Als Fastenzeit wird in der Westkirche der vierzigtägige Zeitraum des Fastens und Betens zur Vorbereitung auf das Hochfest Ostern bezeichnet. In den reformatorischen Kirchen ist hierfür der Begriff „Passionszeit“ gebräuchlich. In der römisch-katholischen Kirche wird seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch die Bezeichnung „österliche Bußzeit“ verwendet.[1] Die orthodoxen Kirchen nennen sie die heilige und große Fastenzeit, kennen daneben aber noch drei weitere längere Fastenzeiten.
Historische Begriffe im deutschen Sprachraum sind „die große Faste“ und „die lange Faste“.[2] Die wichtigste lateinische Bezeichnung ist Quadragesima. Zur Vorbereitung auf Weihnachten kennt die Westkirche eine zweite, ursprünglich ebenfalls vierzigtägige Bußzeit, den Advent. Seit dem 2. Jahrhundert ist ein zweitägiges Trauerfasten an Karfreitag und Karsamstag bezeugt, das im 3. Jahrhundert mancherorts auf die ganze Karwoche ausgedehnt wurde. Im 3. Jahrhundert gab es in Rom eine dreiwöchige Fastenzeit, doch „seit dem 4. Jh. ist auf vielfältige Weise eine vierzigtägige Vorbereitungszeit auf das Osterfest bezeugt.“[3] Diese Periode galt als Bußzeit für öffentliche Sünder und gleichzeitig als Vorbereitungszeit der Katechumenen (Taufbewerber) auf die Taufe, die damals nur in der Osternacht gespendet wurde. Biblischer Hintergrund für die Festsetzung der Fastenzeit auf 40 Tage und Nächte ist das ebenfalls vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste (Mt 4,2 EU). Die Zahl 40 erinnert aber auch an die 40 Tage der Sintflut (Gen 7,4–6 EU), an die 40 Jahre, die das Volk Israel durch die Wüste zog (Ex 16,35 EU), an die 40 Tage, die Mose auf dem Berg Sinai in der Gegenwart Gottes verbrachte (Ex 24,18 EU), und an die Frist von 40 Tagen, die der Prophet Jona der Stadt Ninive verkündete, die durch ein Fasten und Büßen Gott bewegte, den Untergang von ihr abzuwenden (Jona 3,4 EU). Die Dauer von „vierzig Tagen“ ist eher als symbolische und weniger als mathematische Größe verstanden worden.[4] Ursprünglich – so etwa in Rom gegen Ende des 4. Jahrhunderts – scheint das Fasten am 6. Sonntag vor Ostern (Invocavit) begonnen zu haben, es endete am 40. Tag, dem Gründonnerstag, an dem die Büßer wieder zum Empfang der Kommunion zugelassen wurden. Ab dem 5. Jahrhundert wurden die Sonntage (als „kleine“ Auferstehungstage) vom Fasten ausgenommen. Um auf eine vierzigtägige Fastenzeit zu kommen, wurde daher der Beginn des Fastens (caput ieiunii) auf den Aschermittwoch vorgezogen und auch die beiden Tage des Trauerfastens (Karfreitag und Karsamstag) noch mitgerechnet.[5] Nach einer anderen Zählweise, welche die Sonntage einschließt, beginnt die Fastenzeit am Aschermittwoch und geht bis Palmsonntag. Mit dem Palmsonntag beginnt die heilige Woche, die dann als gesonderter Abschnitt gerechnet wird. Auch die adventliche Fastenzeit umfasste ursprünglich 40 Tage und begann nach dem 11. November, dem Martinstag. Die Sitte, an diesem Abend noch eine Martinsgans zu essen, ist ebenso wie der Beginn der Karnevalssession am 11. November in Parallele zu den Fastnachtsbräuchen vor Aschermittwoch zu sehen. Mit dem Auslaufen der öffentlichen Kirchenbuße gegen Ende des ersten Jahrtausends erhielt sich der Ritus der Bestreuung mit Asche als Zeichen der Buße und wurde an allen Gläubigen vorgenommen. Der Ritus der Auflegung der Asche fand Eingang in die Liturgie des Aschermittwochs. Auf der Synode von Benevent (1091) empfahl Papst Urban II. diesen Brauch allen Kirchen.[6] Die mittelalterlichen Fastenregeln erlaubten nur eine Mahlzeit am Tag, in der Regel am Abend. Der Verzehr von Fleisch, Milchprodukten, Alkohol und Eiern war verboten. Darauf geht die Tradition zurück, in den Fastnachtstagen Backwerk mit Zutaten wie Milch, Eiern, Zucker oder Schmalz herzustellen, wie etwa Krapfen, um solche Vorräte vor der Fastenzeit aufzubrauchen. Der Fastnachtsdienstag wird im französischsprachigen Raum dementsprechend Mardi Gras („fetter Dienstag“), im englischsprachigen Pancake Tuesday („Pfannkuchendienstag“) genannt. 