Wie lange braucht ein menschlicher Körper um zu verwesen?

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In versiegelten Gräbern verwesen Tote auch innerhalb von 30 Jahren nicht. Irene Niehaus sprach mit dem Wilstedter Grabmacher und Bestatter Rainer Bahrenburg über dieses Problem.

Vielen Menschen fehlt heute die Zeit, sich intensiv um die Pflege des Grabes ihrer Angehörigen zu kümmern. Familien leben zudem weit verstreut. Manche Hinterbliebene entscheiden sich deshalb für eine Platte auf dem Grab oder Steine, die auf einer Folie liegen. Doch den Friedhofsverwaltungen sind sie ein Dorn im Auge. Denn in den Ruhestätten verwesen die Toten wegen des oft zu nassen Bodens auch innerhalb von 30 Jahren nicht. Irene Niehaus sprach darüber mit dem Wilstedter Grabmacher und Bestatter Rainer Bahrenburg.

Herr Bahrenburg, immer wieder hört man von dem Problem, dass Hinterbliebene Marmorplatte oder Steine vom Grab ihres Angehörigen entfernen müssen. Warum?

Rainer Bahrenburg: Platten oder Folien mit Steinen lassen keinen Sauerstoff ins Grab, der ja mit dem Regen in die Erde gelangt. Es ist dann versiegelt. Dadurch wird der Verwesungsprozess verlängert.

Wie lange braucht denn ein Körper in der Erde, um zu verwesen?

Bei den Böden unserer Region geht man von 30 Jahren aus, bis eine Leiche vollständig verwest ist, also auch die Knochen verschwunden sind. Die Friedhofsverwaltungen sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nichts den Verwesungsprozess behindert.

Nach 30 Jahren läuft also die Ruhefrist ab?

Nicht überall. In manchen Regionen Süddeutschlands gibt es Friedhöfe mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren, das heißt, schon dann sind die Körper verwest, in anderen Regionen können es 40 Jahre sein.

Wovon hängt das ab? Nur von der Versiegelung von oben?

Nein, auch vom Boden. Bei Lehm dauert es länger, weil er Sauerstoff schlecht durchlässt. Ideal für die Verwesung sind sandige Böden. Aber die meisten Friedhöfe haben Mischböden. Da kann es sein, dass eine Grabstelle einen sandigen Untergrund hat und ein paar Meter weiter ist nur Lehm.

Wo können sich Angehörige informieren, was erlaubt ist oder nicht?

In den Friedhofssatzungen, die es bei den Friedhofsverwaltungen und zum Teil auch im Internet gibt.

Geht es da nur um Versiegelungen?

Nein, da steht auch drin, wie hoch die Bäume und andere Pflanzen auf den Gräbern wachsen dürfen.

Und wie hoch dürfen sie sein?

Augenhöhe sollten sie nicht überschreiten.

Eine Regelung aus ästhetischen Gründen?

Ganz und gar nicht. Wenn eine Pflanze die Augenhöhe erreicht hat, sind ihre Wurzeln entsprechend lang. Diese Wurzeln wachsen dann aber auch ins Nachbargrab. Wenn nun aber das eine Grab neu ausgehoben wird, müssen die Wurzeln entfernt werden. Oft wird dabei das Nachbargrab beschädigt. Um diese Situation zu vermeiden, hat man die Höhe der Bäume festgelegt.

Welche Rolle spielt der Sarg für den Verwesungsprozess?

Der Sarg hat die Aufgabe, einen Hohlraum zu schaffen, und der soll den Verwesungsprozess beschleunigen. Der beginnt mit der Austrocknung. Austrocknen kann ein Körper nur, wenn die Umgebung trocken ist. Deshalb brauchen Wüstenstaaten keine Särge. Das Holz des Sarges nimmt die Feuchtigkeit des Körpers auf, soll aber nicht die Nässe des Bodens aufnehmen. Deshalb sind Särge außen lackiert.

Wie lange dauert es, bis der Sarg verschwunden ist?

Zwischen zehn bis 20 Jahren. Hartholz wie Eiche zersetzt sich langsamer im Boden als Kiefernsärge. Das hängt aber auch von der Bepflanzung ab, viele Pflanzen entziehen dem Boden Feuchtigkeit.

Man braucht also Regen, damit Sauerstoff ins Erdreich gelangt, um Zersetzung und Verwesung zu beschleunigen. Zu viel Regen ist aber auch nicht gut, weil er den Boden zu feucht hält. Gilt das auch fürs Gießen?

Ja, die Angehörigen sollten nicht übermäßig gießen. Idealerweise sollte man sich für Pflanzen entscheiden, die gar kein Gießen benötigen.

Man hört gelegentlich von sogenannten Wachsleichen. Auf dem Buchholzer Friedhof wurden welche entdeckt? Was können wir uns darunter vorstellen?

