Der schönste stern am himmel ist mein papa

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Der schönste stern am himmel ist mein papa


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Büchervereine zu München empfahl, der sie auch in Verlag nahm. Im Jahre 1835 entstand der Festkalender", dae erste Beispiel ciner illustrirten Zeitschrift für die Kinderwelt, welche unsern Pocci in derfelben mit einem Mal volfommen einheimisch machte. Groß und Klein nabm an dieser Gabe freudig Theil und der Weihnachtsengel konrite dem jungen Völklein nichts Lieberes bringen. Der „Festfalender“ entstand, indem Guido Görres das Dreikönigsblatt“ im ersten Hefte mit Pocci's Zeichnungen ausgab. Die bei. fällige Aufnahme veranlaßte die Sammlung von derlei Geften ; die meisten Gedichte sind von Guido Görres. Pocci nabm lange Anstand, etwas von seinen eigenen Dichtungen druđen zu lassen; endlich ließ er selbständig seine „GejQ i dyten und lieder" in 3 Bänden erscheinen, untermischt audy mit Gedichten anderer Verfasser, die er mit den mannichfaltigsten Bildern und Musikbeilagen begleitete, welche in ernster und heiterer Abwechslung das Kinderauge feifeln. Ein starter Beweis für die Ursprüngs lichkeit seines Talentes und dessen, was es produzirte, liegt in Ludwig Richter's eigenem Geständnisse, daß er durch Pocci's Zeichnungen seine eigentliche Richtung gefunden habe. Und wie sehr hat dieser Meister Jung und Alt mit seinen unübertrefflichen Schöpfungen erfreut ! Nach seiner Verheirathung ergößte Pocci, dieser Liebling der Kinderwelt, jeine eigenen Kinder mit Bilder. und Liederspenden, Zeich. nungen und dramatischen Spielen. Was diese auf dem lieblichen Landsiße zu Ammerland am Starnberger. see in solchen Spielen den Eltern und deren Freunden vorführten, ging baid in die weite Kinderwelt über, welche jene feste nachfeierte.

Nicht minder vollkommen und treffend, als Franz Pocci den in der Kinderwelt wiederklingenden Ton anzuschlagen weiß, finden wir ihn das Volfsleben schildern. Sein „Bauern. AB 6“ dient zum Beweise, wie er den Landmann fennt und das Volfsleben studirt hat. Aber er schöpft aus seiner inneren Lebenswelt und so spendet er das Mannichfaltigste, und wer ihn ganz kennen und verstehen will, muß alles was er schrieb, komponirte und zeichnete, zusammenhalten : seine meisterbaften Karikaturen voll Humor und scharf. treffender Jronie; seine frontmen Dichtungen und Bilder, die durdygehends katholischen Geist athmen; seine alljährlich erscheinenden Weihnachtsbildchen; seinen Gevatter Tod, die humoristisch-sinnreichen Todtentänze; feine harmlosen Schwänke und Nedereien; endlich die unzähligen Zeichnungen, z. B. von alterthümlichen Burgen, Turnieren u. dgl. m., mit denen er seine Freunde erfreut. Dieses Talent, vereint mit den edlen Eigenschaften seines Verzens und Geistes, haben auch die größten Meister anerkannt und gewürdigt. Ein wahrhaft poetischer Jugendfranz verband ihn mit Schwanthaler, Hoffstadt, Schlotthauer, Bed u. U., von denen besonders der Erstere sein intimiter Freund war; die kleine Sdwanthalerburg hat manches heitere Fest dieser eng Vereinten erlebt (i. Franz Trautmann's Buch über Schwanthaler, das die unterhaltendsten Schilderungen bietet). In dem phantasievollen Meister Schwanthaler, dem erniten Hoffitadt, der die Grundelemente der gothischen Baukunst ergründete, wie kein Anderer noch gethan, und unjerm Pocci hatte sich ein Kleeblatt zusammengefunden, das fich selbst wechselseitig ergänzend in bedeutender Weise förderte und hob. — Sein dichterisdies Talent neigt am meisten zur Situations- und Genremalerei mit volksmäßiger Grundlage. Heinrich Kurz ehrt nach Gebühr in seinen Dichtungen den sittlich schönen Sinn, ihre echt findlidie Gemüthlichkeit und die idylichte Einfalt der Darstellung, mag er die Liebe und die Lebenslust be singen oder sich in die Waldeiniamkeit vertiefen, oder Legenden erzählen, deren Stoffe immer gludlich ge. wählt sind; er findet in seinen ,Todtentänzen“, poetischen Verarbeitungen der bekannten bildlichen Darstellungen des spätern Mittelalters, eben so viel Tiefe als Humor; ferner rühmt er die Frische und Lebenswahrheit der Gemälde in dessen Liedercyklus , Der Landsknecht“. *) Es sind in Wahrheit diese Bilder mit episdem Inhalte von einer seltenen Anschaulichfeit, sie athmen bei naiver Auffassung und alterthümlicher Haltung die ungesuchte Frische echter Volkspoesie und stellen sid) den gleichnamigen von Hoffmann von Fallergieben ebenbürtig zur Seite.

Sdriften. Blum enlieder mit Randzeichnungen. München. fest kalender, herausgegeben mit Guido Görres. 3 Jahrgänge. München, 1835. Se d) 8 altdeutf de M in nelieder, mit Vignetten. Daselbst

. Geschichten und lieder mit Bildern. 3 Bde. Daselbst. Trifolien. Sechs Lieder mit Randzeichnungen. Daselbst. Sing weisen zu Maß man n’s Kinderliedern. Ebendas. Fliegende Blätter. 2 befte mit Radirungen zu Gedichten von Sobell und Becystein. München. Sechs lieder von Friedr. Bed, als Weihnachtsgeschenk, mit Singweisen und Nandbildern. Daselbit. M är ce n. (Schneewittchen, -Hansl und Gretl, - Friedrich mit seiner Geige.) Ilustrirt in 3 Deften.

Daselbst. Legende von St. pubert u 8 und Märlein vom Schneeweißchen und Rosenroth den, illustrirt

Ebendas.

*) Im „Nach llang" dazu fingt Pocci voll ernster Mahnung:

Wohlauf, ihr Landsknecht der neuen Zeit!
Ihr Landsknecht', seid alle zum Kampf bereit!
Wer weiß, wann es gilt; denn es kömmt über Nacht
Der Erzfeind, drum auf! daß ihr Alle wacht! Daß ihr wachet und stebet den Rhein entlang Und dort auf den Alphöhn, bang an bang Eine Ringfette, Mann an Mann gepaart, Die eisenfest treu deutsche Lande wahrt ! Wenn so aber die Landsknecht beisammen stehn,

Wo werden sie dann ihren rundsberg Febn?


Einen Helden, wie er, der sie weiset die Bahn?
Unser Herrgott schwinget wohl selber die Fahn'!


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Da rasselt's an den Feuern auf,

Nun ist die stille Wacht vorbei, Ein Reiter sprengt den Hügel 'rauf,

Im Frühroth zieht die bunte Reih', Die Trommler schlagen ein!

GS klirrt und knarrt hell auf. Am Himmel zieht ein rother Streif,

Es knarrt der Schnee, das Eisen flirrt, Er spiegelt sich im Kaidenreif,

Der Rabe durch die Stangen schwirrt, Gemalt vom Sonnenschein.

Die Spißen glänzen d'rauf. Und vorwärts geht's im raschen Gang,

Bei Trommelschall und Pfeifenklang,


Der Adler weht voran!
Der Adler (dwarz auf güldnem Feld,
Der alte deutsche Siegeshelb,

Der Adler weht voran!

A18 gestern ich ftund auf dem Wall Ihr lagt im tiefen Schlummer all' Ilnd mir beim hellen Mondenschein

Der Nachtwind blies durch Marf und Bein,

Smaut' ich hinaus in’s tiefe Thal, Darauf ein Schimmer lag so fahl. Da rasselt's her, als käm' zu Roß

Wohl Einer 0118 des Feindes Troß,


Und näher, näher trabt der Gaul Und feucht und dampft aus wundem Maul; Vom Helm des Reiters cin Federlein Schwanft in die Luft, ein Flamberg fein Sihlägt an den Sport - da ruf' id: Halt,

· Wir ba? die Losung, to'8 gefalt! Wo nicht, stoß ich nad Landsfrecht: Brauch

Den langen Spieß euch in den Bauch!"


„Dhoni sdyreit mir der Reiter zu, Laß deine Lanzen nur in Ruh, Ich heiß' Gut Freund in aller Welt,

Mich hat noch keiner je gestellt.. a


Vom Rößlein schwingt sich der Gesell
Der Mond blidt ihm auf's Antlig heu '8 war ein Gesid)t, so dürr und kalt;

Mich faßt, weiß nit, was für Gewalt,
Die Lanze sank mir aus der Hand Und mußt mich lehnen an die Wand.

Gut Freund fürwahr ich bin kein Feind, Hab's noch mit Jedem wohl gemeinta a Kreisdit er mir zu und tritt zu mir Da weht's mich an wie Fieber schier.

" Kennst mich nit, bist ein Landsknecht doch,


Der vieler Orten das Pulver rody,
Der fremdes Volk sah Tag und Nadit?u u Dabei hat höhnisch er gelacht

* Merf' auf und hör's: mit dir ist's all,


Id lös' didi abu a der Worte Hall
Drang mir in's Herz wie'n Lanzenstid);
Der Reiter sich von dannen schlich.
„Löstabu--schrie ich — r'8 schlug Mitternacht!" —

Das hat ein Landsknecht nach der Wacht
Uns einst erzählt; am andern Tag Er auf dem Feld erstochen lag, Als wir bei Fürth nach kurzem Streit

Die Städt'iden warfen und ihr Geleit.


B' war wohl der Tod, der auf der Sdanz Den Landsknecht lud zum leßten Tanz!

61. Die Sendlinger Schlacht.

(25. Dezember 1705.) Biel lieber bahrijd sterben

Die Herren und die Grafen Als faiserlich verderben!,

Die legten ftd) wohl schlafen, So halt's durdy's ganze Land.

Sit rühren feine Hand! Laßt eure Hütten stehen

Wer könnt' es denn ertragen, und in den Krieg und geben!

Wer wollte länger zagen, Nehmt nun das Schwert zur Hand!

Zu rächen Sdmach und Gdand'! Sie haben uns verrathen!

Plinganser, hast's getroffen! Verlasset Pflug ind Spaten,

Wie du, fo woll'n wir hoffen, Und ichwingt die Sense nun!

Auf unsern Gott vertraun, Wer soll für's Land sich wehren,

Nidit fürdyten Destreichs Sdaaren, Das Feinde sdon berheeren,

Getreu zum Rampf uns paaren Wenn wir auch wollten ruhn?

Und in die Feinde Jaun!


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Und dazwischen auf schwellenden Polstern liegt. Doch fte stößt ihn zurück in heiligem Groll,
Was in Hellas im Streite der Schönheit ftegt; Wie füß und bethörend die Lippe auch schwol :
Wer ist's, den der ewige Lorber noch freut, 68 öffne, ich dwör' e8, fein Ruß mir den Wenn das göttliche Weib ihm den Kranz nicht beut?

Bis in Flammen gesunken Persepolis rund!«.
Drum ist auch so schön und fo festlich der Tag,
Weil nicht der Barbar nur im Kampf erlag, &r hört sie, er schaubert, es glühet sein Blut,
Es hebt fich der Griechin auch stolzer Die Bruftr fteht sie, es faßt ihn begeisterte Wuth:
Seit des Siege fte der Schönheit fid; vollbewußt. Und gäbst du den Ruß für den Brand nur der

v

Welt, Sie fühlt fich entbunden des zweifelnden Streits, Sie flamme verlodernd zum HimmelBzelt!» Seitdem der Barbarin hinfälligen Reiz Gie geschaut; mehr freut fie der Glieder Pracyt, - »Du liebst mich, ich wußt es, du faffest mein

-Mo ' eß Die Hoheit der Stirne, der Augen Macht.

Wort,

Fünf Adler die schweben zur Rechten uns bort, Und Er, dem Aronion als Vater fich preift, Von Griechenland rauschen sie ftolz daher, Ergreift nun die Schale, die schäumend freift: Zu schauen die Rache, gerecht und schwer.no Was die Helden auch thaten, mein Lebehoch Das erste, ich bring' es der Schönheit doch!

Sie schwingt die Fadel in schimmernder Hand,

Um glänzende Hüften das Purpurgewand, Die Helden jubeln und stimmen ein,

Wie heimlich Entzügen durchperlt es den Wein, Bald stehet verlassen das Prunkgemad.


Der König, er stürmt ihr der Erste nach,
Nur Thäis soweigt ernft sinnend im Kreis,
Die vor Aden errungen der Schönheit Preis.

Wie ein Shyrsusftab, von Reben umranft, Was soll und die Wolfe, die fräuselnde, sprich,

Wird die Fadel geschwungen, fte fladert und

schwankt, Die trüb die ambrostide Stirne beschlich? Sonst träufelte Wonne aus Blick und Mund;

Das Getäfel von Zedern, den hohen Palaft Wať finnt fte, was schweigt ste, und gibt e& nicht Hat bald die gefräßige Flamme erfaßt.

fund?

Sie ledt an den Wänden, fte flettert empor, Hoch ragt sie empor wie ein Götterbild:

Ais gelt' el zu stürmen der Ewigen Chor; ..Was sollt' ich mich freuen des Siege so mild! Es jaucizen die Helden in trunkener Lust, Heut herrschen wir hier, doch es wechselt das Glück, Für Klage und Jammer verschlossen die Bruft. Bald fehrt in die Fallen der Perser zurück, —

EB ftürzt der Balkon, die Säule sinkt, ..Der Perser, der prahlend vor seinem Heer Für immer dahin ift, wad ziert und blinft; Gepeitscht das heilige griechifdye Meer.

Was mand Jahrhundert gebaut mit Macht, Der in Feffeln geschlagen Dfeanos' Fluth, Die Rache werwischt es in einer Nacht. Zu Thermopylä schwelgte in griechischem Blut,

Und balb, foweit das Auge bringt, Der Perier, der an ded Rephiflos' Strand Ist ein Meer von Flammen, das wogt und Verhöhnt und geschändet mein Vaterland,

ringt; Der, gegen die ewigen Götter empört,

Es schwelgt sich die Nache, die gierige satt, Athen mit Schwert und mit Flammen zerstört!". Heut fant für immer die Perserstadt.

Sprach's, eine Sibylle in delphischem Grimm, Und droben vom Söller aus ewigem Stein Den Rönig entzüdet ihr ungestüm:

Da schaut in die Flammen die Griedyin hinein, Romm, reidi' mir, eð neidet mir Zeug ben Genuß, Sie lockt aus der Lyra der Saiten Getön, Die zürnende Lippe zum feurigen Ruß!. Zu schau'n ist fte furchtbar, boch prächtig schön.

Der König lehnt ihr zu Füßen und lauscht
Dem wilden Gefang, der den Lippen entrauscht, Und mitten in prasselnder Flammen Erguß Gewährt ihm die Griechin den süßesten Ruß.


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fittlichen Ernst auszeichnen, stellen sich den Schöpfungen seiner Vorbilder nicht unwürdig zur Seite. Das eigentliche Element seiner poetischen Individualität bildet ein wahres, inniges Naturgefühl und, in seiner frischern Periode, eine ferngesunde Anschauung des Lebens und der Dinge, wie denn die allemannische Ges fühlötendenz überhaupt mehr in's direkte reale Leben hinausgreift, sich überall mehr an die objektiven Daseing. formen anlehnt, statt sich wiederum in das eigene Leben zurüdzuleben, wie das z. B. bei den Schwaben der Fall ist. Dazu gesellt sich die Würze eines ebenso kräftigen als liebenswürdigen Humors (wir möchten ihn als Wiß des Jdeals gegen das Leben bezeichnen), der sich oft in überraschender Weise geltend macht, zum Theil auch in seinen Märchenbildern, worin seine waldromantische Muse in träumerisch-reizender Naivetät uns entgegenlächelt. Daneben sind aber auch die dumpferen Saiten des Pathetischen und Schauerlich-Ernsten angeschlagen, besonders in den von plastischer Darstellungskunst zeugenden Romanzen und sagen, deren manche, nicht minder das Herz erwärmend, in Volksliedersammlungen, und einige der Mummelsee. märchen aus Simrod's „Rheinsagen“ den Weg nach England gefunden haben, z. B. „Die Lilien im Mummelsee“, sehr gelungen überseißt im Edinburgh Review, Juli 1838 (The lilies of the Mummel-Lake). Die den Lilien zu Grunde liegende Sage gab dem badischen Hof maler Gößenberger den Stoff zu einem der schönsten Freskobilder in der neuen Trinkhalle zu Baden. Zum Besten, was Schnezler im Bereiche der freien Sage schuf, gehört Der leßte Doge". Dieser träumt. Er fehnt sich aus einer jämmerlichen Gegenwart gurud in eine glorreiche Vergangenheit, er denft an Venedige Flotten, an das Glúd, welches zauberähnlich wie ein Feeenpalast aus der Tiefe des Meeres steigt. Und die Wogen drängen gegen ihn an, ja se ver. wandeln sich in der Anschauung des träumenden Dogen in ein Weib, in die Meerfönigin, welche sich lie. bend über ihn hinneigt. Da, vor der Gestalt zurüdjchredend wie vor einem Gespenste, weil es aus tiefer Bergangenheit herauftam, erwacht der Doge und Venedig ist gefallen!" brüllt es draußen, und Galliend Flaggen wehen vom Bucentauro. - Ein Bauptingrediens seiner seelenvollen Poesie ist die menschlich schöne

. innere Bildung; der Dichter sucht die Gegensäße des Lebens im höhern Lichte seines Gemüths zu vermitteln und zu verföhnen. Ein milder und erquicender Geist ist darum über die meisten seiner Darstellungen ausgegossen, deren Werth durch eine liebevolle Theilnahme an allen höhern Menschheitszweden nicht wenig erboht ist. Am reichsten und eigenthümlichften sprudelt, bei oft üppig reicher Phantasie, Schnezler's humoristische Ader, nur dann und wann satyrijch quellend, in den Novellen und dramatischen Spielen, 8. B. in den Erzählungen, Der Bibliothekar“ – Die Wunderbrillen', in dem fastnachtsspiel

„“ „Adam und Eva“, dem leider unvollendeten Philisterund Studentenspiel „Simson der Zweite“, u. a.