1486 erlaubte Papst Innozenz VIII. auch den Verzehr von Laktizinien in der Fastenzeit. Gegen Zahlung des sogenannten „Butterpfennigs“ konnte bis dahin von dem Verbot, Butter und andere Milchspeisen zu verzehren, Dispens erteilt werden. Symbol der Passionszeit: das verhüllte Kreuz Die vierzigtägige Fastenzeit der römisch-katholischen Kirche ist als österliche Bußzeit bestimmt und dient der Vorbereitung auf die Feier des Todes und der Auferstehung Christi. „Katechumenen und Gläubige bereitet die Liturgie der vierzig Tage zur Feier des Ostergeheimnisses; die einen durch die verschiedenen Stufen der Aufnahme in die Kirche, die anderen durch Taufgedächtnis und tätige Buße“.[7] „Die Fastenzeit dauert von Aschermittwoch bis zum Beginn der Messe vom letzten Abendmahl am Gründonnerstag.“[8] Ab Karfreitag bis zur Osternachtfeier schließt sich das Osterfasten an,[9] als Trauerfasten zum Gedächtnis der Passion und der Grabesruhe Christi und zur Vorbereitung der Taufe oder Erneuerung der Taufversprechen in der Osternacht. Die Fastenzeit gilt als geschlossene oder „gebundene“ Zeit. Die Anforderungen der katholischen Kirche an die Fastenpraxis sind detailliert in der apostolischen Konstitution Paenitemini Papst Pauls VI. aus dem Jahr 1966 geregelt. Neben der Beachtung besonderer Speisegebote werden auch andere Formen der Askese und Buße empfohlen. Die Gläubigen sind angehalten, das Gebet intensiver zu pflegen und vermehrt an Gottesdiensten und Andachten (etwa der Kreuzwegandacht) teilzunehmen. Ebenso sollen sie mehr Werke der Nächstenliebe verrichten und Almosen geben. Ein solches Bußwerk wird, wie auch eine spürbare finanzielle Spende, die in der Fastenzeit gegeben wird, Fastenopfer genannt. An den Fastensonntagen und Hochfesten, die in die Fastenzeit fallen (etwa dem Hochfest des heiligen Josef oder dem der Verkündigung des Herrn) wird nicht gefastet. Viele katholische Pfarrgemeinden kennen die Tradition des „Fastenessens“. Unter diesem Begriff versteht man ein Solidaritätsessen zugunsten von Projekten in der Dritten Welt, für die auf den üblichen Sonntagsbraten verzichtet wird. Stattdessen wird oft ein einfacher Eintopf oder ein für das Projektland typisches Gericht verkauft oder gegen eine Spende gereicht. Die Liturgiereform in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils überließ die Ausgestaltung der Bestimmungen zum Fasten und der Lage der Quatembertage weitgehend den einzelnen Bischofskonferenzen.[10] LiturgieDie Fastensonntage werden nach den Anfängen der liturgischen Messfeiern benannt, den lateinischen Antiphonen zum Introitus bzw. nach dem Ritus der Palmweihe am Palmsonntag (Palmarum). In der Liturgie der Fastenzeit wird kein Halleluja gesungen, das Gloria nur an Hochfesten und Festen.[11] Nach dem Gloria der Messe vom letzten Abendmahl am Gründonnerstag bis zum Gloria in der Osternacht werden keine Glocken geläutet, sondern stattdessen Ratschen verwendet. Auch die Orgel schweigt traditionell während des folgenden Triduum Sacrum. Ebenso ist Blumenschmuck im Altarraum während der Fastenzeit nur am vierten Fastensonntag Laetare sowie an Hochfesten und Festen erlaubt.[11] Die liturgische Farbe der Fastenzeit ist Violett bzw. am vierten Fastensonntag Rosa (wobei auch Violet getragen werden darf). Gebotene Gedenktage werden während der Fastenzeit wie ungebotene Gedenktage behandelt, in der Messe darf vom Gedenktag nur das Tagesgebet genommen werden.