Kann man dem Baby im Bauch etwas brechen

Es gibt offensichtlich einen neu aufflammenden Trend – und da ich immer häufiger damit konfrontiert werde, muss ich mich dazu jetzt mal äußern, denn ich bin total entsetzt. Als ich zum ersten Mal die Frage „Ist Bauchstreicheln denn überhaupt erlaubt?“ hörte, dachte ich noch, es sei ein schlechter Scherz. Und nein, ich rede hier nicht davon, dass Schwangeren einfach ungefragt der Bauch getätschelt wird! Der Kern der Frage war nämlich: „Löst Bauchstreicheln Wehen aus?“

Es geht also vielmehr um einen weiteren, unbedachten Angriff auf das Bauchgefühl von Müttern, der zeigt, wie schnell Mythen & Gerüchte entstehen und wie bekloppt die Welt doch sein kann.

Ihr ahnt vielleicht schon, was ich dazu zu sagen habe? Ich meine – ernsthaft?! Ein Verbot, den Bauch zu streicheln? Ich hoffe, ich kann diesen Mythos heute brechen, doch lest selbst…

Den Babybauch tasten

Am ersten Abend meiner Geburtsvorbereitungskurse biete ich den Paaren immer an, gemeinsam mal das Baby im Bauch zu ertasten. Viele Paare liebkosen den Bauch eh bei jeder Gelegenheit und spüren strahlend den kleinen Tritten und Knuffen ihres Babys nach. Manch ein Partner beugt sich zwischendurch immer wieder zum Babybauch und lauscht, oder spricht mit dem Kind. Und meist sind die Paare sehr begierig zu erfahren, wie genau das Kind da im Bauch liegt, und um welche Körperteile es sich bei den kleinen, wandernden „Beulen“ wohl handelt. Wir beginnen also die Bäuche abzutasten – und dann kommt es fast immer wie es kommen muss, zu der Frage: „Sag mal, ist es eigentlich in Ordnung, den Bauch einfach so zu streicheln und zu betasten? Die Arzthelferin in meiner Gynpraxis hat nämlich gesagt, das könnte vorzeitige Wehen auslösen.“

Als mir die Frage das allererste Mal gestellt wurde, war ich vollkommen perplex. Inzwischen bin ich darauf gefasst. Aber gewöhnen möchte ich mich daran nicht.

Soll der Reflex, den Bauch zu liebkosen, besser unterdrückt werden?

Nein, bitte nicht.

Der Babybauch darf nach Herzenslust gestreichelt werden!

Und ganz egal, ob das nun ständig und ganz unbewusst nebenbei passiert, oder ihr gezielte Mutter-Kind-Kuscheleinheiten einlegt und das Baby durch den Bauch hindurch streichelt, es stupst und dadurch sogar etwas mit ihm „spielt“ – es ist ganz wunderbar, bindungsfördernd und ein schönes Gefühl. Und ihr streichelt euch ja auch selbst. Das ist einfach angenehm und Balsam für die Seele. Und ganz nebenbei werden durch solche Berührungen ein paar Glückshormone ausgeschüttet. Sie tun nicht nur euch, sondern auch dem Baby gut, denn es bekommt die Glücksstoffe und Stimmungen von euch ab – es ist ein Teil von euch!

Besonders am Abend, oder zu Zeiten, in denen man grad selbst entspannt, werden die Kinder oft aktiv und machen sich bemerkbar. Dann ist eine gute Zeit, um den Bauch zu streicheln, zu cremen, oder einfach über die kleinen Stupse Kontakt aufzunehmen – pränatales Bonden eben.

Bloggerkollegin Bea suchte kürzlich Fotos von Müttern, die gerade mal nicht ihren schwangeren Bauch mit den Händen einrahmen. Und auch wenn Bea eine gigantische Community anspricht, kamen diesmal gar nicht so viele (dafür aber ein paar sehr witzige) Fotos zusammen. Ich denke, einfach weil das Bauchanfassen und Streicheln und Halten ein so natürlicher Reflex ist. Das zu unterdrücken wäre vollkommen unnatürlich.

Löst Bauchstreicheln Wehen aus?