D. C.B. Wolff, welcher - nächst Wolfg. Mengel und A. Nodnagel - zuerst die Aufmerksamkeit auf dieses bedeutende Talent hinlenfte, ohne freilich seine novellistischen und dramatischen Arbeiten zu kennen, sagt von ihm im Supplementbande zur Encyklopädie der deutschen Nationalliteratur: „Aug. Schnezler ist namentlich als lyrischer Dichter bei weitem nicht so gekannt, wie seine vortrefflichen Leistungen es verdienen. Mit der glüd. lichsten Herrschaft über Sprache und form verbindet er seltenen Wohllaut, Reichthum an schönen und treffen. den Bildern, Fülle der Gedanken, die sich sinnreich mit der Anschauung vermählen, tiefes und warmes Be. fühl, die beiterste Laune und schlagenden Wip".

Schriften. Selbständig find erichienen: Gedichte. München 1838; 2te start vermehrte Auflage, Rarlsruhe (W. Sasper und Creuzbauer), 1846. Der Riß zum Kölner Dom. Festspiel in 1 Aft. Darmst. 1842. Badijo es Sagen buch. Eine Sammlung der schönsten Sagen, Geschichten, Märchen und legenden

des badischen Eandes aus Schrifturkunden, dem Munde des Volkes und der Didter. 2 Bde. Karls.

ruhe (Creuzbauer und Hasper), 1846. Aurelia's 3 a uberfre i s. Die schönsten Geschichten, Sagen und legenden der Stadt Baden und

ihrer nachbarlichen Thäler und Bergschlöffer, nebst einem Märchen.Cyklus vom Mummeljee. Mit

1 Stahlstich. Das. (1817). Die badische Kammer. Auswahl der gediegensten Kammerreden 2c. Ebd. (5. Madlot) 1847. Vergißmeinnicht. Illustrirter Wegweiser durch Frankfurt am Main. (Mit lyrischem Tert.) frantf. 1848.

in 3eitschriften veröffentlicht: Quintin Meilis. Schausp. in 1 Aft. (Sdweizerblätter, eine Monatsschrift, Jahrg. I. St. Gallen 1832.) Der Einsiedler. Dramat. Legende. (Schweizerblätter I. 1832.) Neunzeh'n hundert neun und neunzig. 'Lustip. in 1 åkt. (Mitternachtszeitung für gebildete

Lejer. Braunschw. 1840.) Adam und Ev a. Fastnachtsspiel in 1 Aft (Düsseld. Monatshefte, 1855). Novellen und Qumo resten in Stöber's ",Erwinia“, im „Gutenberg“, in Wiest's „Rheinland,

wie es ernst und heiter ist“, der , Mitternachtzeitung", in Th. Hell's Abendzeitung“, E. Duller's „Vaterland", der ,,Braunschweigischen Morgenzeitung", Bäuerle’s , Theaterzeitung", der „Narrhalla“, Saphir's „Dumorist“, in der „Desterr. Gartenlaube“, u. f. w.

Nadla: Verein 8 w u th. Lustip. in 3 Aufzügen. (1838.) Simion II. Philister- und Studentenspiel. (Bruchstüd. 1839.) Die verlorne Novelle. Romant. Puitspiel in 3 Akten. (1839.) Die Wahnsinnigen. Poffe in 2 Aften. (1839.) A narimander. Lustip. nach d. französischen des Andrieur. (1839.) Des Leben 8 Irrlich te r. Novellen und Humoresken. [Die Neujahrsnächte. Der Schaß von Grei.

fenstein. – Feldberger Nazi. Eine Schwarzwälder Borgeschichte. Professor Seradimorte. Der Klosterdämon. Der Marionettenjpieler. -- Zum rothen Epheukranz. Der Talisman. Ein Apenabenteuer. Die Wunderbrillen. Zéro noir. Der blaue Schatten. Der Bibliothekar. Das Geheimniß des Schleiers. – Signora Norella. Vom Gipfel in den Abgrund.]


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72. Konrabe von Würzburg Tod.

(1287.) In die ftille Klosterzelle

,,Brüder, Freunde aus der Hunde ! Blinft der Abendsonne Licht

Seid vol Danfes mir gegrüßt, Auf die schlichte Lagerstelle,

Daß ihr mir die bittre Stunde Auf ein tobten bleich Geficht;

Noch durch euren Troft versüßt! Bu dem Bruder Dom'nifaner,

Guerer Gebete Cdringen Der idon Jahre lang hier wohnt,

Lassen aus dem Erdenband Irat der strenge feßte Mahner,

Leichter meinen Geist fich ringen Welcher feines Alters schont.

Zu dem ewigen Vaterland.


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Trompetenton erhalt

Gin altes Kloster war Durd Burgos' Straßen. Unabsehbar wallt Am End' der Stadt. Da lag ber Mönche Staar Das Heer im luft'gen Siegemarsch herein, Im Hause Gottes knieend; keiner sprach Und «Vive l'Empereur !» tönt zwischendrein ;

Gin Wort; Trompetenhal burchbrach Franzosen find's; dreifarbig ihre Fahnen! Die Lobtenstille, wie Gerichtsposaunen. Ginschmudes Volk und recht zum Krieg gemacht. Die Mönche blidten ftil verzügt empor, Das leichten Sinn's dem Tod in's Antliß lacht, Als schweb' ein Geift herab im hohen Chor, Vol Jugendluft die ält'sten Veteranen.

Das rechte Wort jedwedem zuzuraunen. Stolz hebt das edle Roß

Gieb, auf der Rangel ftand Bei'm Marsch den Kopf, es fühlt: '8 ist der Genoß Der Prior todtenblaß, doch Todesbrand Des Ruhms, den sich sein Reiter frisch gewann; Glüht' aus dem Blid; er hob die Recht' und sprach : Aushielt's getreu wie Mann für Mann,

» Treu bis zum Lod! Wer folgt mir nach ?. Wenn ring sumber die heißen Kugeln flogen.

Und Alle hoben an mit lautem Sagen: Und streicht der Reiter schmeichelnd ihm den Bug, Treu bis zum Tod!. DerPrior d'rauf: •Verflucht, So denkt es d'ran, wie'é ihn gewandt und klug Wer lieber Knechtschaft als das Leben sucht, 3m Siegedlauf dem sichern Tod entzogen.

Und Schande lieber als den Tod will tragen! Ded Helmes Schweif zerfekt,

Die Nache ist des HErrn, Die Rechte keck der Seite eingeseßt,

Wir seine Diener, und wir thuen gern,

Was er uns heißt. Getreu wird sie vollstreet, So geht's im Schritt, und mancher Reiter blickt Kinan ringe 311 den Fenstern. Nicht

Bis Freund und Feind die Erde dedt. Rein schönes Kind mit altfastil'schen Augen ?

Das Leste noch, was mir bolbringen können, Es zeigt sich feins. Verdrossen in den Bart

Heißt Sterben. Und nicht nuglos sei's; es sei Brummt der Soldat: „Verdammt der Mädchen Art, Gemeinsam! Wir, o Brüder, sterben frei; Die nur für Klöster und für Pfaffen taugen!

Laßt ihnen uns ein Grab bei uns vergönnen!"

Gin Grab mit uns!. ro ruft Nicht Frau'n allein, - es will

Der Mönche Schaar, doch nicht die freie Luft! Kein Aug' fie seh'n. Die Stadt ift todtenstia,

Gebeut, wir thun's! Der Prior sinnt und Wie hohe Gräber stehen ring&umher

idweigt; Die Häuser al'. Und hoch und hehr

Dann nieder von der Kanzel steigt Au8 einem fommt ein Held herangeschritten,

Der Greið entschlossen zu der Schaar der Brüder, Der Geift des Wid. Entgegen stellt er fich

Jedwedem drücket er die Hand und spricht: Dem Beer und ruft: Zurück! hier hebe ich

,,Leb' wohl, mein Bruder, doch für lange nicht; Das Schwert noch stets, mit dem ich einst gestritten! 218 Brüder lebten wir, so finden wir uns wieder. Bernimm den Ruf: Zurüd!

So rüste ,u sprach er dann, Der Schnitter steht im ährenhohen Glüd. Ein Mahl, wie man fein beß'res finden kann, Zum leßtenmal: Zurüc! bernimm dies Wort! ' Du Bruder Roch! nimm jede Würz' dazu; Sie hören's nicht; sie reiten fort

Und Bruder Relermeister du, Im Siegeßmarsch durch Burgos' weite Straßen.- Laß mich dir heute helfen! Hord), bie Gäste, -Quartier gemacht! Sie fißen ab. Zwei, drei So früh, ihr Herr'n? Nun, tretet ein, und seid Raftilier standen dort; fte flieh'n. 68 sei,

Wilfommen; wae ba Küch' und Keller beut, Sie fürchten uns, man muß fie laufen lassen!

Reich tisdh' ich'8 auf bei diesem selt'nen Fefte.

o Lohnt's doch der Mühe! Wein

3hr bringt den frischen Ruhm Und Mädchen wollen stets gefunden sein.

In'8 alte traurge Refektorium; Wo sucht man fte? Wo fie verboten find, Drum (dmüd' es fich, wie's noch das Jahr vermag; Der alte Wein, das junge Kind,

Denn leider ift's Novembertag, Im Kloster ! — Frisd! es gibt ein froh Begegnen. Und Grabedblumen find'o nur, die noch blühen; Serbei, ihr Patres ! faßt die Bäum und fault Doch soll dafür, beim hellen Kerzenschein, Die Roffe ein! 3hr säumt noch? Braucht's Gewalt? Des Kloster & Kleinod euch, der ält'fte Wein, Wein, Wein herbei! Und ihr sollt ihn und Dem Schlauch entzapft, in Olaß und Herzen segnen!

glühen!


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Fort dläft er toneddwer,

Da fdaart das Volk fich, bangend ob dem Wort, Rein Laut, fein Säuseln hörbar rings um her. A18 träfe Au' ein einz'ger neuer Morr, Sie preßt bor Grau'n ibn, daß ihn Schmerz Qenn Frevel fich nicht deut. im Fürstenschloß erweckt.

zu wohnen. Vergebens ! Hordt! emporgeschredt

Springt sie jeßt auf und läit den Schläfer fabren. Toch wie der Fürst auch fdirect,


Was wimmert durd) diNacht ? So deutlid, flang Verbeißt. der Thäter blcibet unentdeckt. Es, gleich als ob ein Kind in Schmerzen rang;

Die Runde flieget iurc des Reides Gau'n Sie bebt vor Frost, deckt fich mit ihren langen

Ilnd träuit in alle Herzen Grau'n; Haaren.

Da hört ein alter Mann, ein unbekannter,

Jenseit des Grenzsteins sie und eilt herbei Ja, wie aus Kindes Mund,

Zur Hauptstadt; wer ihn siebet, renkt von Scheu Und dumpf, als ichöl's herauf aus tiefem Grund! Das Haupt; denn jener Greis ist ein Verbannter. ,Wadi' auf, ruft fte, - ,ein Mord, nah am

Gemach!

Der Alte aber tritt Er regt fich, halb im Sclaf, halb wad,

Zum finstern König hin mit festem Säritt. Und stammelt bleich: „Auf, faßt den Mörder, „Iet fann dir's sagen, Fürst," so hebt er an, Sdergen!

Wer diejen Frevel hat gethan ; Drauf fte zu ihm: Hörst wimmern du's ?" Tu wirst mich tódten, wenn du es erfahren.

Ich hör's...

Weil ich die Wahrheit sprach, ward id verbannt; ,So hilf, ch'e schon zu spät! Grrett'es ! fdwör'&! Mit Wahrheit fehr' ich beim ins Vaterland, Wir suchen'8 ... nädyfte Nähe muß es bergen. Und Wahrheit will ich sterbend offenbaren.

Zurüd raudt die Gardin',

,A18 ward der Grund gelegt Sie nimmt die Lampe, Beide eilen hin

Zu diesem Saloß, das Tyrannei jeßt hegt, Durch Gal' und Prunkgelasse, eine umfaßt

Da hielt kein Stein, kein Mörtel band; bei Nacht Das Andre bang sofort in Hast.

Zerfiel, was man bei Tag emporgebracht. Hier war'8! ... Nein dort! . . Allüberall das

Da gab ein böser Mann den Rath, den argen: Wimmern!

Wohl hält der Bau, wenn in den Grund ihr senft Sternloß die Nacht. Sie sdileiden bebend fort; Das sollt im Grund lebendig ihr einsargen!

Gin reines Kind, das noch den Himmel denkt; Nichts hörbar als der Wächter Losungewort, Nichts fichbar als der Partisanen Schimmern.

,,,Und wie er rieth, gedah'8,

Und ohne Scheu' und Scham und Mitleid fah's Schneebleich in's Schlafgemach

Dein Ahn', o Fürst, wie man das Kindlein hub Zurüce fommen fte, und Grau'n folgt nac,

Kinab, und in den Grund begrub, Und haucht sie an, zupft fte am Nachtgewand.

Auf welchem wuchsen Mauern. Thürme. Binnen. Los reißt fid, aus der Nymphe Hand

Nun steht das Schloß, gefeit; fein Feind nimmt's Der Fürft, berhüllt die Augen fich, die Stirne.

ein: 3ft'o Graun? ift's Scam? Sie faßt ihn schmei- Das Kindlein aber lebt noch unter'm Stein, delnd an.

Denn Gottes Engel find mit ihm darinnen. Hinweg die Hand!a ruft er, „Blut klebt daran, Und Fluch und Abscheu! Fort von mir, duDirne !

„Und ob dein Saloß auch gleißt

Mit goldnem Dach, und unbezwinglich heißt, Und vor die Schwelle ftößt

Dao Kindlein lebt, du haft'8 gehört bei Nacht, @r fte, die heiße Lieb' ihm eingeflößt;

Wie es in seinen Schmerzen wacht! Wild tobt Gewissen burd, die nächt'ge Ruh'.

Es wächst so lang, als Tyrannei hier oben; An feine Kissen tritt herzu

Dod Lyrannei, fo troßig fte auch steht,
Ein bleiches Kind mit einer Wund' im Herzen Ein Ddem Gottes ist's, der ste zerweht.
Ein luft'ges Bild ... Er stürmt entsegt hinaus, und über Nacht ist fte in Asch' zerstoben. Er wedt die Diener all' in seinem Haus: Licht! Licht! Anzündet Lampen, Fadeln, Kerzen!„Das Rind, o Fürst, das lebt

Im Grabe! Wiffe, daß es einft begråbt
Und als der Morgen graut,

Ad deine Macht und deine Herrlichkeit, Läßt er's berkünden durch den Herold laut: Weil Gott, sein Vater, es betreut. • Ein Mord geschah in meinem Schloß heut Nacht, Wann es im Wachsthum hoch genug geschossen, Gin Rind warb meuchlinge umgebracht!

Wird es mit seinem heil'gen Sdheitel dann Wer mir den Thäter bringt, dem wil id fürst- Durchbredyen deine Dielen, o Tyrann! lich lohnen!

Das Gotteskind, und deinen Iroß durchftoßen!


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Du blidit mid fragenb an, Hellene, Und wilft den Mömer nicht verftehn; Ob auch dein Reich To weit fich behne, M18 glänzt Apollon und Selene,

Nidts blieb auf Erden je beftehn!


El fommt der Sag, da fich beflügeln Auch wider uns das Unheil wird,

Und wo auf Roma's fleben Hügeln,


Die Heerden weidend, ruht der Hirt!

Doch weil noc Zeus mit seinen Wettern Die Welt beherrscht vom Rapitol, Laßt die Drommeten jubelnb schmettern, Und fränzt das Haupt mit Lorbeerblättern, Wir fochten für des Reiches Wohl! Wie du den leßten Griechen trauernd Im Sobe abft Philopoimen: Wird früh genug die Sonne schauernd Den leßten Römer fallen Fehn!"

ift am 1. Februar 1810 in Würzburg geboren. Seine Vorbildung erhielt er auf dem dafigen Gymnasium unter den Humanisten Hocheder und Eisenhofer, trat 1829 zur Julius · Marimilians . universität über, hörte philosophische, philologische und geidyichtliche Vorlesungen bei 7. J. Wagner, Met, Djann, Richarz u. A., und beschäftigte sich 1833/34 zu Beidelberg mit åsthetischen und allgemein wiffenschaftlichen Studier. Schon geraume Zeit vor 1830' hatte er, angeregt durch Heinrich Seuffert, den geistvollen Bruder des berühmten, mit Friedrich Rüdert befreundeten Rechtslehrers, in der Poesie sich versucht und war mit Proben in die Deffentlichkeit getreten. Den Plan, der tiassischen Philologie sich zu widmen, um eine Anstel. lung im Staatsdienste zu erlangen, batte er indessen aufgegeben. Im Umgange mit August Schnezler aus Freiburg, dem Freunde der Brüder Stöber, einein der begabtesten Schüler Platen'ø, hatte seine poetische Neigung frischen Anreiz gefunden.