[11] In der Stundenliturgie entfällt nach dem Eröffnungsvers "O Gott komm mir zu hilfe" das Halleluja. Eine Änderung bzw. freie Wahl der Propriumstexte ist nicht gestattet. Das Te Deum wird nur an Festen und Hochfesten gesungen,[12] das Canticum „die Hochzeit des Lammes“ aus der Offenbarung des Johannes (vgl. Offb 19,1–7 EU) der zweiten Sonntagsvesper wird durch ein Canticum aus dem ersten Petrusbrief ersetzt (vgl. 1 Petr 2,21–24 EU). Die Benedictus- und Magnificat-Antiphonen beziehen sich immer auf das Evangelium des Tages. In der Lesehore wird während des ersten Lesejahres Teile des Buches Deuteronomium sowie der Hebräerbiref verlesen. Im zweiten Lesejahr werden Teile der Bücher Exodus, Levitikus und Numeri verlesen.[12] Eine Feier der Gedenktage der Heiligen ist in Form einer Kommemoration möglich.[12] Ab dem 5. Sonntag der Fastenzeit („Passionssonntag“) werden Kreuze und Standbilder durch violette Tücher verhüllt. Die Retabel von Triptychen und Flügelaltären sind in der Fastenzeit häufig zugeklappt und zeigen die einfacher gestaltete Rückseite der Flügel. Teilweise verhüllen Fastentücher den ganzen Chorraum. Fasten außerhalb der FastenzeitDie Kirchengebote führen als viertes auf: „Du sollst die gebotenen Fasttage halten“. Bis zu den Reformen Papst Pauls VI. nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil galten als gebotene Fast- und Abstinenztage neben dem Aschermittwoch und dem Karfreitag auch die Freitage der Fastenzeit, der Karsamstag bis mittags und die Freitage der vier Quatemberwochen. Daneben bestand das Fasten-, nicht aber das Abstinenzgebot auch am Vigiltag verschiedener Feste: am Heiligen Abend, und den Vigiltagen von Pfingsten, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen. Bis in die 1960er-Jahre war Katholiken auch die Abstinenz von Fleischspeisen an den Freitagen verbindlich vorgeschrieben (Codex des Kanonischen Rechtes)[13]. Nach Maßgabe der Bischofskonferenzen einiger Länder kann dieser Verzicht auch durch einen anderen Akt der Buße und des Verzichts ersetzt werden. Manche Gläubige fasten aus persönlicher Frömmigkeit außer freitags zusätzlich auch mittwochs oder auch samstags. Zu den Verpflichtungen der Mitglieder einiger Skapulierbruderschaften, etwa der Unserer Lieben Frau auf dem Berge Karmel, gehört die Abstinenz von Fleischspeisen mittwochs, freitags und samstags. Siehe auch: Freitagsopfer In der orthodoxen Kirche gibt es vier mehrtägige Fastenzeiten:
Fastenstufen in den orthodoxen KirchenJe nach Tradition gibt es verschiedene Fastenstufen. Während der Fastenzeiten sollte sowohl die Anzahl der täglichen Mahlzeiten wie auch deren Gehalt eingeschränkt werden. An Samstagen und Sonntagen wird das Fasten jeweils um eine „Stufe“ gelockert. Nach der in den orthodoxen Kirchen verbreiteten Ansicht gilt jedoch das Beten sowie die strengstmögliche Enthaltung von Sünden als der wichtigere Teil des Fastens, wichtiger als der Nahrungsverzicht im engeren Sinne. Jeder Gläubige sollte seine Fastenregeln mit Gott, sich selbst und seinem Priester oder Beichtvater abklären. Fasten „auf eigene Faust“ wird nicht empfohlen. Die genaue Beachtung der Speiseregeln wird heute nur noch von einer kleinen Minderheit von Gläubigen vollständig eingehalten, in der Karwoche jedoch ist das Fasten weiterhin verbreitet üblich. Bezüglich der Speisegebote kennen die orthodoxen Kirchen grundsätzlich drei Stufen[14] des Fastens:
Diese Fastenstufen können von Kirche zu Kirche verschieden gehandhabt werden. Sie können auch durch den Priester für den einzelnen Gläubigen an dessen Möglichkeiten angepasst werden. In Klöstern gibt es noch eine zusätzliche Form des Fastens, die Xerophagia, die sich durch kompletten Nahrungsverzicht bis zur neunten Stunde (15 Uhr) auszeichnet und danach nur Brot, Früchte und Wasser erlaubt. Diese Form ist für die große Fastenzeit vor Ostern vorgesehen und wird von Laien bisweilen am „Reinen Montag“ (dem ersten Fastentag) und am Karfreitag eingehalten. Fastenordnung der „großen Fastenzeit“
