Gerichtlicher Vergleich umsatzsteuerpflichtig

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Dieses Thema "ᐅ Umsatzsteuer aus gerichtlicher Vergleichssumme - Anteil USt-freie Gerichtskosten ?" im Forum "Steuerrecht" wurde erstellt von Hofverwalter, 22. Juni 2014.

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(Stand: 17.10.2016)

I.    Sachverhalt
In dem Fall 2 K 69/16, über den das Thüringer Finanzgericht mit Urteil vom 16.08.2016 entschied, ging es um folgenden Sachverhalt: Es kam zwischen zwei Architektenbüros, von denen das eine vom anderen mit Teilarbeiten für einen Krankenhausanbau beauftragt worden war, zu Unstimmigkeiten, in deren Folge das Auftrag gebende Büro außerordentlich kündigte. In der Folge stritten die Büros v.a. darüber, ob die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorlagen. Hätten die Voraussetzungen nicht vorgelegen, hätte es sich u.U. um eine sog. freie Kündigung des Bestellers gehandelt, mit der Folge, dass der gekündigte Architekt Anspruch auf Schadenersatz für entgangenen Gewinn gem. § 649 Satz 2 BGB gehabt hätte.

Schließlich trafen die Büros einen Vergleich, der u.a. vorsah, dass der Architekt zur Abgeltung seiner sämtlichen Forderungen einen Betrag von 83 000 € erhält.

Das Finanzgericht hatte im Rahmen einer Klage des Architekten, der die Zahlung erhalten hatte, über die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen eine Vergleichszahlung der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist oder einen echten Schadensersatz darstellt, der nicht umsatzsteuerbar ist.

II.   Rechtslage
Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ist eine Entschädigung kein Entgelt i. S. des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Ob ein Leistungsaustausch vorliegt, ist ausschließlich nach den europarechtlich geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen, nicht nach zivilrechtlichen.

So liegt ein entgeltlicher Leistungsaustausch insbesondere dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet (BFH-Urteil vom 07.07.2005, V R 34/03).

III. Die Entscheidung des Finanzgerichts
Das FG hat sich unter Beachtung der Rechtsprechungsgrundsätze an dem Vergleichstext orientiert. Danach hatten die Beteiligten darüber gestritten, ob ein wichtiger Grund für eine Kündigung vorlag. Es war demzufolge bereits unklar, ob überhaupt ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch nach § 649 Satz 2 BGB besteht. Zudem sprach der Vertrag von der Abgeltung sämtlicher Forderungen, auch für bereits erbrachte Leistungen. Und schließlich hatte sich der gekündigte Architekt zum Stillschweigen über den Vergleich und die Qualifikationen seiner Vertragspartner verpflichtet. Das FG schlussfolgerte, dass ein Leistungsaustausch gegeben war. Der Architekt hatte dagegen in seiner Argumentation allein auf den entgangenen Gewinn abgestellt. Eine Aufteilung der Vergleichssumme im Schätzungswege sah das FG jedoch weder als geboten noch als möglich an.

IV. Praxisempfehlung
Wird ein Vergleich zur Beilegung von Streitigkeiten vereinbart, in dessen Rahmen zumindest eine Partei eine Zahlung oder eine sonstige Art von Entgelt leisten soll, sollte im Vergleich immer konkret geregelt werden, welcher (ggf. anteilige) Vergleichsbetrag wofür bezahlt wird.

| War Gegenstand eines Prozessvergleichs die Abgeltung eines klageweise explizit als Nettobetrag geltend gemachten Anspruchs des Werkunternehmers nach „freier“ Kündigung des Bestellers gemäß § 649 S. 2 BGB, kann der Besteller bezüglich des Vergleichsbetrags keine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer fordern, wenn dies nicht explizit in den Vergleich einbezogen wurde. |

Das OLG Brandenburg (11.1.19, 11 U 69/18, Abruf-Nr. 212585) zeigt mit dieser Entscheidung, wie wichtig es ist, sich im Rahmen des Prozessvergleichs nicht nur auf den Vergleichsbetrag zu konzentrieren, sondern die Folgen gut zu bedenken. Das gilt für die Klarstellung, ob im geschäftlichen Verkehr ein Betrag netto oder brutto gezahlt wird, Rechnungen oder andere Nachweise auszustellen sind, aber auch, ob der Vergleichsbetrag vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten enthält oder nicht.

