Welche Steuer wird seit 1981 nicht mehr erhoben?

In Großbritannien gibt es seit April 2018 eine Zuckersteuer auf Limonaden. Denn jeder zweite Erwachsene und fast ein Drittel der Kinder auf der Insel sind übergewichtig. Die Abgabe ist schon jetzt ein Erfolg: Viele Hersteller haben den Zuckergehalt ihrer Getränke gesenkt.

Eine Zuckersteuer gab es in der Vergangenheit auch in Deutschland, rund 150 Jahre lang. Sie wurde 1993 abgeschafft. Und das passiert nicht oft. "Wenn der Staat eine Einnahmequelle entwickelt, vergisst er häufig, warum er sie entwickelt hat. Er nimmt das Geld und benutzt es für die Dinge, die anstehen", erklärt Carsten Weerth, Lehrbeauftragter für Steuerrecht an der Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bremen.

Spielkartensteuer eingeführt (am 03.07.1878) WDR 2 Stichtag 03.07.2018 04:08 Min. Verfügbar bis 30.06.2028 WDR 2

Haben sie ihre Steuererklärung schon fertig? Es gab mal den Plan, dass man die auf einem Bierdeckel machen kann. Daraus ist nichts geworden. Rund 40 verschiedene Steuerarten gibt es. Und früher waren es noch viel mehr. Heute vor 140 Jahren wurde die Spielkartensteuer eingeführt. Autor: Ralf Gödde.

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Staaten sammeln Geld mit Spielkarten ein

Auch an manch andere Abgaben erinnert sich in Deutschland kaum einer mehr: beispielsweise an die Teesteuer, die Leuchtmittelsteuer, die Speiseeis-Steuer – und die Abgabe auf Spielkarten.

"Im 18. Jahrhundert haben viele kleine Staaten mit der Besteuerung angefangen, zum Beispiel der Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg im Jahr 1752", sagt Weerth. Lange Zeit gilt das Kartenspiel als moralisch verwerflich. Mitunter sind Spielkarten sogar verboten.

Doch dann entdecken die Regierenden, dass sich die Blätter gut dazu eignen, Geld einzusammeln. Am 3. Juli 1878 werden die verschiedenen Landesabgaben auf Spielkarten durch eine Reichssteuer ersetzt. Kontrolliert wird sie ganz einfach: mit einem Stempel auf dem Kartenspiel.

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Auch Bagatellsteuern können sinnvoll sein

Mehr als 100 Jahre lang überlebt die Spielkartensteuer. Am Ende bringt sie nicht mehr viel ein und wird 1981 abgeschafft. Denn die Frage ist laut Carsten Weerth immer: "Wie viel Aufwand muss getrieben werden, um die Steuer zu erheben?"

Dennoch können auch sogenannte Bagatellsteuern sinnvoll sein, also Steuern, die keine großen Summen einbringen. Ein Beispiel ist die Sondersteuer auf Alkopop-Getränke von 2004. Zuvor war das Komasaufen bei Jugendlichen zum Problem geworden. Die Abgabe wirkt prompt: Der Absatz der Getränke geht rapide zurück.

Und die Steuer auf Alkopop-Getränke hat noch einen anderen Vorteil. "Der Überschuss aus dieser Steuer fließt in die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: um den Alkoholkonsum und die Alkoholsucht zu bekämpfen", so der Lehrbeauftragte für Steuerrecht, Carsten Weerth.

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Stichtag am 04.07.2018: Vor 15 Jahren: Todestag des US-amerikanischen Sängers Barry White

Abgaben sind alle Geld- oder Sachleistungen, die eine übergeordnete Gewalt (z.B. Lehens-, Grund- oder Landesherr, Gemeinde, Stadt oder Staat) von den ihr Unterworfenen zur Deckung ihres Bedarfs zwangsweise erhebt. Dazu gehören besonders die Feudallasten, Zehnten und Zölle (→Zollwesen), die Gebühren und Steuern. Steuern werden voraussetzungslos, d.h. ohne spezielle Gegenleistung geschuldet. (Kausal-)Abgaben sind ein Entgelt für bestimmte öffentliche Leistungen oder besondere Vorteile. Steuern und Abgaben haben wesentlichen Einfluss auf die öffentlichen Haushalte, die Wirtschaft und die Privathaushalte (Konsum etc.).