Von 1834 bis 1844 lebte et, einen längeren Aufenthalt im Norden Deutschlands abgerechnet, am Mittel, und Niederrhein, gab 1835 unter Mitwirkung der Freunde Hungari, Nänny, Schnezter, Stö. ber u. A. das Dichterbuch » Rheinische Harfe" heraus und schuf 1836 bis 1839 zu Roblenz und Düssel. dorf, wo er der Malerschule (Reinid, Hafenclever , Achenbach, Heine u. A.) näher trat und mit Grabbe viel verkehrte, der rheinischen Gefangeðmuje ein Organ unter dem Titel , Rheinisches Odeon', mitherausgegeben von Ferd. Freiligrath und Aug. Schnezler. An diesem Mufenalmanach betheiligten fich nicht nur die ersten literarischen Notabilitäten und vorzüglichsten Kräfte des Rheinlande, wie A. W. v. Schlegel, Urndt, Simrod, Sirmenich, Dünßer, Kinkel, Pfarrius, Smets, Adelh. von

Stolterfoty, Wolfg. Müller u. U., sondern auch Autoritäten wie Rüdert, Rerner, Hoffmann von Fallersleben, Bechstein, Grabbe, Mofen, Pfizer, Stiegliß, Gödete, Hebbel, Schüding u. 4. lieferten Beiträge in deffen drei Jahrgänge.

Seit 1836 war er mehrfach unter dem Namen Frant von Stein a th Mitarbeiter an verschiedenen Zeitschriften, Almanachen und Sammelwerken, unter andern in U. Stöber'8 , Erwinia" und deffen „Elfäffischen Neujahrsblättern“, Th. v. Robbe’& „Þumoristischen Blättern“, im-„Bremer Konversationsblatt", in R. Töpfer's , halia“, Duller's „Phönir", Brindmeiers „Mitternachtzeitung", in Dingelstedt's

Salon', 8. Wiest'o , Rheinland und deffen Karnevalezeitung , Narrhalla”, in A. Schnezler'o „Gutenberg", im „Frankfurter Ronversationsblatt“, im Düffeldorfer Künstleralbum“ und den Düsseldorfer Monato. heften"; sodann in A. Schnezler's „Badischem Sagenbuch. (1846), M. Schöppner's" ,Sagenbuch der bayerischen Lande" (1852), Á. Böttger's „Buch deutscher Lyrit" (1853), N. Gođer’„Vom deutschen Geiste, eine Kulturgeschichte in Biebern und Sagen deutscher Dichter (1858); endlich in Chriftian Schad's , Deutschem Musenalmanach, J. B. Friedreich's „Fräntifchem Mufeum' (1857), im „Album für die Hinterlassenen deutscher Künstler" (1858), in Serm. Marggraff's Oumoriftischem Sausschap" (1859), in der „Desterr. Gartenlaube" (1868 u. 69), u. f. w.

Von 1844 bis 1849 hatte er seinen Wohnsip in Karlsruhe, sodann, nach einem mehrmonatlichen Aufent. halt in der Schweiz, bis Spätherbst 1853 in Minchen, worauf er sich in seiner Baterstadt den Herd gründete.

Die nachstehenden Proben fanden bereits Aufnahme im Rheinischen Odeon", in G. Bacherer's , Braunichweigischer Morgenzeitung" (1840), A. Schnejler's , Badischem Sagenbuch", L. Shüding's „Belvetia, poet. führer durch die Schweiz. (1851), in 3. Rant's ,,Poetischem Pilger durch Deutschland und die Soweizó (1852), E. Weller's Dichterstimmen der Neuzeit" (1857), in Christian Soad's . Deutschem Musenalmanach (1852 u. 1855) und in A. Sungari's , dcutschem Liederwald" (1854). Seine Lyrik aus fpäterer Zeit trat gesammelt noch nicht vor das Publikum.

Sdriften. lyrallänge. Würzb. 1832 ; vermehrte Ausg., Augsb. 1833 ; Darmst. 1834. Rheinische Hatfe. Herausg. mit P. I. Schmiß. Zweibrüden und Mainz 1835. Rheinisches Odeon. Jahrgang 1-2, Roblenz 1836; Jahrg. 3, Düsseld. 1839. Deutidland & Balladen und Romanzendichter. Karlér. 1846 ; 3te Auflage 1853, mit

Nachträgen 1859; 4te neu bearbeitete und vermehrte Auflage, baf. 1864-69. Die Deutigen Dichtet der Neugeit. Auswahl aus den Quellen. Mit biographisch-literarischen

Einleitungen. München, Palm's Dofbuchhandl. 1852. Die deutiche romii che und humoristische Dichtung seit Beginn des XVI. Jahrhunderts bis

auf unsere Zeit. 3 Bände. Nürnberg, v. Ebier. 1855-57, 66. Die tomische und bu mo riftifche literatur der deutschen Profatst en. Von Geiler

von Kaisersberg bis in die neuere Zeit. Band I. Buch 1 u. 2. (Im Manufeript vollendet bis zum Uusgang des achtzehnten Jahrhunderts.) Das 2te Buch erschien auch unter dem Titel :


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90. Der Retter von Roded.

(Schwarzwaldsage.) Nun soll es erklingen bad luftige Spiel Auf Spinnengeweben zu flettern, fürwahr, Vom Zwerg in dem Schlosse zu Roded.

Mich drin zu verschanzen auch wag' ich, Einst nahnen die Bauern im Krieg es zum Ziel, und gellet mein Stimmlein in heller Gefahr, Da faßte den Grafen ein Lodidred.

Kommt Hülfe, die Feinde verjag' id). Die Freunde, die besten, sie waren entflohn, Rurz, gebt mir, id) bitte, die Burg da in fut! Die Knechte verschmähn den verheißenen Lohn, Brav wird fie vertheidigt, da steh' ich Euch gut. Gehn über zum Bund der Versdwornen; Entschließt ud! jdon wälzt sich im Irotte Schon zählt er fich zu den Verlornen.

Shaleinwärts die feindlide Rotte!"

Der Treuste von Allen, ein drolliger Widt, Was fabelft du, närrischer knirpsiger Daus ?u u

Drei Fuß er nicht maß bis zum Schopfe Kopfschüttelt der Ritter von Roded, Mit röthlichem Bart und mit Runzelgesicht, Du wolltest bestehn mit dem Feinde den Strauß, Gewaltigem Höcker und Ropfe,

Auffordern zur Rache den Tod fecf ?n. . . Gar fein jalutirend mit Harnisch und Helm, „Das will ich, drum bin ich in Gisen und Stahl; Mit sporenumklirrten Kanonen, der Sdelm, Jegt macht aus dem Staub Euch mit Kind und So trat er entgegen dem Ritter:

Gemahl! Was grämt Ihr und härmt Euch so bitter ? Dies Zweiglein ... an felsiger Stelle

Gridhließt Guch die wohnlichste Zelle." „Vertraut mir, Gebieter! Ich hab' es Euch Dank, Daß einst ihr mich wiegtet im Holzduh, Der Graf mit den Seinen ergreifet die Flucht, Wo, gütlich bewirthet mit Speise und Trank, Dumpf wirbeln die Trommeln von ferne. 3d pflegte vergnüglich und stolz Rub.

Durch heimliche Gänge zur felsigen Solucht Längst bin ich entwachsen der Schaukel, ein Gelangt er im Schimmer der Sterne.

Held!

Kaum hat er berührt mit dem Zweig das Gestein, Ja, glaubt mir, ich tummle mich tapfer im Feld: So ladet ein Zaubergewölbe sie ein Ameis im Galoppe zu reiten,

Zu leder bereitetem Mahle, Das hab' ich gelernet vor Zeiten.

Da funkelt der Wein im Pokale.


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schildert er trefflich mit poetischen Farben. Zu vielen seiner Lieder gibt es Rompositionen von Fischhof, Küden, Loewe, Staudigl, Tomaschet, Zellner u. A.

In Darstellung des Humoristischen, der ja im Ernst und in der Tiefe des Lebens wurzelt, zeigt Frankl mehrfach entschiedene Begabung. Seine komische Anschauung gipfelt in der Satyre: „ ippotrated und die moderne Medizin“. Vol faustischen Wißes liefert diese jubelerwedende Schöpfung mit dem ver. borgenen tiefern Ernste den Beweis, daß die modernen Verhältnisse und Zustände der humoristischen Jin= pulje genug gewähren, daß es aber an Geistern fehlt, welche sie in die rechte Beleuchtung zu seßen verstehen.

Johannes Mindwiß, dessen Urtheil wir achten, bezeichnet Frankl im „Neuhochdeutschen Parnas“ (2. Aufl., Leipz. 1864) als einen der würdigsten Vertreter deutscher Poesie in dem weitherrschenden Wien. Er schreibt: „Für die Größe Desterreichs begeistert, wie wir Deutschen alle, ringend für den gesunden Fortschritt des Volkes ohne Glaubensunterschied, gibt Frankl uns das Bild eines ebenjo humanen als tüchtigen Charakters. Für seine Begabung spricht zugleich der freie und unbefangene Weltblick, der in allen seinen Schriften sich offenbart; wie er denn unter anderm auf poetischem Felde nicht mit denen übereinstimmte, welche den hohen Beruf Platen's lediglich aus dem Grund misjachteten, weil der getaufte Heinrich Heine diesen Dichter aus Eifersucht verkleinert hatte. Vielmehr erblidte Frankl in Platen sein Vorbild und strebte ihm nach in der edeln Form, deren Bedeutung, gerade in unserm Zeitalter auch von den österreichischen Poeten übersehen ward. Die Mängel, welche wir an seiner Dichtungsweise gleichwohl wahrnehmen, sobald die höchste Ans forderung an Klassizität gestellt wird, beschränken sich auf eine ungenügende Beherrschung der Stoffe, info. fern die feinen Scheidelinien der lyrischen und epischen Kunstgattung von ihm nicht streng genug einge halten scheinen. Auch leidet er bisweilen an Breite der Darsteđung, an dem Gebrauche allzufühner Bilder und an der Fremdartigkeit mancher Wendungen in den häufig aus dem Morgenlande geschöpften lyrischen Schilderungen. Unter seinen größeren Produkten behaupten das „Habsburglięd“ und der Rolomboento schiedenen Werth.

Sdriften. Das Habsburgslied. Historische Balladen. Wien 1832. Epische und lyrische Dichtungen. Daf. 1833. Sagen aus dem Morgenlande. Leipz. 1834. Christo phoro Rolombo. Episches Gedicht. (Dem König Karl Albert gewidmet.) Stuttgart 1836. Gedichte. Leipz., Brockhaus. 1840. R a diel. Biblisches Gedicht. Wien 1842 u. Ö. (4 Auflagen; von M. E. Stern in's Hebräische überseßt.) Don Juan d'Austria. Heldenlied in 12 Gesängen. (Anastasius Grün gewidmet.) Leipz. 1846. Ein Magy a ren kön ig. Gedicht in Balladen. Daj. 1850. Gusle. Serbische Nationalgejänge. 2. Aufl. Wien 1852. Hippokrates und die moderne Medizin. Satyre in Trimetern und Knittelversen. Wien

1853, 7 Aufl. (der Verfasser hat sich erst in der 4ten genannt). b. Die Charlatane. 7 Aufl. 1854.

c. Hippokrates und die Cholera. 3 Aufl. 1854. Z u len a u's Biographie. Wien 1854. Mozart's Sterb chaus. Das. 1856.

3 Nach der 3 erstörung. Gebräisde Elegieen. Mit hebräischer Nachbildung von Mar Letteris. Ebb.

1856. Nach Jerusalem! Reise in Griechenland, Kleinasien, Syrien, Palästina. (Auch u. d. Titel : A us

Egy p te n.) 3 Bde. Leipz. 1858–60. [In’s Englische übertragen von L. Beaton. London 1859;

in's Ebräische von M. E. Stern. Wien 1860.] Helden, und liederbuch. Prag 1861.; 2te Uufl. 1863. Der Prim ator. Gedicht in 7 Gesängen.' Prag 1862. 3 Auflagen (2mal in's Ebräische überseßt). A hnenbilder. (Gedichte.) Leipz. 1864.

Gab bera u 8 : Jol. E m. $ilidh e r's poetischer Nachlaß3. Nebst Biographie des Dichters. Pesth 1840. 2te verm.

Aufl. : Driginale und deberseßungen, redigirt u. hgb. zur Errichtung eines Hilscher-Denkmals in Leit.

meriß. Daf. 1863. Defterreichische 8 Morgenblatt. Wien 1841-42. Sonntagsblätter für Literatur und bildende Kunst. Eine Wochenschrift. Daf. 1842–48. Libanon. Ein poetisches Familienbuch. Das. 1855 ; 3te Aufl. 1864.

Zur Kritik und Charakteristil :
M. Enk in den Jahrbüchern der Literatur, Bd. 58. Wien 1832.
Şammer. Purg sta ll in der „Wiener Theaterzeitung" 1834.
W i ener Zeitung 1836, Nr. 156; 1836, Nr. 143, 224. Allgem. Zeitung. Beil. 3. Nr. 313. 1846. Magazin für die literatur des Auslandes. Stuttg. 1846, Nr. 81.

fr. Rapper im „Album österr. Dichter“. I. Wien 1849.
Rakoniply im Taschenbuch „libusja". Prag 1850.
Gust. Kühne in der „Europa" 1850, S. 823.
J. G. Seidl in Meyer's Konversationslerikon. X. S. 967. Die „Grenzboten". Leipz. 1854. S. 79. Blätter für liter. Unterhaltung. Leipz. 1841, Nr. 125; 1854, Nr. 6; 1861, Nr. 35. Deutsches Museum, hgb. von R. Pruß. Leipz. 1858, Nr. 44; 1860, Nr. 3; 1861, Nr. 14.

Konst. v. W urz b a ch, Biograph. Leriton des Kaiserthums Desterreich. IV. S. 334; XI. S. 401.


Unsere Tage. Blide aus der Zeit in die Zeit. BD. 3. Braunschw. 1862.


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Gehorsamst zu melden, Herr Kommandant! at Räuberfomödien geschmiert. Der neue Feldscheer ruinirt das Spital;

Drum, foul Er jeßt ein Pflaster schmieren, Er hat zum Meffer feine Hand

Weiß Er nicht, wie es anzurühren; Und wird ben Kranken sehr fatal !

Verschreibt zum Schwißen, statt zum Purgiren,

Beim Aderlaß zittert Shm die Hand ! So, lo! Hab's selbst bemerkt! Eil' Er fort,

Ift er ein Feldscheer ? u v Hol' Er den Kerl mir zum Rapport!"

Herr Kommandant !« Der Feldscheer, in Uniform gepreßt, Sich bald in der Thüre sehen läßt.

» Mir scheint, Er will noch råfonniren ? Ein Degen, wie ein Bratspieß lang,

30 laf' 3hn zum Profoßen führen! Genirt ihn sehr beim steifen Gang.

Es ächzen bei Seiner Mißhandlung die Kranken Aus schwarzer Kravatte zwingt fich ein Ropf Wo hat er seine verfluchten Gedanken? Und hinten hängt ein gepuderter Zopf,

Vielleicht werden die Vagabunden Er ftellt fidh fo linfisch in Pofitur,

In Seinen böhmischen Wäldern gefunden.« • Legt stumm an den Hut die Finger nur.

,,Herr Kommandant 3ch höre bon 3hm verfluchte Sachen! Er wird das Spital zum Leichenhof machen!".

Er befendirt fidh rohlecht!a.

pri Halt' Er das Maul!

Das wär' mir noch recht! Und steht Er nicht da wie ein struppirter Gaul? Ich werd' Ihn vom Spital entfernen, Ließ Ihn der gnäd’ge Herzog Karl deswegen

Noch einmal Feldichererei zu lernen! In seiner Schule lehren und berpflegen ?

Doch will er mir folgen, so geht er allein, Jeft bringt er zum Dank ihn um die Soldaten. 1

Es wird kein Schade um ihn sein,

Was wird an aller Lage End' Herr Kommandant

Aus Gottes Faulenzern auf Erden ?

Er hat keinen Geist, hat kein Lalent, \r'8 Maul halten, will ich Ihm rathen! A18 höchstens selbst so ein - Räuber zu werden! Ich hab'8 im Katalog gelesen,

Halb rechts ! Abgetreten!" 3ft immer zerstreut, ein Träumer gewesen Und hat fich schmählich begradirt,

Und Schiller ging unter die Boeten.


