Welche rolle spielt der staat in der freien marktwirtschaft

von und

Ludwig Erhard gilt als "Vater" der Sozialen Marktwirtschaft. Er war von 1949 bis 1963 Wirtschaftsminister in der Bundesrepublik Deutschland und von 1963 bis 1966 Bundeskanzler.

Deutschlands Wirtschaftsordnung ist die Soziale Marktwirtschaft. Sie wurde aus der Freien Marktwirtschaft entwickelt. Damit keine zu großen sozialen Ungerechtigkeiten entstehen, greift der Staat wo nötig in die Freie Marktwirtschaft ein. Dabei wird die Freiheit der Marktwirtschaft da eingeschränkt, wo sie unsozial ist, wo sie nur den Starken dient und den weniger Starken schadet.

So gibt es etwa Gesetze zum Kündigungsschutz, die verbieten, dass ein Arbeitnehmer von einem Tag auf den anderen entlassen wird. Das ist wichtig, denn eine sofortige Kündigung würde dem Arbeitnehmer in der Regel große Probleme bereiten. Andere Gesetze sollen verhindern, dass sich große Firmen zu sogenannten Kartellen zusammenschließen. Diese Kartelle könnten die Preise ihrer Produkte so absprechen, dass kleinere Betriebe nicht mehr mithalten können und Pleite gehen. Auch sorgt der Staat dafür, dass bei gefährlichen Arbeiten die Arbeitnehmer vor zu großen Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken geschützt werden. Und das Privateigentum wird geschützt, aber wer Eigentum hat, hat auch Verantwortung dafür, wie er damit umgeht.

Die Soziale Marktwirtschaft wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Wirtschaftsprofessoren Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard entwickelt. Ihre Ideen gelten im Wesentlichen bis heute. Ludwig Erhard wurde nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 der erste Bundeswirtschaftsminister und später auch Bundeskanzler.

Die freie Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsform, in der die gesamte wirtschaftliche Aktivität dezentral mittels Preisen auf Märkten gesteuert wird. Der Staat greift nur minimal in das Wirtschaftsgeschehen ein, damit die Marktkräfte einwandfrei funktionieren.

Die freie Marktwirtschaft ist eine Wirtschaftsform, in der die gesamte wirtschaftliche Aktivität dezentral mittels Preisen auf Märkten gesteuert wird. Der Staat greift nur minimal in das Wirtschaftsgeschehen ein, damit die Marktkräfte einwandfrei funktionieren.

Man bezeichnet die Rolle des Staates hier auch als „Nachtwächterstaat“ und die Form der freien Marktwirtschaft als Laissez-faire-System.

Hintergrund: Adam Smith und die unsichtbare Hand

Das System der freien Marktwirtschaft baut auf der ordnungspolitischen Konzeption des (klassischen) Liberalismus auf. Das Konzept entwickelte sich in England ab der Mitte des 18. Jahrhunderts im Zuge der einsetzenden Industrialisierung. Hauptvertreter waren John Locke, David Hume, Adam Smith und Ludwig von Mises.

Man bringt heute, insbesondere Adam Smith und seine „unsichtbare Hand“ zur Erklärung des Marktgeschehens mit der freien Marktwirtschaft in Verbindung.

In seinem berühmten Werk „Der Wohlstand der Nationen“ erklärt der geistige Vater der Marktwirtschaft 1776, dass der Leistungsgedanke und eben die unsichtbare Hand die Kernelemente des Wirtschaftslebens sind: Sie bringt das eigennützige Individuum dazu, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Bzw. erklärt es, warum eine Gesellschaft insgesamt davon profitiert, wenn der Einzelne seinen Vorteil realisiert.

Außerdem beschäftigt sich Smith mit der Rolle des Staates. Er erklärt, dass er eine Daseinsberechtigung hat. Allerdings nur mit minimalen Funktionen. Aufgabe des sogenannten Nachtwächterstaates ist die Aufrechterhaltung des freien Wettbewerbs, damit die „unsichtbare Hand“ sich voll entfalten kann.

- Leistungsprinzip

o Jeder ist für sich selbst verantwortlich

o Jeder kann frei entscheiden und handeln

Eine Wirtschaftsordnung besitzt drei Merkmale: die Eigentumsordnung, der Koordinationsmechanismus und die Ordnungsfunktion des Staates. Die freie Marktwirtschaft ist hinsichtlich dieser drei konstituierenden Merkmale folgendermaßen gekennzeichnet:

1. Eigentumsordnung:

In der freien Marktwirtschaft befindet sich das Eigentum an den Produktionsfaktoren (und Produktionstechnologien) in den Händen der Wirtschaftsteilnehmer. Es handelt sich um Privateigentum. Die Gesellschaft wird hier prinzipiell durch die Marktakteure verkörpert.