Fasten außerhalb der FastenzeitenAußer in den Wochen direkt nach Ostern und Pfingsten (Oktav) und in den zwei Wochen nach Weihnachten soll an jedem Mittwoch und Freitag streng gefastet werden. Für orthodoxe Mönche gelten weitere Regeln. Allgemein fasten sie zusätzlich an jedem Montag. Die weitere Ausgestaltung ist jedoch von Kloster zu Kloster verschieden. In den strengsten Klöstern kann ein einziges gekochtes Ei pro Jahr, am Ostersonntag, das maximal Erlaubte an tierischen Lebensmitteln sein. „Im evangelischen Bereich heißen die vierzig Tage Passionszeit – Zeichen dafür, dass das Motiv der Passion Jesu die gesamte Vorbereitungszeit auf Ostern bestimmt. Ursprünglich war solche Prägung auf die Karwoche beschränkt.“[15] Die Reformatoren standen in der spätmittelalterlichen Tradition einer verinnerlichten Frömmigkeit: nicht die quantifizierbaren äußeren Akte seien wichtig, sondern die Gesinnung. In diesem Sinn äußert sich Martin Luther in seinem Sermon von den guten Werken:
Deutlich wird aus diesem Zitat, dass Luther das Fasten als eine Art individuelles Trainingsprogramm versteht. Daher kann nicht das gleiche Verzichtsverhalten allen gleichermaßen empfohlen oder gar verordnet werden. Zweck des Fastens ist nach den lutherischen Bekenntnisschriften „den alten Adam zu zähmen“;[16] das Fasten wird insbesondere zur Vorbereitung auf das Abendmahl empfohlen: „Fasten und leiblich sich bereiten ist wohl eine feine äußerliche Zucht“.[17] Jedoch wird die Festschreibung des Fastens in kirchenrechtlichen Kategorien durchweg abgelehnt und „Freiheit in äußerlichen Ceremonien“ gefordert, programmatisch z. B. in der Augsburgischen Konfession, § 26 „Von Unterschied der Speis“: „Und wird also nicht das Fasten verworfen, sondern daß man einen notigen Dienst daraus auf bestimbte Tag und Speise, zu Verwirrung der Gewissen, gemacht hat.“[18] Auch Luther formulierte: „Kein Christ ist zu den Werken, die Gott nicht geboten hat, verpflichtet. Er darf also zu jeder Zeit jegliche Speise essen.“ Seine theologische Pointe lag dabei in seiner Rechtfertigungslehre, weil Luther die Gefahr sah, dass der Mensch mit seinem Handeln Gott gefallen wolle. Im traditionellen Luthertum wird am Karfreitag bis zur Todesstunde Jesu um 15 Uhr strikt gefastet. Das Evangelische Gottesdienstbuch, das für die VELKD und die UEK, also für fast alle evangelischen Landeskirchen in Deutschland, verbindlich ist, sieht vor, dass ab dem Beginn der Vorpassionszeit, also ab Septuagesimae, „das Halleluja entfällt. Von Aschermittwoch bis Karsamstag entfällt auch das Ehre sei Gott in der Höhe (Ausnahme Gründonnerstag).“[19] Schließlich entfallen „von Palmsonntag bis Karsamstag […] ‚Ehre sei dem Vater‘, ‚Halleluja‘ und ‚Ehre sei Gott in der Höhe‘ (Ausnahme: Gründonnerstag).“[20] Am anderen Ende des evangelischen Spektrums, z. B. bei Pfingstlern oder Evangelikalen, aber auch bei vielen reformierten Christen werden geschichtlich gewachsene Traditionen wie die Fastenzeit eher skeptisch gesehen, manchmal provokativ durchbrochen wie beim Zürcher Wurstessen an Invokavit 1522. Wo in den evangelischen Kirchen die Fastenzeit neu entdeckt wird, geht es generell nicht um eine Rückkehr zu überlieferten Speiseregeln, sondern um das Aufbrechen eigener Gewohnheiten, um dem Heiligen Geist Raum zu geben. Seit 1983 verbinden evangelische Christen diese geistliche Praxis auch wieder mit einer körperlichen: dem Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten wie gut essen, rauchen, Alkohol trinken oder fernsehen. Kennzeichen für diese Entwicklung ist die Fastenaktion 7 Wochen Ohne der Evangelischen Kirche. Inzwischen nehmen jedes Jahr viele Menschen an dieser Aktion teil, die sich aus einer Stammtischidee des Hamburger Pressepastors Hinrich Westphal entwickelte. Auch andere Religionen wie das Judentum und der Islam kennen Zeiten des Fastens, in der sich die Gläubigen von morgens bis abends Speise und Trank enthalten. Das Judentum kennt Fastentage wie den Jom Kippur und Tischa beAv.[21] Im Islam ist der Fastenmonat der Ramadan.[22] Im Alevitentum fastet man im Muharrem-Monat, 20 Tage nach dem islamischen Opferfest. Im Februar findet noch das Hizir-Fasten statt, das dem Propheten al-Chidr gewidmet ist. Im Bahaitum beginnt die Fastenzeit Anfang März und endet 19 Tage darauf unmittelbar vor dem astronomischen Frühlingsanfang, wenn die Bahai das Nouruz-Fest begehen.