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Moment waltet vor. Er versteht es auch hier nicht selten, aus den Zauberformeln der Schönheit Bild und Gefühl sich entwideln zu lassen, aber das Talent, Gestalten zu malen, bekundet er nur in mäßigem Grade. Den Vorzug vor allen geben wir der durch Gemüthstiese" des Inhalte höchst anmuthenden, aus dem griechischen Alterthume geschöpften Erzählung Philemon und Bauzis“ (betitelt der Besuch des Herrn"), fowie den Scenen aus dem Thierleben: »Zwei Pferde", von großer Lebendigkeit uud Anschaulichkeit. Wir jehen darin die Idee allegorisirt, daß nicht bloß den Titanenfäusten des zermalmenden Geschics , sondern auch den Stacheln niederer Brut hohe und edle Kraft zur Beute wird und erliegt. In der Bañade „Die Schmiede am Bodensee“ ist der Ton glüdlich angeschlagen; sie bildet einen würdigen Pendant zu Alons Schreiber's „Meister Olufó (i. Bd. I., Nr. 75 dieses Werkes).

Sdriften. Adelig und Bürgerlich. Novelle. Leipz. 1838. Leben und Ira u m. Novellen. 2 Bände. Das. 1839. Stadt. und landgeschichte n. 2 Bände. Altenburg 1845. S cha u um Dich und schau in Dich. Dichtungen. Leipz. 1851; 15. Auflage 1865. Zu allen guten Stunden. Daf. 1854; 2te Aufl. 1857. Fefter Grund. Daf. 1859. unter dem Halbmond. Ein osmanisches Liederbuch. Ebd. 1860. Die Familie und ihr Einfluß auf die Gesellschaft. Dresden 1851. Einkehr und umkehr. Roman. 2 Bde. Das. 1856.

Die Brüder. Schauspiel. (Als Manuscript gedruct.) Das. 1856.


Geschichte der Schillerstiftung. Evd. 1857.
A u f stillen Wegen. Dichtungen. Leipz. 1859 ; 2te Aufl.. 1865.

Zur Charakteristik:
R. Gottschall, Die deutsche Nationalliteratur, III. 79 fg.
I. Minď w i ß. Der neuhochdeutsche Parnaß, S. 288. ff:
Heinr. Kurz, Geschichte d. deutsch. Literatur IV, 263" fg. 2.

Da wird aus dem welfen Mütterlein Um Güter wirb und Wissenschaft,

Wohl eine blühende schöne Braut, Al8 lebtest du ewig auf Erden,

Und goldner strahlet der Sonnenschein, Als könnte niemals deine Kraft

Der segnend den Lenz und die Erde traut.
Vom Alter gebrochen werden.
Aber der Tugend streng Gebot,
Das üb' obn Unterlassen,

4. Als fühltest du bereits den Tod

bast du belauscht der Nachtigall Pialmen Dich bei den Roden fassen.

Im tiefen, dunkeln, heiligen Wald, Und fragst du, was unzweifelhaft

So schilt mir die Grillen nicht auf den Halmen, Das beste der Güter zu heigen?

Daß nun ihr Stimmlein auch erschallt.
Kein andres als die Wissenschaft
Ist also hoch zu preisen;

Die Nachtigall darf vom Eichenbaume
Denn wie sie unveräußerlich,

Aufidiaun zu der Sterne lichtem Kreis, So kann sie kein Raub gefährden,

Indeß die Grille im niedern Raume Mit jeder Stunde erneut sie sich

Von Gräsern und schimmerndem Thau nur weiß. Und fann erschöpft nicht werden.

Du aber darfst über die Sterne klimmen Jedweder Quell, jedweder Bady,

Auf Geisterstufen zum höchsten Ziel, Wie klein er auch immer wäre,

Und darfst zum heiligen Dreiklang stimmen: Er führt auf feinem Weg gemachy

„Gott, Welt und Du !" dein Saitenspiel. Zum allumfassenden Meere. So füýrt den Mann die Wissenschaft

Dem höchsten Herrn entgegen,


5.
Damit er durch der Weisheit Kraft
Erwerbe den redyten Segen.

Das Abendroth erlischt: mit hellem Scheine
Steht schon der Stern der Lieb' am Horizont;

Die Blumen träumen duft'ge Träum' im Haine 3.

Vom Tag, an dem sie müde fich gesonnt. Die Luft ift wieder vol Lerchengeschwirr,

Von diamantnen Würmchen auf und nieder Als kläng' und fänge der Sonnenschein,

Im dunkeln Busch ein zauberhaft Geleucht, Und ist auch die Erde noch grau und wirr,

Der Lüftchen Wehn wie leise Schlummerlieder, Sie fühlt, der Lenz, der Lenz zog ein!

Die Flur von perlender Erquidung feucht. Halb bange fragt sie und halb verschämt:

Das still begrenzte Thal wie eine Wiege, „Wo warst du jo lange, die finstere Zeit?

In der der Kummer jedes Herzens heilt
Ich hab' um mein liebstes Kind mich gegrämt Der Friede selbst, wenn er zur Erde stiege,
ünd war entschlafen vor Sorg' und Leid."

Auf dieser Stätte bätt' er gern geweilt.
Der Wandrer lächelt: „Nun forge nicht mehr! Gesegnet ist das erz, das, Rub' zu finden,
Ich komme von weitem Weg zurüc,

Die es verlor auf trügerischer Spur,
Von einer Freundin, der Sonne, her

Sich sammelt, deinen Frieden zu empfinden, Und bring' auf'8 neue dir Jugend und Glüd !Harmon'sche, reine, heilige Natur!


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die nadte, grelle Wirklichkeit das Gebiet der poetischen Stoffe erweiterten, nahm fick Freiligrath befonders Viftor þugo, dessen „Orientales et ballades“, in der Manier der Darstellung und der Stoffe zum Muster, zum Theil auch englische Vorbilder, wie Southey's Thalaba”; auch mögen Shamisso, dessen Vorliebe zur Phantastik, zum Greden und heftig Kontrastirenden der Zustände er mehrfach theilt, sowie Grabbe durch die geniale Dichtung „Herzog Theodor von Gothland", mit ihren glühenden orientalischen Bilderskizzen, auf seine junge Duse eingewirkt haben. Er ist der erste Poet seit langen Jahren gewesen, der durch den Reiz und die überraschende Neuheit seiner mit heißerregter Einbildungskraft behandelten Stoffe, durch die Kihnheit der Bilder und die orkanartig hinreißende Gewalt der Diktion, durch die Farbenpracht und energische Lebendigkeit der Schilderungen, durch seine seltsamen, zugleich die Vorstellung des Fremdartigen wedenden Fremdwörter und durch die „unerhörten Reimecho's" die für die Lyril gleichgültig gewordene Lejewelt zu einem neuen und herzlichen Interesse an derselben erwedt hat. Indem man in diesem Beraustreten und diesem Uebergang der Lyrik aus der ewigen Einerleiheit des Stoffs, aus der reflektirenden Form und bes sonders aus der blaß versdywimmenden Gefühldseligkeit der frühern z! der Energie und dem naturfrischen, tecken Kolorit seiner Dichtung einen großen Fortschritt erkennen mužte, auch seinen formellen Verdiensten in vollem Maße gerecht wurde, überfah man jedoch keineswegs das Unzulängliche seiner hauptsächlich bes chreibenden Poesie, das zum Theil Dutrirte in der Form und das Einseitige seiner Manier ; man übersah nicht, daß er, fast nur Naturmaler und Poet der Anschauung, eben so weit von Manchem durch echtes, tiefes Gefühl und Gedankenfülle übertroffen wird, als er durch die bezeichneten Vorzüge vor den Meisten hervorragt. Er ist häufig ebenso phantastisch gewaltig, als er unklar und unharmonisch die klassische Ineinsbildung von Inhalt und Form vermissen läßt.

Seine Bilder und Gemälde, Romanzen und Balladen zeichnen sich durch seltene Nenheit der Auffass. ung, malerische Kraft, hohe Anschaulichkeit der Darstellung und oft überraschende Plastil aus ; sowohl in der Konzeption als in der Ausführung bewährt sich eine außerordentliche Einbildungskraft, sie sind außerlich vol leben, aber es fehlt ihnen nicht selten an Gemüthsbelebung und Seele, fie ermangeln wie Moriz Sarriere in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritif" 1839, Nr. 2 des weitern ausführt – des Lebens einer Idee. Zum Beleg dafür mag unter andern sein in mancher Hinsicht bewundernswerther , löwenritt“ gelten, eine Szene oder, wenn man will, Ballade aus der afrikanischen Thierwelt, voll Lebendigkeit

, Anschaulichkeit und fast erschredender Wahrheit durch die energische Auffassung der Natur der geschilderten Thiere, ganz ente sprechend der Auffassung eines Horace Vernet ; aber das Gedicht ist doch nur ein frappantes Geniälde mit Borten, dem das Leben einer Idee fehlt. Man könnte allenfallo darin die Idee allegorisirt sehen, daß die Gewalt über den Schwachen schonungslos hinzufahren pflegt. Anders schon verhält es sich mit seinem „Gesicht des Reisenden". Die Sabara (Shara bedeutet dem Araber überhaupt Ebene und Fläche) bewohnt und bevölkert von den Geistern derer, die sie verschlungen; die Anziehungskraft, welche die heilige Stadt auch noch auf die Todten übt; der Sieg des neuerwachenden Tages auf die Geisterkaravane: dies Alles zeugt, wenn auch nicht von einer bestimmten Idee, doch von Seele und geistiger Bewegung. Dasselbe gilt von dem mit prägnanten, glühfarbigen Saftstrichen entworfenen Wüstengemälde „Mirage", wo die an die Geschide des fammt seinem Lieblingóweib verschnachtenden Emirs fich knüpfende Naturerscheinung auch fymbolische. Deutung zuläßt, etwa (wie R. Gottschall meint): das Ringen verzweifelter Geschlechter nach goldenen Zielen, die traumhaft locken, in einen träumerischen Taumel verseßen und, nahe geglaubt, rasch wieder in alle lüfte verweben. Zum Sinnbild erweiterte Darstellungen, welche nach links und rechts Per. fpettiven eröffnen, liegen fast außer dem Bereiche des Dichters. In manchen seiner großartigen, gedrängt erhabenen, mehr oder weniger in Handlung verfeßten Gemälde, mit Neigung zum Grellen und Grausen. haften, tritt seine Individualität oft glänzend charakteristisch þerror; einzelne seiner deutschgeschichtlichen und sozialen Bilder, welche die Mängel und Blößen des fittlichen Gesellschaftszustandes der Zeit mit grellen Lichtern beleuchten, haben volksmäßige Grundlage. Zu seinen glüdlichsten, auch durch innere Seele begei. steten Darstellungen gehört übrigens das zart.phantastische Genrebild „Der Blumen Rade", worin ein einfaches Naturereigniß in Form eines Mythus so sinnig und herrlich rich gestaltet, wie dies nur Goethe'n im „fischer“ gelungen ; man sieht das Walten der Naturgeister verkörpert, die geistergleichen Duftgebilde, die den Blüthenkelchen entschweben und ein liebreizendes Mädchen tödten. Sodann heben' wir hervor die

Geusenwacht“ (den gerade nicht ehrenhaften Beinamen erhielten die ersten Patrioten, welche für Hol. lands Freiheit tämpften, bekanntlich von den Spaniern), eine Romanze feurig lebhaft, echt volksnatürlich, von fast plastischer Ansdaulichkeit, mit schlagartiger Schilderung des Vorgango; ferner „Prinz Eugen, der edle Ritter, gedrungen und knapp, voll Naivetät der Situation, in der Weise des alten Volksliedes und durd, die volle Naturwahrheit, welche daraud spricht, selbst voltsmäßig. Nicht ohne einen gewiffen Zauber der Darstellungskraft sind auch seine auf sozialistischen Sympathien fußenden, von tiefer und bitterer Empfindung durchströmten Genrebilder „Aus dem schlesischen Gebirge“ und „Vom Sarze", welche im Glaubensbekenntniß“ des Dichters enthalten sind.

In die erste Epoche der Freiligrath'ichen Poefte gehört (mit R. Gottschal's Worten in deffen .Ge schichte der Nationalliteratur', 3te Aufl., III. 152 ff.) auch die später herausgegebene Sammlung, die Nach. leje älterer Gedichte: „3 w is en den Garbe n“, welche außer lieblichen Empfindungsblüthen einige der originellsten Gaben deutscher Poesie enthält, in denen das Bizarre und Manierirte über wuchert, indem fidh freiligrath wie ein lyrischer Grabbe geberdet, die aber dennoch eine außerordentliche Kraft der Dar. stellung an den Tag legen (3. B. ,,Das Dospitalschiff

, Der Freistuhl zu Dortmund u. a.). Doch die Zeit iagte mit rajchen Pferden“, und ehe ein Dezennium verflossen war, hatte Freiligrath die Freiheits. poesie des Schwaben Serwegh durch trunkene, wilde Dithyramben weit hinter sich gelassen und war der glühendste Sänger einer politischen Lyrik geworden, welche nicht mehr in Stimmungen und Ahnungen schwelgte, fon. dern die rothen Bilder der Revolution in greller Beleuchtung entrollte. Jin Glaubensbekenntn ib" bekannte er sich offen und entschieden zur Opposition. Er verwahrt sich darin gegen ten Vorwurf eines buhleri. fchen Fahnentausches und betrachtet diesen Uebergang als eine nothwendige Stufe seiner Entwiclung, wenn er auch zugeben muß, auf die Zinne der Partei herabgestiegen zu sein. In der That lag von Hause aus in dem Freiligrath'schen Naturell wenig Konservatives ; seine Muie hatte eine erhißte Beweglichkeit, die sich in Wüsten und Meeren austoben mußte, und selbst seine Schilderungen sind oft mit raschen, blißenden Interjettionen hingeschleudert. Das Naturell aber ist bei Freiligrath Hauptsache, denn eine wissenschaftliche


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Englische Gedichte a us neuerer Zeit. Nach Felizia Semans, l. E. Landon, Rob. Southey,

Alfr. Tennyson, Henry W. Longfellow u. A. Stuttg. u. Tübing. 1846. H. W. longfello w's Der Sang von H i aw a tha." Das. 1857. William Shakespeare. Dramatische Werke übersejt von Freiligrath, Gildemeister, Heyse,

Herm. Kurz, Wilbrandt u. A. Nach der Tertrevision und unter Mitwirkung von N. Delius. Mit Ginleitungen . herausgegeben von Friedr. Bodenstedt. Leipz., Brodhaus. 1868 ff.

Qera usgabe: Rheinisches Odeon. (Ein Musenalmanach.) Mitherausgegeben von Ign. Hub und Aug. Schnezler.

2 Jahrgänge. Koblenz 1836. 37. Rolands Alb um. Zum Besten der Ruine. Köln 1840. Rheinisches Jahrbuch. Mitherausg. von R. Simrod und Ch. I. Maßereth. 2 Jahrgänge.

Das. 1840. 41. Da 8 malerische und romantische Weft p halen. Mit 30 Stahlstiden. (Gemeinschaftlich mit

Levin Schüding.) Barmen und Leipz. 1842. The Rose, Thistle and Shamrock, a Selection of Englisch Poetry. 3. Edition. Stuttg. (s. a.) Dichtung und Dichter. Eine Anthologie. Dessau 1854.

Zur Kritik und Charakteristil. Blätter für literarische Unterhaltung. Leipz. 1838, Nr. 244. Franz Dingelstedt im Jahrbuch der Literatur“. Hamburg 1839. l. F. Dein ha r dst ein in den Jahrbüchern der Literatur“. Band 100. Wien 1842. A. Nodnagel, Deutsche Dichter der Gegenwart, erläutert. Darmstadt 1842. Jof. $illebrand, Die deutsche Nationalliteratur, III. Hamb. und Gotha 1846. Levin S ch üđing in G. Kinkel's „Jahrbuch vom Rhein". Essen 1847. Karl Gödeke, &lf Bücher deutscher Dichtung, II. Leipz. 1849. C. C. Hense. Deutiche Dichter der Gegenwart. Samb. 1852. Johannes Scherr, Die deutsche Literatur in ihrer nationalliterarischen und wissenschaftlichen Entwic.

lung u. Leipz. 1853, S. 193.
Julian Schmidt, Geschichte der deutschen Literatur im 19. Jahrhundert, III. 92 fg. Leipz. 1855.
R. Gottschall, Festrede zur Freiligrath-Feier in Berlin am 17. Juni 1867. Berlin 1867.
Karl Grün, Festrede gesprochen bei der Freiligrath-Feier am 1. Juli 1867 zu Heidelberg. Mannh. 1867.
Gottfr. Rinkel, Festrede auf F. Freiligrath, gehalten zu Leipzig am 6. Juli 1867. Leipz. 1867.
Berthold Auerbach, Rede auf Ferd. Freiligrath gehalten am 7. Septbr. 1867 zu Darmstadt. Zum

Besten des Nationaldanks für ihn. Darmst. 1867.
Þ. Kurz, Geschichte der deutschen Literatur, leipz. 1868. IV. 146–153.
K. Gödele: Emanuel Geibel. I. Stuttg., Cotta. 1869, S. 249-257.


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Der Vater schritt zu Markt mit Fluchen Fänd' er auch Käufer nur einmal! Ich will'8 mit Rübezahl versuchen - Wo bleibt er nur? Zum drittenmal:

Rübezahl! Er half so Vielen schon vor Zeiten

Großmutter hat mir'8 oft erzählt!


Ja, er ist gut den armen Leuten, Die unverschuldet Elend quält! So bin ich froh denn hergelaufen Mit meiner richi'gen Ellenzahl! Ich will nicht betteln, wil verkaufen! D, daß er käme! Rübezahl!