Mittelalter und frühe Neuzeit

Im Frühmittelalter kam besonders den Fronen und Zehnten Bedeutung zu. Der im kirchlichen Bereich wurzelnde Zehnt trug Merkmale einer Einkommenssteuer. Die Fronarbeit verlor ihr Gewicht im Hochmittelalter durch die Verbreitung der Rentengrundherrschaft, die auf Abgaben wie dem Grundzins (Lehenszins) und dem Ehrschatz beruhte (→Grundherrschaft). Zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Abgabenvielfalt gehörten zudem die von der Leibeigenschaft abgeleiteten Leistungen der Fasnachtshenne, des Todfalls und der Manumission (Gebühr für die Entlassung aus der Leibeigenschaft) sowie die von den Landesherren aufgrund der Regalien (u.a. Zoll, Weggeld, Geleitpfennig, Vogelmolken) und für bestimmte Monopolgewerbe beanspruchten Abgaben wie Mühlen- und Tavernenzins, Gipsbruch-, Lumpensammler- und Wurzelgraberzins usw. Aus der Gerichtsherrschaft fliessende Abgaben waren u.a. Gerichts- und Siegelgebühren sowie Bussen. Diese verschiedenen Abgaben schöpften ihre Legitimation aus mannigfachen Rechtsgrundlagen, die im Kern meist auf dem Verhältnis zwischen einem Schutz gewährenden Herrn und einem geschützten Holden beruhten. Bei den in den landesherrlichen Urbaren des 17. Jahrhunderts angeführten «Hubsteuern» handelt es sich um Grundzinse; die ablösbaren und die unablösbaren Zinsbriefe und Gülten rührten von der hypothekarischen Belastung des Bodens her (→Kredit).

Neben die Abgaben und Zinse traten seit dem 12./13. Jahrhundert Steuern, die in Geld zu leisten waren. Die ordentlichen Steuern wurden im Rahmen der Grundherrschaft als Grundsteuer, im Rahmen der Leibherrschaft als Leibsteuer und im Rahmen der Vogtei (Schutzherrschaft) als Vogtsteuer für die Gewährung von Schutz und Schirm eingezogen. Da ihre Höhe fixiert war, verloren sie durch die Geldentwertung rasch an Wert. Grössere Bedeutung kam den ausserordentlichen Steuern zu, die bei besonderem Bedarf (Krieg, Landesverteidigung, Katastrophen usw.) durch den Kaiser (Reichssteuern), die Fürsten oder die Landesherren von allen Bewohnern erhoben wurden. Ihre Einhebung war zunächst an die Zustimmung der geistlichen und weltlichen Grundherren, später der Reichs- und Landstände gebunden, worauf auch die Bezeichnung als erbetene Beihilfe (lateinisch petitio, mittelhochdeutsch stiure) hinweist. Daraus sind die allgemeinen Reichs- und Landessteuern der Neuzeit hervorgegangen.

Königliche Steuerprivilegien für im späteren liechtensteinischen Gebiet über Besitzungen verfügende Klöster wie Sankt Luzi in Chur sind schon im 13. Jahrhundert erwähnt. Konkret für diesen Raum belegt ist eine Steuer erstmals 1322, als Graf Rudolf II. von Werdenberg-Sargans die Leute zu Vaduz und Triesen sowie auch andernorts wohnhafte Personen, die «in diese Steuern [stivren] gehören», an Ulrich von Matsch verpfändete: Schon vor der Entstehung der Grafschaft Vaduz bestanden somit in diesem Raum Steuergenossenschaften, die über die Wohnorte hinausreichten. Im Gebiet der späteren Herrschaft Schellenberg finden sich Hinweise auf die Steuer 1347 (Steuerfreiheit eines Guts in Ruggell gegenüber der Stadt Feldkirch) und ab 1382 (zu den Schellenberger Burgen gehörende Steuerrechte).

