Sehe ich aus wie im spiegel oder wie auf fotos

 

Wir kennen das alle: Man guckt in den Spiegel und findet: „Ach! Heute seh ich echt gut aus! Da mach ich ein Selfie!“ – und dann der Schock: du siehst eben nicht gut aus auf dem Foto! Wie kann das sein? Und auch 100 Versuche später, will kein hübsches Selfie bei rauskommen, das man auf Instagram, Snapchat oder WhatsApp posten könnte. Hinter diesem Phänomen steckt ein bestimmtes Problem!

 

Der Grund, warum wir uns auf Selfies oft nicht wiedererkennen ist, dass wir unser Gesicht die meiste Zeit im Spiegel sehen. Wenn wir uns im Spiegel angucken, denken wir SO sehen wir aus. Doch der Spiegel lügt – denn in Wahrheit siehst du dich … naja … spiegelverkehrt.

 

Die Wahrnehmung des Menschen ist so angelegt, dass Symmetrie als schön wahrgenommen wird. Das bestätigen mittlerweile mehrere wissenschaftliche Studien. Doch nur wenige Menschen haben ein (nahezu) symmetrisches Gesicht. Besonders einheitliche Gesichter – mit bis zu 92% – haben etwa Selena Gomez, Jennifer Lawrence oder Kendall Jenner.

 

Doch trotz der fehlenden Symmetrie finden wir uns ja schön im Spiegel – warum? Menschen haben auch die Eigenschaft, sich Dinge oder jemanden (inklusive sich selbst) schön gucken zu können. Je länger und öfter man etwas (oder jemanden) sieht, desto mehr gewöhnt man sich dran und empfindet dies dann eben als schön. Dieses Phänomen nennt sich der „Mere-Exposure-Effekt“.

 

Da bei Fotos der spiegelverkehrte Effekt den Spiegel haben fehlt, sehen wir uns nun, als ob wir ein Fremder wären, der uns anguckt und eben auch jemanden Fremdes sieht.

Oder kurz: Wir erkennen uns auf den Fotos nicht wieder – und viele finden sich dann nicht schön. Denn SO wie wir uns auf einem Foto sehen, sehen wir uns selbst nicht.

 
Sehe ich aus wie im spiegel oder wie auf fotos
Selfies aus unterschiedlichen Entfernungen – ein deutlicher Unterschied . . .

Ein weiterer Grund ist: das Selfie kann das Gesicht verzerren. Denn was näher an der Kamera ist, wirkt größer, und alles, das weiter weg ist, wird nach hinten "verzerrt". Dadurch wirkt deine Nase (die nah an der Kamera liegt) um bis zu 30 % größer. Deine Wangen (die weiter hinten liegen) wirken wiederum kleiner. Deine Ohren noch kleiner.

Zum Vergleich: Aus drei Metern Entfernung sieht dein Gesicht ganz anders aus, weil die Propor­tionen stimmen.

 

Ein Trick, das Selfie oder Foto so zu bearbeiten, dass es einem gefällt – und man sich selbst wieder erkennt ist, das Bild in der Bearbeitung spiegelt. Allerdings muss man dann in Kauf nehmen, dass alle anderen Menschen einen dann nicht mehr erkennen!

Auch die Selfie Kamera – die leider meist eine schlechtere Auflösung hat – macht ein Spiegelbild von dir und somit meist (für einen selbst) schönere Bilder.

Plus: ein Selbstauslöser oder ein Selfie Stick (peinlich, aber zu Hause, sieht es ja niemand) können außerdem das Problem, der verschobenen Proportion lösen.

Warum siehst Du auf Fotos anders aus. als im Spiegel? Die Sache mit der eigenen Wahrnehmung, dem Spiegelbild und dem Aussehen auf Fotografien. Eine Erklärung.

Was ist Lüge und was real?

Es gibt Fragen die man eigentlich schnell und einfach beantworten kann – wenn man sich auf das erlernte verlässt und nicht, so wie ich in diesem Fall, zu lange darüber nachdenkt und zu dem Schluss kommt das dass doch viel komplizierter ist als man dachte.

Während ich an der FAQ schrieb habe ich auf Facebook gefragt was nach Meinung meiner Leser noch in der FAQ fehlen würde. Dabei kam die Frage auf „Warum sehe ich auf Fotos anders aus als im Spiegel???“. Klar, jeder sagt jetzt weil das dein Spiegelbild ist, ich auch. Aber das ist ein wenig dürftig an Erklärung, oder? Je länger ich aber darüber nachdenke um so komplizierter wird die Geschichte und damit für die FAQ viiiiel zu lang. Da schreibe ich lieber einen Blog-Beitrag, ich hab hier einfach mehr Platz dafür. Auf gehts…

Die eigene Wahrnehmung – Wir belügen uns selbst

Wikipedia schreibt zu dem Thema Selbstwahrnehmung:

Selbstwahrnehmung oder Eigenwahrnehmung ist die Wahrnehmung des Selbst, der eigenen Person. Sie ist zusammen mit der Selbstbeobachtung für die eigene Bewusstseinsbildung und das Selbstbewusstsein unentbehrlich. Der Gegenbegriff zur Selbstwahrnehmung ist die Fremdwahrnehmung, also die Wahrnehmung einer Person durch Andere.

Wir sind es von klein auf gewohnt in den Spiegel zu sehen, uns also spiegelverkehrt wahrzunehmen.Wobei das nicht von Anfang an so ist. Hält man einem Säugling einen Spiegel vor, dann erkennt er nicht, dass das Gesicht dort sein eigenes ist. Erst ein paar Monate später gelingt es dem Kind, sich selbst zu erkennen.