Rübezahl! ,Wenn dieses Pädchen ihm geftele, Vielleicht gar båt er mehr fich aus! Das wär' mir recht! Ach, gar zu viele Gleich schöne liegen noch zu Haus! Die nähm' er alle bis zum leßten! Ach, fiel' auf dies doch seine Wahl! Da löft' id) ein selbst die berfesten Da wär' ein Zubel! Rübezahl!

Rübezahl!

20

Rein Laut! - Ich bin in's Holz gegangen, Daß er uns hilft in unsrer Noth! D, meiner Mutter blaffe Wangen Im ganzen Haus kein Stüdden Brot!

Sub, Deutfólando Ballabendichter. III.

Geboren den 20. Januar 1807 zu Miltenberg am Main in Unterfranken (ehemals kurmainzisch), wo sein Vater Justizbeamter war. Bleibende Eindrice des Vaterhauses, der schönen romantischen Gegend, der Burg und des alterthümlichen Ortes, sowie der ersten Lehre in der Klosterídule. Besuch des Gymnasiums und der Universität zu Würzburg. Ferienreise durch die Schweiz nadı Rom und Neapel 1827. Jus und Praris. Uebergang zur Philologie. Lange Sturm und Drangperiode. Julirevolution. Die Folgen der selben und erster Gedanke zur Auswanderung nach Amerika. 1835 38 in Amerika, dabei zweimal in Paris. Landschaftsmalerei, wofür schon in früher Jugend innige Neigung. Aufnahme von Skizzen im fernen Besten, am Niagara, Ohio, Missouri, oberen Miffifippt, an den großen kanadischen Seen. Auf: suchen der Indianerstämme; Portrait- und Sceneriezeichnen behufs eines Werkes über dieselben. Rüdkehr. fortwährende Beschäftigung mit Malerei. Häufige Fußreisen in Mittel: Deutschland und lieber Aufenthalt in Wald und Gebirg; Landschafts- und Architekturmalerei. Ein Jahr in München. Seit 1844 erste Poesie; Cyrit. Beide Künste fortdauernd gepflegt. Seit 1858 Kustoš bei den Kunstsammlungen der Uni. versität Würzburg. (Soweit die einzig vorhandene selbstbiographische Skizze.)

Am 2. Åugust 1868 schwang fich fein geistiger Phönir aus der dumpfen, matten Afdenhülle deg Franken Leibes, nadidem ihn ein apoplektischer Anfall auf's Lager geworfen, zum ewigen Licht empor.

(Man vergleiche hierzu die Berichte vom Verfasser diejes Werkes in der „Augsburger Allgem. Zeitung" 5. August 1868, sowie in der „Desterr. Gartenlaube 1868, Nr. 33.)

Eine poetische Individualität mit mehrfach neuem Gepräge. Dieser echte Dichter, der in seiner stillen Genügsamkeit seine gesammelten Erzeugnisse in die Deffentlichkeit zu geben unterließ (wofür noch die Freunde sorgen werden), gibt sich in den und bekannt gewordenen und theilweis hier mitgetheilten Proben als ein Talent zu erkennen, welches ganz plößlich fertig dasteht, ohne daß man seine Morgendämmerung gesehen. Die plastische und glänzende Gestaltung verräth den Maler. Besonders glüdlich ist er in der Ausmalung und Schilderung genreartiger Situationen. Seine Stoffe sind interessant und neu, im Drapiren derselben, theil weis auch in der Gedrungenheit und fühnen Bildlichkeit des Ausdrucs, bisweilen auch in der Anwendung des Reims an Freiligrath, in der Wahl und hinsichtlich des dunkeln Reliefs derselben öfter an lingg er. innernd, mit welchem er ganz besonders den hervorragenden Geschichtssinn gemein hat. Freiligrath hat jedenfalls mächtig auf ihn eingewirkt, wie er selbst gestand. Von einer Nachahmung'darf jedoch bei ihm nicht die Sprache sein, wenn er auch an ihn bezüglich der Bilder und Dittion erinnert. Roth, zeigt ein selbstschöpferisches Talent. Wenn sich der poetische Geist zu einer gewissen Größe erhebt, wie das in mehreren feiner Shöpfungen der Fall ist (um nur an seine ,Todtenstadte" im Freiligrath-Album zu erin. nern, einen Todtentanz von gewaltiger Phantasie, der schwerlich seines Gleichen in unserer Literatur hat), so läßt sich diese nicht so leicht assimiliren und wiederspiegeln, zumal wenn man in andern Dichtern dergeb. lich die Urbilder sucht und mande seiner Poesien erit bei Anschauung der Natur im neuen Rontinent, der Kunstwerke, die er vor Augen hatte, und der Geschichte entstanden sind. Singt eine spätere Nachti. gall einer frühern ähnlid), geschieht es, weil sie ihr selber ähnlicy ist, nicht weil sie sich ihr ähnlich macht. Ein Fint wird vergeblich eine Lerche assimiliren, und eine Anemone schwerlich den Duft einer Rose annehmen. Einige Formen lassen sich wohl von Andern aneignen, aber nigt ein größerer Geist. – Roth's Situations, bilder athmen Kraft und Gluth und führen Gestalten herauf, nie mon fie nicht alle Tage zu sehen bekommt. Aber auch in der Welt der Empfindungen, im Stimmungsbilde und wo er seine Seelen, und Lebenserfahr. ungen schildert, erkennen wir in ihın einen Poeten vou gediegener Männlichkeit, voll Versöhnung zugleich mit dem natürlichen Gang der Dinge, frei von dem modernen Weltichmerz und der Gemüthøjerriffenheit, die alle Welt, nur nicht sich selbst anklagt über den äußern und innern Jammer der Gegenwart.*)

*) Zur nähern Charakterisirung einige lyrische Proben, die leßte von visionārem Klang.

* War es in dieser Welt.
War es in dieser Welt,

D! ich vergeß' eß nicht,
War's in der andern?

Liegst du auch drunten
Dder von Stern zu Stern

Tief in der Erde Schooß,
Mitten im Wandern

Vom Schlaf gebunden! Einmal geschah's gewiß,

Einmal ist leinmal, ach! Dent' ich noch manchen Tag,

Steige hernieder Dein süßer Rosenmund

Engel, im Traum der Nacht Drüdend auf meinem lag !

Rüffe mich wieder!

* Nachtlieb. Wie felig müssen die Sterne fein

Sie gehn so langsam, ift noch so weit Des Nachts am Şimmel mit ihrem Schein: Ihr goldner Weg an’s End' der Zeit, Es blißt so rein ihr gülden Geschmeid,

So jacht, als wäre der Steg jo ichmal, Und leuchtet doch schon von Ewigkeit!

Wie drunten ein Pfad im Erdenthal. Deo Abend8 droben die Engelein,

Es schläft fo ficher in ihrer gut Sie öffnen die Truhen mit Edelstein,

Im Erdenthale, was rein und gut: Die tragen sie durch die dunkle Nacht,

Den Engeln befahl ich den Schlummer dein, Bio daß der rothe Morgen erwacht.

Fein's Lieb, und erwachst du, gedenke mein!

Gedanten sind zolfrei, fliegen wie Tauben, Fliegen so lautlos schnell,

So hoch und sonnenhell


Ueber der Länder Farbige Bänder, Ueber die Schranken, Freie Gedanken!

# Freie Gebanten.

Sagt nur, woher, wober Sausen die Kiele Zahllos, daß dunkle Nacht Hüllt oft des Tages Pracht, Tempel und Hallen Dem Stoße fallen, Und Reiche wanken Vor den Gedanken?

Habt ihr fie schwingen fehn Soch euch zu Häupten? Flimmernd im Sonnengold,

Bis das Gewitter rolt,


Rauschend fich hebt der Wind,
Kündet, im Anzug find
Der Welt, der kranten,
Neue Gedanken!

Lauert der Jägersmann
Auch mit des Todes Blei, Wirb eß nicht frommen; Andere kommen!

3mmer voll bleibt der Schlag,


Wie viel auch manchen Tag Im felde janten freier Gedanken.

Menschenhirn heißt der Schlag,


Ihr Tester Zufluchteort -
Klirre um Fuß und Hand
Der Knechtschaft Eisenband:
Seßt doch kein Dränger nach Hinter das Schadeldach, Hinter die Schranken Unsrer Gedanken!

Bugvögel, fall'n sie ein Mitten im Rornfeld, Wann es zur Ernte reift, Mahnend die Wachtel pfeift; Ja, wann recht üppig ichwer Im Winde hin und her Die Salme fchwanten, Pidt's von Gedanken.


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Eine Konzeption von origineller Anschauung und plastischer Phantasie, ein Pendant zum „Fliegenden Holländer“, ist das „Gespensterschiff des Geiserich“, ienes finstern Herrschers der Vandalen mit den fahlen ausgebrannten Wangenhöhlen"; von charakteristischem Gepräge die Ballade „Godegisel," ben plöß. lichen Tod der Gottesgeißel Attilla im Lagerzelte schildernd an der Seite der schönen Hildegund (Ildiko), und die geheimnisvolle Bestattung des bunnenfönige. Die wahrhaft dichterische Erfafsung des Gegen. standes, dad tiefe und markige Kolorit der Darstellung, die Trefflichkeit und Energie des Ausdrude, über. haupt die gleichmäßige Wirksamkeit des Stoffes und der Form stellen dieses Gedicht den besten historischen Gemälden Lingg's ebenbürtig zur Seite. Von herzerschütternder Düsterheit überichwebttritt ung sein „Wirthshaus am Wald“ entgegen, ein ausgemaltes Nachtbild mit meisterlicher Personifizirung der daselbst eingekehrten Gäste, jener schaurigen Trabanten des Krieges, des Hungers nämlich und der Peft, welche in Gemeinschaft mit dem Holz wie ein Ritter drein blidenden Genossen Tod, „dem seltsam das Wammo auf die Knochen geschlißt, um das Leben der nahen Dorfbewohner würfeln, bis aud) der Leßte von allen, der Todtengräber, der Würfelust des schwarzen Ritters zum Opfer fält. Uebrigens weiß der Dichter auch lieblicher und heiterer Farben sich mit Glüd zu bedienen, wie sein von Farbenfrische und erotischem Reiz belebtes . Märchen im Beduinenlager“ und seine Legende „Die heiligen drei Könige in Bethlehem“ zeigen, welche in ihrer anmuthenden Naivetät an die rührende Treuherzigteit alter Holzionitte gemahnt.

* Der Niagara.

(1865.) Jo ftand auf deinem Tafelfel8, ich fah

Und doch genug! E8 zirpt ja nur mein Lied, Hinab das ist schon lang', doch ist's wie heute: Der Grille gleich, in dein gewaltig Grollen; Rommt je mein Geist dem Donnerwaffer nah, Der Iris gleichte, die zitternd nast und flieht Wird alles Andre des Vergessen8 Beute.

In Schaum zurüd vor deiner Donner Rollen.

Unb ade liefen der Herberg zu;

Und die Magier kamen und fanden, und lind, Da ftäubten die Diener die Schnabelschuh', Auf den Knieen begrüßten das schlafende Rind; Der StaUmeister prunft' und zeigte sich gern, Die Mutter saß in himmlischer Ruh, Und strido fich den Knebel und blidte zum Stern, Der Joseph lächelt und meinte dazu Und führte die Dromebare gestirrt

In seiner frommen Bescheidenheit: Jm Hofe herum das funkelt und klirrt! Wir sind nur arme reisende Leut'! Denn die Städe waren zu unbequem

In Nazareth madyten wir's eher genehm Im Fremdenserai von Bethlehem.

Golch hohem Besuch als in Bethlehem."

Doch als das Kindlein vom Schlummer erwacht, Und fah, was die Könige mitgebracht:

Da griff's nach der Kron' auf des Mohren Ropf


und griff in Melchior& Myrrhentopf;
Da reicht aus den langen Gewanden dar
Das Köstlichfte erst der Balthafar In Büchsen, Phiolen und alle dem, Noch nie gesehen zu Bethlehem.

Und es brängte das Volf neugierig herein: Wo mögen die heilgen drei Könige fein ? Jeft müssen fte kommen auf den Balkon, Und treten herauß mit Szepter und Kron'! Das lachte, das schwaßte und harrte froh: 68 hatten halt hier, wie anderswo, Noch nie geschauer ein Diadem Die guten Bewohner von Bethlehem.

Doch mittler Weile eilten die Herrn


Auf heimlichem Pfad dahin, wo der Stern Mit seinem Schweife grad oben schwebt' Gin Strobbach an alt Gemäuer geklebt: Da traten fte ein, da mußt es ja sein,

Da lagen der Dche und das Efelein;

68 genügte ja wohl eine Hütte von Lehm Dem Gottesfohne zu Bethlehem.

Und wie nun bei all der golbigen Pracht
Vor Freuden der kleine Heiland lacht: Da fallen die heilgen drei Könige ein, Mit hellem Gesang erklingt es zu Drei'n: Sei unseren dürftigen Gaben nur hold! Die Spezereien, die Myrrhen, das Gold Des Morgenlands seien dir angenehm, D Juda's König in Bethlehem !*

111. * Das Indianerpferd.

(Original der 4. Auflage.) Während fausend wie im Flug

Denn Manitto legte Nacht Stob vorbei die wilde Heerde

Sang zu mir im tiefen Traume: Und der Steppe Funfen flug

Führe, wann der Lag erwacht, Tausend langbemähnte Pferde:

Donnerhuf hinaus am Baume; Rosend es mit seiner Hand,

no Schmück und mal ihn farbenbunt, Sprach zum buntbemalten Rosse,

Den du wie dein eigen Leben Welche wiehernd vor ihm ftand,

Lieb haft, dann will ich dir kund Go seinZtrauernder Genosse:

Deine Iraumes Deutung geben! "Sieh, bu haft so treu und lang

3hm, der sich so herrlich souf, Mir gedient und mich getragen,

Der den Bliß lieh deinen Flanken Stets fo fühn im Rampfeébrang

Und den Donner deinem Huf, Und so flink im Büffeljagen;

Will ich heut für Ades danken.

.Warst bei Nacht im Wettergraus,
Mir ein Führer ohne Gleichen
Aber unsre Zeit ist aus, Darf sich nimmermehr besteigen!

3ener freien Pferbe Iroß,
Der dort scheu vorüberfreiste,
Fliege nach, mein gutes Rob Du gehörst dem großen Geifte!"

112. * Das Märchen im Beduinenlager.

(Original der 4. Auflage.)
Weggetrieben sind die Heerden, und im Duar brandverheeret
Gtehn der Silos Rörnersäckel leer biß auf den Grund gefehret;
Lagerwärts trabt Troß und Beute, und die Razzia scheint beendigt
Ha; nun ist ihr Iroß gebrochen und das wilde Herz gebändigt!

Wo find Ade hingeschwunden, deren Stoß die Brady erschüttert, Deren Hufgedröhn' im Anprall schon das Stahlcarré gezittert?

Hei! die rdhattenhaften Reiter auf den fahlen Geisterroffen,


Gind fte in den Sand versunken? find fte mit der Luft zerflossen?

In den fernsten Felsenschluchten, auf des Atlas breitem Rüden
3ft fein Einz'ger, der den falt'gen Burnu8 trüge, mehr zu blicken,
Und die helen Jägerhörner auf der Franken Poften fette Blasen schon die abendliche Ruh' verkündende retraite,

An dem Saum der großen Wüfte fteht ein Baum der wilden Feige,
Weithin spreitet er als Landmark feine glutgedörrten Zweige;
Unter diesem Feigenbaume, eh' der Dämmrung Schatten fielen, Ka, da find fte alle wieder, al' die flüchtigen Kabylen!

Hörten fte's in Windes Saufen, hat die Abendluft Verständniß? Wer gab dem versprengten Roffe, wer davon dem Reiter Renntniß ?

Den nach Dft und Weft Zerstobnen, wer hat's ihnen zugeflistert,


Daß am wilden Feigenbaume hel das Sammelfeuer kniftert?

Ade kauern um der Flamme lufterwedend Funkenstieben; Doch wer wird den Lopf mit Durrah heute zu dem Feuer schieben?

Hungrig find wohl viele Blide, und es fehlte nicht an Bänden,


Doch es fehlt der fette Hammel, wenn es gilt, den Spieß zu wenden.

Ja, dieß ist der Wüste Leben. - Rabe, sprich, wer speift dich morgen,
Kommt der Samum hergefahren? Adab muß für Alle sorgen. Ach, wie hängen seine Treuen heut die staubgeschwärzten Köpfe! Ach, wie leeret heut ber Giaur seine Fleischgefüllten Löpfe!

Wolt, gelehnt auf's Sattelkissen, Mancher schon der Ruhe pflegen
Wird vielleicht die schönste Houri fich an seine Seite legen?
Allah ift der Herr der Traumwelt, Er beglüdet felbft im Wahne, Denen, die im Geift Ihm dienen, Er verschenket Dichinniftane.

Sieh! da fomunt ein fremdes Mädchen in den Lagerfreis geschritten: Wird fte hier, wo bittre Armuth, um den Abendimbiß bitten ? Gastrecht! Patriarchen rückten dir zu Mamre schon die Stühle, Gastrecht, dich hält heut noch heilig auch der hungernde Rabyle.

