Wie oft muss man ein Papier falten bis zum Mond rechnung

Wenn sich eine Menge Schritt für Schritt verdoppelt, sprechen Mathematiker von „exponentiellem Wachstum“. Das sieht zunächst harmlos aus, wie die Legende vom König zeigt: Auf das erste Feld eines Schachbretts soll er ein Reiskorn legen, aufs zweite zwei, dann vier, acht und so fort. Auf dem 15. Feld stünde erst eine 500-Gramm-Packung Reis, mit dem Reis auf Feld 28 ließe sich schon ein Elefant aufwiegen, mit dem auf Feld 44 ein Öltanker. Für Feld 55 wäre die jährliche Weltweizenproduktion vonnöten.

Exponentielles Wachstum verblüfft uns. Es widerspricht der Intuition. Betrachten Sie diese Zeitungsseite einmal als mathematisches Objekt. Wie oft können Sie das Papier falten? Acht Mal? 16 Mal? Noch öfter? Probieren Sie es aus! Oder Sie überlegen sich, was beim Falten passiert: Aus einer Lage Papier werden zwei, dann vier, dann acht Schichten. Nach zehnmaligem Falten sind es 1024 Papierlagen. Allgemeiner gesagt: Wer zehn Mal verdoppelt, hat den Anfangswert vertausendfacht. Trauen Sie sich noch immer zu, diese Seite mehr als acht Mal zu falten?

Man kann das Spiel in Gedanken noch weiter treiben: Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein Blatt Papier beliebig oft falten. Es müsste natürlich entsprechend groß sein, aber Mathematiker sehen gerne über derartige praktische Einschränkungen hinweg. Wie oft müssten Sie das Blatt falten, damit der Papierstapel, sagen wir, bis zum Mond reicht, also 400000 Kilometer hoch? Ein paar Millionen Mal? 10000 Mal? Oder nur 42 Mal? Sie ahnen es schon! Zehnmaliges Falten entspricht einer Vertausendfachung der Höhe: Es liegen 1000 etwa 0,1 Millimeter dünne Papierlagen aufeinander: Der Stapel ist 10 Zentimeter hoch. Falten Sie weitere zehn Mal, ist er schon 1000 mal 1000, also eine Million Mal höher als zu Beginn: 100 Meter. Und das nach nur 20-maligem Falten! Noch 20 Mal, und er wäre eine weitere Million Mal höher, sprich: 100000 Kilometer. Sie bräuchten jetzt nur noch zwei Mal umzuschlagen, um den Mond zu erreichen.

Sie können das auch ausrechnen: mit der Zinsformel. Der Ausgangswert ist hier kein Geldbetrag, sondern die Papierdicke. Die Zinsen liegen bei 100 Prozent: eine Verdopplung mit jedem Schritt. Viel Spaß! tdp

Die menschliche Intuition ist eine fantastische Gabe. Wir sind fähig, in Sekundenbruchteilen zu erkennen, ob die Gruppe Jugendlicher, die uns in der Nacht entgegenkommt, harmlos oder gefährlich ist. Frauen benötigen zwei bis drei Sekunden, um zu wissen, dass sie mit dem Typen, der sie gerade in der Kneipe anspricht, definitiv keine Familie gründen möchten. Bei den Herren dagegen dauert diese Erkenntnis mitunter etwas länger. Manche Männer kapieren es erst, wenn die Scheidungspapiere auf dem Tisch liegen.

Alles in allem funktioniert unsere erste Einschätzung hervorragend. Bei Zahlen oder Wahrscheinlichkeiten führt sie uns allerdings oft in die Irre. Wenn man zum Beispiel ein Band um den Äquator legen könnte und es um einen Meter verlängern würde, wie hoch würde es dann über dem Äquator schweben? Ziemlich genau 16 Zentimeter. Das klingt erst mal nicht sehr wahrscheinlich, oder? Wenn Sie’s nicht glauben, probieren Sie es einfach aus. Egal, ob Sie das Band um eine Billardkugel wickeln oder um die Milchstraße, die Mathematik zeigt eindeutig: Bei einer Verlängerung um einen Meter beträgt der Abstand IMMER 16 Zentimeter, unabhängig vom Durchmesser des jeweiligen Objekts. Intuitiv wäre man darauf wohl nie gekommen.

