Wann fühlt man sich im neuen Haus wohl

Wohnpsychologie: Gründe, warum wir uns zu Hause wohlfühlen

Wann fühlt man sich im neuen Haus wohl

Wer ein Haus in abwechslungsreicher Umgebung besitzt oder den Zugang zur Natur hat, kann das Innere seiner Wohnung schlicht halten. Ist die Umgebung monoton, empfiehlt sich eine bunte Gestaltung.

Foto: iStock/Cecilie_Arcurs

Warum Natur im Wohnen für unser Wohlbefinden so wichtig ist – und wir in der Gestaltung unserer Räume unbedingt selbst mit anpacken sollten.

Sicherheit und Geborgenheit sind Grundbedürfnisse des Menschen. Genau das soll auch eine gute Wohnung leisten. Gern wird sie deshalb als die „dritte Haut“ des Menschen bezeichnet. Die Art des Wohnens wirkt auf den Menschen und sein Befinden. Aber: Wann fühlt man sich in einem Raum wohl? Das ist gar nicht so einfach zu sagen. Ist es die Form, sind es die Farben oder das Licht? Oder eher die Gerüche? Mit diesen Fragen hat sich der Architekt und Psychologe Dr. Harald Deinsberger-Deinsweger auseinandergesetzt. Seit neun Jahren berät er mit seinem Institut Wohnspektrum Bauherren in Fragen der Wohnpsychologie.

Wann fühlt man sich im neuen Haus wohl
Wann fühlt man sich im neuen Haus wohl

Wohnpsychologie erforscht das Wechselspiel zwischen dem Haus und seinen Bewohnern. Räume können unser Verhalten und Befinden bestimmen, oft deutlich mehr, als wir bewusst wahrnehmen. Sie können uns einengen, oder sie geben uns Möglichkeiten. Sie können uns auch aggressiver machen als wir eigentlich sind, oder sie können helfen zu relaxen.

Nicht direkt. Aber man kann die Basis dafür schaffen, dass gute Laune wahrscheinlicher wird. Mit Gebäuden und Räumen kann man zwar Gefühle nicht erzeugen, aber man kann Räume bauen, in denen es leichter ist, sich zu entspannen. Solche Räume sind dann auch langfristig gesundheitsfördernd. Schlechte Laune von vornherein auszuschließen geht leider nicht. Es gibt jedoch durchaus räumliche Aspekte, die beispielsweise depressive Verstimmungen verstärken oder gar hervorrufen können – aber auch solche, die diese vermindern können.

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Monotone Umgebungen können die Wahrnehmung schnell unterfordern. Wer seine Wände nicht streichen möchte, kann zum Beispiel mit farbiger Deko Akzente setzen.

Foto: Dulux Deutschland

Bleiben wir erst einmal bei der Entspannung. Diesen Zustand mögen wir sowohl im privaten Bereich als auch im beruflichen Umfeld, weil man dann meist deutlich kreativer wird. Um zu entspannen, ist der Raum wichtig, den wir um uns herum wahrnehmen. Wenn dort viele naturnahe Elemente sind, dann lässt Anspannung leichter nach. Das zeigen Untersuchungen. Es ist also durchaus nützlich, wenn man die Natur in den Außenräumen gut wahrnehmen kann. Ein Patient, der einen Blick auf Natur hat, wird beispielsweise schneller gesund als ohne eine solche Aussicht.

Das funktioniert durchaus. Wir brauchen von Natur aus ein gewisses Maß an Reizen, damit wir uns wohlfühlen. Diese Stimuli sind eine Art Grundnahrungsmittel für unser Gehirn und unsere Seele. Entwickelt hat sich das mit der Evolution des Menschen. In den früheren Epochen unserer Entwicklungsgeschichte in der Natur gab es nie einen Mangel an Impulsen und Reizen. Deshalb haben wir auch kein Alarmsystem, wenn mal zu wenige Reize auf uns einwirken – wir bemerken das nicht. Aber eine monotone Umgebung kann zu Unwohlsein führen, manchmal sogar zu Beschwerden.

Nein. Bei den gestalterischen Mitteln in unserer Umgebung gibt es keine Reizüberflutung. Zu viele Reize können höchstens aus den neuen Technologien kommen oder den Medien. Mit Möbeln, Einrichtungsgegenständen oder Pflanzen geht das nicht. Man kann zwar ästhetisch das Gefühl haben, dass der Raum überladen ist. Aber das macht nicht krank.

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Farben wirken nicht auf jeden Menschen gleich. Umso wichtiger ist es deshalb, sich bei der Farbgestaltung Zeit zu lassen und die Wohnung nicht komplett von Fremden einrichten zu lassen.

Foto: Dulux Deutschland

Nehmen Sie eine Stadtwohnung, wo man aus seinem Fenster nur auf eine langweilige Wand gegenüber schauen kann. Wer dort den Innenraum auch noch karg eingerichtet, der schadet seinem Wohlbefinden und seiner Konzentration: Solch eine monotone Umgebung fördert eher die Gereiztheit. Wer seine Umgebung nicht frei wählen kann, der sollte dann zumindest die Innenräume reizvoll gestalten, mit abwechslungsreichen Farben, Bildern und Dekorationen.