Nein. Das ist Quatsch. Denn wenn es so einfach wäre, Wehen auszulösen, dann bekämen alle Frauen, bei denen eine Geburtseinleitung ansteht, einfach die Anweisung den Bauch fest zu streicheln. Dem ist aber nicht so. Und selbst mit starken Einleitungsmedikamenten dauert es oft mehrere Tage, bis sich das Baby auf den Weg macht. So einfach ist es eben ganz und gar nicht, das Kind zum Auszug zu bewegen, wenn es noch nicht reif ist. Schon gar nicht, durch ein bisschen liebevolles Bauch streicheln.

Schöne Momente zu dritt

Für viele Paare ist es ein liebgewonnenes Ritual, am Abend kleine Bauch-Liebkosungs-Einheiten einzulegen. Der Partner nimmt Anteil an den Kindsbewegungen, von denen er ja tagsüber in der Regel wenig mitbekommt, spricht mit dem Baby und horcht nach dem Puckern des Herzchens. Das Kind liegt, durch den dicken Gebärmuttermuskel gut geschützt, in der Fruchtblase, umgeben von gut pufferndem Fruchtwasser.
Also, liebe Väter: keine Angst vorm Anfassen! Da geht nichts kaputt. Und wenn es der Mutter zu viel werden sollte, dann kann sie es ja sagen.

Gibt es Ausnahmen?

Natürlich. Keine Regel ohne Ausnahme. Und hier kommt vermutlich auch dieses unsägliche Gerücht her: Wenn ihr bereits ständig vorzeitige Wehen habt, und deswegen vielleicht auch schon im Krankenhaus aufgenommen seid, und eure Gebärmutter gerade hyperaktiv auf alle Reize reagiert, dann ist es sicher sinnvoll, den Bauch in Ruhe zu lassen. Das wird dann, vernünftiger Weise, auch das Krankenhauspersonal so anweisen. Und Zack! verbreitet sich das generelle Gerücht, dass Bauchstreicheln Wehen auslösen könnte – die Internetforen sind voll davon… Ich möchte aber behaupten, dass auch sanftes Streicheln hier nicht schadet. Auf kräftigere Massagen sollte man dann jedoch auf jeden Fall verzichten. Aber insgesamt ist das schon ein extremes und vor allem seltenes Szenario.

Bei einer normalen Schwangerschaft schadet Bauchstreicheln, genau wie Sport oder Sex ganz und gar nicht.

Ich hab‘ es doch gewusst!

Zurück zu meinem Geburtsvorbereitungskurs, wo sich dann – nach einer kleinen Aufklärungseinheit – wohlige Erleichterung mit hörbarem Aufatmen einstellt: „Das hab‘ ich mir, tief in meinem Herzen, doch gedacht, dass das totaler Quatsch ist.“ Und: „Na Gott sei Dank, ich streichel meine Kugel doch so gerne!“ Oder: „Siehste, war Blödsinn!“, höre ich dann, bevor sich alle wieder ihren Bäuchen zuwenden und für den Rest der Zeit gar nicht mehr aus dem Kuscheln rauskommen. ♥ Gut so.

Verunsicherung geht schnell

Ich finde die ganze Angelegenheit ja sehr exemplarisch für eine generelle Verunsicherung rund um das Mutter-, bzw. Elternwerden und sein. Man hat intuitiv eigentlich das richtige Gefühl, doch dann lässt man sich leicht verunsichern, sobald ein vermeintlich erfahrener Menschen – oder gar Fachleute – Ratschläge verteilen. Obendrein meist ungefragt. Und dann handelt man schnell gegen jedes Bauchgefühl und den eigenen, gesunden Menschenverstand. Einfach, weil man ja alles richtigmachen und sein Kind auf keinen Fall gefährden will. Das ist nachvollziehbar und traurig zugleich. Und ärgerlich.

Und mir zeigt es erneut, wie groß die Verantwortung ist, wenn man Menschen Ratschläge gibt. Das sollte man sich immer gut überlegen und im Zweifelsfall auch einfach mal die Klappe halten.

Auf Durchzug schalten

Kennt ihr das auch, wenn Menschen euch ungefragt sagen, was für euch und eure Babys am besten ist? Wie geht ihr damit um?
Ich plädiere ja für „auf Durchzug schalten.“

Und ihr?

Zuerst wusste ich nicht, wie mir passiert.

Ich war gerade in der 10. Schwangerschaftswoche, als ich ein ungewöhnliches Rumoren in meinem Bauch spürte. Ich wollte mich schon gedankenverloren am Nabel kratzen – die Haut hatte in den letzten Tag aufgrund meines  plötzlich wachsenden Bäuchleins etwas gespannt – als ich doch innehielt.