Fremdes Mädchen, sei tvillkommen!• tönt es von den rauhen Rehlen; Wenig ist, was uns geblieben, von dem Wen'gen magst du wählen: Wiaft du rauchen? Diefen Ischibuk laf uns dir zum Stande füllen; Bift du müde? Hier find Felle, deinen Schlaf darein zu hüllen.

Lächelnd greift fte nach der Preife: ,Schläfrig bin ich noch mit nichten; Laßt un rauchen, laßt uns plaubern, laßt erzählen und Geschichten! Und fte feßt fich, zündet, schmauchet - da, bei ihres Mantele Fallen, Stiehlt der Frohruf: eine Howi! leis fich von den Lippen allen.

Welch ein Wesen, schlicht und einfach, dennoch allermaffen köftlich! Sonngebräunt und dunklen Ursprungs, Tracht und Sitte fremd und öftlich; Seht nur, welche Prachtgeschmeide Hals und Naden ihr umliegen, Schwer genug, des Perserbusens Perlenschäße aufzuwiegen!

,Mübé, beginnt fte, , bin ich, glaubt e8! treib' ich doch ein hart Gewerbe;
Ach, wie oft durchlaufen diese Füße des Propheten Erbe!
Heute Bagdad, morgen Stambul, dann auf Flügeln der Begira Schnell hinab in's Reich El Mohgreb, fluge zurüd nach Alfahira!

,Schleicit ftch Mißmuth in den Harem, hat der alte Pascha Grillen,
Heißt'&: Herbei, du alte Märchen! fomme, feinen Zorn zu ftillen!
Rann vor seinem Weibertausend faum der Schah die Ruhe finden, Heißt es: Märchen auf den Divan! lehr uns duft'ge Kränze winden! „Plagt in dem Jasmingebüsche Langeweil ein zärtlich Pärchen,

Immer wird nach mir gesendet; fomm herbei, du alte Märchen!


Ja, selbst in der Lehmenhütte ruft das Bettlerweib: Erzähl uns!
Und die Kinder händeflatsdiend: Aber, bitte, nichtå verhehl uns!
,Von dem Fabelstrand des Ganges, wo der heilge Lotus blühet, Bis zum Feldhaupt Ditheb el Tarik's werd' ich früh und spät bemühet, lind die arme Vielgeplagte nennt noch alle Welt die Alte, Die ich doch in ew'ger Jugend stündlich neu mich umgestalte.

Heut jedoch entbot mich Adah: Gehe hin zu meinen Treuen,


Meinem Şerzensvolk der Wüste: von den alten, von den neuen
Deiner Phantasiegebilde sei das Lieblichste gespendet!
udah war es, fag' eß ihnen, der dich zu dem Baum entsendet."
De jo sei uns hochwilkommenlu ruft der alte Scheit in Zähren, Speise bringst du für den Hunger, souft uns Labetrunk gewähren; Sieh nur, fteh, wie meine Kinder froh im Kreife dich umbrängen,

Schmachtend nach der Wüste Manna fchon an deinem Munde hängen!

3ft 48 doch, ale ob die wilde Feige reich von Früchten prangte, Und durch ihre Fahlen Aeste traubenschwer die tebe rankte;

Sft es doch, als ob der Honig ung in Strömen fic ergösse,


Und die süße Milch der Dattel ringe in Rauschebäcyen flösse! Beute soust du bei uns bleiben, wollen dich wie Gold behüten; Rüssen laß uns diese ftaub'gen Füße bir, die wanbermüden; Wollen bir die weidiften Vließe neugeborner Lämmer spreiten, Und die glänzendften Schabracen dir zum Divan unterbreiten." Freude herrschte nun im Lager: kaum daß Sie das Wort genommen, Fühlte Jeder ihres Geiftes Hauch den eignen überkommen; Angefacht von ihrem Dbem ging die Rebe bald die Runde,

Raum zu Ende, nahm dem Nachbarn fte der Nachbar aus dem Munde.

Sprießen benn aus dürrem Sand auch solche prächtige Geschichtchen, Wie aud Schira8 Rosengarten, moschußambrabuft'ge Wichtchen? Hin und her fliegt's um die Lampe Aladdin's mit Zauberschwingen, Farbenschillerndes Gestiebe, seltsam fremdes Wunderklingen! Lange ward da noch geplaudert; um den lieben Gaft zu halten, Eilte Jeder eignen Wiffend Fabelreichthum zu entfalten; Und die Nacht, die man gefürchtet, wie in freundlichen Gedanken Rüdte schnell die golden Beiger: Sterne stiegen und versanken.

Mälig, wie das Märchen leiser starb hinweg in schwachem Fliftern,


Nidten all' die bārtgen Kinder, eð erlosch der Flamme Kniftern; Und als die beredten Lippen endlich ganz zu ruhen sdienen Schliefen süß die hartbedrängten, ausgeraubten Beduinen.

113. * Das Gespensterschiff des Geiserich.

(Original der 4. Auflage.) Liegt ein Raubschiff auf den Wassern in des Mittags brennender Leere.

Sagt, wie lang schon zieht's die Furchen auf dem alten Mittelmeere ? Lauernd flßt es auf fen Wassern, mit den ausgestreckten müden

Ruderfühlern zu vergleichen jenen grauien Aradniden.

Wagt es kein Meerüberflittrer ruhend je darauf zu figen ;

Und gefeit, nie zu verbrennen, ist es vor des Himmel Blißen.

Rennen's alle Winde zwischen Matapan und Gades' Säulen;

Doch es finft zu dumpfem Murren, naht es ihm, des Sturmes Heulen. Sind, wo seine Anfer fallen, feine Buchten, feine Sande;

Kommt heran zum Aecvterborde feine Zeitung von dem Lande:

Denn der Hände, die es führen, fnöderne Gelenfe wiegen

Leblos ihre Ruderstangen, drauf fie ange dymiebet liegen;

Und nur Todtenschädel grinsen von den Bänken der Galeere

Noch in schauerlichen Reihen, einst die Räuber dieser Meere :

Ad' in gelblichen Talaren, von der langen Reije bärtig,

Sißen die versteinten Fergen eines Zauberworts gewärtig.
Ruft der alte Mann am Steuer: "Hollah! aufgepaßt, ihr Sklaven!.

Sieh, da nidt's und knact's von Schädeln reihenweis, wie sie entschlafen. Nochmals ruft's : „ Wohin die Reise ? König, sprich, auf welche Hallen

Soll sich heut dein Grimm entladen, deiner Hand Verderben fallen ?
Antwort gibt der Purpurträger dort am Maft, der mit den fahlen,

Ausgebrannten Wangenböhlen, jener Herrscher der Vandalen:
Steurer in das Willenlose! laßt uns nur zum Ziel erfüren

Jene Stadt, der und der Zufall blindlings wird entgegenführen.
v Klage dann die Hartgeschlag'ne mich nicht an um ihr Geschicke ;

Gott ja war es, der geworfen hat auf fie des Zornes Blicke!.

Plößlich wie von Geifterhånden wird's lebendig auf dem Dece,

Fieberisch in allen Planken bebt die alte Naubicebede ;

Hin im Ruder-Dreischlagtafte faust fie, daß die Wellen Flingen;

Jummelnd fidh vor ihren Buge silberne Delphine springen.

Doch nur eine furze Strecke, und die Riemen zieh'n nicht länger,

Matt schon find der Völferwandrung ausgediente Rudergänger,

Rückwärts führen dich die Wirbel wieder zur gebannten Stelle.

Solummerschiff! auf's neu' umplätshertsd:läfernd dich die Meereswelle,

Nimmer grünes Ufer schaue, nie zu deinen Laren Fehre !

Stete im Kreise, deine Reise nimmer ende auf dem Meere,

114. * Attila vor Rom.

* (Original der 4. Auflage.) Morgenland und Abend schlafen;

Wähnte, meiner Hengste Schnauben Rnie'n die Völkör nicht wie Sklaven

Werde fte der Wehr berauben, Von dem Dnieper bis zum Rhein ?

Shre Sinnen niederwehn; Diese alte Mauerfrone

Vor mir liegt fie, fönnt' fte greifen, Scheint mir aufgespart zum Hohne

Ihre Pracht herunterstreifen, Denn ich fomme nicht hinein!

Und doch soll es nicht geschehn!


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Steht der Pfaff' im Weg dies fahle Greisenhaupt, dies bartlog fahle, Wachegelb ruhige Geficht!

Mit der Goldmüß' und dem Stabe,

Schaut wie Giner aus dem Grabe Und mit Solden streit' ich nicht, Geiner Knaben Psalmenfingen, Geiner Bonzen Rauchfaßschwingen, Rerzenqualm und Fadellicht: Drüdend wird mir ihr Gepränge,

Und der weichlich wälschen Klänge

Melodie gefällt mir nicht.

Horch! er murmelt Zaubersprüche; D6 vielleicht nicht Himmeløflüche Mir herabbejdwört sein Mund.?

Meine guten Rosse sdheuen,


Wie gelähmt ist meiner Treuen Arm und Speer zu dieser Stund. Rom lat unsichtbare Streiter, Rufen: Bi® bieber, nicht weiter Diese Stadt roll ewig stehn! Was er sprach, klang wie Gesäusel, Doch mir bonnert'&: Gotte@geifel Soll hier ftil vorübergehn!

115. * Godegisel.

* (Driginal der 4. Auflage.) 1.

Sie beugt sich über Einen,
Cin Pfahlwerk auf der Blach,

Deß Stärke ist gefällt, Ein rieftg Lederzelt,

Deß Pulse leblos scheinen, Rings Lagerfeuer wach,

Deß Fauft fein Sdwert mehr hält, 3m Solaf die Völkerwelt.

Noch brennt an ihrem Munde Nur Roffe, die zuweilen

Sein leßter Ruß so roth! In panischem Schrece schlagen,

O kurze felge Stunde ! Wenn fort die Runden eilen,

Der Bräutigam ift -- tobt! Die Wächterhörner klagen.

Er ftreckt sich, fahl von Wangen, Die Heruler, Dstgothen

Quer über'8 Polfter hin; Und die Alanen al',

Gie beugt fich mit Verlangen, Stumm wie das Reich der Todten

Mit Zittern über ihn : Der bunfle Bölferschwal.

r Wach' auf, o Herr, erwache! Die Gassen der Gepiden,

Schon naht der Fürsten Schaar Der Langobarden leer;

Mit Brautgeschenk dem Dache, Die Fürften selbst in Frieden

Gepide und Awar. Um der Rönige König her.

Wady' auf! 68 fteht geschirret Denn in den Mittelzelten

Und scharrt dein Lieblingsroß ; Beut ißt den Rosenmund

Von seinem Buge cywirret Bräutlich dem grimmen Helden

Dein Köcher und Geschoß. Die schöne Hildegund,

Wady' auf! Mit Purpurweine Der Frauen Bier und Krone

Den Schädel fül' ich hier; Von der Wolga bis zum Rhein:

Au8 Lobfeinde Hirngebeine Die Schönste soll zum Lohne

Rrebenzt die Freundin bir! Der Erbe Stärkstem sein.

Schlaf nicht zu dieser Stunde! Doch horch! das ist nicht Freude,

Die did umschlungen hält, Was dort am Lager webt

Dein Weib ift'8, Hildegunde: So klagen feine Bräute

Wach' auf, o Herr der Welt!« *) Die junge Frau, fte bebt!

*) H. lingg fingt (f. „Die Völkerwanderung“, II. 149) von Attila’s Tod:

Ded Morgens, als die Fürsten der Gudrungen
Das Zelt betraten, war der König todt,
und Ildiko hielt schluchzend ihn umschlungen; Sein Antliß war von vielem Blute roth, Denn eine Äder war ihm aufgesprungen, Und dieses hatte ihm sein Traum gedroht.


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wollte, malte einzelne Gruppen nach der Natur aus und goß fie dann in ein Ganzes zusammen, nicht ohne die Regeln der Proportion und ästhetischen Verwandtschaft streng zu beobachten. Troß einer Fülle reizen. der und ergreifender Bilder, welche oft mit aller Treue die Seele einer Landschaft in ihren heiteren und düstern Effekten wiederspiegein, tro des oft feinsten Details in Darstellung der verlorenften Abstufungen in den Erscheinungen der Natur, verliert der Leser die Einheit des Gauzen nicht aus dem Auge. Ueber. dieß weiß der Dichter seine Gemälde und Erzählungen durch gefühlvolle Reflerionen nicht nur, sondern aud durch erhabene Ideen über Gott, ben Werth und die Bestimmung des Menschen, über Welt und Menschengeschichte fefter an unser Serz zu knüpfen.

Sdriften.
Der Sommer. Fortf. von Kleift's „Frühling'. München 1833; 2te Aufl. 1834.
Der Berb ft. Stuttg. 1836.
Der Winter. Mannheim (Löffler), 1838.
Der frühling. Das. 1849.
Kleist (von Kunersdorf). Epos. Zweibrüden (Ritter), 1841. Gedichte. 2te verm. Aufl. Ebd. 1844. Die Jahreszeiten. Berb. Gesammtausgabe. Würzb. (4. Stuber), 1868.

Zur Beurthetlnng: Wolfg. Menzel, literaturblatt 3. Morgenbl. 1833 (4. Dktbr.); 1836 ; 1838 (1. Jan., 27. Junt,

10. Septbr.); 1844 (19. febr., 12. april); 1869 März). Deisen deutsche Literatur“. Stuttg. 1836, IV. 10. Blätter f. liter. Unterhaltung. Leipz. 1838 (30. Dezbr.); 1844 (11. Juli). Karl Godele, Deutschlandó Dichter von 1813–1843. þannover 1843. Der Volto freund, herausggb. von Puttkammer. Berlin 1844. literarischer Bandweiler. Münster 1869, Nr. 75. Mündener Propyl å en. Wochensdrift für Literatur, Theater, Mufit und bildende Kunst. Serausggb.

von Julius Grofje u. R. Graudaur. Münch. 1869, Nr. 28. Edelweiß. Zeitsdrift f. Beletristik, Literatur u. populäre Wissenschaft

. Herausggb. von Friedr. Mary, Robert Hamerliag und 6. . Südenhorst. (Fortseßung der , Desterr. Gartenlaube.") Graz 1869, Nr. 1.

119. Karl von Birkenfeld.

(Pfalzgraf bei Rhein, Derzog in Bayern. 1600.) Abendroth das Gdloß erhelt

Iritt der Herzog facht herein Berzog Karls in Birkenfeld.

In der Rammer Mondenschein; In des Sohnes Rammer fådt

Gdlaft der Sohn im Lächeln ein, Durch den Eichenbaum und Scheiben

Laßt die großen Augen fallen, Möchte bei dem Kindlein bleiben

Betend noch mit heiterm Lallen;
Der liebe Mond.

Der Vater weint. Eh' Herzogin Mutter wiegt,

Dorothea jego wiegt, An den heuerften geschmiegt,

An den Sheuerften geschmiegt, Der in welcher Wiege liegt,

Der in weicher Wiege liegt; Föret fte mit Wohlgefallen

Küßt die Händlein, die gefalten, Shree Rindleine beiter Lallen:

Legt mit fanftem Mutterwalten Wie gut bift du!"

Den Schleier auf. Gott, o Gott, wie gut bist du!

Naht der Herzog facht heran, Rufet fte dem Lieben zu.

Lüpft das Tuch von Christian, Gott, o Gott, wie gut bift bu !

Sieht ihn ftumm und denfend an: Göret fte dann wiederhallen

Alle Helden sind zu schwächlich, Mit des Rindleins heiterm Laden:

Adc Mächte zu gebrechlich Wie gut bift bu!"

Gegen die Kind!

120. Der Jungfernsprung. (Sage aus den Vogesen.)

„Er wird befehlen Seinen Engeln, daß sie dich

bewahren und auf den Händen tragen." Unschulb, Herzendreine,

Welt und Sinne schweigen; Neige bich am Arm ber golbnen Sage

Denn du trägst, den fte zum Abgrund fließen, Von den fernen Böh'n vergangner Lage Ladest ein, ben Luft und Troft verließen, Aus des Glaubens altem Eichenhaine,

Gohenfest Welt und Kimmel ihm zu eigen Lehre meiner Harf ein foftbar Lied.

Und berbeutft der Trauer, ihm zu nahn. –

22 Sub, Deutsølanbø Ballabenbichter. III.


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Hier uma un Dein Herz, au rief Abra, ovinein Was übrig blieb, ward an das Joch gefettet

Nubin!

Und siebt Mesopotamien's dürren Staub. Rief era a D Lauscherin du!. Um den Dem da ward ich zum Raub

gereiht

Und bin - doch, Herrin, niemals riefst du'd mir, -Wie Perlen.. - , Abra, sagt' er nicht zu viel?.- Abra! auch meine Abra! sprach dein Mund:

Im ewigen Kreislauf die Gedanfen ziehn... D Laut, der mich erinnern läßt so süß!
Leie seufzte Judith: D der süßen Zeit! - Doch ießt — ich bin - Herrin, ich bin bei dir! Gely', Abra! Abra ging – die Thräne fiel – Doch was ich war, macht dir dies Blättlein fund,

Das Einzige, was mir Tyrus gab
Sie ftand. Es war ihr Byfsuskleid wie Licht,
Darein man eingewirft der Aloe

Und Judith las: D Abra! du vor Allen
Duftholz. Ihr nackter Fuß stand auf Sandalen Geliebte Freundin! Bald wie fern, wie fern!
Von Sidon - Füßlein! - Siehe dort am Zeh -

Siehe dort am 3eh Dir tanzt, ich seh' dich auf dem Kai, mein Schiff, Wil'a auch – ob fich's hier etwa beffer ficht? - Daran bein Bild mir strahlt als ftäter Stern,

Wetteifernd mit dem Finger, sprühn und strahlen Mit Purpurwimpeln auf des Meer8 Kryftallen. Von Topas und Dpalen.