Viele tun sich mit Naturwissenschaft und Mathematik deshalb schwer, weil die Ergebnisse oftmals anti-intuitiv sind: Sie passen einfach nicht zu unseren natürlichen Erwartungen.

Ein normales Blatt Papier ist etwa einen Zehntelmillimeter dick. Der Abstand zwischen Erde und Mond beträgt rund 400.000 Kilometer. Also, was schätzen Sie: Wie oft müsste ich das Papier falten, um auf 400.000 Kilometer zu kommen? Schätzen Sie einfach mal! Die Antwort gibt’s weiter unten…

Lange dachte man, dass rein technisch gerade mal sieben oder acht Faltungen möglich seien. Und zwar unabhängig, wie dünn das Blatt ist. Versuchen Sie es. Schon nach kurzer Zeit ist der Papierturm so dick, dass man ihn nicht mehr knicken kann.

Im Januar 2002 bewies die amerikanische Schülerin Britney Gallivan in einem Mathematikprojekt, dass sich diese Grenze noch etwas überschreiten lässt. Es gelang ihr tatsächlich, einen über 1000 Meter langen Streifen Toilettenpapier zwölfmal zu falten. Der Klopapierturm hatte zum Schluss eine Höhe von rund 40 Zentimetern. Ob er in dieser Form dann auch zum Einsatz kam, ist allerdings nicht bekannt.

Um mit Ihrem Blatt Papier zum Mond zu kommen, benötigen Sie die Hilfe der Mathematik. Bei jedem Faltvorgang verdoppelt sich die Dicke des Papiers. Bei den ersten paar Faltvorgängen tut sich nichts Außergewöhnliches: Die Papierdicke scheint eher moderat anzuwachsen. Doch schon beim vierten oder fünften Faltvorgang steigt die Dicke plötzlich überproportional an. Der Mathematiker nennt ein solches Wachstum „exponentiell“. Nach zehnmaligem Falten sind es bereits 1024 Papierlagen. Zehnmaliges Verdoppeln führt also zu einer Vertausendfachung des Anfangswertes. Und so geht es munter weiter. Nach 20 Faltungen ist der Turm bereits 100 Meter hoch, nach 30 Faltungen 100 Kilometer, nach 40 Faltungen 100.000 Kilometer! Jetzt sind wir schon fast angekommen. Es sind nur läppische 42 Faltungen nötig, um von der Erde zum Mond zu kommen.

Zugegeben, dieses Beispiel ist natürlich sehr unrealistisch. Dabei kommt exponentielles Wachstum in unserem alltäglichen Leben sehr häufig vor. Zum Beispiel bei der Ausbreitung von Epidemien. Eine Handvoll Infizierter genügt, um innerhalb von kürzester Zeit Millionen anderer Menschen anzustecken. Auch wenn wir unser Geld aufs Konto legen und Zinsen dafür bekommen, haben wir es mit einem solchen Wachstum zu tun: Angenommen, bei der Geburt von Jesus Christus hätte sein Stiefvater Josef einen Cent zu fünf Prozent angelegt, dann betrüge sein Vermögen heute 4,3 x 1040 Euro! Das entspräche einem Goldklumpen, der mehr wiegt als unser gesamtes Sonnensystem.

Stellen Sie sich vor, Jesus käme heute wieder, würde zur Stadtparkasse Frankfurt gehen und sagen: „Grüß Gott, ich würde gerne mein Geld abheben …“ – da käme der nette Schalterangestellte ganz schön ins Schwitzen.

Unglücklicherweise gilt die gleiche Gesetzmäßigkeit auch in umgekehrter Richtung: bei Schulden.

Nur für kurze Zeit:

Gewinnspiel

Eines von sieben iPads gewinnen!