Was waren diese Mini-Zuckungen in meinem Bauch? Fruchtwasser? Luftblasen? Sie kitzelten mich sogar ein bisschen.

Ohhhhh, neeeein, ich meine, jaaaa, waren das etwa die ersten Regungen meines ungeborenen Kindes? Eigentlich war es dafür etwas zu früh. Zwar fangen Babys schon in der sechsten oder siebten Woche nach Befruchtung an, sich zu drehen, doch die meisten Schwangeren spüren die ersten Bewegungen zwischen der 18. und 25. Schwangerschaftswoche.

Ja, sie waren es tatsächlich! Und das Gefühl kommt den oft beschriebenen Schmetterlingsflügeln, die man zu spüren meint, sehr nahe.

Zumindest am Anfang: Später hatte ich eher das Gefühl, einen Alien in mir herumzutragen, der jeden Moment durch die Bauchdecke bricht. Oder einen überambitionierten Fußballspieler, der sich auf das nächste Elfmeter-Schießen vorbereitet. Aua, kann ich nur sagen!

Dabei haben die Tritte natürlich etwas sehr Tröstliches: Sie zeigten mir, dass mein Kind wohlauf war.

Und wenn das Ungeborene nicht gerade wie in diesem Extremfall die Gebärmutter-Wand durchtritt, sind die Tritte vielleicht manchmal unangenehm für die Mutter, aber nicht gefährlich.

Aber was möchte mir mein Baby sagen, indem es mich tritt?

 „Mir geht es gut. Ich bin da.“
Im dritten Trimester sollte man ungefähr zehn Schläge oder Tritte die Stunde spüren – ich spürte manchmal zehn in einer Minute. Natürlich muss das Kind sich nicht jede Stunde bemerkbar machen, es schläft ja auch mal.

„Hallo, ich bin wach!“
Jeden Abend, wenn ich mich aufs Sofa oder ins Bett gelegt habe, fing der kleine Rabauke in meinem Bauch an, zu boxen. Das ist nicht ungewöhnlich, werden die Babys doch dann meistens aktiv, wenn die Mama runterfährt (genau dieses Schema zieht sich leider auch durch die vielen schlaflosen Nächte in der ersten Zeit mit Kind). Wenn ich selbst in Action war, habe ich meistens nicht so viel gespürt – auch normal, weil die mütterlichen Bewegungen das Ungeborene in den Schlaf schaukeln.

„Ich habe gerade gegessen.“
Da geht es dem Kleinen wie mir: Sobald ich gegessen habe, bin ich wieder voller Energie. Babys reagieren auch oft anders auf verschiedene Nahrungsmittel – mal munterer und mal mit weniger Elan.

„Huch, ich habe gerade was mitbekommen.“
Babys verbringen ihre Zeit ja in dieser dunklen, schallgedämpften Fruchtblase. Doch manchmal dringt auch eine Bewegung oder ein Geräusch zu ihnen durch – oder sie bekommen es stärker mit als üblich. Und das möchten sie gerne kommunizieren.

Aus diesen Gründen habe ich am Ende der Schwangerschaft versucht, mich immer über die Tritte meines Babys zu freuen. Auch wenn ich manchmal genervt war, weil sie mich in die Rippen trafen – oder noch schlimmer – die volle Blase. Es ist ja sowieso schon schwer, den Urin bei sich zu behalten, wenn gefühlt zehn Kilo Gewicht auf der Blase lagen, aber das muss ich ja niemandem sagen…

Sorgen machen sollte man sich eher, wenn man sein Kind länger nicht spürt. Wie gesagt, über ein paar Stunden ist das noch normal, aber danach sollte man zumindest bewusst in seinen Bauch reinhorchen.

Was auch helfen kann, um das kleine Wunder im Bauch zum Strampeln zu bringen? Etwas Kohlenhydratreiches essen, bei dem die Energie schnell ins Blut geht.

Ich dachte natürlich auch sofort an Schokolade und Spaghetti, aber leere Kohlenhydrate – also solche, die keine Nährstoffe enthalten – sind auch keine gesunde Lösung, zumindest dauerhaft. Ich habe dann manchmal eine Banane gegessen, die hatte immer einen guten Kick-Effekt bei meinem Kind.

Auch Musik kann ein Baby ermuntern, sich mehr zu bewegen. Oder ich streichelte meine Bauch und klopfte zart darauf, bis sich mein Schatz meldete.

Go, baby, go.“