Wegen des sehr lehmigen Bodens dort verwesen die Körper nicht. Sie sind bleich und wachshart. Wenn wir nach 30 Jahren ein Grab öffnen, um es neu zu belegen, und wir sehen einen intakten Sarg, wissen wir, dass da eine Wachsleiche drin liegt.

Ist das nicht makaber? Was machen Sie dann?

Wir hören sofort auf zu arbeiten, weil wir sonst die Totenruhe stören würden, und kontaktieren die Friedhofsverwaltung.

Was müssen Sie als Grabmacher nach der Bestattung berücksichtigen?

Wenn wir ein Grab verfüllen, dürfen wir es nicht verdichten, damit noch Sauerstoff hineingelangen kann.

Zur Person: Rainer Bahrenburg ist Grabmacher. Der 48-Jährige arbeitet seit elf Jahren im Wilstedter Bestattungsunternehmen Bahrenburg. Zuvor war er Maschinenbauingenieur in Zeven.

Nach dem Tod eines Menschen gibt es verschiedene Bestattungsmöglichkeiten. Aber wie schnell verwest eine Leiche im Sarg im Vergleich zu anderen Methoden?

Nach dem Tod wird der Körper schrittweise abgebaut.

  • Wenn eine Leiche verwest, bedeutet das, dass der tote Körper von verschiedenen Prozessen aufgelöst wird. Verwesung läuft im sauerstoffreichen Milieu ab, indem Enzyme die Zellen auflösen. Hingegen wird bei der Fäulnis der Organismus von Bakterien unter Sauerstoffausschluss abgebaut. Beide Prozesse laufen meist parallel ab. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Verwesung aber wohl jeder Zersetzungsprozess des toten Körpers bezeichnet, auch unter Einfluss von Bakterien und Insekten.
  • Schon bevor sich der Körper zersetzt, laufen andere Prozesse ab, die den Tod anzeigen. Dazu gehören die innerhalb von 2 Tagen auftretenden Totenflecken und die Totenstarre. Nachdem diese Todeszeichen aufgetreten sind, beginnen circa 2 Tage nach dem Tod die Versetzungserscheinungen.
  • Die Schnelle des Verwesungsprozesses hängt im Wesentlichen von der Umgebung ab. Eine an Land liegende Leiche wird doppelt so schnell abgebaut wie eine Wasserleiche. Eine begrabene Leiche verwest nur halb so schnell wie eine im Freien liegende.
  • Im Wasser kann es zu Entstehung von Adipocire (Fettwachs) kommen, das aus dem Körperfett unter Ausschluss von Sauerstoff entsteht. Durch den Sauerstoffmangel im Wasser stoppt die Verwesung und der Leichnam wird quasi von einer Fettschicht umgeben. Solche "Wachsleichen" können bis zu 30 Jahre fast unverändert bleiben und nicht verwest sein. Es ist ein Problem, das auch an Friedhöfen in feuchten Gebieten auftritt. Auch in extremer Trockenheit wird durch Wasserentzug durch Mumifizierung verhindert, dass eine Leiche schnell oder überhaupt verwest.
  • Eine im Sarg bestattete Leiche verwest relativ langsam. Durch den Sarg ist der Leichnam natürlich von vielen größeren Tieren und Insekten abgeschirmt, die sonst am natürlichen Abbauprozess teilnehmen würden. Zusätzlich herrscht in einem Grab oft ein Sauerstoffmangel und Wasser kann nicht gut abfließen. Das behindert eine schnelle Verwesung. Ein so bestatteter Körper ist etwa nach 12 Jahren verwest, Knochen brauchen noch länger.
  • Eine Sargbestattung zieht einen längeren Verwesungsprozess nach sich als beispielsweise eine Tuchbestattung im Leinentuch, da das Tuch durchlässiger ist als ein Holzsarg. Die Feuerbestattung ist natürlich die schnellste Form, eine Leiche "abzubauen".

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Verwesung (Begriffsklärung) aufgeführt.

Unter dem Begriff Verwesung wird eine Vielzahl an Prozessen zusammengefasst, die nach dem Tod eines Organismus oder nach dem Absterben von Teilen eines Organismus ablaufen. Die Bezeichnung Verwesung wird in der Regel im Zusammenhang mit tierischen Organismen (Aas, bzw. Leichname beim Menschen) gebraucht. Bei pflanzlichem Material spricht man von Verrottung, bei Lebensmitteln von Verderben. Im medizinischen Kontext gehört der Vorgang der Gewebsfäule zum Symptomenkomplex der Nekrosen.

Teil eines Unterkiefers eines verwesten Pflanzenfressers

Verwesung wird durch saprotrophe Organismen, hauptsächlich durch Bakterien und Pilze, hervorgerufen. Enzyme, die diese Organismen abgeben, zersetzen komplexe organische Verbindungen in kleinere Einheiten, die dann unter Energiegewinn vollständig oxidiert werden. Aber auch Autolyse, also Zersetzung durch eigene, supravitale Enzyme, spielt eine Rolle.