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Liturgische Zeiten und Festtage im Kirchenjahr
Weihnachtsfestkreis: Weihnachtszeit: Heiliger Abend Weihnachten Weihnachtsoktav (mit Stefanitag, Unschuldige Kinder, Heilige Familie und Beschneidung des Herrn bzw. Hochfest der Gottesmutter) Erscheinung des Herrn Taufe des Herrn ev: Epiphaniaszeit und Vorpassionszeit / rk: Zeit im Jahreskreis: Osterfestkreis: Triduum Sacrum: Gründonnerstag Karfreitag Karsamstag Osternacht Osterzeit: Ostern Osteroktav (mit Ostermontag und Weißem Sonntag) Sonntage Christi Himmelfahrt Pfingsten ev: Trinitatiszeit / rk: Zeit im Jahreskreis: Weitere Feste: Die farbigen Kästchen kennzeichnen die bevorzugte liturgische Farbe für das entsprechende Fest. Zum Ablauf des Kirchenjahres siehe beispielsweise auch die Perikopenordnung der evangelischen Kirche in Deutschland bzw. das Calendarium Romanum Generale für die römisch-katholische Kirche. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4130216-3 Page 27 Wochen Ohne ist eine bundesweite Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland, die jedes Jahr in der Passionszeit stattfindet. Sie beginnt stets am Aschermittwoch und endet immer am Ostersonntag. Die Fastenaktion gilt in Deutschland mit jährlich mehr als zwei Millionen Teilnehmern als bekannteste kirchliche Aktion nach Brot für die Welt.[1] 1983 beschloss in Hamburg eine Gruppe von Journalisten und Theologen, sieben Wochen lang – von Aschermittwoch bis Ostern – zu fasten. Auf einen Aufruf in einer Kirchenzeitung der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche meldeten sich 70 Teilnehmer. Ein Jahr später nahmen 300 Menschen teil. Die Idee breitete sich rasch aus, so dass die Koordination 1992 von der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an das bundesweit tätige Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik in Frankfurt am Main übertragen wurde.[1] 1989 beteiligten sich bereits rund 500.000 Menschen an der kirchlichen Fastenaktion.[2] Mittlerweile nehmen laut einer Emnid-Umfrage jährlich mehr als 3 Millionen Menschen in Deutschland an der Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ teil,[2][1][3] wobei die Gesamtzahl der Bundesbürger, die während der Fastenzeit auf bestimmte Nahrungs- und Genussmittel verzichten wollen, gemäß einer forsa-Umfrage von 2007 für das Magazin stern bei rund 11,5 Millionen Menschen liegt.[4] Das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik organisiert, betreut und unterstützt die Fastenaktion, zum Beispiel durch Medieninformationen, Fastenkalender, Fastenbegleitbriefe und weitere Materialien sowie durch einen eigenen Internetauftritt. Seit 1983 haben sich in Kirchengemeinden, Schulen und Vereinen Tausende von Fastengruppen gebildet, die sich mit lokalen Angeboten an der Aktion beteiligen.[5] Über die jährliche Fastenaktion wird regelmäßig in den Medien berichtet, wie zum Beispiel in Hörfunk-,[5] Fernseh-[6] und Zeitungsbeiträgen.[7] Nachdem von den Reformatoren das Fasten ganz oder doch zumindest als gutes Werk (vgl. Rechtfertigung) abgelehnt wurde, war der Brauch in den protestantischen Kirchen über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. Die Aktion hat die ursprünglich gemeinchristliche Tradition im deutschen Protestantismus wieder populär gemacht.