 

  • Hallo, ich habe jetzt lange - vergeblich - gesucht und komme auf keinen grünen Zweig. Vielleicht kann mir wer von euch helfen. In einem Anfechtungsprozess hat unser Mandant einen gerichtlichen Vergleich über einen bestimmten Betrag geschlossen. Soweit, so gut. Jetzt will der Mandant aber, dass der Gegner ihm eine Rechnung über den Betrag x zuzüglich Umsatzsteuer (ergibt den Gesamtvergleichsbetrag) ausstellt, weil in den dem Vergleich zugrunde liegenden Ansprüchen ja USt enthalten war/ist. Der Gegner will aber davon nichts wissen, er meint, er solle einfach den (Gesamt)Vergleichsbetrag überweisen. Wie ist das jetzt mit der Umsatzsteuer bei gerichtlichen Vergleichen (beim Kapital, nicht bei den Kosten - da wird die USt. ja immer gesondert ausgewiesen)? Bis jetzt war das bei mir nie ein Thema, die Vergleichsbeträge sind einfach überwiesen worden und die Sache war erledigt. Es ist auch - soweit ich weiß - nie eine Rechnung ausgestellt worden. Habt ihr da schon Erfahrungen gemacht?

    Danke!

  • Zitat von Hank Moody Beitrag anzeigen

    Jetzt will der Mandant aber, dass der Gegner ihm eine Rechnung über den Betrag x zuzüglich Umsatzsteuer (ergibt den Gesamtvergleichsbetrag) ausstellt, weil in den dem Vergleich zugrunde liegenden Ansprüchen ja USt enthalten war/ist. Der Gegner will aber davon nichts wissen, er meint, er solle einfach den (Gesamt)Vergleichsbetrag überweisen.

    Die Logik erschließt sich mir nicht. Gerade weil in den zugrundeliegenden Forderungen Umsatzsteuer enthalten ist, ist klar, daß mit dem Vergleichsbetrag die USt schon enthalten ist. Im übrigen ist weitgehend ausjudiziert, daß Preisvereinbarungen im Zweifel immer "brutto" zu verstehen sind. Und das mit der Rechnungsstellung verstehe ich auch nicht. Die ust-pflichtigen Rechnungen müßten ja bereits vorliegen, wenn auf diese bezugnehmend geklagt wurde. Der Rechnungssteller müßte dann ja eher eine Gutschrift mit USt ausstellen.

    Und Dein Mandant ist der Zahlungspflichtige? Der will eine Rechnung über einen höheren Betrag? Oder eher so, Vergleichssumme 100, und er will eine Rechnung über 83,33 plus 16,67 USt?


    Wie ist das jetzt mit der Umsatzsteuer bei gerichtlichen Vergleichen (beim Kapital, nicht bei den Kosten - da wird die USt. ja immer gesondert ausgewiesen)? Bis jetzt war das bei mir nie ein Thema, die Vergleichsbeträge sind einfach überwiesen worden und die Sache war erledigt. Es ist auch - soweit ich weiß - nie eine Rechnung ausgestellt worden. Habt ihr da schon Erfahrungen gemacht?

    Wie gesagt, es ist sicher auf den Bruttobetrag geklagt worden. Anspruch auf eine Rechnung mit ausgewiesener USt hat der Zahlungspflichtige aber, wenn er Unternehmer ist.

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • Oder eher so, Vergleichssumme 100, und er will eine Rechnung über 83,33 plus 16,67 USt?

    Genau - er will eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer.

  • Ach so - ja, die Rechnung steht ihm zu, wenn 1. die Leistungen, die dem Vergleich zugrundelagen, ust-pflichtig waren und 2. er noch keine Rechnungen darüber gelegt hat und 3. der Zahlungspflichtige Unternehmer im Sinne des UStG ist {wovon ich ausgehe, wenn er eine USt-Rechnung haben will}.

    Steht in § 11 (1) 2. Satz UStG.

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • wie soll das gehen bei einem anfechtungsprozess? wenn überhaupt hat der anfechtungsgegner für die zahlung (die er vom späteren gemeinschuldner erhalten hat) eine rechnung gelegt. der anfechtungsgegner wird wohl die ust berichtigen müssen.

    wäre mir komplett neu, dass der iv rechnungen legt.