Nun, Sdifflein, segle gut, bieg' aus dem Riff. Im Dhr ein Ring, daran wie Mondlicht mild Das wohl mit jähem Griff Sich schwebend eine Perle hält und neigt, Ihr Bild an seine Brust zu heften sucht! Indeß ihr gegenüber blißt Rubin!

Dfchüßt mich, Götter, auf den feuchten Pfaden D weiselvoler Negung zartes Bild:

Des wilden Meer8, düßt meine Wiederkehr, Die Jungfrau, die in jäher Scheu erbleicht, Auf daß mein Schiff in Tyrus' schöner Bucht Und dann im Zorn läßt ihre Wangen sprühn! Vor ihr fich seines Weihrauchs mag entladen!

Abra, der Duft! mein Herz gibt Dust noch mehr! Abra! v Ja, Herrin!a a Sieh, du warft

mir treu!

Und Abra sprach : v Wohl stand ich auf dem Sai, Du aber, Herrin, warst mir immer gut!a ,

Herrin, ich that's, wenn er auch nimmer schrieb. Und Judith sprach: „Nicht mehr will ich um

Ich fah - da rief'8 mich fort, mich stört's, ich wahren

fah, Vor dir, was immer mir bestürmt das Blut.

Wie dort ein Hauch die flodigen Wellen trieb. Zerbrich denn, Siegel, fahre hin, o Scheu!

Mein Busen schwoll, mir bäucht's, aufrauscht die o Berrin, roon dieser Schmud wollt's offens

Bai baren

Geflatter nun! nur dort um Maft und Naa! 3a, süße Frau, laß fahren

D komm'! und dau a Und da?" Dahin, was starb! – Man sah Abra erbeben

.Aufblißt das Meer wie eine Blumenau' ,,Berrin - ob Grüften jubeln Lerchenfehlen,

Onun, steig' auf bort aus des Schiffleins Grunde! Aus Wolfen Sonne wiedrum lächelnd sah,

Und da -auftaucht'8—an Bord –o Aradon! Und Tyrus, das der Sturm bog, seh' id; streben

So hieß er, Herrin ha, er winft o schau', Du willst - von Neuem willst du dich vermählen!

Er zeigt den Becher, hebt ihn dann zum Munde, D Herrin, fag'!.. und Judith sagte: Ja!

Ich weiß, er trank den Wein von Chalybon. o. Ja, Herrin, ja! o fönnt' idy'e selber

ich's

3ch selber brachte ihm ben Feuerwein,

sagen !! Und Judith sprach: "Hast du einmal geliebt?

Ich selber war auf seinem Schiffe gestern

Nein gestern - ach verzeih' - wie lange schon! Meinst du, wie Westwind fahre ich geschwind,

Den Wein, gebrütet in den wärmsten Neftern, Der blumenwechselnd burd) den Garten ftiebt? Wer bist du?, -- "Herrin, stel die Rüfte Führt' id, geheim zu ihm in's Schiff hinein. "

Dies Schiff, Herrin! - Der Mast vom Libanon

ragen, Drauf Syrus ftand, eh' es zerstieß ein Wind.

Die Zeder!

poch! ein Ion Dort eines Kaufherrn Kind

Klang draus hervor. Das Bollwerk von Zypressen! War id). Nebukadnezar's Heere zogen

Getafel: Elfenbein in Holz von Buche! Um seine Wälle ihren Waffenwall,

Das Schiff: 'ne Nymphe, die auf Wellen hüpft! Doch wie ein Gott herab jah lächelnd Syrus

Ach, über allem hätt' ich's bald vergessen:

Ein Schreinlein wo? dort! Dort auf des Feindes grimmempörte Wogen,

fchön Und hier auf seines Meeres freien Schwau.

verziert — nun flugs!

I'Ne Move Und doch steh' diese Rolle von Papyrus!

steb'!" er sah rasch war's

hineingeschlüpft. Das Einz'ge, was ich aus dem Sturm gerettet, A18 der Afsyrer Tyrus doch erstieg;

or Ich schwör's, er trant denselben Wein Da fielen die Paläfte hin wie Laub,

schwang Dem Meer entgegen schnob die Wüste: Sieg! Darnach den Becher, dran ein Demant blißt',


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Pind a r'r Dden. Auswahl. Das. 1840—50. Homer's Werke, verdeutscht in Prosa. Ilias in 2 Bänden; Odyssee in 1 Bande. Ebd. 1854–56. Aristophaned' Lustspiele. Stuttg. 1856 u. ff. Bis jeßt 5 Theile.

Herausgabe und Briefwedsel. Poetischer und literarischer Nachlaß des Grafen A ug u ft bon plate n. 2 Bände.

Leipz. 1852. N. Auðg. 1853.
Die Insel Sardinien (von Neigebaur). Bearbeitet ac. Daf. 1853.
Die Weifen des Morgenland es. Eine Anthologie der ältesten Erzählungen, Märchen, Fabeln,

Bilder und Sinnsprüche. Das. 1862. Briefwechsel mit dem Grafen A ug ust von Praten. Leipz. 1836.

Außerdem zwei Habilitation of chriften: eine ode des Pindar, sodann eine Abhandlung : „Wie die Römer die Griechen überseßt haben“ (Leipz. 1850); größere Rezensionen und Ab. handlungen, 1. in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftl

. Kritit (1845–46), - 2. in den Wiener Jahrbüchern der Literatur (1848–49), 3. in Teubner's Jahrbüchern für Philologie und Pädagogik von Kloß und Dietich (Leipz. 1848-51), – 4. in Müßell's Jahrbüchern für das Gymnasialschulwesen (Berlin,

) 1853—54). - lyrische8 in Almanachen und Zeitschriften.

Bar Benrtheilung:
Blätter für literarische Unterhaltung, Leipz. 1837, 39, 40, 47 u. ó. Jena ische Literaturzeitung. Jahrg. 1837.

Zeitung für die Alterthum o wissenschaft. Jahrg. 1840.


Heidelberger Jahrbücher der literatur, daf. 1842, Nr. 20 ; 1854 u. ö.

rg å nz ungsblätter zur Allgem. Zeitung. Augsb. 1845. Allgemeine Zeitung 1858, Beil. 3. Nr. 146 ; 1864, Nr. 252 fg: ; 1865, Nr. 151. Hilde 8 heimer Sonntagsblatt 1956. (Biographie von H. Wuttke.) Ludwig Tie ď's Briefe, 5gb. von Soltei. Bd. II. 1864. Würtemb. S ch u l w o cheriblatt. Eflingen, 6. Mai 1861. A. 0. Qumboldt in seinem Sendschreiben an die deutsche Nation. Serbst 1856.

124. Alexander vor Troja.

Wo ftill und ruhig am Ufer fonnt

Der Mensch entscheidet; sobald er wil, Die blaue Woge der Hellespont,

Wird aus dem Schwachen ein Held Achill! Da dampfen Dpfer, da schaut Musik;

Wer nimmt für Fabel Homeros' Lieder ?
Doch aus dem Festrausch mit ernstem Blick Den Zweifler schlage mein Glaube nieder!
Flieht Alerander hinweg vom Strand,
Der Griechenkönig im Erzgewand,

Denn feinem größten der Helden gleich, und spricht und schüttelt die Laft der Schmerzen Erwähl ich lieber Gefahr und Strauß

Der hier hinabstieg ins Scattenreich, Aus seinem jungen bewegten Herzen:

Statt müßig' Dasein in Wonnebraus; ,,So weit fich öffnet das Blachgeftin,

Und wär' es Rathichluß der Göttermacht,
Herrscht Dede ringsum, des Lodes Bild ! Wie er zu fallen in Zugendpract,
Wo blieb der Helden erhab'ner Chor,

Nie werd' ich murren, ich werd' es tragen
Der hier gefochten? Wo Stadt und Thor? Und fühn besteigen des Ruhmes Wagen!
Die Besten sanfen im Schwertertanz, Wie Sterne finfen im Morgenglang;

Erwacht ihr Schatten und schwebt Herauf, Gleid ihrer Afde zerftob die Veste,

Mir Segen wingend zum Siegeslauf! Und weggeweht sind die leßten Refte!

Ich hefte leuchtend dem Drient

Der Griechen Namen an's Firmament: Die stärkste Riesin ist, traun, die Zeit:

Schon zieh'n zur Pforte des Dstens ein Sie schlichtet jeden, auch langen Streit.

Die Schaaren, blißend im Sonnenschein,
Doch wie ste sengend und brennend ficht, Der Makedoner geprüfte Reile, Vor Einer Waffe besteht fte nicht!

Schlagfertig wider der Perser Pfeile ! Die gold'ne Leier mit hellem Strahl Umglänzt die Gipfel, erfüllt das Shal,

Was fällt die Chräne zum Scheibegruß
Und was der Vater Homer gesungen,

Vor fenen Kriegern zu Roß und Fuß? Belebt die Höhen und Niederungen,

Es ist die Shrane, daß kein Homer

Mich trägt gefangreich durch's Seitenmeer; Er hat entzündet in Knabenbruft

Und unterwürfe die Welt mein Schwert, Auch mir den Funfen der Thatenlust.

Achilleus bliebe beneidenswerth! Dem Kleinen gönn' idh den kleinen Traum : Doch frommt das Irauern? Hinauß zur Ferne Das Große wandelt am Himmeldraum.

Mit Kraft und Jugend, dem Doppelfterne !


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So sprach das Weib zum Chor der Ungeheuer. Ihr tragt die Schuld! 3hr habt die That Worauf der Häuptling dumpfen Grous berseßte:

verrichtet! Was brietst du heut an deined Herbe8 Feuer? Ich bin das Lamm, das euer Geifer heßte. Bekenne, sprich, was deinen Gaumen lep'te ? Ihr habt gestachelt mich mit schärfsten Sporen, Gesteh's, Maria ! Leugnen ist vergebens,

Bis ich mir schlug die unerhörte Wunde: Der Raudh des Schornsteins ward dir zum Ver- Bis ich den Säugling, den ich selbst geboren,

räther: Der Jagd entriß, ihr grausen Furienhunde! Die falsche Sanduhr deines falschen Lebens Sft abgelaufen, bei dem Gott der Väter!« «

Wie konnt' ich erretten den wonnigen Knaben?

Was frommte zu leben dem blühenden Sproß? Verädytlich erwiedert die Hungergebleidyte: Hier bräute der Hunger ihn jach zu begraben, - Ja, tödtet mich, ießet dem Jammer ein Ziel, Dort dräute mit Stetten der römische Iroß! Der endlich die Wolken des Himmels erreichte, Euch ist ja das Morden ein tägliches Spiel!.68 ist vorbei! Vertheilt den legten Biffen

Gs

Und nehmt die Hälfte, die ich euch gelassen; Dft reizt' ich euch in eurem Räubergrimme,

Nun mag die Welt bergehn in Finsternissen, Der nichts mir ließ als dieses nadte Leben,

Nun mögen Sonne, Mond und Stern'erblassen! Dft bat ich euch mit flehentlicher Stimme,

Fürwahr, die Freiheit ist des Lebens Krone, Durch leichten Schwertstreich mir den Tod zu Nicht für die Knechtschaft ward der Mensch ges geben:

schaffen. D habt Erbarmen und erfüllt die Bitte,

Doch seid ihr Menschen? Schwingt ihr nicht zum Gern zeig' ich eud), wovon ich heimlich nasche!«

hobne Und Eleazar's Tochter lenkt' die Schritte

Des eignen Stammes nur die schnöden Waffen? Bei diesen Worten nach des Herbes Asche. Aus dampfenben Rohlen erquollen Gerüche

Entweicht, und verfündet den Römern die

Runde, Süßbuftigen Fleisches, ein liebliches Mahl

Wað endlid ber Jammer der Juben volbracht; Verheißend den gierigen Gästen der Küche Nach langer Entbehrungen tödtlicher Qual.

Euch aber umschwebe zur nächtlichen Stunde

Des Lodten Gespenst wie am Morgen der Aus Aschenhaufen riß die Frau das Beden,

Schlacht!" Das fte zur Gluth erhißt am frühen Morgen, Und sprach: "Gesellen, laßt euch nicht erschrecken War fichon die Rotte durch das Haus entwichen.

Noch eh' die Jüdin ihren Fluch vollendet, Durch dieses Festmahl, das ich hielt verborgen. Zum Räthsel geb' ich euch sofort den Schlüssel, Gepackt von Schauder, wie im Geist geblendet, Nicht selten sollt ihr meinen guten Willen;

Und scheuen Dieben gleich zurückgeschlichen. — Allein betrachtet mit Bedacht die Schüssel,

Nun sank die Stadt, wo Gottes Wort verhalte, Ch' ihr ste nehmt, den Hunger euch zu stillen!. Nun brach die Hölle los im Jubelchore,

Und Titus kam, der Hölle Rächer, ballte So drohend, erschloß fte mit zitternden Händen Sich immer dichter um die Thürm' und Thore. Das heiße Gefäß. - und es wanfte die Schaar Wie trunken zurüd von den rauchigen Wänden

Er endet die Noth und das gräßliche Sterben, Mit bebenden Gliedern und ftruppigem Baat. Er endet des Wahnes verzweifelten Kampf,

Er schmettert die Mauern in Trümmer und Ruchlose!" - fdrie der Haufe wie vernichtet,

Scherben Und starrte lautlos. Doch das Weib berseşte: Und schleudert die Dächer in feurigen Dampf!

Angezündet ist die Kerze, welche mir die weisen Walen
Vor dem Element des Feuers wohl zu hüten anbefablen: Zeigen wird fich nun in Wahrheit, zeigen binnen wenig Stunden,

Db das Kreuz den Fluch der alten Heidengöttin überwunden!"


Also sprach zum heil'gen Diaf, welcher fromm das Knie gebogen,
Norna Geft, der Dänenrede, dessen Ruhm die Welt durchflogen, Dessen Haupt dreihundert Jahre schon geschmüdt mit Siegeszeichen, Deljen Haupt dreihundert Sonnen angefangen faum zu bleichen.


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feiner Schwiegermutter gehörigen Rittergute Reidyau, wohin er bald nach Weihnachten mit frau und Rind gereiset war, erlag er am 21. Februar 1843 einer unheilbaren Brustkrankheit.

Salet ist einer der freiesten und entschiedensten unter den politischen Lyrikern der neuern Zeit, der die Feder schwang als Schwert; desjen durch Wiß, Schärfe und Tiefsinn hervorragende, geharnischte Poesien jedoch auch des Zarten, Heiteren und Anmuthigen nicht wenig bieten und sich theilweis durch eine heilige Hingebung an die Natur, an das reine stille Blumenleben, an der Schöpfung tiefgeheimnißvolles Walten, den schönsten unserer Romantiker würdig anreihen. Vortrefflich gelingt ihm auch das Märchenhafte mit fatyrischen Zügen auf die Wirklichkeit, wozu ihn gern seine ironische Weltansicht drängte. (Märchenballaden.) Für die eigentliche Ballade oder Romanze hat er zwar eine der eigenthümlichen Richtung seines Geistes entsprechende Form nicht gefunden; nidtodestoweniger bekundet sich auch in dieser Gattung die plastische Festigkeit seiner Gedanken, und aus Erzeugnissen, wie sein ,Nero" und iTannhäuser“, spricht Größe und Adel der Auffassung und Darstellung. Sein Tannhäuser ist wohl die vortrefflichste und geistvollste Be: arbeitung dieser schönen deutschen Sage. Im Allgemeinen zeigt sich ein Ueberwiegen der Reflerion, des Gedankens über Gefühl und Phantasie.

Die von ihm in den politischen Gedichten gestalteten Ideen: Vaterland, Fortschritt, Freiheit, tragen das Siegel eines freien, gedunkenstarken Geistes, eines energischen männlichen Charakters. Die Menschen. würde will er zur Anerkennung bringen und das Prinzip aller wahren Staatsbildung in's Herz des Volkes pflanzen. Man begegnet oft wahrhaft prophetischen, oft aber auch zur Abenteuerlichkeit gesteigerten An. chauungen.

Sein Hauptwerk ist das schon erwähnte philosophisch-rhetoriide, die evangelische Geschichte fritisch aus. legende „laienevangeliu m“,*) das in einem ähnlichen Verhältnisse zur Religion steht, wie die Mehrzahl seiner Gedichte zur Politik. Es ist dasselbe erwachsen aus dem subjektiven Triebe nach Religion, aus dem Streite stammend, welchen das Dichterherz mit dem ewigen Faust, dem stolzen Philosophen ausfocht. Aesthetische Gestaltung war hier nicht seine Absicht, sondern Förderung der großen religiösen und sittlichen Reformation Deutschlands. Sallet ist der Erste gewesen, der das religiöse Element in die Bewegung 30g,

*) Aus dem „laienevangelium":

Das Reich Gottes ist inwendig in euch. Die Pharisäer fragten, Thoren gleich,

Ihr fdwebt und schwankt, umspäbend weit und breit,
Den HErrn, wann das Reid) Gottes kommen werde? Kein Festland rings, kein Port dem Kahn, dem matten.
Er sprach : ,Was denkt ihr doch von Gottes Reid) ? Rings in der Wüste der Unendlichkeit Nicht kommen wird's mit äußerer Geberde.