Ziel ist die bewusste Gestaltung der Passionszeit. Die Aktion lädt Menschen ein, Alltagsgewohnheiten zu überdenken: Sie verzichten zum Beispiel auf Genussmittel wie Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten oder andere Bequemlichkeiten wie Fernsehkonsum, Fertiggerichte oder Internet. Dadurch schaffen sie Platz für Veränderungen, entwickeln neue Perspektiven und stellen fest, was Lebensqualität ausmacht. Ein weiteres Motiv ist, durch Konsumverzicht Solidarität mit Benachteiligten zu zeigen. Dabei folgt die Aktion der Einsicht „Weniger ist mehr“ und stellt heraus, „7 Wochen OHNE sind auch 7 Wochen MIT“. Denn wo Verzicht ist, sei auch Platz für Neues.
Im Gegensatz zur römisch-katholischen Tradition ist das Fasten in den protestantischen Kirchen nicht mit dem Bußsakrament verbunden. Damit fehlt der Heil stiftende Charakter der Buße und mithin die allgemeine Verpflichtung für die Gemeindemitglieder, am Fasten teilzunehmen. Gleichwohl hat die Passionszeit als Zeit der Besinnung und innerer Einkehr ihre Bedeutung in der protestantischen Welt bis heute behalten.
Die Aktion 7 Wochen Ohne steht in dieser Tradition. Sie unterscheidet sich vom traditionellen römisch-katholischen Fastengebot darin, dass es zum einen keine konkreten (Speise-)Vorschriften und zum anderen keine allgemeine Verpflichtung zur Teilnahme gibt. Der Fastenbegriff ist weiter gefasst und beschränkt sich nicht darauf, auf bestimmte Speisen und Genussmittel zu verzichten (traditionell tierische Produkte wie Fleisch und Milch sowie Speiseöl). Er wird ausgedehnt auf die Enthaltsamkeit von persönlichen Gewohnheiten, auf das Umwerfen der eigenen Ordnung im Alltag, um sich frei zu machen von den Zwängen des Alltags, um das eigene Leben neu auf die eigenen inneren Wertvorstellungen und auf Gott auszurichten. Weil es den einzelnen Gläubigen freigestellt ist zu fasten, ist die Teilnahme an der Fastenaktion freiwillig.
Als Ergänzung zur evangelischen Aktion „7 Wochen ohne“ hat die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche die dezidiert ökumenisch ausgerichtete Aktion „7 Wochen mit“ gestartet. Diese Aktion versteht sich nicht als Konkurrenz, sondern als Weiterentwicklung der evangelischen Fastenaktion. Ziel der Aktion „7 Wochen mit“ ist es, den Fokus weniger auf den Verzicht, sondern auf den Inhalt der Passion Christi zu lenken.[26] Ähnlich verhält es sich mit der Aktion „7 Wochen anders leben“ des ökumenischen Vereins Andere Zeiten in Hamburg.[27] Er verschickt wöchentliche Fastenbriefe und betreibt jeweils von Aschermittwoch bis Ostern eines der bundesweit größten Internetforen zum Thema Fastenzeit.[28] |