Wann treten nebenwirkungen nach biontech impfung auf

Natascha Koch / Apotheker Rüdiger Freund | 09.02.2022

Nach der Covid-19-Impfung treten bei vielen Menschen Impfreaktionen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schmerzen an der Einstichstelle auf. In sehr seltenen Fällen wird auch von schweren Impfkomplikationen berichtet. Lesen Sie hier, wie häufig diese vorkommen.

Seit die Corona-Impfkampagne in Deutschland vor über einem Jahr am 27.12.2020 startete, protokollieren Gesundheitsbehörden alle Impfungen und die gemeldeten unerwünschten Wirkungen. Deutlich wurde in dieser Zeit: Die ganz überwiegende Mehrzahl der Nebenwirkungen sind vorübergehende lokale und systemische Reaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopf- und Gliederschmerzen oder Müdigkeit. Schwerwiegende Nebenwirkungen, über die im Folgenden berichtet wird, sind sehr selten, der Nutzen der Impfung übertrifft diese Risiken bei Weitem. 

Bislang kamen in Deutschland die mRNA-Impfstoffe "Comirnaty" von Biontech/Pfizer und "Spikevax" von Moderna zum Einsatz, sowie die Vektor-Impfstoffe "Vaxzevria" der Firma AstraZeneca und "COVID-19-Impfstoff Janssen" von Johnson & Johnson. Zu diesen verzeichnet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seinem aktuellen Sicherheitsbericht insgesamt 244.576 aus Deutschland gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung. Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,64 Meldungen pro 1.000 Impfdosen, für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen. Wie sich die Melderate auf die einzelnen Impfstoffe verteilt, zeigt die folgende Tabelle. 

Melderate von Nebenwirkungen für Covid-19-Impfstoffe in Deutschland

Melderate pro 1000 Impfungen Durchschnitt Comirnaty
(Biontech/Pfizer)
Spikevax
(Moderna)
Vaxzevria
(AstraZeneca)
Janssen
(Johnson & Johnson)
insgesamt 1,64 1,3 1,9 4 2,6
schwerwiegend 0,2 0,2 0,1 0,5 0,3

Quelle: Sicherheitsbericht PEI vom 7.2.2022

Bei der Auffrischungsimpfung liegt die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen deutlich niedriger: Bis zum 31.12.2021 lag die Melderate pro 1000 Impfungen bei Comirnaty bei 0,53 und die der schwerwiegenden Fälle bei 0,04. Für Spikevax lag die Rate bei 0,65 bzw. 0,02. Gerade die Fälle von Herzmuskelentzündungen sind nach der Booster-Impfung deutlich seltener als nach der ersten oder zweiten Impfung.

Häufige Nebenwirkungen halten nur kurz an

Allgemein sind die häufigsten Impfreaktionen harmlos und dauern nur wenige Stunden bis Tage an. Solche Impfreaktionen lassen sich mit schmerz- und fiebersenkenden Arzneimitteln behandeln. Experten empfehlen die Mittel jedoch mit Einschränkungen. 

Die 10 häufigsten Nebenwirkungen

  1. Schmerzen an der Impfstelle
  2. Ermüdung
  3. Kopfschmerzen
  4. Schwindelgefühl
  5. Muskelschmerzen
  6. Grippeähnliche Erkrankung
  7. Gliederschmerzen
  8. Übelkeit
  9. Unwohlsein
  10. Missempfindungen der Haut (Kribbeln, Ameisenlaufen, Taubheit)

Seit Juni 2021 werden die Impfstoffe Comirnaty und Spikevax auch für die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen verwendet. Dem Paul-Ehrlich-Institut sind seit Beginn der Impfkampagne insgesamt 3.227 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet worden, in denen bei Kindern und Jugendlichen mindestens eine Impfreaktion berichtet worden ist. Die häufigsten Nebenwirkungen ähneln denen der Erwachsenen, am häufigsten wurden Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Ermüdung, Fieber, Schwindelgefühl und grippeähnliche Erkrankung genannt.

Mittlerweile liegen dem PEI auch erste Daten für die Nebenwirkungen und Impfreaktionen der 5- bis 12-Jährigen vor, die mit den Impfungen im Dezember 2021 gestartet sind. Auch diese verlaufen überwiegend mild. Mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag bei aponet.de. 

Anaphylaxie: Allergischer Schock

Auch wenn die häufigsten Nebenwirkungen harmlos und vorübergehend sind, kommt es in sehr seltenen Fällen auch zu schweren unerwünschten Reaktionen. Als schwerwiegende Reaktionen gelten solche, die die Experten als medizinisch bedeutsam einstufen oder bei denen die Personen im Krankenhaus behandelt werden, wie bei der sogenannten Anaphylaxie. Bis zum 31.12.2021 wurden 489 Meldungen einer anaphylaktischen Reaktion nach einer Covid-19-Impfung gemeldet. Bei allen Impfstoffen ist die Melderate einer Anaphylaxie bei Frauen insbesondere nach der ersten Impfung mit ca. 1 Fall pro 100.000 Impfungen insgesamt höher als bei Männern.

Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen 

Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und/oder eine Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis) sind ebenfalls eine sehr seltene Nebenwirkungen nach den mRNA-Impfstoffen Comirnaty und Spikevax. Eine Myokarditis kann sich mit Brustschmerzen, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzversagen äußern. Häufig ist gleichzeitig auch der Herzbeutel entzündet. In den meisten Fällen bildet sich eine akute Entzündung des Herzens innerhalb kurzer Zeit von alleine oder mit Hilfe von Medikamenten und körperlicher Schonung zurück.

Laut PEI haben männliche Jugendliche und junge Männer zwischen 18 und 29 Jahren nach der zweiten Impfung das größte Risiko für diese Impfkomplikation. Bei Kindern und Jugendlichen sowie Frauen treten noch seltener Herzmuskelentzündungen nach der Impfung auf. Da die Melderate nach einer Impfung mit Spikevax deutlich höher lag als bei Comirnaty, wird dieser Impfstoff in Deutschland nur noch für Personen über 30 Jahren verwendet.

Typischerweise treten erste Beschwerden innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Geimpfte, die einen mRNA-Impfstoff erhalten haben, sollten auf folgende Symptome achten:

  • Atemnot
  • Brustschmerzen
  • kräftiger Herzschlag, der auch arrhythmisch sein kann 

In der Regel verbessern sich die Beschwerden durch eine Behandlung oder durch Ruhe und verlaufen mild. In Einzelfällen treten aber auch schwerwiegende und tödliche Fälle auf: Insgesamt wurden 18 Todesfälle durch eine Myo-(Perikarditis) im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung gemeldet. In fünf Fällen wurde aufgrund des Autopsieberichts der Zusammenhang mit der Impfung vom Paul-Ehrlich-Institut als möglich bewertet

Thrombosen nach der Impfung

Den Impfstoff von AstraZeneca empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) nur für Personen über 60 Jahre. Grund dafür sind Thrombosen mit begleitender Thrombozytopenie (TTS), zum Teil auch mit Blutungen. Bei einer Thrombozytopenie sinkt die Zahl der Blutplättchen unter einen bestimmten Wert, was Blutungen hervorrufen kann. Diese Komplikationen wurden in sehr seltenen Fällen bei Menschen unter 60 Jahren nach der Impfung mit Vaxzevria in Deutschland und anderen europäischen Ländern beobachtet. Dies schließt sowohl Meldungen venöser Thrombosen, wie Blutgerinnsel der Hirnvenen, so genannten Sinusthrombosen, als auch arterieller Thrombosen ein. Bis zum 30.12.2021 wurden dem Paul-Ehrlich-Institut 205 Fälle eines TTS berichtet, die nach Impfung mit Vaxzevria auftraten. Aber auch bei den anderen Impfstoffen wurden Fälle verzeichnet: 27 Fälle nach Impfung mit dem COVID-19 Impfstoff Janssen, 41 Fälle nach Comirnaty und nach Spikevax wurde 5 Fälle eines TTS berichtet. 

Wer vier bis 16 Tage nach einer Impfung – also nach Abklingen der üblichen Impfreaktionen – Symptome wie Kurzatmigkeit, Unterleibsschmerzen oder Schwellungen in Armen oder Beinen entwickelt, soll sich an einen Arzt wenden. Auch bei starken oder anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen sollten Betroffene sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ausführlicher informiert dazu der Beitrag Kopfschmerzen nach Impfung: Ist es eine Thrombose?.

Guillain-Barré-Syndrom nach Vektor-Impfstoffen?

Darüber hinaus beobachtet das PEI auch sehr seltene Fälle des Guillain-Barré-Syndroms (GBS). Insgesamt wurden 354 Fälle gemeldet. Beim GBS handelt es sich um eine Entzündung von Nerven, die mit Lähmungen einhergeht. Auf folgende mögliche Symptome weist die US-Arzneimittelbehörde FDA in diesem Zusammenhang hin: 

  • Schwäche in Armen und Beinen
  • Schwierigkeiten beim Gehen
  • Schwierigkeiten bei Bewegungen des Gesichts (auch beim Kauen, Sprechen und Schlucken)
  • Schwierigkeiten, Blase und Darm zu kontrollieren
  • Schwierigkeiten, die Augen zu bewegen, und Doppeltsehen

Wer diese Symptome bemerkt, sucht am besten einen Arzt auf. In den der FDA gemeldeten Fällen traten sie meist innerhalb von 42 Tagen nach der Impfung auf. 

Wie häufig welches Präparat verimpft wurde und weitere Statistiken rund um den Fortschritt der Covid-19-Impfkampagne gibt das Robert Koch-Institut tagesaktuell auf der Website impfdashboard.de bekannt.

Dieser Beitrag wird fortlaufend aktualisiert.

Quellen:
Aktueller Sicherheitsbericht des PEI vom 7. Februar 2022
Sicherheitsbericht vom 23.12.2021
Sicherheitsbericht des PEI vom 29.10.2021
Sicherheitsbericht des PEI v. 20.9.2021
Sicherheitsbericht des PEI v. 15.7.2021
Sicherheitsbericht des PEI v. 10.6.2021
Sicherheitsbericht des PEI v. 7.5.2021

Impfstoffe werden von Swissmedic nur zugelassen, wenn sie sicher und wirksam sind. Dafür werden sie gründlich getestet.