Waren die Steuern am Eschnerberg im 14. Jahrhundert noch unter verschiedene Herren zersplittert und oft mit der Leibeigenschaft verbunden, konzentrierten die Freiherren von Brandis bis 1437 die Steuerrechte in ihrer Hand. Im späteren 15. Jahrhundert bestanden je eine Steuergenossenschaft in der Landschaft Vaduz (erwähnt ab 1473) und in der Landschaft Schellenberg (erwähnt ab 1495). Diesen kamen weitgehende Selbstverwaltungsrechte zu: Die Steuergenossen gemeinsam hatten der Obrigkeit jährlich eine fixierte Steuersumme zu entrichten, die von ihnen selbst auf die einzelnen Dorfgemeinden und die Steuerpflichtigen umgelegt wurde. Damit betraut waren der Landammann (der zudem die Steuer gemeinsam mit dem Weibel einzog) und die 1540 erwähnten Steuervögte der Gemeinden. Schon im 15. Jahrhundert bedienten sie sich dafür der Schrift, wie die Erwähnung von «Steuerzetteln» 1493 zeigt. Diese «Landsteuer» war eine unveränderliche, ordentliche Steuer auf Grundbesitz (Vermögenssteuer), bei der die Steuerpflichtigen ihr Steuervermögen unter Eid selbst einschätzten; schon 1540 ist auch die später übliche Bezeichnung als «behepte» (beeidete) Steuer belegt. Sie betrug in der Grafschaft Vaduz gemäss dem Brandisischen Urbar (1509/17) jährlich 89 Pfund Pfennig zuzüglich je 4 Gulden für Ammann und Weibel (gemäss Sulzisch-Hohenemsischen Urbar von 1617/19 97 Pfund Pfennig) und in der Herrschaft Schellenberg gemäss dem Schellenberger Urbar (1699) 77 Pfund Pfennig. Noch um 1810 entsprach sie dem Gulden-Äquivalent der genannten Pfund-Beträge: für Vaduz 110 Gulden 44 Kreuzer, für Schellenberg 87 Gulden 54 Kreuzer. Mit dieser geringen Höhe hatte sie ihre fiskalische Bedeutung weitgehend eingebüsst.

Steuerpflichtig waren (spätestens ab 1496) grundsätzlich alle Einwohner. Nur die um 1300 nach Triesenberg eingewanderten Walser dürften noch im 16. Jahrhundert von der Steuer befreit gewesen sein. Nach der Steuerordnung Graf Rudolfs von Sulz von 1513 mussten aber auch sie sich an der Steuer beteiligen, wenn sie sich in einem der vier Dörfer («Gnossen») im Tal niederliessen. Bis ins frühe 17. Jahrhundert verloren die Walser am Triesenberg alle ihre Freiheiten. Steuerfrei waren die landesherrlichen Güter, die Adelsgüter (v.a. die österreichische Enklave Gutenberg in Balzers bis 1824) und der Grundbesitz der Kirche, weshalb sich Gemeinden und Landschaften gegen die Ausdehnung des geistlichen Besitzes stellten (→Tote Hand, →Zugrecht). Auch auf dem in der Frühneuzeit von den Gemeinden neu kultivierten und an die Bürger ausgeteilten Auboden («Gemeinheiten», Neugereut, Neugut) haftete keine Steuer, im Oberland aber der Neugereutzins.

Zum Schutz ihres Steuersubstrats führte die Landschaft Schellenberg u.a. 1495 erfolglos Prozesse gegen die Stadt Feldkirch, welche die Steuer ihrer am Eschnerberg ansässigen Ausbürger für sich beanspruchte. Auch hatten sich durch Ab- und Zuwanderung sowie Heiraten unklare Steuerverhältnisse ergeben. 1513 vereinbarten Kaiser Maximilian für die Grafschaft Feldkirch und Graf Rudolf von Sulz für die Herrschaft Schellenberg, sich gegenseitig die Steuern und weitere Abgaben ihrer in der Herrschaft des Vertragspartners sesshaften Leute zu überlassen und die Freizügigkeit zu gewähren – mit Ausnahme der Grundsteuer, die bei einem Wohnortswechsel weiterhin dort zu entrichten war, wo der Boden lag. Die Ausbürger, für die diese Regelung nicht galt, hatten ab 1558 ihre in der Herrschaft Schellenberg neu erworbenen Güter dort zu versteuern. Ein erneuter Vertrag mit Feldkirch 1614 legte die Besteuerung am Ort des Wohnsitzes fest (gültig bis 1806).

Stellte sich bei der ordentlichen «Landsteuer» die Frage nach einem Steuerbewilligungsrecht nicht, zeigt sich im späten 16. Jahrhundert ein Mitspracherecht der Landschaften Vaduz und Schellenberg bei den ausserordentlichen Reichssteuern: Die Bedeutung des auf dem Wormser Reichstag 1495 eingeführten Gemeinen Pfennigs ist für Vaduz/Schellenberg nicht geklärt. Belegt ist jedoch 1542 die Einhebung einer «Reichstürkensteuer». Erneute «Reichstürkensteuern» legten die Grafen von Sulz den Vertretern der Landschaften Vaduz, Schellenberg und Blumenegg 1577 und 1584 zur Beratung und Bewilligung vor. In der Folge entrichteten die Landschaften zunächst befristet, 1614–96 dauerhaft den «Schnitz» (wofür sie 1584 ein eigenes Steuerbuch – das «Legerbuch» – anlegten), während die eigentlichen Reichslasten vom Landesherrn getragen wurden. Der von den Landschaften selbständig veranlagte «Schnitz» stellte mit 1276 Gulden jährlich eine wesentlich stärkere Belastung dar als die Landsteuer. Da er in der Höhe ebenfalls fixiert war, erfuhr auch er allmählich eine Wertminderung zugunsten der Steuerzahler. Nach der Aufhebung des «Schnitzes» 1696 zahlten die Landschaften die Reichs- und Kreislasten bis 1806 direkt an den Schwäbischen Kreis und erhoben dafür nach eigenem Ermessen eine Steuer in variabler Höhe, die im 18. Jahrhundert ebenfalls als «Landsteuer» bezeichnet wurde. Sie betrug 1696–1791 durchschnittlich 2400–3000 Gulden pro Jahr, was einer (etwa im Vergleich zu Vorarlberg) eher geringen Belastung von kaum 0,6 % des Steuervermögens entsprochen haben dürfte. In der Zeit der Koalitionskriege stieg die Steuerbelastung stark an, im Unterland 1795–98 z.B. von etwa 0,4 % auf rund 5 %.