  • Oh, das habe ich überlesen, daß das eine Anfechtung im Insolvenzverfahren war. Ich bin von einem "normalen" Vergleich ausgegangen. *erröt* Natürlich: Der Mandant braucht keine USt-Rechnung (und hätte auch keinen Anspruch, er hat ja keine Leistung empfangen), sondern kann für den nicht hereinbekommenen (bzw. erstatteten) Teil seines Entgelts eine USt-Korrektur vornehmen.

    Sorry.

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • Zitat von Firmian Beitrag anzeigen

    Oh, das habe ich überlesen, daß das eine Anfechtung im Insolvenzverfahren war. Ich bin von einem "normalen" Vergleich ausgegangen. *erröt* Natürlich: Der Mandant braucht keine USt-Rechnung (und hätte auch keinen Anspruch, er hat ja keine Leistung empfangen), sondern kann für den nicht hereinbekommenen (bzw. erstatteten) Teil seines Entgelts eine USt-Korrektur vornehmen.

    Sorry.

    gibt nix zu erröten.
    vielleicht blamier ich mich jetzt a bisserl, aber wie würdest du es machen, wenn es eine ganz normale leistungsklage wäre. werklohn 100 + 20 Ust, gesamt daher 120 wird eingeklagt. ich vergleich mich auf auf gesamt 80 (ohne angabe was davon Ust ist und was nicht).

    mach ich dann eine ust korrektur (rechnung hab ich ja über 100 + ust geschrieben) auf 66,67 + 13,33 Ust?

  • Wie gesagt, Beträge sind im Zweifel immer brutto zu verstehen, also 66,67 + 33,33 ist jetzt der Umsatz, ganz genau. Du kannst jetzt, wenn Du magst, eine ganz normale Gutschrift ausstellen. Macht im Vergleich aber kaum einer, das verwirrt ja nur. Aber auch ohne diese verringerst Du den Umsatz im Sinne des UStG, wenn Du eine Forderung abschreibst.

    [Manche buchen auch den Forderungsausfall (33,33 + 6,67) als Aufwand mit Vorsteuer - kommt zwar am Ende dasselbe raus, ist aber unrichtig.]

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • Vergleich Netto bleibt auch bei Unternehmen Netto! Vergleich: Netto 1,5 Mio bleibt Netto! Zak 2011/251, 139

    OGH 23.2.2011, 3 Ob 5/11y

  • Ist natürlich nicht ganz dasselbe. Da wollte der Gläubiger ja zusätzlich zum eingeklagten Betrag noch 20% USt, ohne das aber hinzuschreiben. Bei der hier erörterten Frage ging's ja nur drum, wie der Empfänger das Geld dann versteuern muß. (Wobei im zitierten OGH-Fall der Gläubiger dann wohl auch den erhaltenen Beitrag steuerlich als Brutto annimmt - und "nur" 250 k€ Lehrgeld zahlt und nicht 300 k€ (auf die 1,5 Mio).)

    (Wahrscheinlich hat die Haftpflicht des Rechtsanwalts das Lehrgeld zahlen müssen.)

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • Ich habe das vor dem VS wartend mit dem iPhone geschrieben - mich daher kurz gefasst:
    Wichtig war mir hier, dass man sich bewusst ist, dass wenn Vergleich netto ausverhandelt wird und sonst immer die USt selbstverständlich hinzukommt, das eben bei einem Vergleich nicht mehr geht!

  • "Selbstverständlich" ist das auch außerhalb von Vergleichen nicht, daß die USt dazukommt.

    Wenn man im Angebot den Spruch "alle Preise verstehen sich zzgl. 20% Umsatzsteuer" vergißt, kann's einem auch passieren, daß das als Bruttobetrag verstanden wird - hatten wir hier auch schon diskutiert.

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

  • da reden wir etwas aneinander vorbei: ich meinte nicht, das IMMER die USt selbstverständlich dazukommt, sondern dass auch dann, wenn im konkreten Fall die USt sicher dazu käme, weil ein Unternehmer einem anderen geleistet hat und man auch brutto eingeklagt hat, aber netto verhandelt hat - was ja in der Praxis durchaus vorkommt - das selbst dann keine USt nachreklamiert werden kann

  • Ok.

    Jedenfalls Praxistip: Im Zweifel immer die USt dazuschreiben, auch wenn's auch dem Zusammenhang eigentlich klar ist

    Wer die Wahrheit im Wein sucht, darf nicht nach einem Achterl schon aufgeben.

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