Nur für kurze Zeit: Gewinnen Sie eines von sieben iPads!

ZUM GEWINNSPIEL

Panorama Unglaublich! Wahr!

Veröffentlicht am 21.07.2014 | Lesedauer: 3 Minuten

Ein Stück Papier, das von einem Ende des Universums zum anderen reicht, müsste "nur" 103 Mal in der Mitte gefaltet werden. Exponentielles Wachstum macht es möglich.

Ein Blatt Papier 103 Mal in der Hälfte zu falten, ist unmöglich. Aber angenommen, es ginge doch, man hätte das nächste Problem. Und zwar ein gigantisches. Das Papier wäre so dick wie das Universum. 

Ein normales Blatt Papier mehr als acht Mal in der Hälfte zu falten, ist unmöglich. So heißt es. Tatsächlich liegt der Rekord bei zwölf Mal. Das Falten von Papier wird jenseits der Zwölf aber erst richtig faszinierend, wie Youtube-Nutzer Nikola Slavkovic eindrucksvoll zeigt.

Wenn man davon ausgeht, dass ein Blatt Papier ein Zehntel Millimeter dick ist, wie oft müsste man es falten, um es auf eine Dicke von einem Kilometer aufzublasen? Die Antwort: 23 Mal. Okay. Und jetzt: Wie oft müsste man es falten, um das All zu erreichen – also rund 100 Kilometer? Die Antwort: 30 Mal. Nicht mehr. Um bist zum Mond zu kommen, müsste man das Blatt Papier 42 Mal falten. Erstaunlich.

Das Phänomen, das hinter diesen schwindelerregenden Ausmaßen steckt, nennt sich "exponentielles Wachstum“. Das ist, wenn sich eine Menge mit jedem nächsten Schritt verdoppelt. Im Falle des Blattes Papier bedeutet das, aus einer Lage werden zwei, danach vier, dann acht und so fort. Bei zehnmaligem Falten hätte sich die Anfangsdicke demnach vertausendfacht.

Slavkovic treibt den Zahlenwahnsinn in seinem Video auf die Spitze und fragt: Wie oft müsste man ein (sehr großes) Stück Papier falten, damit es von einem Ende des Universums zum anderen reicht, also 93 Milliarden Lichtjahre weit? Das ist der Durchmesser des sichtbaren Universums. Die Antwort: 103 Mal. Nur 103 Mal!

Exponentielles Wachstum macht es möglich. So faktisch real es auch sein mag, so wenig greifbar ist es für die menschliche Vorstellung. Um die Faszination zu unterstreichen, rechnet Slavkovic einen anderen Klassiker vor: Vor Tausend Jahren soll der Legende nach ein indischer Mathematiker namens Sissa Schach erfunden haben. Nachdem der König so begeistert von dem neuen Spiel war, durfte Sissa die Höhe eines Lohnes nennen, die er für seine Erfindung gern hätte. Sissa wollte nicht maßlos wirken und schlug vor, der König solle ihm ein einziges Getreidekorn für das erste Schachbrett-Feld geben, ein zweites für das zweite, vier für das dritte und so fort. Mit jedem Feld auf dem Schachbrett sollte sich die Zahl verdoppeln, also exponentiell wachsen. 

Der König war begeistert von Sissas Bescheidenheit und willigte ein. Ein großer Fehler, wie er feststellen musste. Nach den ersten zehn Feldern schuldete der König Sissa 1.023 Getreidekörner. Nach wieder zehn Feldern, waren es schon über eine Million Körner. Mit Erreichen des letzten Schachbrett-Feldes summiert sich die Zahl der Weizenkörner auf insgesamt 18.446.744.073.709.551.615, also über 18 Trillionen Getreidekörner. Wenn jedes Getreidekorn ungefähr 30 Milligramm wiegt, dann wog Sissas Lohn insgesamt 500 Milliarden Tonnen! So verhandeln nur die ganz Ausgewieften. 

Neuester Beitrag

Stichworte