Dienten die direkten Steuern v.a. der Begleichung der Reichslasten, hatte für die Landesherrschaft die seit dem frühen 17. Jahrhundert belegte, auf dem Getränkekonsum erhobene, indirekte Steuer grössere Bedeutung. Die aus dem Umgeld resultierenden Einnahmen waren starken Schwankungen unterworfen, machten aber mehrere 100 Gulden jährlich aus, im 19. Jahrhundert meist über 1000 Gulden, 1835 sogar über 2100 Gulden.

Weitere, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts fiskalisch unbedeutend gewordene Leistungen waren u.a. das Abzugs- und Einzugsgeld (sogenannte Nachsteuer) und der von bestimmten Haushaltungen des Unterlands zu entrichtende «Schäfhaber», hinter dem eine Häusersteuer vermutet wird. Die sich im Land aufhaltenden, aber nicht eingekauften Fremden (→Hintersassen) entrichteten bis ins 19. Jahrhundert ein jährliches «Hintersässgeld» von 1 Gulden 50 Kreuzer (im Unterland) bzw. 2 Gulden (Oberland).

19. Jahrhundert (1807–1921)

Im Lauf des 19. Jahrhunderts kam es im Bereich der Steuern und Abgaben zu einer grundlegenden Umgestaltung. Die diversen Feudalabgaben wurden im Zug der Bauernbefreiung und Grundlastenablösung abgeschafft, für ablösbar erklärt oder (soweit es sich um fürstliche Privatrenten handelte) zu Staatsgefällen gemacht. 1808 fielen mit der Leibeigenschaft die Manumission und das Abzugsgeld. Im Zug der Revolution 1848 wurden Fronen, Novalzehnt, Mühlenzwang und obrigkeitliche Gewerbemonopole beseitigt sowie Zölle, Um- und Weggelder, «behepte» Steuer, Neugereutzinse, Fasnachtshennen, Vogelmolken, das Jagd- und Fischereiregal und Ähnliches zu Staatseinnahmen umgewidmet. Nach der Überwindung einer Reaktionsphase erfolgte ab 1859 ein weiterer Reformschub: Grundzinsablösung ab 1859, Zehntablösung 1864, Aufhebung des Fasnachtshennenzinses 1866, des Neugereutzinses und des «Schäfhaber»-Zinses 1868.

Durch den Untergang des alten Reichs 1806 fiel mit den Reichssteuern die bisher grösste Steuerlast weg. Auch der Feldkircher Steuervertrag von 1614 wurde hinfällig. Neue Verpflichtungen durch die Mitgliedschaft im Rheinbund 1806–13 (Truppenkontingent, Gesandtschaft) und eine Verwaltungsreform erhöhten jedoch den staatlichen Finanzbedarf und machten eine Reform des Steuerwesens notwendig. Die Steuerverordnung von 1807 unterwarf alle in Liechtenstein liegenden unbeweglichen Vermögen (Grundstücke, Häuser, Alpen usw.) und Kapitalanlagen einer «gewöhnlichen und permanenten Steuer» (Grundsteuer), darunter auch die bisher steuerfreien Vermögen von Kirche, Klerus und Klöstern, Gemeinden und Ausländern; steuerbefreit blieben allein die fürstlichen Güter und Kapitalien. Das Steuersimplum belief sich auf 1 % des für alle Steuergüter neu eingeschätzten Steuerwertes, konnte aber je nach Finanzbedarf mehrfach jährlich gefordert werden. Eine für Personen mit geringem Vermögen vorgesehene Mindeststeuer («Landesschutzgeld») wurde nicht verwirklicht. Die gewöhnliche Steuer sollte zur Deckung der laufenden Landesaufwendungen und der Gesandtschaftskosten dienen. Für die Kontingentskosten wurde eine ausserordentliche «Kriegssteuer» geschaffen. Die Steuerverwaltung oblag neu dem fürstlichen Oberamt (Rentmeister). Der Steuersicherheit und -gerechtigkeit diente das 1809 eingeführte Grundbuch.