Wenn sie in einer abwechslungsreichen Umgebung steht, zum Beispiel mit viel Natur drumherum, dann keineswegs. Nur wenn sich die Monotonie auch in der Umgebung fortsetzt, dann sollte man etwas ändern. Sonst ist Schlichtheit durchaus in Ordnung, wenn zum Beispiel der Außenraum etwas zu bieten hat.

Der Einsatz von Grün in der Farbgestaltung kann ebenfalls einen entspannenden Effekt aufweisen – ähnlich einer natürlichen Umgebung. Aber er ist deutlich schwächer und lässt mit der Zeit spürbar nach. Wirklich positive Effekte entstehen erst in der Kombination von mehreren Farben. Zu einer reizvollen Farbgestaltung gehören aber noch weitere Elemente.

Ich empfehle meinen Kunden, sich Zeit zu nehmen, sich in den einzurichtenden Raum zu setzen und ihn sich eingerichtet vorzustellen: Welche Farben sehen sie, welche Möbel? Welches Licht wäre angenehm? Was würde es brauchen, damit ich mich dort gerne aufhalte? Mit nur ein wenig Zeit entwickelt fast jeder dann seine ganz eigenen, passenden Ideen.

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Klassisch einfach in Weiß oder mit farblichen Akzenten – welcher Raum entspricht mehr dem Menschen? Die Psychologie sagt: Mehrere Farben zu kombinieren, fördert die Kreativität und das Wohlbefinden.

Foto: Dulux Deutschland

Sie muss der Person entsprechen. Meist geschieht das mit persönlichen Dingen und mit einer individuellen Gestaltung. So entsteht eine emotionale Beziehung zu dem Raum. Es wird „mein“ Raum. Deswegen wäre meine erste Empfehlung auch, nicht alles durch andere designen zu lassen, sondern noch selber Hand anlegen, auch wenn Handwerker das dann ausführen. Das stärkt die Wohnzufriedenheit. Gut erkennen kann dieses menschliche Bedürfnis in der Pubertät: In diesem Lebensabschnitt ist der Wunsch zur Individualisierung besonders ausgeprägt. Vorher hatten ja fast immer die Eltern das Kinderzimmer gestaltet. Aber mit dem ersten Schritt zum Erwachsenwerden beginnt auch der Drang, sich selber wahrzunehmen, zuerst mal im eigenen Zimmer. Selbst wenn es den Eltern schwerfällt, das anzuschauen: Aus psychologischer Sicht ist das ein wichtiger Prozess.

Es könnte ihn theoretisch geben, aber er sieht dann jedes Mal anders aus, weil sowohl die jeweiligen Umgebungsfaktoren als auch die persönlichen Aspekte nie identisch sind. Raumkonzepte einfach zu kopieren, weil man sie für perfekt hält, ist also nicht ratsam.

Keineswegs. Marmorböden und edle Tapeten allein schaffen noch keine guten Räume. Man kann durchaus mit einfachen Mitteln eine hohe Wohnqualität erreichen. Und um die wichtigen menschlichen Wohnbedürfnisse zu befriedigen, braucht man auch nicht viele Quadratmeter.

Eine Wohnung sollte idealerweise über getrennte Bereiche mit unterschiedlichen Graden von Öffentlichkeit und Privatheit verfügen. Einmal einen Bereich, wo man Gäste empfängt, der den Kontakt zu Nachbarn zulässt. Und dann den intimen Teil, wo man sich entspannt. Klassischerweise das Schlafzimmer oder das Bad. Diese Funktionstrennungen sind wichtig, um unsere Wohnbedürfnisse einmal nach Gesellschaft und zum anderen nach Entspannung zu erfüllen.

Man kann da sicher gut fünfzig Bedürfnisse formulieren. Am wichtigsten sind die Anregung der Sinne, die Möglichkeit zur Entspannung, der Schutz der Privatsphäre und das Bedürfnis nach Gemeinschaft, nach Selbstbestimmung und nach Gestaltung in der eigenen Wohnung. Je mehr davon erfüllt werden, desto höher die Wohnqualität.

Direkt krank machen kann ein Raum nur in Extremfällen. Aber alles, was sich auf unser Befinden auswirkt, kann auf lange Sicht auch zu gesundheitlichen Konsequenzen führen.

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Dr. Harald Deinsberger-Deinsweger ist Experte für Wohnpsychologie.

Foto: Harry Schiffer

Dr. Harald Deinsberger-Deinsweger studierte Architektur und promovierte in Psychologe. Zehn Jahre war er als Projektleiter eines Architekturbüros tätig. Heute entwickelt er mit seiner Firma „Wohnspektrum“ Gestaltungskonzepte für Arbeitsplatz und Wohngebäude und leitet die Wohnpsychologie- Ausbildung an der AAP Österreichischen Akademie für Psychologie.

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