Wie lange schmeckt man nichts bei corona

Erstellt: 04.06.2022, 08:32 Uhr

Von: Christine Pander

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Ein Corona-Symptom ist der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, auch Parosmie genannt. Einige Betroffene leiden noch monatelang daran.

Bonn – Man mag es sich lieber nicht vorstellen, wie es ist, den Geruchs- und Geschmackssinn dauerhaft zu verlieren, denn er ist essentiell für unser Dasein und unsere Lebensqualität. Als Begleiterscheinung einer Corona-Infektion kann er Medizinern zufolge monatelang ausfallen. Bei 80 bis 95 Prozent der betroffenen Corona-Infizierten sei der Riech- und Geschmackssinn innerhalb von ein oder zwei Monaten aber wieder normal oder fast wieder normal, sagt Thomas Hummel, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken am Universitätsklinikum Dresden.

Corona-Folgen: Geschmacks- und Geruchsverlust kann über Monate anhalten

Bei fünf bis 20 Prozent der Betroffenen dauere es aber länger. „Das geht dann über Monate oder Jahre“, sagte Hummel. „Bei manchen aus dieser Gruppe kommt er auch gar nicht wieder.“ Plötzlich auftretende Riech- und Schmeckstörungen gelten mittlerweile als eines der bekanntesten Symptome einer Infektion mit dem Sars-CoV-2-Virus. Viele Patienten klagen darüber. Insgesamt könne man sagen, dass etwa 50 Prozent der Menschen mit einer Corona-Infektion eine Riech- oder Schmeckstörung entwickeln, erklärt Hummel. Wahrscheinlich seien es sogar noch etwas mehr.

Wie lange schmeckt man nichts bei corona

Geschmacksverlust: Eine Folge von Covid-19 (Symbolbild) © Antonio Guillem/Imago

Aufmerksam werden sollte man dem Mediziner zufolge, wenn der Geschmacks- und Geruchssinn plötzlich verschwindet.* Das sei „ein relativ deutliches Zeichen, dass es Corona sein könnte“, so der Experte. Der Verlust dieser Sinne kann zwar auch bei anderen Infekten auftreten, aber sehr viel seltener. „Es ist damit schon ein relativ spezifisches Symptom. Wenn die Nase dabei nicht verstopft ist, dann ist es sogar noch spezifischer“, sagte Hummel, der auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) ist.

Covid-19-Folgen: Regenration von Geschmacksnerven durch Corona beeinflusst

Hintergrund bei Riechstörungen sei vermutlich eine Schädigung der Stützzellen, die sich bei den Riechzellen befinden und diese versorgen. „Das Virus beeinträchtigt diese Stützzellen. Wenn sie absterben, sterben mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch die Riechzellen ab“, erklärt Hummel. Zwar könnten sie sich unter normalen Umständen nachbilden. Aber auch dieser Vorgang wird vom Coronavirus beeinträchtigt. Daher ist auch die Regeneration verlangsamt.

Riechen hat drei essentielle Funktionen:

  • Warnsignal für den Körper (Abgase, Rauch etc.)
  • Wichtig beim Essen (verdorben oder nicht)
  • Körperwahrnehmung (Partnerwahl, stinkt jemand, kann man ihn oder sie riechen)

Erkrankte sollen dem Geruchsverlust aber nicht hilflos ausgesetzt sein. Mediziner Hummel hat einen Tipp für Betroffene: Das Riechtraining. „Dazu füllt man zum Beispiel in vier identische Dosen gut unterscheidbare Geruchsträger, etwa Minze oder Gewürznelken. Daran riecht man und versucht, die Gerüche zu unterscheiden“, so Hummel. Es gebe bereits Hinweise, dass solche Übungen einen direkten Effekt auf die Riechzellen hätten, so der Mediziner.

Für den Erfolg ist aber eines essentiell: „Da muss man aber konsequent dran bleiben, wenn es etwas bringen soll. Das heißt: jeden Morgen und jeden Abend jeweils zwei Minuten Training, und das über einen längeren Zeitraum, nicht nur mal ein Wochenende lang“, erklärte er. Dann aber könne man die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Riechen wieder bessere, verdoppeln oder sogar verdreifachen. Damit es aber erst gar nicht zu gravierenden Langzeitfolgen kommt, ist es wichtig, die Hygieneregeln einzuhalten und sich vor einer Ansteckung so gut wie möglich zu schützen (mit Material von der dpa). *ruhr24.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unseren RedakteurInnen leider nicht beantwortet werden.

Weshalb verlieren wir bei einer Coronainfektion unseren Geschmackssinn? Und wie erhalten wir ihn wieder zurück?

Wenn eine Mandarine plötzlich nach nichts riecht: Viele beklagen nach einer Infektion mit dem Coronavirus den Verlust des Geschmackssinns. Was geht dann im Körper vor? Wir erklären.

Sheila Eggmann Jetzt kommentieren 09.03.2022, 16.50 Uhr

Auf der Oberfläche unserer Zunge befinden sich Sensoren. Sie werden Geschmacksrezeptoren genannt. Mit diesen können wir süss, sauer, salzig, bitter und umami unterscheiden. Wenn etwas auf die Sensoren trifft, senden diese ein Signal an unser Gehirn. Dort analysieren Nervenzelle die Reize und ordnen sie ein.

Wir können aber nur richtig schmecken, wenn unsere Nase frei ist. Bis zu 80 Prozent des Geschmacks entsteht über den Geruch. «Deshalb schmeckt das Essen fad, wenn wegen Erkältung die Nase verstopft ist», sagt Ralph Litschel. Er ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten in St.Gallen.