Der Steueransatz von 1807 überforderte die finanziellen Möglichkeiten der Einwohner. Schon 1808 war deshalb nur mehr ein Drittel des Schätzwerts zu versteuern. Das Oberamt legte die Steuersumme und den Steuersatz selbst so fest, dass sie dem zur Deckung des Defizits notwendigen Bedarf entsprachen. Ab 1818 hatte der Ständelandtag diesem vom Oberamt festgesetzten Steuerpostulat (Steuerforderung) ohne Mitsprache- oder Änderungsmöglichkeit jährlich zuzustimmen. Der Steuereinzug wurde im Revolutionsjahr 1849 ausgesetzt und erst 1857 wieder aufgenommen – möglich war dies, weil der 1852 geschlossene Zoll- und Steuerverein mit Österreich dem Land bedeutende Zolleinnahmen zuführte. Anstelle der nach dem Bedarf schwankenden alten Steuerpostulate wurde ab 1857 eine regelmässige jährliche Grundsteuer erhoben und die frühere Kapitalbesteuerung fallengelassen.

1865 ersetzte ein neues, erstmals von einer liechtensteinischen Volksvertretung (Landtag) genehmigtes Steuergesetz die ausgehöhlte Steuerverordnung von 1807. Es unterteilte die «Landessteuer» in drei Steuerarten:

1. Die Grundsteuer erfasste den Boden- und Gebäudebesitz. Da deren Bemessung auf der Grundlage eines im gleichen Jahr (1865) begonnenen und 1871 abgeschlossenen Grundkatasters erfolgen sollte (→Vermessung), galt noch bis 1871 die alte Steuerverordnung. Nach dem Abschluss des Katasters wurden die Liegenschaften bis 1918 mit 1 ‰ des Katasterwerts besteuert. Steuerbefreit waren u.a. fürstliche Gebäude, staatliche Liegenschaften, Kirchen-, Pfrund- und Schulgebäude. Die Regierung legte die vom Landtag zu bewilligende Steuer gemäss Kataster auf die Gemeinden um; die Steuereinhebung erfolgte durch die Gemeindekassiere. Diese Grundsteuerordnung blieb bis 1923 bestehen.

2. Ab 1866 wurde eine Gewerbesteuer erhoben, die Gewerbebetriebe und Fabriken mit jährlichen Steuern von minimal 50 Kreuzern und max. 60 Gulden belastete. Ab 1898 wurden Zuschläge zur Gewerbesteuer erhoben und unter den Gemeinden verteilt.

3. Erstmals kannte das Steuergesetz von 1865 mit der «Personal- und Klassensteuer» eine Einkommenssteuer von 1 % auf höheren Berufseinkommen und 0,5 % auf Kapitalrenten (Kapital- und Pachtzinsen, Dividenden etc.). Ausgenommen waren die Mitglieder der fürstlichen Familie, der Fiskus, Schulen, Kirchen und Stiftungen, tiefe Einkommen und bereits im Ausland besteuerte Personen. Ab 1898 erfolgte die Zuweisung der halben Personal- und Klassensteuereinnahmen an die Gemeinden.

Neben dem Staat erhoben die Gemeinden eigene Grundsteuern, die deutlich höher waren als die geringe Landesgrundsteuer. Zusammen resultierte eine hohe steuerliche Belastung des Bodens. Die Gemeindesteuern zerfielen in die aufgrund des Gemeindegesetzes von 1864 erhobenen Gemeindeumlagen (2–6 % des Grundsteuerkapitals) und die sich auf das Rheinwuhrgesetz von 1865 stützende Wuhrsteuer der Rheingemeinden (bis 1890 5–20 % des Grundsteuerkapitals; ab 1891 dank der staatlichen Subventionierung des Wuhrbaus meist 2 %). Da die Gemeindesteuer nur die Bodenbesitzer belastete, überliess der Staat den Gemeinden ab 1898 Teile der übrigen staatlichen Steuerarten; ab 1904 konnten die Gemeinden zudem von Haushalten, die keine Grund-, Gewerbe- oder Klassensteuer zahlten, eine Polizeisteuer von 2–5 Kronen erheben.