Das Risiko ernsthafter Komplikationen bei einer Erkrankung am Coronavirus ist um ein Vielfaches höher als die Wahrscheinlichkeit schwerer Nebenwirkungen aufgrund der Covid-19-Impfung. Anders gesagt: Das Coronavirus ist die Gefahr, nicht die Impfung.

Pfizer/BioNTech haben den Impfstoff in einer Studie mit 43 000 Teilnehmern getestet. Die Hälfte der getesteten Personen erhielt den Covid-19-Impfstoff, die andere Hälfte ein Placebo ohne Wirkung. Bei den Studienteilnehmenden traten klassische Nebenwirkungen auf, die auch nach anderen Impfungen vorkommen. Nebst leichten lokalen Reaktionen um die Einstichstelle, waren dies bei den mit der Covid-19-Impfung Geimpften:

  • Müdigkeit
  • Kopfschmerzen
  • schmerzende Muskeln
  • Gelenkschmerzen
  • Schüttelfrost
  • Fieber

Für weitere Informationen klicken Sie hier.

Diese Symptome waren von kurzer Dauer. Sie treten nach Impfungen häufig auf und zeigen, dass der Körper den Schutz gegen die Krankheit aufbaut. Sie sind also in milder Form auch ein gutes Zeichen.

Seltene Nebenwirkungen oder solche, die nach mehreren Monaten auftreten, konnte die Studie bisher nicht zeigen. Aber die bisherigen Studienergebnisse machen deutlich, dass die Risiken der Krankheit durch das Coronavirus viel höher sind als die Risiken des Impfstoffs.

Ähnlich verhält es sich mit den Nebenwirkungen beim Impfstoff von Moderna: die Hälfte der rund 30 000 Studienteilnehmern erhielt die Covid-19-Impfung, die andere Hälfte ein Placebo. Auch hier waren die Nebenwirkungen klassisch. Und nebst leichten Reaktionen um die Einstichstelle, zeigten sich folgende Nebenwirkungen:

  • Müdigkeit
  • Kopfschmerzen
  • schmerzende Muskeln
  • Gelenkschmerzen
  • Schüttelfrost
  • Fieber
  • Übelkeit/Erbrechen
  • Schwellung der Lymphknoten

Nebenwirkungen können bei jeder Impfung auftreten, schwere Nebenwirkungen sind aber klar die Ausnahme.

Seit der Zulassung Ende 2020/Anfang 2021 wurden weltweit mehrere Milliarden Personen mit diesen Impstoffen geimpft. Sehr selten gab es schwere Nebenwirkungen. So kam es bei einzelnen Personen zu einer schweren allergischen Reaktion direkt nach der Covid-19-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. In sehr seltenen Fällen wurden innerhalb von 14 Tagen nach der Impfung Entzündungen des Herzmuskels oder des Herzbeutels beobachtet, die meist mild waren und gut behandelt werden konnten. Bei Personen unter 30 Jahren wurden solche Entzündungen häufiger nach der Impfung mit dem Impfstoff von Moderna beobachtet. Deshalb wird Personen unter 30 Jahren vorzugsweise die Impfung mit dem Impfstoff von Pfizer/BioNTech empfohlen. Für beide Impfstoffe gilt: Der Nutzen einer Covid-19-Impfung überwiegt auch bei jungen Personen mögliche Risiken. Entzündungen des Herzmuskels oder des Herzbeutels kommen auch nach einer Infektion mit dem Coronavirus vor.

Basierend auf Daten von internationalen Meldesystemen wurden bisher keine Hinweise auf weitere schwere Nebenwirkungen beobachtet. Man würde solche Nebenwirkungen innert weniger Monate nach der Impfung erwarten. Fachleute beobachten mögliche Hinweise weiterhin genau.

In der Schweiz ist die unabhängige Schweizer Heilmittelbehörde Swissmedic für die Zulassung und Überwachung der Covid-19 Impfstoffe zuständig. Sie publiziert laufend die Verdachtsmeldungen von Gesundheitsfachpersonen und Bevölkerung im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung in der Schweiz. Gesundheitsfachpersonen sind gesetzlich nur zur Meldung von unerwarteten und schwerwiegenden Ereignissen verpflichtet. Dies erklärt, warum ein Grossteil der gemeldeten Ereignisse schwerwiegend ist. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie auf: www.swissmedic.ch/covid-19-vaccines-safety-update-de.

Bisher wurden in den USA seit Dezember 2020 über 150’000 schwangere Frauen mit den mRNA- Impfstoffen gegen Covid-19 geimpft mit einem ähnlichen Nebenwirkungsprofil wie bei der restlichen Bevölkerung. In einer spezifischen Überwachungsstudie für Schwangere, welche seit Anfang 2021 laufen, wurden keine negativen Auswirkungen der Impfung auf die Schwangerschaft oder die Entwicklung des Kindes beobachtet.

Für weitere Informationen klicken Sie hier.