2. Koordinationsmechanismus:

Die Güter- und Dienstleistungsproduktion wird in der freien Marktwirtschaft dezentral über den Markt koordiniert.

Das Streben nach Gewinn bzw. nach Nutzen der Marktteilnehmer und der Wettbewerb beschreiben die Marktwirtschaft. Der Konsument entscheidet, welche Produkte er kaufen möchte. Und der Produzent entscheidet, was er produzieren möchte. Wobei er sich natürlich an der Nachfrage und der Zahlungsbereitschaft der Konsumenten orientiert.

Auf dem freien Markt treffen nun Anbot und Nachfrage in Form der Produzenten und Konsumenten aufeinander. Aus diesem Spiel bildet sich der Preis.

Der Preis besitzt drei Merkmale, die den funktionierenden Koordinationsmechanismus abbilden:

- Lenkungssystem: Sie steuern Angebot und Nachfrage

- Informationssystem: Sie informieren über den Wert der Güter

- Sanktionssystem: sind die Preise eines Unternehmens höher als die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten, verringert sich sein Umsatz

3. Rolle des Staates

Stichwort: Nachtwächterstaat

Der Staat übt so wenig Einfluss wie möglich aus.

Seine Aufgaben bestehen u.a. darin:

- Gewährleistung der Eigentums- und Verträgsrechte

- Insgesamt funktionierendes Rechtssystem

- Funktionierende Zahlungsmittel

- Sicherheit

- Infrastruktur

Funktionen der freien Marktwirtschaft

Steuerung durch Markt und Wettbewerb

Politisches System (in der Regel)

Vorteile der freien Marktwirtschaft

  • Höchstleistungen durch freien Wettbewerb und Gewinnanreiz
  • Vielfältiges Güterangebot

  • Käufer entscheiden letztlich über das Güterangebot
  • Freie Entfaltung der Persönlichkeit und Individualität

  • Freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl
  • Freie Verfügbarkeit über das Privateigentum, auch bei Produktionsmitteln

Der Hauptvorteil der freien Marktwirtschaft liegt in den Ergebnissen, die eine alleinige Stützung auf das Leistungsprinzip erzielt. Freie Entfaltung in der Persönlichkeit und im Wirtschaftsleben kombiniert mit Wettbewerb führen zu effizienter Produktion und hohem wirtschaftlichem Wohlstand (im Durchschnitt!).

Nachteile der freien Marktwirtschaft

  • Auftreten von Konjunktur-schwankungen
  • Gefahr der Machkonzentration (Monopolisierung) und Wettbewerbs-beschränkung

  • Zu geringes Angebot an „öffentlichen Gütern“
  • Fehlende soziale und arbeitsrechtliche Absicherung

  • Arbeitslosigkeit kann zur Verelendung führen

In der obigen Übersicht haben wir kurz die Vorteile und Nachteile der freien Marktwirtschaft aufgelistet. An dieser Stelle gehen wir detaillierter auf die Nachteile dieser Wirtschaftsform ein.

Noch einmal zur Erinnerung: Das Kernelement der freien Marktwirtschaft ist der freie Preis- und Marktmechanismus. Die Preise regeln als „unsichtbare Hand“ das Marktgeschehen. Die Hauptkritikpunkte an der freien Marktwirtschaft bilden deshalb die Hauptkritikpunkte an einem freien Preismechanismus.

1. Öffentliche Güter: Unternehmer produzieren nur diejenigen Güter, mit denen sie Gewinn machen können. Güter, die nicht so einfach am Markt verkauft werden können, werden deshalb nicht in optimaler Menge produziert. Hierzu zählen öffentliche Güter, wie Straßennutzung, Bildung oder Schutzimpfungen.

2. Wettbewerbsverzerrungen: In einer Marktwirtschaft besteht bei Unternehmen die Tendenz über Unternehmenszusammenschlüsse den Wettbewerb einzuschränken. Zudem kann die (kurzfristige) Gewinnorientierung der Unternehmen in Konflikt mit sozialpolitischen Zielen stehen. Ein weiteres Problem stellen externe Effekte dar: Sie liegen z.B. vor, wenn ein Unternehmen Giftstoffe an die Umwelt abgibt, ohne für die Schäden zu bezahlen.