Mit der Modernisierung der staatlichen Verwaltung im frühen 19. Jahrhundert stieg die Bedeutung der Gebühren als Einnahmequelle: So wurden 1809 u.a. in den Bereichen des Gerichtswesens, der Papierstempel, des Grundbuchs, des «Schuldentriebs», der Verlassenschaftsverhandlungen (Erbschaftssteuer) und z.T. des Gewerbes Taxen erhöht, ausgedehnt oder neu geschaffen.

Das 1848 vom Fürsten dem Staat überlassene Umgeld wurde durch den Zollvertrag mit Österreich 1852 aufgehoben und durch eine österreichische Verzehrungssteuer auf alkoholische Getränke, Fleisch und Schlachtvieh ersetzt. Auch die alte «behepte» Landsteuer, die schon lange nicht mehr als Steuer, sondern als Grundlast verstanden wurde, überliess der Fürst 1848 dem Land, das sie noch bis 1872 erhob. Neu waren ab 1829 eine Hundesteuer und ab 1833 eine Salzsteuer; sie flossen ab 1898 teilweise den Gemeinden zu. Um den Rückgang der Zolleinnahmen infolge des Ersten Weltkriegs auszugleichen, wurden ab 1918 kriegsbedingte Mehrerlöse besteuert (Kriegsgewinnsteuer).

Fabian Frommelt

Nach 1921

Grundsätze der Besteuerung

Die Erhebung von Steuern und Abgaben wird damit begründet, dass Staat und Gemeinden ihre öffentlichen Aufgaben nur erfüllen können, wenn ihnen die dafür notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Als Lenkungsinstrumente können Steuern auch zu umwelt- oder gesundheitspolitischen Zwecken eingesetzt werden. Die Steuerhoheit steht grundsätzlich dem Staat und nicht den Gemeinden zu, der Gesetzgeber kann jedoch den Gemeinden die Kompetenz zur Erhebung einzelner Steuern übertragen. Die Steuereinnahmen fliessen in der Regel in den allgemeinen Haushalt, Zweckbindungen sind der Verfassung fremd. Für die Erhebung einer Steuer ist eine formelle gesetzliche Grundlage erforderlich. Die Besteuerung selbst hat sich nach den Grundsätzen der Allgemeinheit, der Gleichmässigkeit und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu richten.

Entwicklung des Steuerrechts

Mit der Verfassung von 1921 erhielt die Steuergesetzgebung eine neue Grundlage. Gemäss Art. 24 LV sorgt der Staat auf dem Gesetzesweg für eine gerechte Besteuerung unter Freilassung eines Existenzminimums und mit stärkerer Heranziehung höherer Vermögen oder Einkommen. Dabei hat der Staat auf die Erschliessung neuer Einnahmequellen zur Bestreitung der öffentlichen Bedürfnisse Bedacht zu nehmen.

Umgesetzt wurde dieser Verfassungsauftrag mit dem Steuergesetz von 1923, das von Prof. Julius Landmann, Basel, ausgearbeitet wurde. Angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs im Zug des Ersten Weltkriegs und der Entwertung der österreichischen Krone verfolgte das neue Steuergesetz das Ziel, dem Staat und den Gemeinden zusätzliche Einnahmen zu verschaffen und gleichzeitig die Kapitalbildung zu fördern sowie alle produktiven Wirtschaftskräfte und die wirtschaftlich Schwächsten zu schonen.

Eingeführt wurde ein in sich abgestimmtes Steuersystem mit einer Vermögens- und Erwerbssteuer, einer Erbschafts- und Schenkungssteuer, einer Gesellschaftssteuer, einer Getränkesteuer und Gemeindesteuern. Dieses Steuersystem hat in seinen Grundzügen bis heute Geltung. Auf die Einführung einer allgemeinen Einkommenssteuer mit bloss ergänzender Vermögensbesteuerung verzichtete man angesichts des grossen Anteils der bäuerlichen Bevölkerung. Die Vermögenssteuer und die progressiv ausgestaltete Erwerbssteuer sollten jedoch so zusammenwirken, dass alle Einkommensbezüge der Besteuerung unterworfen waren. Zu den Gemeindesteuern zählten u.a. der Zuschlag zur Vermögens- und Erwerbssteuer, die Billetsteuer, die Hundesteuer und die Steuer auf Kraftfahrzeugen und Fahrrädern.