Verwesung findet nur in Anwesenheit von Sauerstoff statt, ist also aerob. Die organischen Verbindungen werden dann hauptsächlich zu Wasser, Kohlenstoffdioxid, Harnstoff und Phosphat abgebaut. Unter Sauerstoffabschluss überwiegen dagegen Fäulnisprozesse. Entsprechend erfolgt der Zerfall eines größeren Organismus innerlich überwiegend durch Fäulnis, äußerlich durch Verwesung. In späteren Stadien der Zersetzung überwiegen Verwesungsprozesse, sofern genügend Sauerstoff zur Verfügung steht.

Im Gegensatz zur anaeroben Fäulnis sind an Verwesungsprozessen oft auch höhere Organismen beteiligt. Pflanzliche Überreste werden beispielsweise von Würmern, Asseln und Insektenlarven gefressen und zerkleinert und mikrobiellem Abbau dadurch besser zugänglich gemacht. Kadaver von Tieren werden oft zu großen Teilen von Insekten (zum Beispiel Aaskäfer, Ameisen, Speckkäfer) oder deren Larven (zum Beispiel Fliegenmaden) und Fadenwürmern gefressen. In Abhängigkeit von den herrschenden Umgebungsbedingungen bildet sich bei Verwesung eines größeren Organismus eine spezifische „Aasfauna“ heraus.

Die Verwesung in den oberen Bodenschichten führt zur Bildung von Humus, auch Kompostierung umfasst hauptsächlich Verwesungsprozesse.

Ein an der Luft liegender toter Körper verwest etwa doppelt so schnell wie eine im Wasser liegende Leiche und achtmal so schnell wie eine begrabene (Casper’sche Regel, durch die moderne Forensik überholt). Eine Wasserleiche bildet nach einiger Zeit durch chemische Reaktionen eine seifenartige Substanz aus, die die Körperform erhält und den Körper langsamer verwesen lässt. Dieses Phänomen einer sogenannten Wachsleiche ist auf einigen in feuchten Gebieten angesiedelten Friedhöfen zu einem großen Problem geworden, da die Verwesungszeit die vorgesehene Ruhezeit von ca. 30 Jahren zum Teil deutlich überschreitet.

 

Verstorbenes Liebespaar, Gemälde eines unbekannten oberrheinischen Künstlers, um 1470 (Straßburg, Frauenhausmuseum)

  • Beginnende Fäulnis
  • Fettartig
  • Käseartige Produkte
  • Ammoniakale Fäulnis
  • Beginnende Vertrocknung
  • Starke Vertrocknung
  • Skelettierung

In dieser Galerie wird der Verwesungsprozess eines im Freien liegenden toten Hausschweins gezeigt:

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    Tag 0

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    Tag 4

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    Tag 8

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    Tag 11

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    Tag 39

Verschiedene flüchtige und riechende Stoffe werden bei der Verwesung gebildet. Bei den Säugetieren werden unter anderem Cadaverin, Putrescin und andere biogene Amine gebildet. Bei der Verwesung des Menschen entstehen charakteristische Mischungen von riechenden Verbindungen, die unter anderem zur Auffindung von Leichen mit Hilfe von Leichen-Spürhunden verwendet werden.[1]

  • Mark Benecke: Mordmethoden. Ermittlungen der bekanntesten Kriminalbiologen der Welt. Lübbe, Bergisch Gladbach 2002, ISBN 3-442-15394-8.
  • Mark Benecke: So arbeitet die moderne Kriminalbiologie. 6. Auflage, Lübbe, Bergisch Gladbach 2011, ISBN 978-3-404-60562-0.
  • Ernst Hallier: Gärungserscheinungen; Untersuchungen über Gärung, Fäulniss und Verwesung mit Berücksichtigung der Miasmen und Contagien sowie der Desinfection, für Ärzte, Naturforscher, Landwirthe, und Techniker. Engelmann, Leipzig 1867 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Mary Roach: Stiff: the curious lives of human cadavers. Norton, New York (NY) 2003, ISBN 0-393-05093-9.
  • Dirk Schoenen, Michael Carl Albrecht: Die Verwesung. Teil 1: Dirk Schoenen: Die Verwesung aus hygienischer Sicht. Teil 2: Die Verwesung aus bodenkundlicher Sicht. In: Verein für Wasser-, Boden- und Lufthygiene (Hrsg.): Schriftenreihe des Vereins für Wasser-, Boden- und Lufthygiene. Nr. 113, Verein für Wasser-, Boden- und Lufthygiene (WaBoLu), Berlin 2003, ISBN 3-932816-42-0.

 

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 Wiktionary: Verwesung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

  1. Sarah Everts: Scientists search for death’s aroma. In: Chemical & Engineering News. 2016, Band 94, Ausgabe 14, S. 16–18.

Normdaten (Sachbegriff): GND: 4396373-0 (OGND, AKS)

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