3. Instabilität: Die Wirtschaft schwankt. In Krisen kann es zu Deflation oder Arbeitslosigkeit kommen. Andererseits besteht die Gefahr von Inflation. Den Vorteilen des Wirtschaftssystems stehen dadurch existenzielle Risiken gegenüber. Insbesondere die Finanzmärkte sind instabil.

4. Ungleichheit: Typisch ist in der freien Marktwirtschaft eine ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung. Sie ist die Folge des dominierenden Leistungsprinzips. Und der Wert einer Leistung ergibt sich aus dem Preis, den die Konsumenten zu zahlen bereit sind. In der Realität zeigt sich, dass diejenigen Gesellschaften, die sehr effizient wirtschaften, auch große soziale Unterschiede aufweisen.

Quiz: Teste dein VWL-Wissen!

Die Wirtschaftsform der freien Marktwirtschaft ist eine idealtypische Vorstellung. Sie bildet das Gegenstück zur Planwirtschaft.

Und ist deshalb in der Realität nicht anzutreffen. Allerdings hat sich die grundsätzliche Form der Marktwirtschaft als Wirtschaftssystem durchgesetzt. Die meisten Länder besitzen inzwischen eine grundlegende Form der Marktwirtschaft mit unterschiedlich stark ausgeprägten Eingriffsrechten des Staates.

Am ehesten assoziiert man „kapitalistische“ Länder wie die USA, Hongkong oder auch Großbritannien mit der freien Marktwirtschaft.

Die Heritage Foundation misst seit 1995 mit ihrem „index of economic freedom“, inwieweit Länder dem Ideal der freien Marktwirtschaft ähneln. Der Index orientiert sich hierbei an den Vorstellungen von Adam Smith´s „wirtschaftlicher Freiheit“. Er misst den Grad wirtschaftlicher Freiheit in einem Staat anhand von Verfügungsrechten und dem Ausmaß staatlicher Regulierung des Marktes. Der Index berücksichtigt außerdem Faktoren wie staatliche Korruption, Handelshemmnisse, das Rechtsstaatsprinzip und die Einkommens- und Körperschaftssteuer.

Obgleich der Index (wie jeder statistische Index) Schwächen aufweist, zeigt er eine Diskussionsgrundlage auf, wie Länder die freie Marktwirtschaft realisieren.

Nach dem Index 2017 kommen diese 10 Länder der freien Marktwirtschaft (im Sinne von wirtschaftlicher Freiheit) am nächsten:

Top 10 Länder freie Marktwirtschaft

Economic of Freedom Index 2017

8 Vereinigte Arabische Emirate

Deutschland nimmt in dieser Liste Platz 26 ein.

Mehr Informationen zum Index findet ihr hier (auf Englisch): http://www.heritage.org/index/about

Deutschland besitzt die soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung. Sie orientiert sich damit an den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft. Aber sie besitzt auch „soziale Elemente“, die die negativen Auswirkungen des Wettbewerbs abfedern.

Generell ist die Entscheidung von Deutschland für die Marktwirtschaft keine Frage der Verfassung. Das Grundgesetz spricht sich weder explizit für die Marktwirtschaft noch für die Planwirtschaft aus. Für beide Wirtschaftsordnungen sind wesentliche Grundbedingungen im Grundgesetz und anderen Gesetzen verankert.

Die folgenden Gesetze bilden das Grundgerüst für die Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung in Deutschland:

  •  die Freiheit des Einzelnen (Art. 2 GG)
  • die Informationsfreiheit (Art. 5 GG)
  • die freie Berufswahl (Art. 12 GG)
  • das Recht auf Eigentum (Art. 14 GG)
  • die Vertragsfreiheit (Art. 2 GG und BGB)
  • die Gewerbefreiheit (Art. 2 GG und Gewerbeordnung)

  • Die Kennzeichen der freien Marktwirtschaft sind ein Wettbewerb, ein dezentraler Markt- und Preismechanismus und Freiheit
  • Die freie Marktwirtschaft stellt ein extremes Beispiel einer Wirtschaftsordnung dar (Spiegelbild zur Planwirtschaft)
  • Vorteile sind wirtschaftlicher Wohlstand und „Selbstentfaltung“. Nachteile sind die fehlende soziale Absicherung und wirtschaftliche Risiken.
  • Heute haben fast alle Länder marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsformen mit unterschiedlich stark ausgeprägten planwirtschaftlichen Elementen.