Die Wahrnehmung und bildliche Vorstellung des eigenen Körpers wird allgemein als Körperschema bezeichnet. Das Bild, das sich jeder Mensch von seinem Körper macht, ist dabei nicht nur von der sichtbaren Gestaltung des Körpers abhängig, sondern auch von der Bewertung im Vergleich mit anderen Körpern, die vom eigenen Gehirn automatisch vorgenommen wird. Was als gut oder schlecht eingestuft wird, hängt von der Reaktion anderer Menschen und der Ausprägung des jeweils eigenen Ästhetikempfindens ab.

Wir verdrängen kleinere Makel aus unserer Wahrnehmung

Wir ignorieren beim Blick in den Spiegel gerne Fältchen, Hautunreinheiten oder etwas das uns an unserem Gesicht nicht passt. Wir wollen sie nicht wahrhaben. Das kann mit der Zeit so sehr zur Gewohnheit werden, dass wir diese Dinge teilweise komplett ausblenden und aus unserem Bewusstsein verdrängen, dass wir irgendwann nur noch unser selbstkonstruiertes Bild sehen (oder sehen wollen).

Dein Spiegelbild ist anderen egal, sie sehen es nicht

Du weist das du im Spiegel dein Spiegelbild siehst, also „vertauscht“ bist. Hebst du vor einem Spiegel deine rechte Hand hebt auch das Spiegelbild die Hand auf dieser Seite. Der Spiegel zeigt also nur eine Reflektion von dir. Steht dir aber eine reale Person gegenüber und ihr hebt beide die rechte Hand, hebt dein Gegenüber die Hand auf der anderen Seite.

Das bedeutet nun, auch dein Gegenüber sieht dich so wie du sie siehst. Die Person sieht dich nicht spiegelverkehrt, sondern so wie dich alle anderen auch sehen würden, wenn sie dir gegenüberstehen. Die Seiten sind hier richtig herum und sind keine Reflektion.

Was bedeutet das in der Fotografie?

IM realem Leben, ob sich selbst durch einen Spiegel oder andere Personen, sehen wir uns und andere wie einen Videofilm. Ständig ist alles in Bewegung, hält nicht still, im Sekundentakt verändert sich alles.

Fließende Bewegungen und Standbild

Während Videos fließende Bewegungen zeigen, zeigt die Fotografie ein Standbild. Sehr oft sind Fotos mit einer Belichtungszeit erstellt, die nur Bruchteile einer Sekunde betragen. Im Studio bewegt sich das in der Regel bei um die 1/160 Sek. Das ist also eine extrem kurze Zeit in der das Foto aufgenommen wird.

In dieser kurzen Zeit wird von Dir eine Momentaufnahme erstellt. Stell dir das ähnlich einem Screenshot während eines Videos, oder einem Standbild wenn du auf Pause drückst, vor.

Auf Fotos bist du richtig rum

Während dein Spiegel dich immer falsch rum zeigt, siehst du dich auf Fotos so, wie dich andere auch sehen. Deine rechte Seite ist auf Fotos auf der linken Seite, und umgekehrt. Dieses Bild ist für dich neu, fremd weil du es durch den Spiegel gewohnt bist dich andersrum zu sehen. Deine eigene Wahrnehmung wird dabei über den Haufen geworfen und du musst dich neu orientieren.

Die erste Reaktion beim ansehen der Fotos

Die sind so unterschiedlich wie das Wetter. Während jüngere Menschen mit Handys groß geworden sind und durch hunderte Selfies, oder sonstigen Bildern von Freunden ect., wissen das sie auf Fotos anders aussehen (anders rum), überrascht sie das nicht mehr.

Bei älteren Menschen, die weniger Bilder machen oder von sich selber sehen passiert das dagegen öfter mal. Aussagen wie „Das bin ich nicht“ oder „So seh ich doch gar nicht aus“ sind die Regel. Du kannst dir sicher das verblüffte Gesicht vorstellen wenn ich ihnen von dem Unterschied zwischen Spiegel und realem Bild erkläre. Dann ist meistens auch die Welt wieder in Ordnung.

Das Foto horizontal spiegeln?

Kleiner Trick mit großer Wirkung? Oder Selbstbetrug? Im Prinzip ist es egal, denn es muss dem Kunden gefallen.

Ich habe es erlebt das eine Kundin damit so gar nichts anfangen konnte und sich selbst auf den Bildern nicht wiedererkannt hat, da sie mit dem Phänomen überfordert war. Erst als ich das Portrait horizontal gespiegelt habe war die Welt wieder in Ordnung. Was sie dann aber hatte war kein Bild das sie so zeigt wie andere sie sehen, sondern eines das sie so zeigt wie sie sich selber im Spiegel sieht.

Fazit

Spiegel zeigen uns kein falsches Bild von uns, sondern ein seitenvertauschtes. Die eigene Wahrnehmung dagegen spielt uns einen Streich und zeigt uns oft so wie wir uns sehen wollen, wie wir uns mögen. Und dann kommt der böse Fotograf und macht Bilder von dir, die dich so zeigen wie deine Umwelt dich wahrnimmt. Schonungslos ehrlich zeigt er dich wie du wirklich bist, nämlich richtig rum, mit jedem Makel und ohne Einfluss durch die eigene Wahrnehmung. Das kann einen schon mal umhauen, oder? So schlimm wie es sich vielleicht anhört ist es aber gar nicht, denn wäre es so würdest du bestimmt keine Fotos mehr von dir machen lassen.