entastet, in Stücke zerlegt und zum Biberbau gebracht. Dort werden sie oft als Bauholz oder Nahrungsvorrat (Nahrungsflöße) verwendet. Ein Großteil der Nahrung des Bibers besteht aus Pflanzenfasern, deren Hauptbestandteil Cellulose ist, welche Säugetiere nicht selbst im Darm abbauen können. Die hierzu fähigen symbiotischen Bakterien leben bei pflanzenfressenden Nagetieren wie dem Biber in vergrößerten Blinddärmen (Caecum). Der Blinddarminhalt aus teilweise aufgespaltener Cellulose, Bakterien-Proteinen, Vitaminen und Enzymen wird nach der Ausscheidung vom Biber sofort wieder aufgenommen (Caecotrophie). Die eigentliche Losung besteht aus unverdaulichen Holzresten.

Europäische Biber legen Baue in Böschungen von Gewässern an (Foto). Diese Baue besitzen stets unter der Wasseroberfläche liegende Eingänge und bestehen aus mehreren Röhren, die in einem über dem Wasser liegenden Wohnkessel münden. Die Baue haben eine Belüftungsröhre nach außen, sind sonst aber abgeschlossen, gut isoliert und trocken. Wenn Boden oder Decke zu dünn werden, wird weiteres Material (Äste, Steine, Schlamm) aufgeschichtet. Durch diese Bauweise entstehen die typischen „Biberburgen“, die oft von mehreren Generationen bewohnt werden. Seit langem bewohnte Burgen können Durchmesser von bis zu 12 m und Höhen bis zu 2 m erreichen. In den Bauen leben z. B. auch Bisamratten, Spitzmäuse oder Ringelnattern. Mit Hilfe von Dämmen staut der Biber Wasserläufe, um die Baueingänge unter Wasser zu halten. Der Anstau erlaubt ihm auch den leichteren Transport von Holz. Kleine Dämme werden aus Zweigen, Schilf und krautigen Pflanzen und Erde erbaut. Längere Dämme werden durch Stücke junger Bäume und Zweige, die mit feinerem Material vermischt werden, errichtet. Mit Hilfe der Dämme ist der Biber in der Lage, aktiv den Wasserstand in seinem Revier zu regulieren. In schon länger besetzten Biberrevieren stehen meist in der näheren Umgebung des Biberbaus keine Bäume mehr. Diese wurden im Laufe der Zeit gefällt und verarbeitet. Weiteres Holz kann der Biber nur auf dem Wasser transportieren. Deshalb gräbt er bis zu 500 m lange Kanäle (Wasserstraßen), auf denen er Baumstämme und Äste zu seinem Bau transportiert. Dadurch können Flusssysteme durch den Biber unabsichtlich umgeleitet und ganze Seen (auch der Bibersee) trockengelegt werden.

Die natürlichen Fressfeinde erwachsener Biber (Wolf, Bär) fehlen heute in Mitteleuropa fast vollständig. Die kleinen und hilflosen Jungtiere werden u. a. von Hunden, großen Greifvögeln (Seeadlern) und großen Raubfischen wie Hecht und Wels erbeutet. Wie alle Wildtiere werden Europäische Biber von zahlreichen Endo- und Ektoparasiten bewohnt. So sind Darmtrakt und innere Organe z. B. von Saugwürmern und Fadenwürmern befallen. Im Fell des Bibers lebt der Biberkäfer (Platypsyllus castoris, auch unexakt „Biberfloh“ genannt), der dort von Hautschuppen, möglicherweise auch von Hautabsonderungen und Wundflüssigkeit lebt und deshalb als Kommensale betrachtet wird. Lediglich die Larven können möglicherweise mit ihren scharfen Mandibeln oberflächliche Schürfwunden verursachen, womit das Kriterium eines Ektoparasiten erfüllt wäre. Ein Ektoparasit des Bibers ist die Bibermilbe (Schizocarpus mingaudi). Beide Arten sind wie der Biber an die semiaquatische Lebensweise angepasst

Gelegentlich ertrinken Biber bei extremen Hochwassern, diese Gefahr besteht insbesondere in ausgebauten Gewässern, in denen rettende Inseln und Vorsprünge fehlen. In verschmutzten Gewässern verlaufen Infektionen von Bisswunden oft tödlich. Im Abwasser enthaltene Detergentien reduzieren die wärmeisolierende Wirkung des Fells. Ungesicherte Schleusen und Schiffsschrauben führen häufig zu Todesfällen. Bei der Bisamjagd werden gelegentlich junge Biber getötet. Biber ertrinken auch in Fischreusen und werden Opfer des Straßenverkehrs.

Durch Gewässerausbau und intensive Landnutzungen fehlt es oftmals an geeigneten Biberlebensräumen. Der Fortbestand der genetischen Besonderheiten der autochthonen Elbebiber (Castor fiber albicus, Foto) wird durch Vermischung mit gebietsfremden Unterarten von Castor fiber aus Wiederansiedlungen gefährdet. Ein wesentlicher Beitrag zum Schutz des Europäischen Bibers besteht in der Sicherung und Wiederherstellung seiner Lebensräume in Flussauen und Urstromtälern. Artenschutzprogramme bestehen unter anderem in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen.

Diese Art ist auf europäischer Ebene durch die Berner Konvention geschützt, in den EU-Mitgliedstaaten zudem in Anhang II und IV der FFH-Richtlinie gelistet. Gemäß Artikel 3, Absatz 1 dieser Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten Schutzgebiete für das Natura-2000-Netzwerk für Habitate diese Art ausweisen und den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes gewährleisten. Zudem besteht strenger Artenschutz gemäß Artikel 12, 14, 15 und 16 der Richtlinie, wie für alle in Anhang IV gelistete Arten. Die estnischen, lettischen, litauischen, finnischen, schwedischen und polnischen Populationen sind vom strengen Schutz ausgenommen und werden in Anhang V gelistet.

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