Die Steuersätze legte man tiefer als in den umliegenden Ländern fest, auch in der Erwartung, ökonomisch potente Steuerzahler und Holdinggesellschaften anziehen zu können. Der Basissteuersatz der Vermögenssteuer belief sich auf 1,5 ‰ des Reinvermögens, jener der Erwerbssteuer auf 3 % des steuerbaren Erwerbs, wobei der Landtag die effektiven Steuersätze jährlich festlegte. Die Gemeinden konnten auf den Steuerbetrag einen Zuschlag von max. 150 % erheben. Aktiengesellschaften bezahlten eine Kapitalsteuer von 2 ‰ und eine Ertragssteuer von 3–12 % des Reinertrags, Holdinggesellschaften hatten nur eine Kapitalsteuer von 1 ‰ zu entrichten.

Mit dem Inkrafttreten des Zollanschlussvertrags 1924 übernahm Liechtenstein nebst der schweizerischen Zollgesetzgebung auch die Gesetzgebung betreffend Stempelabgaben und Couponsteuer. 1929 wurde als weitere Verbrauchssteuer eine Alkoholsteuer eingeführt (1981 aufgehoben) und die Kraftwagensteuer löste die bisherige Gemeindesteuer auf Kraftfahrzeugen ab. Die Fahrradsteuer wurde 1931 aufgehoben. Auf den 1.10.1941 führte Liechtenstein aufgrund des Zollanschlussvertrags die schweizerische Warenumsatzsteuer (Wust) ein.

Im Auftrag des Landtags liess die Regierung 1956 von Willi Rigoleth, St. Gallen, einen Steuergesetzentwurf ausarbeiten, welcher auf dem System der allgemeinen Einkommenssteuer mit ergänzender Vermögenssteuer aufbaute. Von einem solchen Systemwechsel nahm die Regierung in der Folge jedoch Abstand und legte dem Landtag 1960 eine Totalrevision des Steuergesetzes vor, welche das bisherige Steuersystem weiterführte. Wesentliche Änderungen waren die Aufhebung der Möglichkeit von Pauschalbesteuerungen für Industriebetriebe, die Besteuerung des landwirtschaftlichen Erwerbs, die Verselbständigung der Grundstücksgewinnsteuer und die Aufhebung der Getränkesteuer. Niedrige Einkommen wurden entlastet, höhere Einkommen stärker belastet. Die Vermögens- und Erwerbssteuer wurde durch Anpassung verschiedener Abzüge familienfreundlicher ausgestaltet. Der Basissatz der Vermögenssteuer wurde auf 1 ‰ gesenkt, der Mindeststeuersatz der von Gesellschaften zu entrichtenden Ertragssteuer von 3 % auf 5 % erhöht. 1970 wurde der Ertragssteuersatz auf mindestens 7,5 % und max. 20 % angehoben.

1975 beauftragte die Regierung die Hochschule St. Gallen mit der Ausarbeitung eines neuen Steuergesetzes mit dem Ziel, die Vermögens- und Erwerbssteuer durch eine allgemeine Einkommenssteuer abzulösen. Dieser in der Folge mehrfach überarbeitete Gesetzesvorschlag scheiterte jedoch in der Volksabstimmung vom 21.10.1990.

Nach mehrjährigen Vorarbeiten trat 2011 in neues Steuergesetz in Kraft, welches der Wirtschaft und besonders den Finanzdienstleistungen neue Dynamik verleihen soll.

Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen, Vermögen und Erbschaften schloss Liechtenstein 1955 und 1969 zwei Abkommen mit Österreich ab. 1995 folgte ein Abkommen mit der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen. Seit 2008 wurden mit mehreren weiteren Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Auf der Basis des Mehrwertsteuervertrags zwischen Liechtenstein und der Schweiz wurde 1995 die Mehrwertsteuer mit einem Normalsatz von 6,5 % (nach weiteren Erhöhungen ab 2011 8 %) eingeführt und die Wust abgelöst. 2005 vereinbarte Liechtenstein mit der Europäischen Gemeinschaft, auf Zinserträgen von Personen mit Wohnsitz in der EU einen Steuerrückbehalt einzuführen. Der Steuerrückbehalt fliesst zu 75 % an die jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten, der Rest verbleibt dem liechtensteinischen Staatshaushalt.

Internationale Organisationen wie die OECD kritisieren seit Ende der 1990er Jahre verstärkt, dass Liechtenstein keinen Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten gewähre und so Steuerhinterziehung erleichtere.

Entwicklung der Steuereinnahmen

1922 beliefen sich die Steuereinnahmen von Staat und Gemeinden auf 229 000 Fr. Bis 2000 erhöhten sie sich jährlich um durchschnittlich 10,9 % auf 736,3 Mio. Fr. Das Jahrzehnt mit der höchsten durchschnittlichen Zuwachsrate (24,1 %) waren die 1920er Jahre. Mit dem Steuergesetz von 1923 war es rasch gelungen, den öffentlichen Haushalten die dringend benötigten Finanzmittel zu beschaffen. Klammert man die 1920er Jahre aus der Betrachtung aus, wuchsen die Steuereinnahmen von 1930 bis 2000 immer noch mit einer jährlichen Zuwachsrate von 9,5 %. Als besonders einnahmenstark erwiesen sich die Jahrzehnte von 1940–1980.