Keiner Dase Quell und Palmenschatten.
Man wird nicht sagen: hier ist’s oder dort, Kein Paradieseseiland voll Musik,
Noch auch : jeßt oder dann wird es beginnen. Wo Gott der Herr ist Wirth und Festbereiter,
Es ist und war, doch nicht in Zeit und Ort, Preisgebend eurem neugierfrohen Blic
Es ist in euch allein, im Geist tief innen.“

Ein Menschenangeficht, ehrwürdig heiter.
So sprach der HErr. Ich aber hör' auch noch Und zögt ihr suchend auch von Stern zu Stern:
Tief jeufzend fafeln nur vom Jammerthale,

Nur wunderlich und fremd wird's euch gemahnen. Nach Freiheit schmachten aus des Lebens Joch, Gott und fein Reich sind überall euch fern, Aus Erdendunkel nad des Himmels Strahle. Wo ihr sie mitbringt nicht auf euren Bahnen. Thoren! mit folchem Muth, fo träg und klein, Wagt's! und seid innerlich von Gott erhelt! – Fühlt ihr euch irgendwo in Gottes Reiche.

Aufjaudyzt'e, wie Perchen bei den Morgend Hauchen. Die Nacht, die Knechtschaft ist in euch allein, Da muß sich rings die dämmergraue Welt Bis fie durch euch dem Licht, der Freiheit weiche. In des Gedankens Rosenschimmer tauchen. Seid ihr doch, wie ein Kind, unwissend, wild, Was ihr so fern gesucht, es ist so nah! Frohlođend ob des Zauberspiegels Welten,

Jahrtausende und Meilenmillionen Bis es im Wahn, dahinter sei das Bild,

Schwinden in Nichts dahin, denn Gott ist da. hineinschlug toll, daß Glas und Bild zerschellten. Er sißt im Geijt auf unsichtbaren Thronen. Kleinmüthig feufzt ihr: „Beffer wird es dort!" Gott war dir fern. Du fahst im Weltenall Den Blick, bethränt, zum blauen Nichts erhoben. Nur todten Stoff8 maschinenhafte Regung. Die Erde aber dreht sich fort und fort,

Gott lebt in dir." In Schwung und Glanz und Schall Im Weltall gibt's kein Unten und kein Oben. Siehst du des Geistes ewige Fortbewegung. Die Sterne, die des Nachts hernieberfahrt,

Und lägst du tief in dumpfster Kerkernacht: Rollen am Tag tief unter euren Füßen.

Im Berker kannst Su Gottes Reid) erbauen. Versucht'e ! durchidifft des Raumes Dzean,

Ruf ihn! er fährt in deines Herzens Schacht, Wo Welten sich, vorübersegelnd, grüßen.

Vergöttlichend dein Wollen, Sinnen, Schauen. Was zeigst du trüb jenseits des Grabes hin? Nicht Klage, rüstig Wirken fei dein Hoffen.

Du bist in Gott, du warft’s von Anbeginn,
Und hier wie dort steht dir der Himmel offen.


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Denn das erkenn' ich gewiß in des Herzens Geist und Empfindung:
Einst wird kommen der Tag, wo die heilige Jlion hinsinkt,
Priamos jelbst und das Voit des lanzenkundigen Könige.

Ilia 8.

Schwarzgrau in blauen Sternenhimmel ragen Schau'! wie die Lobe seine Stirn' umfächelt; Die Riesenbauten auf der alten Rom'.

Gin Gluthenreif spielt um den Rosenkranz; Auf leisen Wellen gleitend hingetragen

Wie, wild begeistert, schön das Auge lächelt; Zieht eine Gondel auf dem Tiberftrom.

Schau' seiner zarten Finger leisen Tanz!

Drin lehnet, weich geschmiegt auf reiche Kissen, Sie gleiten zitternd auf der Laute Saiten, Gin schöner Jüngling, zart und blondgelockt, Bis er zum Kraftakford fie zucfend strafft, In bangender Erwartung hingeriffen;

Homeros' Trauerhymne zu begleiten, Horch! wie sein Ddem wechselnd stürmt und stodt. Wie Ilion ward flammenweggerafft.

'8 ift Nero. Statt der zadigen Weltenkrone,

Dft fang, mit tief erschüttertem Gefühle, Die gar zu bart des Weidling8 Stirne drüdt, Der Raijer jenes Weltenschicfalblieb; Hält eines Rosenkranzes Purpurzone

Wie heut erst! ba yon flammendem Gervühle Mit weicher Gluth die Schläfen ihm umschmüct. Er seine Roma hell umsdlungen steht. Was sucht sein Aug'lo scarf auf Roma's Zinnen?

Wie schwellen bräuend griechisch weiche Löne, Er kann's erwarten kaum, wovor ihm graut,

Und wachsen, mit der Gluth dort, furdytbar an! Gr bebt, seufzt auf: „ Wid es noch nicht beginnen?»

Wie fühlt er heut des Liedes Riefensdone, Sein Herz, vor banger Luft, pocht wild und laut.

Da ferner Angstschrei gelt zum Dyr hinan! Jeßt – durch des Himmels Dunkelblau ein

Streifen

Es spiegelt fich die Gluth in wilder Shräne, Sdau' hin! ein Flammdhen leckt sich hell empor –

Fast hemmt das Weinen seines Gange Erguß, Und dort, und dort, ha! wie sie schlängelnd

lind süß ermattet sinkt er an die Lehne

schweifen! - Hier eint fich, traun! Natur- und Kunstgenuß. — Jeßt brid)t's aus tausend Dächern loh hervor.

Jeßt ist die Hälfte Rom's in Schutt gesunken, Rings ist der Himmel brandroth überhauchet, Die leßte Gluth ftirbt hin, der leßte Sarei, Und flamm' und Dünfte spiegeln sich im Fluß; Hin ftirbt das Lied, leiebrechend, wollufttrunken, Empor, hinab Oluthdoppelwölbung tauchet, Und manch ein Leben ist mit ihm vorbei. – Furchtbarer Sdöne, wie aus einem Guß.

Weltreich! so weit ist es mit dir gekommen? Und in der Oluthenrundung Mittelpunkte

Der Römerfaiser muß Rom brennen sehn, Rudert der Rahn in Schaukeltaften leis,

Daß ihm der Hochgenuß nicht sei benommen, Drin, lichthel, Amphora und Becher prunfte,

Ein griechisch Didterwerk recht zu verstehn! Und auf dem Weine schwamm ein Rosenreis.

Geht! wie bed Heidenvolfe Imperator, Und Nero - so ift einem Gott zu Muthe,

Der, wild zerstörend, thront ob feiner Welt;


Weibisch geschmüdt bei Sang und Lautensthall, Graunvolle Luft spielt wild mit seinem Blute,

Luftspringer bald, balb Gaufler. Deklamator, Die bald eß peitscht, bald eistg zügelnd hält.

In Herrscherhånden trägt den Erdenball!

Von Bestien, nach malerischem Kampfe,

Und fälts ihm ein, wirft er zu tausend Splittern, Schön hingestredte Sklaven sterben sehn Ein eigensinnig Kind, ihn auf den Grund, Das ward alltäglich; kaum mit leisem Krampfe Nur daß ein neues, nie gespürtes Zittern Durchlißelt's abgeschwächte Nerv' und Sehn'. Den weich erschlafften Gliedern werde fund. –

Ein fühnres Schauspiel hat der Herr der Erde Den andern Morgen ruft er, wie entrüstet: Bu fieberischer Lust fich heut bestellt,

Die N az a rener waren'8! tödtet fie! Auf daß die matte Brust burdyschüttelt werde, Weil ihn nach neuen Trauerspielen lüftet, Wenn seiner Weltstadt Pracht vor ihm zerfält. Nach neu ergreifender Schmerzmelodie.


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140. König Trojan.

(Serbische Sage.) 1,

Gr

Or jagt bahin - eine Lerche dwingt Sie gehn auf dunklem Gartenpfad

Hel fingend fid; in's Blaue

Sein Lodeslied! Die Haid'erblinkt . Mein Lieb, die Stunden eilen!

3m zitternden Morgenthaue. Schon weht es fröstelnd, der Morgen naht, Nicht länger barf ich weilen!

Mit leuchtenden Lodeswaffen iagt Ich darf dich nur küssen in dunfler Nacht,

Der Tag, ein rüstiger Streiter,
Mein finsteres Loos, o beklag' e8!

Rasder und rajder nach dem verzagt Flieh'n muß ich in Nacht, wenn die Welt erwacht Fluchthaftigen, finstern Reiter. Im goldenen Lichte des Tagis.

Der König wird vom Licht geheßt, Meine Mutter war ein Wasserweib,

Blut'ge Sporen wühlen im Pferde Mein Vater hat sie gefunden,

Da finkt es, entathmend, schaumbeneßt, A18 fie mit mondscheinfaltem Leib

Der König wirft fid) zur Erde. Auftaucht' in nächtigen Stunden.

Gr hüllt fid) in den Mantel, daß Und als fie ihr Kind dem Vater gab,

Der Strahl ihn nicht erreiche, Da spracy fie: ,Hüte den Knaben

Er drückt in's Gras, vom Nachtlaudy naß, Vor der Sonne Licht, sonst wird das Grab Das Haupt, das heiße, bleiche. Nachtfeindlicher Strahl ihn graben!.

Da liegt er, die Stirne angstbethaut, Die Sonne sengt das Leben mir aus.

Vor dem feindlichen Strahl geborgen Fern von dem tödtlichen Sdzeine

Mit Siegerlächeln auf ihn sd,aut Thron' ich im finstern Königshaus

Der helle, freudige Morgen. Aus faltem Felsgesteine.

Stete floh ich das Licht, drum liebt es mich nicht;

3. Aus ftumm verhüllen dem Dunfel

Gin Wandrer zog im Morgenschein,
Warf auf mein Volf sein düstres Licht Nur meiner Krone Gefunfel.

Der sang voll Leid und Klagen

Gin trübes Lied in das Land hinein Mein freies, ftolzes Volf, ich dlug

Von vergangenen bessern Tagen. 68 in drüđende Sllavenbande; Den Ruhm des großen Rönigs trug

Da sieht er den Mantel da beugt er sich Ein Fluch durch alle Lande.

Er hebt ihn vom feuchend Matten Heiß trifft die Sonne mit Todesstid

Den falten Sohn der Schatten. Ich habe für die Menschen fein Herz, Was gilt mir ihr Lieben und Kassen?

Nur selten durchzuckt's mich mit dumpfem Schmerz: Der König schwand, wie ein Bad im Sand,


Verronnen und versunken; Wie stehst du jo hoch, so verlassen!

Das er mit Blut getränft, sein Land, Da neid' ich ihnen in tiefster Brust

Hat frog sein Blut getrunken. Ihre kleinlichen Freuden und Leiden D füsse mich! Sdmerzichwangre Luft,

Wenn bunfelbergende Hüllen nicht In deinem Kusse zu scheiden!"

Auf ben Shaten der Könige blieben, Manch stolzer Name würd' im Licht

Des Tages fo verstieben! 2. Er jagt dahin wie feindlich hell

Ein Wandrer sprach's im Morgenschein,
Flammte um des Berges Zinnen,

Sang keine Leidyenklagen,
Wie fliehn der Dämm'rung Schatten schnell! Er sang ein Lied in das Land hinein Die Nebel finfen, zerrinnen,

Von fünftigen bessern Lagen.


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Poesie erschafft reine, große, bedeutende Stimmungen in uns, sagt Ernst von Feuchtersleben fie er. greift nicht nur den intellektuellen, sondern den ganzen Menschen;, fie fommt vom ganzen Menschen, und jedes ihrer Gebilde ist mit Knodhen, Fleisch und Blut begabt, danit es lebe und wieder belebe.

Sdriften. Judith. Tragödie in 5 Aften. Hamburg 1841. Gedichte. Daj. 1842. Genovefa. Trauersp. in 5 After.. Eine Erwiederung an Prof. Heiberg in Kopenhagen. Das. 1843. Mein Wort über das Drama. Daj. 1843. Maria Magdalena. Bürgerl. Trauersp. in 3 Aften. God. 1844. Der Diamant. Lustsp. in 5 Akten. Evd. 1847. Neue Gedichte. Mit Porträt d. Verfassers. Leipzig 1848. Sdnod. Ein niederländisches Gemälde, illustrirt von G. Schlid. Daí. 1850. Berodes und Maria mne. Tragödie in 5 Atten. Wien 1850. Der Rubin. Ein Märchenluitipiel in 3 Aften. Leipz. 1851. Ein Trauerspiel in Sizilien. Tragikomödie in 1 Aft. Nebst Sendichreiben an 6. T. Rötscher.

Dai. 1851. Julia. Traueríp. in 3 Aften. Nebst einer Abhandlung: Abfertigung eines ästhetischen Kannegießers.

(Gegen den Øerausgeber der „Gränzboten“ Julian Schmidt.) God. 1851. Michel Angelo. Dramat. Gedicht in 2 Aften. Wien 1852. Agnes Bernau er. Ein deutsches Trauerspiel in 5 Aufzügen. Das. 1855. Molo ch. Tragödie. (Unvollendet.) Erzählungen und Novellen. Pesth 1855. Gyges und sein Nin g. Tragödie in 5 Aften. Wien 1856. Gedichte. Gelammutausgabe, starf vermehrt und verbessert. Stuttgart, Cotta. 1857. Mutter und find. Ein Gedicht in 7 Gesängen. Hamburg 1859. Die Nibelungen. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abtheilungen. 2 Bde. Hamb. 1862. (Mit dem

fönigl. Preise von 1000 Thalern in Berlin gefrönt; von Dingelstedt zuerst in Weimar in Scene geseßt.) Demetrius. Hinterlassene, bis auf mehrere Scenen vollendete Tragödie. Wien (auf Rosten von Hoff:

mann und Sampe gedrudt) 1864. Sämmtliche Werfe. 12 Bde. Hamburg (Hoffmann und Campe) 1866—1868.

Herau o gabe der sämmtlichen Schriften des Ernst Frhrn. d. feuchtersleben. Rezensionen in Rötscher's Jahrbüchern für dram. Kunst und Literatur“ (Berlin 1849 ff.), in den Wiener Jahr. büchern der Literatur“, u. i. w. (1. Band XI-XII von Hebbel's sämmtlichen Werken.)

Zur Charakteristil und Kritit. Fr. Th. Vischer in deu ,Jahrbüchern der Gegenwart". Jahrg. 1847. ?. f. Deinhardstein in den Jahrbüchern der Literatur". Bd. 122. Wien 1848. H. T. Rötscher in den Jahrbüchern für dramat. Kunst und Literatur“. Berlin 1849. Š. van Bruyf, Dramatische Studien über fr. Þebbel. Wien 1852. A. Denneberger, Das deutsche Drama der Gegenwart. Greifswald 1853. R. Rofentranz, Aesthetit des Gaßlichen. Königøb. 1853. W eft er man n'o 3 a brb u dh der illustrirten Monatshefte, VIII. Braunschw. 1860. Unsere Tage. Blide aus der Zeit in die Zeit. Braunschw. 1860. R. Gottschåll, Die deutsche Nationalliteratur, III. Bresl. 1861. Morgen biatt f. gebildete Leser. Stuttg., Cotta. 1862, No. 44–47. Allgemeine Zeitung. Augsb. 1863. Beil. 3. Nr. 354–55; 1865, Nr. 135; 1869, Nr. 6. Deutsches Museum, bgb. von R. Pruß. Leipz., Brodhaus. 1864., Nr. 1-2. Unterhaltungen a in b ä us l. Berd, 6gb. von Karl Frenzel. Leipz. 1864, Nr. 17. Otto Band, Kritische Wanderungen in 3 Kunstgebieten. Bd. I. Leipz. 1865. M. Bernays, Ueber die Komposition des Hebbel'schen „Demetrius“. (Siehe „Deutsche Vierteljahrs.

sdrift. Stuttg. 1865.) Blatter für liter. unterhaltung. Leipz. 1865, Nr. 10; 1867, Nr. 20; 1868, Nr. 37. S. A. Varnhagen's Tagebücher, 1gb. von Ludmilla Affing. Bd. 8. Zürich 1865. G. R. Rope, ueber die dramatische Behandlung der Nibelungenjage in Hebbel's Nibelungen“. Programm

der bamb. Realschule. Samburg 1865. unsere Zeit. Deutsche Revue d. Gegenwart. Neue Folge 1. Leipz. 1866.

141. Das Venerabile in der Nacht. Auf benachbartem Balfone

Heute auch sind sie erschienen, Sah id', wenn die Nacht sich senkte,

3hr Kleider, ihre weißen, Dit zwei Sowestern traulich gehn;

Sdyimmern furch die Nacht wie Licht, Dody, wic nah' id ihnen wohne,

Und die Düfte ziehn von ihnen Und wie d’rob mein Herz fich fränkte,

Her zu mir, die sich befleißen, Jag'& bab' ich sie nie gesehn;

zu erfriden ihr Geficht; Nur mit seiner Flammenfrone,

Nur die süßen Mädchenmienen, Die er wie in Feuer tränfte,

Die den Himmel und verheißen, Sab ich den Granatbaum steyn.

Nur ihr Antlit seh' ich nicht,