Geruchssinn: Wie riechen wir?

Gerüche sind Moleküle, die in der Luft herumschweben. Beim Einatmen wirbelt Luft diese Moleküle durch unsere Nasenlöcher. Ebenfalls ist es möglich, dass diese Moleküle beim Essen aus dem Rachen in die Nase gelangen.

Um riechen zu können, ist der obere Nasenbereich am wichtigsten. «Hoch in der Nase zwischen den Augen gibt es Riechfasern, die spezialisiert auf die Duftaufnahme sind», sagt Litschel. Nachdem die Moleküle zu diesen Riechfasern gelangt sind, senden die Fasern ein Signal an das Hirn. Das Hirn ordnet dann die Gerüche ein.

Wegen einer Coronainfektion können viele Betroffene beim Essen nichts mehr schmecken oder riechen. Was funktioniert dann nicht mehr?

Bei einer normalen Erkältung schwillt unsere Nase zu und deshalb können wir nicht mehr riechen. Corona funktioniere da anders: Die Covid-Erkrankten haben, abgesehen von der Omikron-Variante, typischerweise keine verstopfte Nase. Was passiert also? Litschel sagt:

«Man geht davon aus, dass die Coronaviren direkt die Geruch- und Geschmackssinneszellen befallen. Beziehungsweise Zellen, die diese unterstützen.»

Das führt zu einem Ausfall der Geruchs- und Geschmacksrezeptoren. Manchmal funktionieren diese dann teilweise noch, manchmal auch komplett nicht mehr.

Ebenfalls kann das dazu führen, dass man ein anderes Mundgefühl hat. Etwa Pfefferminze nicht mehr als kühlend wahrnimmt oder Chili nicht mehr als brennend. Dieses veränderte Mundgefühl nennt man in der Fachsprache Dys-Chemästhesie.

Wie kommen Geruchs- und Geschmackssinn wieder zurück?

Gemäss Litschel regenerieren sich die vom Coronavirus befallenen Zellen wieder. Das führt dazu, dass der Geruchssinn, der Geschmackssinn und die Chemästhesie sich erholen.

Erfahrungswerte: Wie lange geht es in der Regel, bis der Geschmackssinn nach einer Covid-Erkrankung zurück ist?

Die meisten Studien zeigen, dass bei einer Covid-Infektion über 90 Prozent der Betroffenen unter einer Riechminderung leiden. Etwa 20 Prozent leiden an einem kompletten Geruchsverlust.

Je nach Studie kommt es bei 70 bis über 90 Prozent der Patientinnen und Patienten im ersten Monat zu einer Verbesserung oder Wiederherstellung des Geruchssinnes.

Eine französische Studie hat gezeigt, dass sich nach einem Jahr bei 96 Prozent der ehemaligen Covid-Betroffenen das Riechvermögen erholt hat. Also ist die Prognose sehr gut: Die Wahrscheinlichkeit, dass Geruchs- und Geschmackssinn mit der Zeit zurückkehren, ist gross.

Einige berichten, dass sie nach der Erkrankung Gerüche ganz anders wahrnehmen. Vieles riecht übel. Wie kann man sich das erklären?

Dieses Phänomen heisst Parosmie und ist eine gestörte Geruchswahrnehmung. Sie schnuppern zum Beispiel an Kaffee und dieser riecht nach Ausguss. Leider gibt es dabei keine angenehmen Gerüche. «Alles hat dann einen Fäkalgeruch. Das ist für die Betroffenen sehr lästig», sagt Litschel.

Aber es bedeutet auch, dass das System heilt. «Die Wahrscheinlichkeit ist dann sehr hoch, dass ein Grossteil des Geruchssinns wiederkehrt», sagt die Psychologin Kathrin Ohla in einem Interview mit dem Wissenschaftsportal «Helmholtz».

Parosmie ist schon vor Corona bei anderen Viruserkrankungen aufgetreten. Der genaue Mechanismus ist nicht bekannt. Möglicherweise kommt es zu falschen Verschaltungen von sich regenerierenden Nervenfasern.

Kann man etwas tun, um die Geschmacksnerven zu trainieren, damit man sich schneller erholt?

Ja. Man kann ein Riechtraining machen. Dieses wurde schon vor Corona bei Riechminderungen empfohlen und die Wirkung ist durch Studien gut belegt, wie Litschel sagt.

Dazu gibt es kommerziell erhältliche Sets mit standardisierten Geruchsstoffen. Oder Betroffenen können auch folgende Duftstoffe kaufen: Rose, Zitrone, Eukalyptus und Gewürznelke. Beim Training sollte man zweimal täglich 30 Sekunden an jedem Duft schnuppern.

Gemäss diversen Onlineportalen helfen das Kauen auf Ingwer, Pfeffer oder einer verbrannten Orange, den Geschmackssinn wiederzuerlangen. Ist etwas dran an diesen Empfehlungen?

Ralph Litschel sagt dazu: «Für diese Methoden gibt es keine Daten, die auf eine Wirkung hindeuten.» Heisst im Klartext: Sie können es gerne versuchen. Es kann aber gut sein, dass es nichts nützt.

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  • Ralph Litschel, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten in St.Gallen
  • Interview mit Psychologin und Forscherin Kathrin Ohla auf Helmholtz.de
  • SWR-Informationsfilm zum Thema schmecken 
  • Artikel «Schmecken» von Michael Ringelsiep und Christoph Teves, Planet-Wissen

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