Der Anteil der Gemeinden an den gesamten Steuereinnahmen lag 1930 bei 26 %. Während der 1960er Jahre stieg der Gemeindeanteil kräftig an und erreichte 1970 46 %. Bis 2000 ging der Gemeindeanteil wieder schrittweise auf 31 % der gesamten Steuereinnahmen zurück.

Gliedert man die Steuereinnahmen nach Steuerarten, zeigt sich für 1930 und 2000 eine ähnliche Struktur: Auf die Gesellschaftssteuern entfielen jeweils rund 50 %, auf die Vermögens- und Erwerbssteuern der natürlichen Personen rund 20 %, auf Zölle und Mehrwertsteuern 19 % bzw. 26 %. Die Erbschaftssteuern waren mit einem Anteil von rund 1 % jeweils unbedeutend.

In den Jahrzehnten zwischen 1930 und 2000 kam es jedoch zu deutlichen Verschiebungen in der Steuerstruktur. Der Anteil der Gesellschaftssteuern sank von 49,7 % (1930) auf 20,2 % (1950), stieg bis 1980 wieder auf 50,6 %. Die Vermögens- und Erwerbssteuern erreichten ihren höchsten Anteil 1950 mit 39,7 % und lagen noch 1990 mit 26,6 % deutlich über dem Wert von 18,9 % im Jahr 2000. Die Zölle betrugen 1922 knapp 70 % der gesamten Steuereinnahmen. Sie erreichten 1940 noch einen Anteil von 28,2 % und sanken bis 2000 auf 4,3 %. Dafür brachten die Mehrwertsteuern im Jahr 2000 22,0 % der gesamten Steuereinnahmen ein.

Aus Steuern stammten in der Zeit von 1922–2000 zwischen der Hälfte und drei Viertel der gesamten Staatseinnahmen. 1930 lag der Anteil der Steuern bei 52 % und stieg bis 1970 schrittweise auf 75 % der Staatseinnahmen an. Dieser hohe Anteil der Steuern sank bis 1980 wieder auf 59 % ab und erreichte 2000 erneut 74 % der ordentlichen Staatseinnahmen.

Mit dem 1923 eingeführten Steuersystem gelang es bis heute, ausreichende finanzielle Mittel für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben bereitzustellen und gleichzeitig die Steuerbelastung für die Bevölkerung und die Unternehmen tief zu halten. Dieses Steuersystem trug zur erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung Liechtensteins im 20. Jahrhundert bei und erwies sich trotz tief greifender Veränderungen der Wirtschaftsstruktur als leistungs- und anpassungsfähig.

Wilfried Oehry

Quellen

LUB I, LUB II; Ospelt: Wirtschaftsgeschichte, Anhang, 1972, 122–127, 259–266; Schuppler/Ospelt: Landesbeschreibung 1815, 1975, 314–395; Rech Reg 1922–; Botschaft des Liechtensteinischen Landtages zum Steuergesetz, 1922; Steuergesetz, LGBl. 1923 Nr. 2; Botschaft der liechtensteinischen Regierung zum Steuergesetz, 1961; Steuergesetz, LGBl. 1961 Nr. 7.

Literatur

Malin: Geschichte, 1953, 94–125; O. Brunner: Land und Herrschaft, 51965, 273–303; Ospelt: Wirtschaftsgeschichte, 1972, 84–107, 126–141, 388–409; Lexikon des Mittelalters, Bd. 1, 32–34, Bd. 8, 142–146; HRG 4, 1964–1974; Vogt: Verwaltungsstruktur, 1994, 84–91; H. Wille: Liechtensteinisches Verwaltungsrecht, 2004; Frommelt: Gerichtsgemeinden, 2000, 101–112.

Medien

Steuereinnahmen in Gulden Reichswährung, 1810-1858

Steuereinnahmen in Gulden österreichische Währung, 1859-1899

Steuereinnahmen in österreichischen Kronen, 1900-1918

Anteile der Steuerarten an den gesamten Steuereinnahmen in Prozent, 1930-2000

Entwicklung der Steuereinnahmen, 1922-2000

Zitierweise

Fabian Frommelt, Wilfried Oehry, «Steuern und Abgaben», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: //historisches-lexikon.li/Steuern_und_Abgaben, abgerufen am 20.3.2022.

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